Vorbemerkungen
Für viele im Westen ist „der Islam“ nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks und spätestens mit den Anschlägen von 2001 in USA zum Feindbild geworden. Cem Özdemir sprach in dem Zusammenhang von einem „Feindbildwechsel von Marx zu Mohammed“. Am unmittelbarsten war der Übergang in ein neues Zeitalter in Afghanistan, wo die kommunistische Regierung mit dem Kollaps der Sowjetunion ihre Unterstützung verlor und bald darauf gegen die vom Westen unterstützen islamistischen Mujahedin verlor. Der Begriff „Islamophobie“ legt nahe, dass es dabei tatsächlich nur um die Abneigung/Ablehnung gegenüber einer Religion bzw. ihrer Politisierung ginge – und nicht um Vorurteile und Hetze gegen Menschen aus und in der „islamischen Welt“ (die sich ungefähr von Marokko bis Pakistan erstreckt), die keineswegs nur an deren Religion festgemacht wird und die weit vor die Entstehung des modernen Islamismus zurückgehen. So wie echter Antisemitismus nicht wirklich auf das Judentum als Religion abzielt.
Es gibt jene (Islamophoben), die den Unterschied zwischen Rassismus gegenüber Leuten mit „muslimischem Hintergrund“ und notwendiger Kritik des Islamismus absichtlich verwischen und jene, für die dieser Unterschied nicht existiert. Die Reaktionen auf Islamophobie leisten dieser Irreführung aber oft Vorschub. Ideal ist der Ausdruck „Islamophobie“ nicht (das ist auch „Antisemitismus“ nicht), da er insinuiert, es ginge um diese Religion, ihre Auswüchse und Kritik daran. Der Alternativ-Ausdruck „Anti-Islamismus“ deutet noch stärker auf Gegenwehr zum Islamismus hin. „Islamkritik“ ist eher der angemessene Ausdruck für sachliche Auseinandersetzung mit kritikwürdigen Punkten in bzw. aus islamisch geprägten Ideologien und Gesellschaften, eine Form von Religionskritik also, gegen die nichts einzuwenden ist. Islamophobie ist eine Form von Rassismus (bzw Menschenfeindlichkeit), die aber so tut, als gehe es ihr darum, den „Islam“ kritisieren zu dürfen. Es geht dabei um bestimmte ethnische Gruppen, ihre (vermeintlichen) rassischen oder kulturellen Spezifika (die als bedrohlich, fremd und minderwertig dargestellt werden), die Definition dieser durch ihr (oft vorgebliches) Islamisch-Sein, um Hetze und Heuchelei gegen sie. Einen islamistischen globalen Herrschaftsanspruch auszumachen, ist keine Verschwörungstheorie, diesen den Moslems zu unterstellen, schon. Ein Missbrauch des Islamophobie-Begriffs ist es, wenn in Paris hunderte religiöse/konservative Moslems, darunter verschleierte Frauen, bei einer Demonstration diesen Vorwurf erheben, nachdem eine Voll-Verschleierte kontrolliert worden war, oder Kritik am Islamismus als „Islamophobie“ diskreditiert wird.
Die islamistischen Anschläge in den USA 2001 haben eine neue Weltära eingeleitet, die gerne als Kampf der „westlichen“ mit der „islamischen“ Welt verstanden/dargestellt wird. Für manch einen bot diese Entwicklung Entlastung und Gewinn. Was erst allmählich deutlich wird, ist, dass die Krise der islamischen Welt der Vorbote für den Übergang zu ihrer dringend notwendigen Reform war/ist. Das jahrhundertealte westliche Bild von Moslems bzw. Orientalen als kriegerischen, verschlagenen, unaufgeklärten Menschen wurde jedenfalls neu belebt und gestärkt. Bücher, TV-Diskussionen, Zeitschriftenartikel und Konferenzen über Gefahren durch den Islam schossen wie Pilze aus dem Boden. Mit den Zuspitzungen und Provokationen Pim Fortuyns in den Niederlanden, zuerst in Buchform, dann in der Politik (nach heftigen Attacken des Imams von Rotterdam gegen Homosexuelle), begann im Westen die intensive Politisierung des Islam-Themas. Die antiislamischen Wellen kamen nicht aus dem Nichts, sachliche Analyse und Kritik fanden aber selten statt. Vorgebliche Verteidiger einer aufgeklärten und freien Gesellschaft tauchten allerorts im Westen auf, ihre Anklagen gegen „den Islam“ waren/sind oft Plädoyers für Xenophobie und Sicherheitswahn. Die Thematik überschneidet sich mit jener der Immigration/Integration oder auch der von Nord und Süd. Bush’s Irak-Krieg 03 löste gerade bei vielen (Ex-, Pseudo-) Liberalen/Linken Begeisterung aus, etwa beim Ex-68er Hans Magnus Enzensberger, obwohl die Baath-Herrschaft (wenngleich natürlich auch totalitär) zum Islamismus geradezu eine Antithese war (nicht nur weil am Beginn ihrer Entwicklung ein christlicher Syrer stand). Das Bush-Regime hat in seiner Kriegsrechtfertigung nicht nur die „Atombomben“ Husseins angeführt, sondern auch eine „Verbindung“ von ihm zu al Qaida konstruiert. Die Begeisterung für den Krieg zeigte grundsätzliche Widersprüche bzw. Heucheleien in dieser Welle auf, in IT-Foren wurde er einerseits als „mutige, beherzte Befreiungsmission für die Iraker“ gefeiert, andererseits als das „Niederbomben der Muselbirnen“. Der (erste) Höhepunkt der Islamübergangskrise und der Reaktion darauf war ungefähr Mitte der 00er-Jahre erreicht.
Koordinatenverschiebungen und Feindbildparadoxa infolge von 11/9: Linke und Liberale die die Rettung des christlichen Abendlands beschwören, Rechte und Konservative die plötzlich Frauen, Juden, Homosexuelle beschützen wollen. Eine Fortschrittlichkeit, Sorge um Frauenrechte, geben fast alle vor, Rückständigkeit ist ja Merkmal der Anderen. Als Islamisten in Tunis im Laufe der Umwälzungen dort ein Rotlichtviertel anzündeten bzw. das versuchten, haben sich viele in Empörung geübt, war das eine Möglichkeit, den Arabischen Frühling zu diffamieren. Andere antiislamische Kulturkämpfer wussten nicht so genau, wie damit umzugehen sei, wo hier schützenswerte Freiheit und wo verurteilenswerter Verfall zu orten ist. Betrachtungen bzw. Beurteilungen der „islamischen Welt“ spiegeln eben immer innere Auseinandersetzungen der „westlichen Welt“ wieder. Der westliche Liberalismus, die Postmoderne, inkl. Feminismus, Toleranz für Homosexualität, ist entweder den Wilden zu verordnen oder aber ist böse und steckt mit den Wilden unter einer Decke (Jonah Goldberg in der „National Review“: „The White Male is the Jew of Liberal Fascism”). Rechte Islamophobe unterstellen meist den Linken Komplizenschaft mit Moslems/Islamisten (z.B. „Antisemitismus ist links und islamisch“, jedenfalls eine Möglichkeit zu ver/urteilen), linke Islamophobe unterstellen in der Regel Moslems/Islamisten Komplizenschaft mit Rechten; Querfront-Behauptungen gehören hier einfach dazu. Manche Islamophobe versuchen aber auch den Brückenschlag ins jeweils andere Lager, die pseudo-linken „Anti“deutschen etwa gern zu den Neokonservativen.
Gewisse Topoi sind längst Mainstream geworden. Das zeigt sich etwa, wenn Molterer von der ÖVP im österreichischen Nationalrats-Wahlkampf 08 nochmal den Fall in der BRD hervorkramt, als eine Richterin in einem Verfahren den „kulturellen Hintergrund“ eines Angeklagten berücksichtigte, und sich als Vorkämpfer für Geschlechter-Gleichberechtigung präsentiert. In manchen Medien hat sich bezüglich „Islam“ eine Mischung aus Gruseligem und Lächerlichem etabliert, siehe Überschriften wie „Australien: Schwerverbrecher konvertieren zum Islam“. Oder die Sache mit den Gipfelkreuzen: Ursprünglich hatte das von Jörg Haider gegründete BZÖ im Nationalrats-Wahlkampf 06 in ihrer Anti-Ausländer-Kampagne, beim Versuch, die FPÖ dabei zu überholen, die Behauptung eines Briefs des irakisch-stämmigen SPÖ-Politikers al Rawi an den Alpenverein aufgebracht, in dem sich dieser über Gipfelkreuze als „christliche Herrschaftssymbole“ beschwert haben soll. Das Ganze ging aber auf einen leicht als Satire zu erkennenden „Antwort“-Brief des Alpenvereins an Rawi zurück, der absichtlich in Umlauf gebracht wurde und auf den Westenthaler vom BZÖ hereingefallen war. Dennoch haben in der Folge auch Weimer vom Springer-Verlag und Udo Ulfkotte die Geschichte mit der angeblichen moslemischen Beschwerde über Gipfelkreuze vorgebracht, zur Stützung ihrer Islamisierungs-Behauptungen. Zuletzt ging die Geschichte dann in manchen Medien so, dass in Bayern ein Werbekatalog für Touristen aus dem arabischen Raum veröffentlicht worden sei – „aus Rücksicht“ ohne Gipfelkreuz auf der Zugspitze. Oder: wenn Muslime sich anders verhalten als unterstellt, betrieben sie „Taqqiya“, würden sich also verstellen um ihre wahren, finsteren Absichten zu verschleiern. Den Audruck bzw. diese Deutung haben „Islamexperten“ bekannt gemacht, die in Wirklichkeit mehr Brandstifter als Brandexperten sind. Taqqiya ist eigentlich etwas schiitisches, eine Verstellung, um Anfeindungen, z.B. sunnitischen, zu entgehen, oder das stille ertragen einer feindlichen weltlichen Herrschaft wie jener der Baath im Irak.
Islamophobie ist in der Regel nicht nur rassistisch und unsachlich, sondern – offen oder versteckt – auch mit anderen Zielen verbunden. Den Islamisten an die Eier gehen ohne Neo-Konservatismus, ohne Israel-Apologetik oder -Hysterie, das machen nur wenige (Hitchens evtl.). Bei David Horowitz etwa sind Afro-Amerikaner neben Linken und Moslems die Zielscheibe, der Westen und seine Werte werden bei ihm auch vor den Chinesen wie auch vor dem Dalai Lama gerettet. Abrechnungen mit der Linken bzw. dem Antiimperialismus im besonderen sind im Zuge von „Islamdebatten“ gang und gäbe. Den Westen kämpferisch „in Stellung bringen“ geht gerne einher mit Schelte an ihm ob seiner „Verdorbenheit“… Für eine Seite ist dabei (etwa) Religiosität im Westen Anzeichen für Verdorbenheit, für die andere Areligiosität. Mit dem Aufpeitschen der gesellschaftlichen Diskurse waren auch die völkerrechtsbrechenden Sauereien seit 9/11 verbunden. Jene Islamkritik, die nicht rassistisch und unsachlich ist, die wirklich universalistisch und emanzipativ ist, die gegen Ideologien und nicht gegen Menschen (aus bestimmten Gegenden und Kulturen) ist, und den Islam auch nicht als „Platzhalter“ verwendet, diese ist Teil der Lösung und nicht des Problems.
Stimmungsmache gegen bestehende oder geplante Moscheen oder Koran-Verbrennungen wie die von Evangelikalen in Florida sind m.E.n. weniger das Problem, da es dabei wirklich um die Religion an sich geht. Ein rassistisch motivierter Messerangriff auf einen Taxifahrer aus Bangla Desh in New York ist schon schlimmer, oder Attacken gegen Sikh, die schnell einmal für „Moslems“ gehalten werden. Ralph Giordanos Engagement gegen die Moschee in Köln ist weniger schlimm als dass er Moslems abspricht, Teil der deutschen/der westlichen Gesellschaft(en) zu sein. Heuchlerische Kriegshetze oder rassistische Psychopathologisierung wie von Frau Wilting ist bedenklicher als Mohammed-Verspottungen. Der bekannteste Fall eines Streits um eine geplante Moschee war der in New York; nahe „Ground Zero“ in Manhattan, dem Ort der Terroranschläge vom 11. September 2001 sollte ein moslemisches Gemeindezentrum („Cordoba House“ oder „Park 51“) entstehen. Präsident Obamas Unterstützung für die Pläne gab den Gerüchten um seine „geheime moslemische Identität“ neuen Auftrieb (es lässt sich schon eine Überschneidung von Obama-Hassern und Koran-Verbrennern feststellen). Geert Wilders ist dort vor Moschee-Gegnern aufgetreten, amerikanische Politiker wie Newt Gingrich benutzen das Projekt für Polemiken. Nach 11/9 hetzten in den USA auch rechte Politiker von Bush abwärts nicht im Inneren gegen Moslems; längst hat sich das gedreht.
Die grössten Islamophoben wie Henryk Broder, Horowitz, die „Anti“deutschen, stellen ihre Existenz wütend in Abrede. Clemens Heni u.a. sagen, Islamophobie“ sei eine Erfindung Khomeinis, „Islamkritiker“ Klaus Blees dass sie ein „Kampfbegriff gegen Islamkritik“ sei, Thomas von der Osten-Sacken, dass sie von „islamistischen Lobbies“ zur Parallelisierung des „Antisemitismus“ eingeführt worden sei, westliche Intellektuelle machten sich zu „Nachbetern“ dieser „Ideologie“, Stephan Grigat, dass der Begriff zur Delegitimierung von Kritik verwendet werde, sich der Islamophobie-Diskurs gegen Israel richte und der sich aufdrängende Vergleich mit Antisemitismus eine Frechheit sei. Auch von einem Udo Wolter gibts immer wieder Texte, die eine Islamophobie in Abrede stellen, aber bei ihm hält sich die Aggressivität der Leugnung bzw. der Gegenangriffe noch in Grenzen.
Kulturalismus und Rassismus
Im offenen Rechtsextremismus sind Menschen durch ihre biologische Herkunft oder Merkmale so weit vorgeprägt, dass eine gleichberechtigte Koexistenz nicht möglich ist. Bestimmte Freund-Feind-Haltungen werden als naturnotwendig und vorbestimmt dargestellt. In den meisten Spielarten der Islamophobie sind Muslime nicht biologisch unterlegen, aber eben kulturell inkompatibel/unterlegen, so wird argumentiert. Diese kulturalistische Argumentationslinie stellt wie der Rassismus Gleichrangigkeit und im Extremfall die Existenzberechtigung „des Anderen“ in Frage und läuft im Endeffekt auch auf Vorbestimmtheit und völkische Beurteilungen hinaus. Bei „Ihr werdet nie Demokratie haben“ kommt das deutlicher heraus als bei „Ihr habt keine Demokratie“. Die individuelle Auffassung und Ausübung von Religion spielt keine Rolle wenn man die Betreffenden qua ihrer Herkunft/Identität als „rückständig“ einstufen kann. Bei Islamophoben ist die Personengruppe „Muslim“ mit „Türken und Araber und Iraner und …“ deckungsgleich. Atheisten aus dem islamischen Kulturkreis oder christliche Palästinenser werden aus dem selbem Sentiment heraus abgelehnt, mit den selben „Argumenten“ niedergemacht.
Gerne wird heutzutage unsere schöne Werteordnung in Abgrenzung zum Islam bzw. zum islamischen Extremismus beschworen. Als ob der Bürgerliche, der diese Errungenschaften heute imperialistisch in Stellung bringt, ursprünglich für sie gekämpft hätte, z.B. für den Feminismus. Im „Westen“ ist „der Islam“ das „Andere“ geworden, das man braucht um sich zu definieren. Die indische Autorin Arundhati Roy schrieb von einer anmaßenden Abgrenzung von „westlicher Zivilisation“ gegenüber „orientalischer Barbarei“. Islamisten gehen mit ihrer Verachtung für andere Kulturen und andere Auffassungen des Islams ähnlich um. Bush hat vor etwa 10 Jahren im deutschen Bundestag posaunt: „Wir kämpfen um unsere Zivilisation“. Islamophobie-Ikone Pamela Geller: „Israel ist ein sehr gutes Vorbild, denn im Krieg zwischen den zivilisierten Menschen und den Wilden muss man sich an die Seite der zivilisierten Menschen stellen.“ Demokratie und Menschenrechte werden von „Kulturkriegern“ als “westliche Errungenschaften” gesehen, für den einen Teil sollte der Westen sie mit Gewalt (v.a.) in den islamischen Raum bringen, für die anderen sind die Menschen dort unreif bzw. unwürdig, sie zu teilen. Dabei hat der Westen schon seit jeher in der „zweiten“ und „dritten“ Welt „zuverlässige“ Diktaturen einer Demokratie vorgezogen.
Als Ersatz für “volksgemeinschaftliche” Ausgrenzungen bieten sich „werte-gemeinschaftliche” an. Die These eines (zu) toleranten und gerechten Westens und eines zurückgebliebenen und zu erziehenden Orients sagt letztlich viel über gewisse Überheblichkeiten in westlichen Gesellschaften aus. Wenn Grigat sagt, Moslems/Islamisten teilten „die antiwestlichen Ressentiments“ der hiesigen Rechten, dann um einen geschönten Westen ohne Rechte zu erfinden (diese „herauszudefinieren“). Jene, die „universelle Werte“ propagieren und „Kulturrelativismus“ anprangern, sind meistens jene, die ihre eigenen Werte am identifikationswürdigsten halten und auf das Leben von Nicht-Weissen in der globalen „Peripherie“ andere Maßstäbe anlegen. Gerade die ganz armen lateinamerikanischen Staaten mit farbiger Bevölkerungs-Dominanz werfen Fragen über Definition bzw. Ausdehnung des „Westens“ auf, erst recht wenn sie linke/selbstbestimmende Regierungen haben. Prinzipieller Respekt für andere Kulturen ist aus den Gelüsten nach Belehrung und Disziplinierung leicht als „Relativismus“ zu denunzieren. Manche Aspekte der Heucheleien bezüglich „Islam“ erinnern an jene des Antikommunismus, etwa, Russen (oder Polen,…) seien „Untermenschen“, aber Kommunisten seien Verbrecher weil sie Russen unterdrücken. Das von der Freiheit im (bzw. durch den) Westen auch, oder das mit dem (sie) Retten oder Vernichten, das so eng beieinanderliegt. Unter Hitler war die Sowjetunion noch „Asien“, die es auch zur Rettung des Abendlands zu bekämpfen galt.
Wenn chauvinistisch-hämisch darauf hingewiesen wird, dass Moslems so wenige Nobelpreise hätten im Vergleich mit anderen, hat das natürlich eine rassistische Konnotation, die meist auch gar nicht geleugnet wird. Die „Aufbereitungen“ arabischer Sexualität sind ein weiteres Beispiel für kulturalistischen Rassismus.
Der Diskurs über den Islam
Man wird das doch wohl einmal sagen dürfen. Die Tyrannei der politisch Korrekten. Die Sprachpolizei die verhindert, Missstände klar zu benennen. Denk- und Sprechverbote. Das Einknicken des Westens. Das Tabu Islam-Kritik. Falschverstandene Toleranz. Redefreiheit bedroht. Schweigekartell der Mainstream-Medien. Westliches Zurückweichen vor dem Islamismus. Mut zum Aussprechen. Sie unterwandern uns, arbeiten an der Machtübernahme, tarnen sich und ihre wahren Absichten geschickt. Im Kampf der Kulturen muss man Stellung beziehen. Ein Islam-Bild, das aus Terror, Ehrenmorden, Hasspredigten besteht. Dieser Kanon dominiert zumindest im deutschsprachigen Raum und dennoch behaupten seine Vor- und Nachbeter, gegen den Strom zu schwimmen. Wo die echten Tabus sind, hat sich anhand der Aufregung über die paar Zeilen von Günter Grass gezeigt. Jene, die den deutschen „Selbsthass“ über Antiislam entsorgen wollen, stossen im Hohmann-Steinbach-Diskurs schnell an Grenzen… Aus „Nein zur Scharia“ kann man so ziemlich alles herausargumentieren; Menschen aus dem islamischen Raum pauschal als Islamisten und faschistische Fanatiker, denen mensch Einhalt gebieten müsste darzustellen, ist da eigentlich gar nicht mehr nötig.
Auch die Schönbohms, Mißfelders, Stadtkewitzs,.. können getrost gegen den Islam lospoltern, Missfallen bzw. Einwände etwa gegenüber einer toleranten Linie gegenüber Homosexuellen zu formulieren, ist da schon schwieriger. Spätestens mit Sarrazins Buch 2010 (das irgendwie ein Ausbruchsversuch zu sein scheint, durch die Thematisierung von Rasse, Vererbung, durch Ausschluss nicht auf rein kulturalistischer Basis, sondern auch durch die Einbeziehung biologischer Parameter) scheint sich in Deutschland die Islamdebatte mit der Ausländer-/Integrationsdebatte, ja mit dem Nationsdiskurs, verbunden zu haben. Auch hier kann man sich auf alte volkstümliche Einstellungskomplexe stützen, ob im „Konkret“ ein Henschel eine Tirade mit dem Titel „Sei doch kein Muselman“ schreibt oder die NPD auf Wahlplakaten einer orientalischen Familie (gezeichnet mit Hakennasen, dunklem Bartschatten,…) auf einem fliegenden Teppich „gute Heimreise“ wünscht. Versöhnung mit Deutschland und Schlussstrichziehen mit NS über Philozionismus und Islamkritik. Aber gelegentlich auch NS-Apologetik oder Verachtung für Hartz-IV-Empfänger. Oder dass Deutschland bzw. der ganze Westen von innen, durch „Schuldkomplex“ und „Masochismus“, bedroht sei.
Manchmal werden Moslems auch zur Zielscheibe, wenn man eigentlich jemand anderen treffen will (z.B. Linke, Afrikaner) oder um sich zu gegenüber Zielgruppen zu profilieren.
Angesichts der Proteste gegen die Manipulationen bei der iranischen Präsidentenwahl 09 und ihrer brutalen Niederschlagung gab es einen Umschwung in hiesigen Islam-/Orient-Wahrnehmungen. Davor gingen die Angriffe meist in die Richtung, „der Islam“ UND (alle) seine „Angehörigen“ seien böse; „Anti“deutsche hielten Veranstaltungen über das „antisemitische Mordkollektiv Iran“ u.ä. ab. Nun mussten manche immerhin einräumen, der Islam sei böse weil „er“ seine Angehörigen unterdrückt. In den Kriegskampagnen gegen Iran begann erst jetzt, das Wohl der Iraner eine Rolle zu spielen… Die Frage ihrer realen Unterdrückung war und ist dabei nicht wichtig, sondern nur dass sie das diskursive Kanonenfutter sind. Die verschiedenen Ebenen des Islams (und erst recht jene, die nicht wirklich etwas mit ihm zu tun haben), die Lehre, seine Entstehung/Verbreitung, die Kultur der betreffenden Länder und der Menschen (von) dort, seine politische Instrumentalisierungen, usw., geraten schnell einmal durcheinander.
Was die Integration von Migranten (auch nicht-moslemischen) in westlichen Gesellschaften betrifft, läuft der Diskurs so, als ob multikulturelle Konzepte in Deutschland oder sonstwo jemals hegemonial gewesen seien, als ob es sowas wie eine vernünftige Grundtoleranz im „Westen“ gäbe. Der österreichische „Rechtsextremismusexperte“ Schiedel /Peham: „Für muslimische MigrantInnen in Österreich stellt der Antisemitismus auch so etwas wie ein unausgesprochenes Integrationsangebot von Seiten der österreichischen Gesellschaft an sie dar.“ Also doch nicht die „universellen Werte der europäischen Aufklärung“, die man hier vorfindet und die es anzunehmen gilt, will man sich integrieren, so gesehen. Alan Posener hat einiges Treffende über Integration (beste solche schützte Juden nicht vor NS-Vernichtung), aber auch über Neokonservativismus, Unteilbarkeit der Toleranz (“wer Antisemitismus bekämpfen will, muss auch Islamophobie bekämpfen“) oder die deutsche Israel-Obsession gesagt.
Wenn hier heutzutage christliche Symbole oder Inhalte von Kabarettisten oder Karikaturisten „erniedrigt“ werden, beziehen sich fast alle Reaktionen auf den Islam, nach dem Motto „Wenn er das mit dem/im Islam gemacht hätte…“; das kann bedeuten, dass man sich insgeheim (die Erlaubnis zu) solche(n) Wutreaktionen wünscht oder aber mit dem Finger dorthin zeigen will, sich auf einer höheren Stufe sieht. Die „Islamdiskurse“ machen nicht nur die Gräben in der „islamischen Welt“ deutlich, sondern auch jene in der hiesigen. Mohammed-Karikaturen, so wie die berühmten des „Jyllands-Posten“ 2005, zeigen oft einen „symbolischen Moslem“, die dargestellten rassischen Merkmale sind bräunliche Haut, levantinische Nase, dunkler Bart. Sie sind mehr Rassismus und Kulturalismus als Religionskritik. Die „Turban-Bombe“ legt „den Moslem“ auf die Terroristen-Rolle fest (die harte Maßnahmen bzw. Sonderbehandlung ihm gegenüber nahelegt).
Die österreichische Gratiszeitung „heute“ (mit der „Krone“ verbunden) schrieb in einer Meldung über einen Mordfall, der Verdächtige gehöre zu einer „Sorte Mann, die zum Glück eher hinterm Halbmond lebt. In Ländern, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf“. Es handelte sich aber um den Kärntner Harald P. Dass die Redakteure W. Höllrigl und J. Michner beurlaubt wurden (längst wieder eingestellt), wird vermutlich als Indiz für das Kapitulieren des Westens vor dem Islam (Hurra!) gewertet. Jedenfalls würde mich das nicht wundern.
Protagonisten und ihre Botschaften
Ist der Hassprediger Daniel Pipes (u.a. Anprangerung von unliebsamen Akademikern), ein Breivik-Inspirator, ohne den militanten Islam möglich? Islamisten brachten mit 11/9 Aufwind für „Memri“, H.P. Raddatz, die Littmans oder Broder, sowie eine Radikalisierung dieser. Behauptungen von Scharfmachern werden gerne unkritisch übernommen. Ein um Israel bzw. den Westen „besorgter“ Rassismus die einzige Alternative zu Islamismus?
Der omnipräsente Broder sieht bei den Deutschen einen „Verantwortungsimperialismus“, allerdings nur wenn Kritik an Israel (oder USA) kommt und selbstverständlich nicht, wenn aus „besonderer Verantwortung“ israelische Politik unterstützt wird (etwa in Form von atomwaffenfähigen U-Booten) oder Kritik daran zurückgehalten wird. Er lamentiert in der „Weltwoche“ über „verweiblichte Männer“ in westlichen Gesellschaften, erklärt daraus die „Faszination für den Islam“ im Westen und spricht von hiesigen “Degenerationserscheinungen”, je ein Drittel der Männer sei schwul, impotent oder unwillig; gleichwohl reklamiert er eine westliche Toleranz, die der Islam nicht habe, prangert den Angriff türkischer Jugendlichen auf ein Schwulencafe in Berlin an. Ihm zufolge gibt es ja „eine Linie von der al Kaida im Irak über die Intifada in Palästina zu Jugendlichen mit ‚Migrationshintergrund‘ in Neukölln“. Den Mord an einer Ägypterin in Dresden (s.u.) kommentierte er so: „Es sind inzwischen ein paar Tage vergangen, seit ein junger Somalier versucht hat, mit dem dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard ins Gespräch zu kommen. Es war nicht seine Schuld, dass der Versuch gescheitert ist, Westergaard hat sich in seinem Badezimmer verbarrikadiert und die Polizei gerufen. Seine Reaktion war typisch für das Verhalten der Ersten gegenüber der Dritten Welt – sie schottet sich ab, will nicht gestört werden und gerät sofort in Panik, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Ungewöhnlich an diesem Fall ist aber auch, dass er Leuten die Sprache verschlagen hat, die sonst an verbalem Durchfall leiden, die üblichen Verdächtigen aus der LRG-Fraktion, die zum Beispiel den Mord an der Ägypterin Marwa bis zum letzten Blutstropfen genossen haben, weil er in ihr Konzept der ‚Islamophobie‘ passte.“
Natürlich kann er nie die Suppe essen, die er für andere kocht. Beklagt die “Rassismuskeule“ und schwingt die „Antisemitismuskeule“. Merkels watteweiche „Kritik“ am Sarrazin-Buch („nicht hilfreich“) stellt er in die Tradition der Reichsschrifttumkammer, über das Grass-Gedicht (das deutsche Politiker ernsthaft kritisierten) tobt er vor Zorn. Seine „Achse des Guten“ (wo er u.a. auch unter „Lucy de Beukelaer“ schreibt) nennt er „liberal“; unter seinen Fittichen können sich dort alle Rechte austoben, solange sie ein paar Grundregeln beachten… Dort prangert er etwa Politiker(innen) oder Wissenschaftler(innen) an, nicht zuletzt jene, die bei seinen Attacken nicht verschreckt die Köpfe einziehen. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke etwa als „linksreaktionäre Schlampe“, Sabine Schiffer unter der Kategorie „LRG-Fraktion (linksreaktionäre Gutmenschen)“ – gegen Schiffer hetzen auch „PI“ & „lizaswelt“ in trauter Eintracht. Moslems sperrten ihre Frauen ein, seien verklemmt und reaktionär, das sei die wahre Ursache für den „Nahostkonflikt“, „palästinensische Freunde“ hätten ihm, Broder, das bestätigt. Linke/Liberale sind ihm ebenso verhasst, auch oder gerade, wenn sie Juden sind. Kein Wunder dass er mit seiner Islamkritik Lob von rechtsaussen bekommt, siehe z.B. xxx.npd-loebau-zittau.de/?p=2108, xxx.npd-sachsen.de/index.php?s=9&aid=700; auch FPÖ-Strache lernte dabei und bezog sich auf ihn. Broders „Distanzierungen“ zu diesen oder „Politically Incorrect“ lavieren.
Das von israelischen und amerikanischen Neokonservativen betriebene Middle East Media Research Institute („MEMRI“) stellt sich selbst als wissenschaftlich, unabhängig und um Demokratie besorgt dar. Das Leugnen einer eigenen Agenda bzw. seiner Identität als Propagandaapparat der Netzwerke, die es unterstützen und finanzieren, ist Teil der Verdrehungen des Instituts, das auch von Anders Breivik geschätzt wurde. Jeder Artikel und jede Rede, die „Orientale“ als gestört, hasserfüllt oder teuflisch erscheinen lässt, wird übersetzt; wobei die Liste an Einwänden gegenüber der Richtigkeit von MEMRI-Übersetzungen lange ist. Jede Geschichte, die Orientale informiert, begabt oder vortrefflich erscheinen lassen könnte, wird von den Leuten des Instituts ignoriert. Als „unvergleichliche Reformer“ präsentiert werden Figuren wie der Exil-Palästinenser Mossab Hassan Yousef (s.u.). MEMRI übersetzt keine Artikel aus der israelischen Presse oder Reden israelischer Politiker, weder hetzerische noch kritische, die solche Hetze (oder Folter an Palästinensern in israelischen Gefängnissen) behandeln und stellt sie schon gar nicht als repräsentativ für die betreffende Gesellschaft dar. Etwa wenn der isrealische Politiker Boim sagt, „Palästinenser haben einen Gen-Defekt“. Oder der Wissenschafter David Bukay: “Until it is understood that this struggle is the war between the Son of Light against the Sons of Darkness, that they represent the invasion of the Huns, in order to destroy modern culture – the world will continue to face an existential more growing threat“ (wen er wohl mit Söhne der Dunkelheit meint?). Dass anprangernde MEMRI-„Übersetzungen“ in Wikipedia-Artikeln als Quelle benutzt und auch von seriösen Medien ernst genommen werden, zeigt, dass ihr Spiel verdammt gut funktioniert. Es gibt mehrere solcher „Institute“, die beobachten, „übersetzen“ und verbreiten, wie PMW (das von einem Westbank-Siedler geleitet wird) oder CAMERA.
Oriana Fallacis „Die Wut und der Stolz“ war eines der meistverkauftesten Bücher seiner Zeit (00er-Jahre) im Westen. Die rassistische Wut Fallacis reichte so weit, dass sie sich wünschte, ein Zelt mit somalischen Flüchtlingen anzuzünden. Das „muslimische Wesen“ beschrieb sie als hinterhältig, gewalttätig, verschlagen und schmutzig. Die Ex-Linke wurde am Ende ihres Lebens eine antiislamische Ikone. „Junge Freiheit“ oder „bahamas“ veröffentlichten begeistert daraus. Vielen Rezensionen war die Bewunderung anzumerken, dass endlich jemand wagt „etwas“ auszusprechen. Nennenswerter Widerstand gegen die Tiraden regte sich nicht.
Beim rassistischen Hassportal Politically Incorrect/ PI(-News), das den ganzen Kanon von„Eurabien“ (dem Konzept von „Bat Yeor“ vulgo Giselle Littman bzw. Orebi) bis „Taqiya“ wiedergibt, ist das Lavieren bzw. Heucheln zwischen dem Bekenntnis zu einer Art Faschismus und einem „Antifaschismus“ bzw. Toleranzchauvinismus (wir sind zivilisiert und aufgeklärt, faschistisch sind „die Anderen“) das Offensichtliche, auch in den vulgär-verhetzenden Cartoons. Einerseits will man zu „alten“ Werten stehen, andererseits Intoleranz (gegenüber Schwulen, Feminismus, moderner Kunst,…) als Sache der Moslems darstellen. Im Kommentarbereich kommt dieses Dilemma dann z.B. so heraus: “Wobei man aber bei aller Abneigung gegen Musels auch fest halten muss: Dieses rumgeschwule ist ebenfalls erst durch rotzgrüne 68er er möglich worden ! Von dieser Satansbrut kommt im Prinzip alles schlechte : rumgeschwule, Feminazis, Musel.” Die Nähe von propagierten Inhalten auf einer Seite sagt einiges, mehr als manche möchten, über die Nähe dieser Inhalte an sich aus. Etwa ein Banner, das Solidarität mit Oberst Klein und den deutschen Soldaten in Afghanistan einfordert oberhalb eines Videos mit dem „Anti“deutschen Grigat auf der „Islamkonferenz“, daneben etwas über die alten Germanen. Das Bekenntnis zur USA war eigentlich nur eines zu Bush und den Neocons, gegen Obama wurde/wird Hetze betrieben, bezüglich Israel ist es natürlich auch nur eine bestimmte Politik, die man unterstützt. Nicht nur deshalb muss man das gleich einmal übersetzen, wenn dort behauptet wird, „supports real democracy in iran“. Sekundärfeindbilder sind andere Nicht-Weisse, „Gutmenschen“/Linke; Sekundäragenden sind ein neuer Deutsch-Nationalismus, Antifeminismus,… Wie Nürnberg 2.0 ist auch PI ein Internet-Pranger, wo Kritiker ihrer Inhalte etwa der „Islamisierung Deutschlands“ bezichtigt werden. Kritische Rezeption von Deutschlands größtem Hassblog wird auch als „Angriff auf die Pressefreiheit“ oder „NS-Methoden“ kommentiert.
„Wozu hingegen andere schon in ihrer gut beheizten Wohnstube fähig sind, führt der zum Mehrwertmullah konvertierte Exkommunist an sich selber vor. Über einen Mann aus Köln-Kalk, der einen türkischen Jugendlichen namens Salih mit seinem Messer tödlich verletzt hat, schreibt er: ‚Unvorhergesehen war für Salih, daß man als junger deutscher Kalker schon weiß, wer da nachts auf Beute ausgeht und diesmal der Überfallene, der schon mehrfach unbewaffnet Opfer eines Salih geworden war, mit einem Messer herumfuchtelte…‘ ‚Ein Salih‘ ist das Singularetantum für jeden Kanaken, wie im ‚Völkischen Beobachter‘ ‚ein Itzig‘ für jede Judensau.“ Das schrieb Hermann Gremliza oder ein Anderer 08 in „Konkret“ über den Hauptschriftleiter der „bahamas“. Diese beiden Zeitschriften teilen zwar, wie auch „Jungle World“ (die gern auch „Spass“ mit erfundenen Minstrel-Türken macht), die Grundrichtung und diverse Schreiberlinge, dieser Kommentar macht aber klar, dass der Unterschied zumindest zwischen den beiden erstgenannten einer ums Ganze sein kann. Die stereotype Darstellung von Moslems/Orientalen in einer besonders hetzerischen Sprache dort schliesst deren Beschreibungen als potentielle Sexualverbrecher und sexuell Gestörte mit ein, oder Behauptungen einer Art moslemischer Weltverschwörung mit dem Ziel, den „Westen“ wirtschaftlich, kulturell, moralisch und militärisch zu schaden. Gerne werden auch artvergessene selbsthassende Frauen und Männer angeprangert, die diesen Schwarz-Weiss-Malereien entgegnen. Markus Ströhlein von der „Jungle World“ war Freiwilliger in der israelischen Fremdenlegion Sar-El, sein „Erfahrungsbericht“, ein unkritischer Werbetext für das israelische Militär, fand sich auf Hagalil wieder, wurde auf de.wikipedia von Gleichgesinnten als Quelle für Artikelarbeit verwendet…
In Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ (2010) werden Moslems anderen Migrantengruppen negativ gegenübergestellt (andere wiederum mit zu den Schlechten gepackt…), Menschen über ihre „Rasse“ definiert, wird der Vorwurf der Deutschenfeindlichkeit erhoben. Lob/Verteidigung kam von der NPD, Broder (klare Worte seien doch gut; Eliten dumm und einfache Leute gescheit weil diese Sarrazin gut finden), Springer-Presse, vielen Stammtischen, Wilders (das Buch sei ein Anzeichen dafür, dass Deutschland mit sich ins Reine kommt, den Schuldkomplex überwunden habe), PI, den neuen Rechtsparteien wie Pro Deutschland. Die „unbequemen Wahrheiten“ wieder mal… Im österreichischen Parlaments-Wahlkampf 13 unterstützte Sarrazin die FPÖ (bei einer Lesung aus seinem Buch in Graz ca. ein Jahr zuvor, wo sich Strache um ein Autogramm anstellte, sagte er darauf angesprochen noch: „Ach das war der Herr Strache von der FPÖ?…Es freut mich immer wenn Politiker von mir lernen..“). Sein nächstes Buch richtete sich gegen den Euro und die Solidarität mit wirtschaftlich Schwachen in seiner Zone, diese entspränge dem schlechtem Gewissen Deutschlands wegen dem Holocaust.
Die konservative Schweizer „Weltwoche“, die 1933 Sympathie für den Faschismus und ihre Schweizer Ableger zum Ausdruck gebracht hat, heute recht offen die Schweizerische Volkspartei (SVP) unterstützt, gibt auch (Ex- oder Pseudo-) Linken Platz, solange diese als Kronzeugen für ihre Sachen auftreten und gemeinsame Feindbilder pflegen. Keine Hemmungen kannte man, als es um Hetze gegen Sinti/Roma (auch ein Sekundärfeindbild, denen gegenüber es meist gleiche Ablehnungsmuster wie ggü Moslems gibt) oder gegen Asyl ging. PI wurde anklagend verteidigt („unabhängige und populäre Gegenstimme“). Gastautoren wie Leon de Winter oder Broder bringen die entsprechende Note hinein.
Exemplarisch für antiislamische Blogs aus dem offen rechtspopulistischen Bereich ist „sosheimat.wordpress“, der Unterstützung von der FPÖ bzw. ihrer Parteizeitung „Zur Zeit“ bekommt. „Nicht immer politisch korrekt“ sei man, „Moscheen sind ein Herrschaftssymbol“ und all das über den Islam, was Mainstream geworden ist, findet man dort, neben älterem wie „Schutz unserer Heimat“, „Inländerdiskriminierung“, „Freiheit für Südtirol“. Blogs sind nicht nur für diese Agenda ein wichtiges Medium, spiegeln diverses aus der Gesellschaft vielleicht eher wieder. Bei „kewil“ etwa, einem PI-Autor, der auch u.a. unter fact-fiction.net bloggt, zeigt sich auch, was im Paket der „Islamkritik“ (neben dem dazugehörenden Pro-Israel, -USA, -Abendland) so alles enthalten ist: Geschreibe vom „Versailler Diktat“, zustimmende Zitierung von Pinochet, purer Rassismus,…
Der geleugnete rassistische Charakter der Islamophobie kommt gegenüber Nicht-Moslems deutlicher heraus. Podhoretz hat auch ein „Negro Problem“. Der norwegische Hassblogger „Fjordman“ (Gastbeiträge bei „gatesofvienna“) ist zwar primär anti-islamisch, aber er ist generell rassistisch, auch gegenüber anderen „Südländern“, schreibt von „weissem Masochismus“ etc. Auf der evangelikalen Seite answering-islam.org werden auch Attacken gegen Rigoberta Menchu geritten. Beim kanadischen „Sun News“ (bringt David Horowitz, Pam. Geller, Pipes, Rob. Spencer, Steven Emerson, Brigitte Gabriel,…) kommen zwischen „Aufdeckungen“ zum Islam auch Verleumdungen von Umweltschützern oder dem einst von Polizisten misshandelten Afro-Amerikaner Rodney King oder Angriffe auf Obamacare. Geller schreibt von einem „Genozid“ von Schwarzen an Weissen in Südafrika, um die Rettung der „westlichen Zivilisation“ geht es ihr sowieso. Bei Gunnar Heinsohn (er schreibt auch auf „achgut“ und passenderweise auch bei „Junge Freiheit“) ist die Islamophobie in eine allgemeine, offene Geringschätzung nicht-europäischer bzw. nicht-„weisser“ Menschen eingebettet.
Die Palästinenser stellt Heinsohn als Modell für die „3. Welt“ dar, rechtfertigt den ihnen gegenüber errichteten „Trennzaun“, stellt ihn als logisch und noch ungenügend dar, da ja eine Entscheidungsschlacht „der zur Vernichtung entschlossenen Braunhäutigen“ (meine Wortwahl, Heinsohn hat es so nicht geschrieben, ich fasse nur zusammen), die von der „Weltgemeinschaft“ ernährt würden, mit den Weissen bevorsteht, welche die Braunen längst hätten besiegen können, aber eben so zivilisiert und zurückhaltend seien. Während andere versuchen, Afrikaner oder Kurden oder moslemische Frauen zu instrumentalisieren, Inder positiv zu affirmieren, spricht Heinsohn ungefiltert Klartext, packt Afrikaner oder Lateinamerikaner (die sich nach ihm aus Leidenschaft gegenseitig umbringen) zu den Moslems (die Europa unterwandern wollten) dazu. Osteuropäer zählen für ihn nicht als Partner in Europa. Lediglich Nordost-Asiaten (Japaner, Chinesen) zählen als Zivilisierte, wobei zweitere eher als Bedrohung herumspuken. Lawrence Auster, vom Judentum zum Christentum übergetreten, blog view from the right, möchte Moslems nicht umerziehen oder anderswie „helfen“ sondern rein bekämpfen. Daneben betreibt er eine Kampagne für eine weisse USA, wegen Rassismus gegenüber Schwarzen wurde er sogar vom frontpagemag rausgeworfen.
Von der Osten-Sacken, der sich auch gerne als Freund der Kurden präsentiert (diese „Freundschaft“ begann mit seiner Unterstützung des Irak-Kriegs 03, ist sein Ausdruck von Orientalismus) sagte alles über sich mit einer diffamierenden Tirade auf seinem „Wadinet“ gegen den exil-iranischen Politologen Fathollah-Nejad, der auf ZMag kritisch über eine Drop the bomb-„Konferenz“ und Ostensacks Auftritt dort geschrieben hat. Er rückt diesen darin in die Nähe des iranischen Regimes, um loshetzen zu können. Rassistisch stellt er eine Analogie von diesem zu den Grausamkeiten unter Saddam und Khomeini gegen Regimegegner her, wobei er für sich die Rolle des edlen, mutigen Opfers beansprucht und für Fathollah-Nejad die des orientalischen Despoten. Er ist daneben das beste Beispiel dafür, wie „Anti“deutsche und andere Islamophobe ihr pro-Israel und anti-Islam für ein Vorantreiben eines neuen Deutsch-Nationalismuses benutzen.
Elie Barnavi, der bezeichnenderweise mit „linksliberalem“ Zionismus assoziiert wird, hat das Buch „Mörderische Religion“ geschrieben, eine ausgezeichnete Kritik gabs dazu von Udo Steinbach im „Rheinischen Merkur“: „Jetzt kann es zur Sache gehen. Noch hat der Leser die Hälfte des Buches vor sich. ‚Alles, was bisher gesagt wurde, diente der Hinführung zu dem, was nun folgt. Der Islam ist es, der die aktuellen Reflexionen und Debatten über Religion hervorruft.‘ An dieser Stelle könnte der Rezensent abbrechen: Der Rest wurde unzählige Male gesagt und gehört – in Politik und Medien, auch in der Wissenschaft und am Stammtisch. Kaum ein Thema mobilisiert derart die Gemüter und lässt zugleich Simplifikation als Strategie der Mobilisierung gerechtfertigt erscheinen. ‚Es ist der Islam, der uns Angst macht‘. Die schwarze Liste ist lang: der Koran und seine zum Kampf aufrufenden Verse; die Gestalt des Propheten, des Politikers; die Unwilligkeit von Muslimen, die Moderne zu akzeptieren; die mentale Unfähigkeit, sich auf die Globalisierung einzustellen (Barnavi: ‚Die Muslime sind nicht neugierig‘); der Widerstand gegen die Säkularisierung (Barnavi stuft diejenigen als ‚ignorant‘ ein, die behaupten, die AKP des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan sei das islamische Gegenstück zur christlichen Demokratie); Dass am Ende der Multikulturalismus als ‚Schwindel‘ entlarvt, das Scheitern der Integration bestätigt sowie die kämpferische Demokratie angemahnt und die Forderung erhoben wird, ‚das Erbe der Aufklärung wiederherzustellen‘, ist weder neu noch zielführend. Irgendwie scheint Barnavi gegen Ende seiner Ausführungen mit US-Präsident George W. Bush zu sympathisieren: ‚Der Mann hat das Problem erkannt.‘ Der Karikaturenstreit sei an den ‚muslimischen Massen, ungebildet, unkultiviert und abgestumpft, wie sie sind‘, festzumachen.“ Einige Jahre zuvor hat der „Orientalist“ Bernard Lewis, der ja Huntington zu seinem „Kampf der Zivilisationen“ inspiriert haben soll, ein Buch mit ähnlicher Aussage verfasst, mit weniger Sentiment und mehr Zahlen vielleicht.
Die Stilisierung der Serben als Retter des Abendlands am Balkan, gerade wegen der Kriege, die sie dort vom Zaun brachen, vereint einmal mehr klassische Rechtsaussen (wie Strache aus Österreich) und Pseudolinke wie „Anti“deutsche. „Nasdravlje, Partizani i Cetnici“ prostete die „Bahamas“ jenen beiden Lagern zu, die sich im 2. Weltkrieg blutig bekämpften. Die Widersprüche dabei sind nicht nur hier gross. Zwar kann man Islam, Islamismus und Faschismus vermixen und sich auf der Gegenseite platzieren. Ein Darko Trifunovic, der das im wissenschaftlichen Mäntelchen tut, als „Terrorismus-Spezialist“ Teilnehmer der Herzliya-Konferenzen, weiss nicht so recht ob er das Srebrenica-Massaker rechtfertigen oder leugnen soll (> Leugnungen des Holocausts an den Juden). „Der Westen“ ist für viele Serben jedoch nur der andere Feind, er gilt dort bald als „verdorben“ und „dekadent“, Milosevic-Fan Handke nannte die kritische serbische Schriftstellerin Srbljanovic eine „Hure des Westens“. Und, Bush, der ja so weitsichtig ist, war es, der, nach einem triumphalen Empfang im „bösen“ Albanien, die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien durchgesetzt hat. Russland, für „Anti“deutsche und andere Kulturkrieger so etwas wie eine „orientalische Despotie“, ist für den serbischen Nationalismus ein wichtiger positiver Bezugspunkt. Und ob es Strache gelingen wird, seinen Anhängern die Beschäftigung mit der Vertreibung der Donauschwaben durch Partisanen auszureden und ihnen beizubringen, Serben in Österreich als gleichrangig, wenn nicht als Abendlandretter, anzusehen?
Der Grat zwischen Retter und Zerstörer des Abendlands ist schmal bzw. konjunkturabhängig. In einem Wahlkampf hat die FPÖ vor dem Hintergrund der dortigen Finanzkrise gegen die “faulen Griechen” gewettert und “keine österreichischen Steuergelder mehr nach Griechenland“ gefordert. „Derzeit findet ja eine Massenenteignung der westeuropäischen Völker statt”. Der französische Ex-Linke Pascal Bruckner dagegen, der den Westen vor Moslems und selbsthassenden „Westlern“ retten möchte, hatte sich auch für militärische Interventionen gegen serbische Aggressionen ausgesprochen.
Richard Wagner, ein Schriftsteller mit rumänien-deutschen Wurzeln, stimmte auf Broders „Achse des Guten“ ein Loblied auf die Islamophobie an, das er auch so nannte und sich einen Islamophoben, im Sinne von Angst vor dem Islam „als politische Religion“ (wie unschuldig); zur Absicherung schleimt er sich über jüdische Anliegen aus („für Israel, gegen Antisemitismus“) und schiebt dann eine Verteidigung rechter Anliegen hinterher (die ohnehin meist nur abendländisch-konservativ seien und dämonisiert würden) sowie Bekenntnisse zu fortschrittlichen Werten, Sorge um „Freiheit“ und „Grundlagen der offenen Gesellschaft“. In einer TV-Diskussion war er mir aufgefallen, wie er gern einen positiven Bezug zur deutschen Nation herstellen würde; nun, über „achgut“ scheint er einen Weg gefunden zu haben.
Eine Rita Katz, angeblich aus einer jüdisch-irakischen Familie, die über den Iran geflohen ist, heute in USA, erzählt im Buch „Die Terroristenjägerin“ von bösen Moslems, guten Juden, fanatischen Terroristen und überzeugten Kämpfern für die Freiheit, die immer nur darauf bedacht sind, die Welt zu retten. Lob von Hagalil, Raddatz. Bücher dieser Art, auch wenn der Inhalt nicht so schwarz-weiß daherkommt, gabs schon in den 80ern und 90ern, aber seit den frühen 00ern findet sich immer zumindest eins unter den Sachbuch-Bestsellern, eins das „unbequeme Wahrheiten“ ausspricht. Katz betreibt SITE, ein kostenpflichtiges „Informations“-Service über das Böse in der Welt.
Wie die harte Arbeit in der Islamophobie-Industrie aussieht, kann man bei Pamela Gellers „atlasshrugs“ erfahren; aus dem Bericht über eine „Counterjihad-Konferenz“: „Andrew Bostom gave the closing speech on Islamic antisemitism and the Islamic Nazi conspiracy. Shocking revelations all tied to the Quran… It was a tough day. But we did all converge on the bar late into the night. Spencer, Bostom, Brian of London, Steen, Arno, Poller – a bunch of us — and laughed our asses until the wee hours. Hey – la chaim!“
(Über den) Orient
Die Unterdrückung oder Tötung von Moslems/Orientalen durch „eigene“ Herrscher wird beklatscht, gefordert oder hämisch daraus Islamophobie abgeleitet. Sie sind Barbaren weil sie unterdrücken, aber eigentlich haben diese das verdient. Die iranische Revolte 09 und die Aufbrüche in den arabischen Staaten ab 10 richte(te)n sich gegen Despotien und waren nicht islamistisch inspiriert, auch wenn sich Islamisten zum Teil dranhängten und, wie in Ägypten, vorübergehend Nutzniesser waren, lachender Dritter in der Auseinandersetzung zwischen dem Regime und einer Demokratiebewegung. Der Westen war überrascht von den Aufbrüchen, Islamophobe tun sich besonders schwer damit, behaupten sie doch gern, auf emanzipative/progressive Ansätze in der islamischen Welt zu warten oder sie zu unterstützen, glauben aber im Grunde nicht daran, dass eine Demokratisierung/Reform dort von innen (unten) kommen kann. Sie sind an Problemen, nicht an einer Lösung interessiert. Ein Benutzer-Kommentar aus „jungle world“ (offensichtlich nicht repräsentativ für deren Leserschaft; via mondoprinte gefunden): „Wer hat denn innerhalb der Linken jahrelang erzählt, daß jede Bewegung von unten in den arabischen Ländern nichts anderes sei als der Ausbruch islamistisch-faschistischen Ressentiments gegen die Moderne. Das gegenüber dieser Gefahr der westliche Kapitalismus reinstes Gold wäre und daß diese Staaten erstmal gewaltsam an die Kandare genommen werden müßte. In der Jungle world will uns der Bismarck-Fan Thomas von der Osten-Sacken immer noch weismachen, das militärische Massaker und Kriegsverbrechen a la Irak-Krieg den Weg zum Volksaufstand und zur Revolution in Ägypten geebnet hätte. Wer bitte schön war denn der Verbündete der Amerikaner im Irak-Krieg. Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz oder der Folterknecht Mubarak?“
In islamophoben Kreisen wird in der Regel versucht, die iranische Demokratie-Bewegung zu vereinnahmen und die arabischen zu diffamieren. Vereinnahmungsversuche der arabischen Bewegungen sind eher selten, wenn (z.B. als es in Ägypten eine zeitlang gut aussah), dann erfolgte sie in der Regel in Form von Bush-Verteidigungsreden („der wollte das erreichen und wurde verkannt“; z.B. Christian Ortner) und mit „Wir waren immer auf deren Seite“. Bin Laden hat ebenso wie Bush diese Aufbrüche noch erlebt, beide mussten erfahren, dass jene in den arabischen Ländern, die Erneuerung woll(t)en, nicht auf sie Bezug nahmen. Auch die Haltungen von Islamisten (iranisches Regime, al Kaida) oszillieren hier zwischen Vereinnahmen und Diffamieren; Salafisten lehnen den Arabischen Frühling ab, schon allein, weil sowas irgendwann auch nach Saudi-Arabien kommen könnte, was ja gar nicht geht. Auch Missfelder fand bei Will 2013: „…Saudi-Arabien, da gibt es eben die Scharia, da werden Menschen gesteinigt usw., aber Saudi-Arabien ist eben auch ein Garant für die Stabilität vor allem Israels. Da gibt es eben auch Grautöne.“ Grautöne, bzw. Kulturrelativismus. Und Hitler hat ja auch Autobahnen gebaut. Manche Beobachter formulieren hier auch offen, in Angst vor Machtverlust, westliche Interessen, die, siehe da, nicht von Universalismus sondern von Eigennutz inspiriert sein sollten.
Eine beispielhafte Behandlung der arabischen Revolutionen gab’s von Matussek (dem es v.a. um sein katholisches Experiment geht) auf Spiegel Online, auf Englisch, im Rahmen einer Islam-Attacke, die er anlässlich Wulffs Aussage über die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland ritt. Nach einem Klagelied über Reaktionen auf „Islamkritik“, die entweder auf Zensur hinausliefen oder die „Betreffenden“ dazu brächte, sich genauso zu verhalten wie man sie beschreibt, schleimte sich über den arabischen Frühling zunächst etwas aus („We are all happy about…“), zählt dabei die drei nordafrikanischen Staaten auf, aber nicht die Golfstaaten mit westlichen Ölinteressen. Er würdigt immerhin, dass Leute dort ihr Leben riskierten (während andere hier kommentieren dass sich „die da unten“ gegenseitig die Köpfe einschlagen) um gleich festzuhalten, dass Demokratie, Aufklärung und Meinungsfreiheit westliche Werte sein (so wie die westliche Unterstützung von Ben Ali, Mubarak, in späteren Jahren auch Ghadaffi,…) und hinterherzuschieben dass man über Islamismus „besorgt“ sein könne, egal was Wulff und die anderen sagten. Er „weiss“ dass in Ägypten eine Mehrheit der Bevölkerung Steinigungen, Handabschneiden und Exekutionen für Islam-verlassen befürworteten, zählt dann Länder auf (darunter Gaza, wo Lebensbedingungen und Menschenrechte nicht mehr wichtig sind, sobald sie auf israelische Herrschaft zurückzuführen sind), in denen islamistische Gruppen starke Unterstützung hätten oder am Weg dazu seien. Schliesst mit „nichts davon neu“, man kenne seit 1979 (Iran) die „Risiken“ – er unterstellt dieser Revolution nicht, dass sie Khomeini und sein Regime wollte, stellt den Schah aber als anderes Gesicht „islamischer Herrschaft“ dar.
Als 2013 in manchen Städten der Türkei Proteste gegen die Politik der AKP-Regierung ausbrachen, machten westliche Kulturkrieger nun das, was sie gerne vorwerfen, nämlich türkische Politik zu importieren, mit der eigenen verbinden. „Krone“ wie „Jungle World“ schrieben von der „islamischen Regierung“, wenn nicht vom „islamistischen Regime“, für randalierende Türken wurde nicht der „Moslem“-Stempel herausgezogen sondern sie wurden in der Opfer-Rolle verortet… Genau so paradox, dass die oppositionelle, kemalistische CHP die Polizei zu Zurückhaltung aufforderte. So wie die Verurteilung der „Ergenekon“-Verschwörer (die u.a. eine Rolle bei der Hrant-Dink-Ermordung spielten und Attentate auf den Schriftsteller Pamuk, der Kurdenpolitiker Türk oder den griechisch-orthodoxen Patriarchen Archontonis planten) von ihren Sympathisanten sowie nützlichen Idioten zur Abrechnung mit dem politischen Gegner bzw. der Demokratie missbraucht wurden, werden auch hier falsche Antagonismen hergestellt. Die Probleme der Türkei haben ihre Ursache nicht im Islam sondern in der Tradition eines intoleranten, authoritären Staates, hat Yasar Kemal festgestellt. Der AKP bzw. Erdogan werden Übel untergeschoben, die unter ihnen vermindert wurden. Kemalisten hatten 80 Jahre Zeit für jene Schritte, die Erdogan etwa den Kurden in 10 Jahren entgegengegangen ist (Unterricht von bzw. Rundfunkprogramme in deren Sprachen Kurmanci und Zazaki, daneben ein Waffenstillstand mit der PKK), z.T. gegen kemalistischen Widerstand! Der weitere Weg von Erdogans Politik ist offen, aber gemessen an den Koordinaten der traditionellen türkischen Staatsdoktrin hat er im positiven Sinne Revolutionäres weitergebracht. Dazu gehört auch eine gewisse Entspannung mit Armeniern und Armenien (Zürich-Protokoll, Restaurierung von Kirchen wie jener auf der der Achtamar-Insel). Eine Politik, toleranter und pluralistischer als der von Atatürk verordnete (nationalistische) Säkularismus. Oder ist das Problem mit der AKP-geführten Türkei jenes, dass sie ausgeschlossen hat, sich an einer Militäraktion gegen den Iran zu beteiligen?
Exil-Iraner sind besonders beliebt, vor allem wenn es darum geht, sie gegen Interessen ihres Landes und der Region anzuführen. Wobei jene säkular-demokratischen (Exil-) Kräfte, die tatsächliche iranische Interessen vertreten, eher diffamiert und bekämpft werden. Die von Neokonservativen gebrachten Iraner sind immer dieselben, wenigen Aussenseiter. Es geht um das Bevormunden der Iraner bzw. um ein Feigenblatt für seine imperialistische Nacktheit. Sehr gerne gebucht wird, in Nordamerika wie auch in Westeuropa, Hassan Daioleslam (manchmal auch nur „Dai“), der seine politischen Wurzeln bei den „Volksmujahedin“ (Mujahedin-e Kalqh, MEK, firmieren auch als MKO, PMO, NCRI) hat, die ja einst politischen Islam und Sozialismus miteinander verbinden wollten, also eigentlich pfui. Wenns darum geht, zionistische und antiiranische Standpunkte als iranische Stimme zu präsentieren, sind manchmal auch emigrierte iranische Juden wie der Israeli Menashe Amir darunter; andererseits kommt Zetern aus dieser Ecke wenn man (beispielsweise) iranischen Juden wohlmeinend eine iranische Identität nachsagt, sie haben die Opfer der Iraner zu sein, die gerettet wurden oder auf Rettung warten.
Wenn es um Palästinenser geht, die (vermeintlich oder tatsächlich) von Palästinensern getötet wurden, steht das “Zivilisten-Sein” dieser Leute plötzlich nicht mehr in Frage, wird nicht mehr großer Aufwand für das “ausleuchten” vermeintlicher oder tatsächlicher Hintergründe aufgebracht, sind plötzlich auch palästinensische Opfer beklagenswert, und ihre Tötung ein Ausdruck von Grausamkeit. Wie grausam die miteinander umgehen, viel grausamer als die Israeler mit ihnen. Liegt ihnen quasi im Blut. Nahe daran sind die zynisch-triumphalistische Hinweise auf Opfer im syrischen Bürgerkrieg. Und wenn man bei ihnen dann auch noch Christen gegen Moslems oder Frauen gegen Männer in Stellung bringen kann…
Der Umgang mit dem Breivik-Massaker 11 in Norwegen: Das Bekennerschreiben des Täters war nicht nur voll mit direkten Referenzen auf seine Idole von Broder bis Geller, sondern auch mit deren Kanon, wovon manches schon ganz mainstream geworden ist: „Islamisierung Europas, Kotau vor Moslems, Multikulti gescheitert, Abendland in Gefahr, Israel kämpft unseren Kampf, Linke sind nützliche Idioten der Islamisten bzw. Verräter,…“. Die „westliche Zivilisation“ ist bei ihm dezidiert auf „Weisse“ beschränkt, was zumindest manche seiner Ideengeber (nicht aber deren Fussvolk oder die von PI) weit von sich weisen würden. Breivik selbst betonte nach dem Anschlag, die Opfer seien „keine unschuldigen Kinder sondern Aktivisten für den Multikuturalismus“ gewesen. Es folgten Distanzierungen bzw. Verdrehungen der Stichwortgeber, von Spencer (seine Fans verteidigen ihn als „Fachmann, nicht Hetzer“, als Opfer, nicht Täter) bis Littman, die in den meisten Fällen ein selbstgerechtes Zurückweisen der Verantwortung war. Der Hinweis auf eine tatsächliche oder behauptete Zustimmung oder Verbindung ist „im Umkehrfall“ aber ein beliebtes Mittel der Diffamierung, siehe den Artikel bei Erhard Arendt. Auch im Manifest von Breivik nicht genannte bzw. von ihm nicht in den Pantheon der Islamophobie gehobene fühlen sich ertappt und melden sich selbstverteidigend zu Wort. Einige stellten ihn als einen in Wirklichkeit vom Islam(ismus) inspirierten dar; Grigat auf hagalil: „Islamneid. Was die rechten Fremdenfeinde und den Attentäter von Oslo umtreibt“. Und ein rechter Fremdenfeind ist er ja nicht, nein. Seltener wurde die Theorie von der Tat als „moslemische false flag“ geäussert. Häufig kam die Einschätzung Breiviks als ein im Grunde unpolitischer Einzeltäter. Pipes: „Breivik wollte die Counterjihad-Bewegung diskreditieren“, so gemein.
Verständnis für den Massenmörder gabs im Störtebeker-Netz und vom italienischen Lega Nord-Politiker Borghezio, von dem sonst u.a. Bemerkungen über die Überlegenheit der Nord- über die Süditaliener kommen. Nicht selten kamen Relativierungen des Anschlags angesichts der „islamistischen Gefahr“ und dass die „Opfer nun für eine Agenda ausgeschlachtet würden“. In der „Jerusalem Post“ kam ein Kommentar, wahrscheinlich von Caroline Glick (einer Macherin von „Latma“; eine von Breiviks Lieblings-Juden), in dem die Verantwortung für das Massaker der „europäischen Einwanderungspolitik“ zugeschoben wurde (die Terroropfer und ihre Familien hätten sich quasi doch den anstürmenden Horden entgegenstellen sollen, dann wäre der Breivik beschwichtigt gewesen und hätte das nicht tun müssen..) und für Breiviks Ideologie Verständnis geäussert wurde, sowie ein Kommentar von Barry Rubin, in dem das von Breivik angegriffene Camp der Jugendorganisation der norwegischen Sozialdemokraten als in ein „Pro-Terrorismus-Programm“ involviert diffamiert wird (weil sie für ein Ende der Blockade Gazas und für die Anerkennung Palästinas eintraten) und geklagt wird, dass Europäer Terror gegenüber Israelis hinnähmen/unterstützten, anders als Terror gegen sie. Hinterhergeschoben wurde dort eine Distanzierung des Chefredakteurs. Die Terroropfer wurden auch von „Yediot Achronot“/Ynet als „Israelhasser“ attackiert. Manchmal kamen Quasi-Rechtfertigungen des Anschlags als „Ventil für falsche Politik“, also als falsche Maßnahmen für ein richtig erkanntes Problem“ .
Küntzel bog sich die Wahrheit über die Attentate von Oslo und Utöya auf Perlentaucher zurecht: Er schlachtete Breiviks Manifest für eine Abrechnung mit Kritikern der Islamophoben aus, viktimisiert und heroisiert Broder („der Intimfeind aller Appeaser„, dessen Judentum noch hervorgehoben), bringt die Sache mit einer (angeblichen) Äusserung eines Offiziellen des iranischen Regimes in Verbindung. „Die ohnehin viel zu schwache Kritik am Islamismus ist in Deutschland seit Oslo und Utöya noch leiser geworden“ stimmt Küntzel dann in das kollektive Jammern über den „Propagandafeldzug gegen die ganze islamkritische Szene“ ein. Natürlich, nicht die 77 Getöteten sind die eigentlichen Opfer, sondern die Islamophobie-Industrie. Immerhin muss er sich von Breivik distanzieren und ein paar Sachen anerkennen: dass Islamisten hauptsächlich Muslime ermorden (bei der Aufzählung islamistischer Attentate blendet er dann doch wieder jene auf Moslems aus), die „Islamisierung Europas“ eine hetzerische Behauptung von rechtsradikalen Spinnern ist, dass es arrogante „westliche“ Vorstellungen über Völker im Kulturkreis des Islams gibt. Er nennt Raddatz (der ist zwar ein strammer Rechter, aber weniger Hetzer und Heuchler als die meisten mit denen Küntzel auf „Konferenzen“ auftritt, und sachkundiger als er), „Pax Europa“ und Giordano als Beispiele für rechtspopulistische „Islamgegner“ (die es also doch gibt), denen zufolge das überlegene Abend- und das rückständige Morgenland sich gegensätzlich und unvereinbar gegenüberstünden (Küntzel kritisierte dies tatsächlich!). Die Anerkennung dass „die Frontlinie zwischen Freiheit und Barbarei inmitten durch muslimische Gesellschaften“ läuft, ist für jemanden wie ihn auch nicht selbstverständlich. Er nimmt eine Differenzierung zwischen Islam und Islamismus vor und behauptet, auch Broder würde diese Trennlinie ziehen. Für sich selbst reklamiert er anscheinend eine objektive, überparteiliche Rolle… Er verharmlost Breivik und die Szene als harmlos und machtlos, klagt über eine „falsche Täter-Einordnung“, „Muslimfreunde“ (an einem Punkt rechnet er Obama dazu) stellt er als mächtige Gruppe dar und unterstellt ihr Freude/Erleichterung über den Norwegen-Anschlag. Sie kristallisieren sich als eigentliche Zielscheibe seines Texts hervor und „Islam(ismus)kritiker“ als jene, die er als Opfer verorten möchte. Seine Sorge, 11/9 und der islamistische Terror generell könnten an Singularität/Bedeutung verlieren, ist offensichtlich. Die Kommentatoren auf perlentaucher nehmen Küntzel v.a. seine Kritik an „Islamfeinden“ übel, zu der er sich gezwungen sah. Aber auch so ein Kommentar kam: „Muslimfreunde? Gab es die nicht schonmal? Oder so ähnlich: ‚Die entlarvten Judenfreunde‘ von Rudolf Wiedemeyer, Deutscher Verlag 1923.“
Das konsensfähige Sujet vom Widerstand gegen die angebliche Islamisierung ist seit Oslo nicht mehr so blütenweiss, aber man nimmt halt Modifizierungen vor, wie nach den iranischen und arabischen Aufständen gegen ihre Diktatoren. Jene Hassprediger, die darüber jammern dass die „Gegenseite“ durch Oslo/Ütoya aus der „moralischen Defensive herausgekommen“ sei, sagen damit (bzw. verstärken den Eindruck), dass sie islamistische Anschläge etc. brauchen, diese für sie ideologischen Auftrieb bedeuten und sie eine Art Hoheit beanspruchen.
Unter dem Titel „Caught in the web“ brachte Øyvind Strømmen in „Syn og Segn“ eine Analyse über neue soziale Milieus im Internet und über Internet-Radikalisierung, die auch Breivik zu seiner Tat motiviert haben könnte. In Strømmens Artikel wird darauf hingewiesen, dass rechtsradikale Sites wie die – auch von Anders Breivik genutzte – Stormfront ungleich mehr User habe als populäre islamistische Seiten wie Al Ekhlaas oder Al Hesbah. Die Beobachtung von Internet-Radikalisierung habe sich fast ausschließlich auf Islamismus konzentriert.
Israel und Judentum
Philosemitismus und Israel-Solidarität laufen oft parallel zu Islamophobie. Ein Philosemitismus in den Stereotypen des Rassismus blockiert zuverlässig jegliche ernsthafte Auseinandersetzung mit rassistischen Tendenzen in der Gesellschaft. Bei allem Dissens im Detail zeichnen Linke wie Rechte beklemmend manichäisch das Bild vom „heldenhaften jüdisch-israelischen Volk“ das sich gegen die rückständige, fanatische, mörderische Region behauptet, gegen die Palästinenser, die Vorhut der Feinde des Fortschritts, des Westens. Ignoranz für das Leid der Palästinenser ist klassischer Kulturrelativismus. Aznar hat, nach dem israelischen Massaker auf der Hilfsflotte für das eingeschlossene Gaza, davon gesprochen dass Israel die erste Verteidigungslinie des Westens sei und „wir alle“ untergingen, ginge es unter. Die Verteidigung der Zivilisation drückt sich demnach u.a. so aus, dass die Hebron-Siedler ihre Exkremente auf die Märkte der Palästinenser in der Stadt schütten. Rassismus ist nicht nur vereinbar mit einer Pro-Israel-Einstellung, er liegt ihr meist zu Grunde. Die Aufrechterhaltung westlicher Dominanz ist natürlich auch ein Antrieb.
Für (viele) Deutsche scheint Israel ein nationaler Ersatzmythos geworden zu sein, eine Identifikation mit den Israelis ist auch durch die Annahme motiviert, sie führten eigentlich einen Stellvertreterkrieg für genuin deutsche Wünsche, Vorstellungen und Ideale, für völkische Einheit und nationale Selbstbestimmung auf heimatlicher Scholle. Die Israeler firmieren gewissermassen als der grosse, militante Heimatvertriebenenverband, der zurückgekehrt ist. Das zionistische Ressentiment wonach Palästinenser ihr Land über die Jahrhunderte „verfallen gelassen haben“, damit eigentlich nichts anfangen könnten, bzw. dass Palästina nicht nur ungenutzt sondern auch unbesiedelt war, bevor Juden kamen, wurde von westlichen Israelfans bereitwillig aufgegriffen. Israel-Solidarität wird mal mit Universalismus („einzige Demokratie weit und breit“), mal aus offenen Partikularismus (Überlegenheit/Hegemonieanspruch der Juden über „Kameltreiber“) argumentiert. Siedlungen sind entweder ein paar Häuser mehr die niemanden wehtun oder aber historisches Recht der Juden in „Judäa und Samaria“. Der Beginn der 2. Intifada 2000 war auch ein „Vorbote“ auf das neue, kommende Zeitalter und seine Frontstellungen.
SPME und Gleichgesinnte spucken Gift und Galle, wenn Zionismus-Kritiker wie Norman Finkelstein, Ilan Pappe oder Mosche Zuckermann irgendwo auftreten. Der Grad zwischen Toleranzchauvinismus („Dass Zuckermann in Israel lehren kann, zeigt wie tolerant Israel doch ist) “und Versuchen, solche kritischen Stimmen zum schweigen zum bringen, ist schmal. Ilan Pappe kann in Israel nicht mehr lehren; nachdem er sich dem Thema der palästinensischen Nakba kritisch annahm, musste er die Universität Haifa verlassen. Auf der Veranstaltung „Remapping Palestine“ in Wien 2011 sprach er u.a. über akademische Freiheit anhand des Nahostkonflikts; eine Veranstaltung, die auch verhindert werden sollte. Gegen einen Vortrag von Finkelstein hetzten SPME u.a. auch, mit der Behauptung, dass dieser Lob von Neonazis bekäme (vergleiche dazu z.B. Breiviks Idole und die Apologetik dazu); gegen die Hetze der Rechtsextremen gegen Moslems haben diese gar nichts. Honestly Concerned veröffentlichte dann die Kontaktdaten von dem Hotel, in das Finkelstein auswich, nachdem die Uni, in der er zunächst auftreten sollte, dem Druck nachgegeben hatte.
Amy Kronish, die sich mit dem israelischen Kino, als Spiegelbild der Gesellschaft des Landes, auseinandersetzt, hat auch über „Arabs on Israeli Screens“ geschrieben. Darin stellt sie fest, dass Palästinenser bzw. Araber in zionistischen Filmen, auch schon vor der Staatsgründung Israels, in der Regel als primitiv und exotisch dargestellt werden. In den früheren Filmen wurde der Gegensatz durch die Darstellung der jüdische Pioniere als modern und fleissig erzeugt. Palästinenser wurden gerne als Teil der malerischen Landschaft abgebildet, auf Eseln oder Kamelen reitend, altmodische Pflüge ziehend, zusammen mit Palmen oder der Wüste, aber nie als Individuen oder aus „der Nähe“ (und wenn, dann als eindimensionale Charaktere). Vergleiche dazu die Reaktionen über entsprechende (?) Darstellungen von Juden/Israelis wie in der türkischen TV-Serie „Tal der Wölfe“. Palästinenser/Araber/Orientale werden in israelischen Filmen in der Regel von Mizrahi-Juden dargestellt. Der Film „Hamsin“ aus dem Jahr 1982 hatte diesbezüglich etwas Revolutionäres, so Kronish. Es geht darin um einen Bauer in Galiläa und seinen palästinensischen Gehilfen und behandelt auch die Nakba von 1948 mit, die Schwierigkeiten der nicht-vertriebenen Palästinenser im israelischen Staat und sogar sexuelle Beziehungen zwischen den beiden Volksgruppen. Bemerkenswert auch der erste Film eines „israelischen Arabers“, Michel Khleifi, „Hochzeit in Galiläa“ aus 1987. Er spielt in der Zeit, als diese Palästinenser im israelischen Staat noch unter Militärverwaltung standen. In Hollywood haben Araber immer wieder die Rolle des bösen Anderen eingenommen (verstärkt nach Ende des Kalten Krieges), des Barbaren, der die Zivilisation bekämpft (bzw. umgekehrt), eine Rolle, die früher für „Indianer“, dann „Mexikaner“, dann „Russen“ reserviert war.
Während gerade wieder ein „neuer Antisemitismus“ zelebriert wird, reihenweise Untersuchungen über den „Antisemitismus von jugendlichen Moslems“ herauskommen, wartet etwa der antiarabische Rassismus unter jungen französischen Juden (ob in JDL-Ablegern oder anderen Gruppen) noch darauf, untersucht zu werden. Oder jener des „Mavet le Aravim“ (Tod den Arabern) rufenden Mobs in israelischen Städten.
Der israelische Historiker Haggai Ram spürte der israelischen „Iranophobie“ nach und brachte 2009 „Iranophobia: The Logic of an Israeli Obsession“ heraus. Er schreibt bzw. redet das 1979 im Iran an die Macht gekommenen Regime nicht schön (Gudrun Harrer 08 in „derstandard“ im Artikel „Logik einer Obsession“ dazu: „Ram wird trotzdem des Antisemitismus beziehungsweise des jüdischen Selbsthasses, der Unterstützung von Holocaust-Leugnung, des Antizionismus sowieso, aber vor allem des Irreseins bezichtigt werden“) aber er geht dem in seinem Land kaum angefochtenen Umgang mit dem Thema „Iran“ und dessen Instrumentalisierung auf den Grund. Er stellt zum einen fest, dass hinter der Konstruktion der Bedrohung Israels durch den Iran inner-israelische/-jüdische Spannungen stehen. Dazu diente auch die Ent-Orientalisierung der v.a. in den 1950ern aus den islamischen Staaten geholten Juden durch das aschkenasische Establishment. Viele Israelis, so Ram, sähen im klerikal beherrschten Iran ein Horrorszenario für die Zukunft des eigenen Landes.
Dies mit Blick auf die religiösen Parteien, die mal in die Regierung eingebunden, mal isoliert werden (in der jetzigen Regierung sitzen neben dem Likud die Partei vom jungen Lapid, der die Religiösen und ihre Inhalte kleinhalten möchte und die von Bennet, der eine Brücke zu ihnen bauen will, zur Verbreiterung eines israelischen Nationalismuses), und teilweise (Schas) Mizrahis und teilweise (Vereinigtes Thora-Judentum) Aschkenazis repräsentieren. Auch viele Einwanderer aus der Ex-Sowjetunion, so Ram, hätten Anti-Mizrahi-Empfindungen, nicht zuletzt aufgrund ihrer vorwiegend säkularen Ausrichtung. Eine weitere Beobachtung Rams beim israelischen Iran-Diskurs (der ja gern nach aussen getragen wird) ist die für israelische Politiker willkommene Ablenkung vom Grundkonflikt, dem mit den Palästinensern; diese würden auch zunehmend als eine Art Vorhut der Iraner empfunden/dargestellt. Damit könne der eigene Teil der Verantwortung leicht abgegeben werden. Die gegenseitigen Bedrohungen zwischen Israel und Iran interpretiert er als eine Art von Dialog zwischen ihnen. Den Holocaust zu einem politischen Instrument würden dabei beide Seiten machen.
Das Buch von Noel Ignatiev „How the Irish Became White“ setzt sich damit auseinander, dass irische Einwanderer in den USA nicht schon immer als “Weisse” angesehen wurden, sich diesen Status erst durch Mehrarbeit in Sachen Rassismus, v.a. gegen Afro-Amerikaner, verdienen mussten. Etwas Änliches lässt sich mit Blick auf die Mizrahim (der Begriff „Sepharden“ für sie ist eigentlich nicht korrekt) in Israel feststellen, die den „Makel“ ihrer „orientalischen“ Herkunft durch eine Mehrarbeit in Sachen Nationalismus bzw. Überheblichkeit v.a. gegenüber Palästinensern (und der Region, auch ihren Herkunftsländern) kompensieren mussten und dabei auf den Likud gegen die Arbeiterpartei setzten (bzw. der ebenfalls aschkenasisch dominierte Likud auf sie), der in der Wahl 1977 den Machtwechsel schaffte. Diese Rolle ist möglicherweise später zu den aus Äthiopien geholten Juden weitergewandert. Philosemiten/ Israelfreunde sind immer nur für bestimmte Juden, lehnen andererseits religiöse, linke oder orientalische ab.
Ängste vor dem „Eindringen des Mittleren Ostens“ über Mizrahim nach Israel werden schnell nach aussen umgeleitet, Shinui-Parteichef Yosef Lapid sprach in dem Zusammenhang vom „levantinischen Misthaufen“. Lapid wurde als Tomislav Lampel in Jugoslawien geboren und ist 1948 nach Israel eingewandert, wird in Europa gern als „mitteleuropäischer Liberaler“ dargestellt. Vieles was auf „Islamophobie“ zutrifft, trifft auch auf solche Sichtweisen zu, zumindest waren sie jahrzehntelang in Israel vorherrschend. Etwa das „Wir sind fortschrittlich, ihr rückständig“-Gehabe zur Abgrenzung. Lapid hatte nicht nur ein Problem mit Levantinern: 1974, nachdem die meisten schwarzafrikanischen Staaten nach dem „Nahostkrieg“ von 1973 die Beziehungen zu Israel abbrachen, schrieb er in „Maariv“ den Artikel „Le’maan D’rom Africa Lo Esheshe“ (Um Südafrika willen will ich nicht schweigen), eine rassistische Tirade gegen Schwarzafrika und auch Afro-Amerikaner, die er, mit Berufung auf den britischen Rassentheoretiker John Baker sowie Benjamin Disraeli, Juden in USA gegenüberstellte um zu schliessen: „Offensichtlich gibt es einen vererbbaren Unterschied zwischen einem Mann dessen Vater im Dschungel lebte und einem dessen Vorfahren Priester im Tempel waren.“ Auch ein Lob auf Apartheid-Südafrika und Israels Zusammenarbeit mit ihm ist darin. Irgendetwas sagt mir, dass MEMRI sowas nie übersetzt hat.
Anastasia Michaeli (-Samuelson), die die rechtsradikale Yisrael Beitenu im israelischen Parlament vertrat, eine aus Russland stammende blonde Konvertitin zum Judentum, die auch für ihre Theorien über Homosexuelle und eine physische Attacke auf die palästinensische Abgeordnete Hanin Zoabi bekannt ist, hat einst als Jury-Mitglied in der israelischen Ausscheidung zum Song Contest die Sängerin Liel Kolet, deren (jüdische) Eltern aus Indien stammen, abgelehnt, weil diese eine „arabische Erscheinung“ habe. „Wir müssen jemanden auswählen, der uns nicht nur künstlerisch repräsentiert“.
Rechte Islamophobie
Jean-Marie Le Pen äusserte schon 02 gegenüber „Ha’aretz“ Verständnis für den israelischen Kampf gegen „Araber und Terror“, verglich ihn mit dem französischen Kolonial-Kampf in Algerien, an dem er ja teilgenommen hatte. Oder Jörg Haider einst auf einer BZÖ-Veranstaltung: „Noch darf man ‚Grüss Gott‘ sagen und muss nicht ‚Allah ist gross‘ sagen“. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, dass es dazu kam. Historisch gabs eine lange Ablehnung der westlichen Rechten gegenüber dem „Orient“, die manches der heutigen Islamkritik vorwegnahm; aber auch eine Stützung reaktionärer Kräfte in der islamischen Welt. Neue Parteien wie jene von Wilders haben kein antisemitisches Erbe, definieren sich geradezu durch einen positiven Bezug auf Israel (das wieder einmal die Rettung des Abendlands darstellt), im Negativen hauptsächlich über Anti-Islam. „Islamisierung stoppen“ und ähnliches ist bei Rechtspopulisten in (West-) Europa heute ein selbstverständliches Kernthema. Ähnliches gilt für die Evangelikalen der USA; bei einer Israel-Solidaritätsveranstaltung der evangelikalen Christian Coalition in der USA ’03 forderte etwa der damalige israelische Minister Benjamin Elon (Nationale Union), ein Westbank-Siedler, unter Jubel die Aussiedlung der Palästinenser nach Jordanien. Bei einem Neonazi-Aufmarsch in Berlin 2013 faselt der Anführer von „Reconquista“, „Europa wieder vom Islam reinigen“,…
Für Rechte/Konservative ist Islamophobie eine Chance, ihre Ideologie „reinzuwaschen“ und grössere Akzeptanz zu bekommen, eine Frischzellenkur, man kann sich als zu modernen und aufgeklärten Werten stehend und sie verteidigend profilieren, auch als wehrhaft gegen die mit Islamisten „verbündete“ oder sie „verharmlosende“ Linke. Man hat die Möglichkeit zu einem politisch korrekten Rassismus, man hatte mit seinen Vorurteilen immer schon recht.
Wenn man sich im rechtem Milieu zur „Islamkritik“ gewissermaßen „linke“ Errungenschaften auf die Fahnen heftet (u.a. Frauen-Emanzipation), ist das nie frei von Ambivalenz. Manchmal kommt deutlich heraus, dass man diese Werte im Grunde ablehnt. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache etwa hat die entlassene NDR-Moderatorin Eva Herman, die „die Wertschätzung der Frau im Dritten Reich“ gelobt hatte, verteidigt, dabei erwähnte er auch Autobahn-Bauten, nach ihm ebenfalls etwas Gutes aus dieser Zeit (auch die Forderung, über das NS-Verbotsgesetz zu diskutieren, kam von ihm). Er lud Herman dann zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Das Eva-Prinzip – Antwort auf den Feminismus“ in den FPÖ-Parlamentsklub ein. Nach ihrer Absage am Tag der Veranstaltung sprach dann der Salzburger Weihbischof Andreas Laun. Wenig später redete Strache dann davon, dass Zuwanderung von ausserhalb Europas Elemente mit sich bringe “die nicht unserer Kultur entsprechen, darunter die Unterdrückung der Frau”. Und dass er „wehrhaft“ gegen Islamismus auftreten wolle. Grünen-Chefin Glawischnig sei männerfeindlich. Im Wiener Wahlkampf 10 brachte die FPÖ neben Altbekanntem wie der Assoziation Asylbewerber-Kriminalität, Angstschüren vor osteuropäischen Nachbarn (Ende der EU-Schutzbestimmungen am Arbeitsmarkt), Gemeindebau-nur-für-Österreicher-Parolen auch dezidiert Anti-Islamisches, etwa Zustimmung zu Sarrazin, oder das Lied von Broder wonach Menschen aus einem anderem Kulturkreis wegen ihrer Herkunft mildere Strafen für Mord und Totschlag bekämen. Und: „Wenns nach den Gutmenschen ginge, würde jetzt Ramadan beginnen.“ Strache kaut auch den „clash of civilizations“ mit dem Islam wieder. Auch wenn er über europäische Werte, Humanismus oder Christentum schwadroniert, geschieht das meist zur Abgrenzung vom „Islamischen“ und immer heuchlerisch.
Elisabeth Sabaditsch-Wolf, eine österreichische Diplomatentochter, berät Strache aussenpolitisch, hat ihn nach Israel begleitet. Sie hält Hasspredigten in „Islam-Seminaren“ am Freiheitlichen Bildungsinstitut ab, ist im Präsidium des Wiener Akademikerbundes, unterhält Kontakte auch zu Wilders, ist Generalsekretärin des („im Untergrund tätigen“) Vereins „Mission Europa. Netzwerk Karl Martell“, Teilnehmerin an der jährlichen „Counterjihad Conference“, aktiv bei Ulfkottes „Pax Europa“, postet im IT unter Pseudonymen antiislamische Artikel (auf Webseiten wie redegefahr.com) und Kommentare, stilisiert sich als mutige Kämpferin gegen etwas Totalitäres. Hat auch Breivik beeindruckt.
Die CDU-Politikerin Kristina Schröder, die sich gern in Äquidistanz zu Rechts und Links verorten möchte, hat erst 2009 auf ihrer Website Links zu PI und dem deklarierten Rechtsaußen-Blatt „Junge Freiheit“ gelöscht. Im Windschatten von Sarrazin kam auch sie mit „moslemischer Deutschenfeindlichkeit“ daher. Für die rechte israelische Zeitung „Jerusalem Post“ durfte sie einen Artikel über „Antisemitismus in Deutschland“ schreiben, eine weitere Möglichkeit für sie, darauf hinzuweisen, von wem alle Feindseligkeit ausgeht und, wohl auch, um den Schuldkomplex zu überwinden, den Wilders meinte (s.o.). Zu dem Thema hat sie auch Broder als „Experten“ in den Bundestag geladen.
Für die deutsche „neuen Rechte“ (Antaois-Verlag, „Junge Freiheit“, Götz Kubitschek, Manfred Kleine-Hartlage,..) ist auch längst der „Islam“ Feind Nr. 1, Weissmann arbeitet schon mit Stürzenberger von PI zusammen. Die Szene dieser neuen und neuesten Rechten (wie den Pro-Parteien) ist aber zerstritten und zersplittert, vor allem anhand des Widerspruchs zwischen Kampfeslust gegen den (postmodernen) „Mainstream“ und dem „Bekenntnis“ zu fortschrittlichen Werten – anderswo ist es ähnlich.
Auf stormfront.org, einem englisch-sprachigen Rechtsextremen-IT-Forum des US-Amerikaners Don Black (einem früheren KuKluxKlan-Führer), das auf „weisse Vorherrschaft“ ausgerichtet ist, gibts Holokaust-Leugnung bzw. -Verteidigung neben Israel-Begeisterung, auch viel Anti-Islam, Geschreibe von „Eurabia“, etc. Wie so üblichen bei Rechten, gestaltet sich die internationale Zusammenarbeit schwierig, aufgrund der konkurrierenden Ansprüche etwa südslawischer Nationalisten oder burischer und englischsprachiger Hetzer gegen das Post-Apartheid-Südafrika.
Die Evangelikale Christine Schirrmacher von der „Lausanner Bewegung“ veröffentlicht hierzulande Bücher und Artikel zum Thema Islam, wird als „Islamexpertin“ und „seriöse Wissenschafterin“ gehandelt.
„Linke“ Islamophobie
Manche Linke surfen gemütlich auf der antiislamischen Welle und spielen den Wahrer von emanzipativen Ansätzen, beziehen Front gegen Rechtsextremismus nur, wenn sie dort Moslems verorten können. Publizisten aus diesem Lager erliegen der Faszination begrifflicher Tabubrüche und wittern die Gelegenheit, Antifaschismus und Rassismus miteinander zu versöhnen, berauschen sich und ihr Publikum mit markigen Parolen. Der kanadische Regisseur Bruce Labruce: „Ich war angewidert, wie still und feige sich die Linke nach dem 11. September verhält; dass sie rechten Kräften und dem Krieg gegen den Terror freie Bahn liess.“ Hartmut Krauss ist der typische Vertreter eines „Islamophoben“ der von links kommt und die in Mitte bzw. nach rechts steuert, er war u.a. Initiator der „kritischen Islamkonferenz“ 08 (nicht zu verwechseln mit der jährlichen „Counterjihad Conference“ mit David Littman, Filip De Winter, Arye Eldad, Robert Spencer, Trifkovic, Herre,…). Unter dem Label „Antideutsch“ wird fremdenfeindliche Hetze verbreitet, die als „progressiv“ dargestellt wird.
Karl Marx’ Verachtung für nicht-europäische/-weisse Völker/Kulturen ist ein Fundament für den Rassismus/Kulturalismus der Pseudo-/Postlinken im Westen. Jedenfalls sind Einschätzungen von ihm wie diese in den letzten 10, 15 Jahren oft ausgegraben worden: „Die indische Gesellschaft hat überhaupt keine Geschichte, zum mindesten keine bekannte Geschichte. Was wir als ihre Geschichte bezeichnen, ist nichts andres als die Geschichte der aufeinanderfolgenden Eindringlinge, die ihre Reiche auf der passiven Grundlage dieser widerstandslosen, sich nicht verändernden Gesellschaft errichteten. England hat in Indien eine doppelte Mission zu erfüllen: eine zerstörende und eine erneuernde – die Zerstörung der alten asiatischen Gesellschaftsordnung und die Schaffung der materiellen Grundlagen einer westlichen Gesellschaftsordnung in Asien.“
Die angebliche Ablehnung von Nationen durch “Anti“Deutsche ist vor allem eine Legitimationsstrategie, um sich gegen Rassismusvorwürfe zu immunisieren; sie machen das, was sie Antirassisten unberechtigt vorwerfen, nämlich Menschen nicht als Individuen wahrzunehmen, sondern in Kollektive einzusortieren. Sie können nur die Mossab H. Yousefs (siehe unten) oder aber die Bin Ladens akzeptieren, lehnen andere als unecht ab oder diffamieren sie. An jene, die noch nicht den Mossab-Weg gegangen sind, wird die Aufforderung gerichtet, sich zu „befreien“, so wie wenn Hetze gegen Juden damit rechtfertigt wird, man sei gegen “die Juden” weil diese sich als Juden definierten und jederzeit mit ihrem Judentum brechen könnten.
Deutschlandschelte hat die Funktion einer Blendgranate; „Anti“deutsche müssten über die (angeblichen) Deutschland-Beschimpfungen von Migranten eigentlich froh sein, aber es ist natürlich das Gegenteil der Fall, wie man z.B. bei Birgit Schmidt in „Jungle World“ (die in dem Zusammenhang auch die Richterin Heisig lobt) lesen kann. Auch dass es mit dem PI- oder Sarrazin-Gedankengut zumindest Überschneidungen gibt, ist nicht überraschend. „Aufarbeitung“ des Faschismus und Versöhnung mit Deutschland über Islamophobie und Philosemitismus… Ein Geschichtsrevisionismus für die eigenen kleinkarierten, zutiefst „deutschen“ Befindlichkeiten. Antiimperialistische Bewegungen oder zögerliche Rechte werden als „völkisch“ diffamiert, weil sie sich der falschen Völker annehmen.
„Suicide Attack. Zur Kritik der politischen Gewalt“ von Gerhard Scheit ist ein Buch, in dem Sätze mit „Der muslimische Mann…“ beginnen und Gerüchte weiterverbreitet werden, wonach Araber teils bis zum 8. Lebensjahr an der Mutterbrust gesäugt würden. Neben rassistischen Ammenmärchen findet man darin Versuche, islamistische Selbstmordattentate mit Heidegger zu erklären.
Dass jemand wie Grigat an der Universität Wien lehren kann, sagt nichts (Gutes) über ihn, aber etwas (Schlechtes) über diese Uni. Die Maskierung seiner Propaganda als „wissenschaftliche Arbeit“ ist bei ihm allgegenwärtig. Als Hauptagitator der Kriegs-Kampagne „Stop the Bomb“ will er deren „wissenschaftlicher Berater“ oder „Moderator“ bei den Podiums“diskussionen“ ihrer Veranstaltungen, sein. In Österreich sind die „Anti“deutschen um den Berliner in der „Basisgruppe Politikwissenschaft“ der Uni Wien entstanden, sind heute u.a. im „Café Critique“ organisiert, bilden einen Klüngel am Wiener PoWi-Institut, mit Ablegern etwa in Form von „Mena“ („Medienbeobachtungsstelle Nahost“), wo seine (meist österreichischen) Hilfssheriffs wirken. Der Kreis ist auch Handlanger von Pipes‘ „Campuswatch“ in „Grossdeutschland“, agitierte z.B. gegen die Verleihung einer Ehrendoktorwürde an Hanan Ashravi (Frau und Christin, aber Palästinenserin).
In seiner Kriegs-Propaganda gegen Iran behauptet Grigat, der neue Antisemitismus/Faschismus käme aus arabischen Ländern. Im selben Interview dann etwas später: „Die meisten arabischen Länder haben Israel längst signalisiert, dass sie kein wirkliches Problem damit hätten, wenn Israel Angriffe auf Nuklearanlagen im Iran durchführen würde“. Wie jetzt, dort wo der Faschismus daheim ist, ist man für Angriffe auf Iran? Die iranische Bevölkerung sei auch grossteils für ihre „Befreiung“ auf diesem Weg, der aufgeklärte Westen sowieso, also eh praktisch alle? In der Propaganda von „StopDrop the Bomb“ findet man, besonders wenn man ihre Inhalte seit ihrer Initialisierung 07 beobachtet, verschiedenste Kriegsrechtfertigungen gegen Iran, nebeneinander auch widersprechende wie „Iraner befreien“ und „weil die iraner die Atombombe des Regimes wollen“. Immer zynisch: das ignorieren iranischer Opfer; in dem erwähnten Interview sagte er zu einem israelischen Angriff auf Iran, er stelle sich das grauenhaft vor, um dann hinterherzuschieben, dass er damit israelische Opfer möglicher Vergeltungsangriffe meint… (gut, dass Belege für sowas nicht so leicht aus dem Internet verschwinden).
Der Wiener Akademikerbund fordert u.a. die ersatzlose Aufhebung des NS-Verbotsgesetzes, die „fundamentale Korrektur“ der Fristenregelung, die ersatzlose Streichung des EU-Gleichbehandlungsgesetzes („könnte verborgener Sprengsatz für die abendländisch-christliche Kultur sein, zielt auf zwangsweise Einführung einer multikulturellen Gesellschaft ab“), die Beendigung der Zuwanderung um „Gefahren für das Heimatland abzuwehren“, Spezialgesetzgebung für Muslime, Beseitigung des „Wildwuchses von Moscheen“ sowie die Anerkennung der „effektiven Verschiedenheit von Rassen und Völkern“. Grigat, vom Sabaditsch-Kollegen Christian Zeitz dorthin gebracht, hat 09 dort einen Vortrag gehalten, über „Die ‚Islamische Republik Iran‘ und die Menschenrechte im ‚Kampf der Kulturen’“. Angekündigt als „Nahostexperte und gefragter Publizist“, hat er dort über das “Spannungsfeld von islamischen Gesellschaften und Menschenrechten“ geredet und ob sich „die Menschenrechte von einem Schutzrecht des Individuums gegenüber dem Staat … zu einem Anspruch verlagern, verschiedene (religiöse und ideologisch bedingte) Lebensentwürfe auch gegen den Willen der Mehrheitskultur und -bevölkerung durchzusetzen“. Nachdem etwas mehr über den Akademikerbund bekannt wurde (Aufregung gab’s eigentlich nur wegen der Forderung mit dem NS-Gesetz) gab der Israel-Fetischist über SPME eine Erklärung ab, in der er versuchte, sich das Opfermäntelchen umzuhängen, wie immer anmaßend, selbstgerecht und seine wahren Motive verschleiernd. Was vollkommen unter den Tisch „fiel“ (gekehrt wurde) neben dem Brückenbau, ist, in welchem ideologischen Milieu sich Philozionismus/Israel-Unterstützung gerne bewegt, wie sich also etwa der Akademikerbund diesbezüglich positioniert. Wenn Grigat auf derstandard.at als „harlan eiffler“ kommentiert (meist seine eigenen Gastkommentare), sagt er über sich noch Einiges aus.
Allianzen und Kooperationen
Die Islam-feindliche Perspektive erweist sich als idealer Kitt, unterschiedlichste Gruppierungen/Ideologien zusammenzuschweißen und Vernetzungen herzustellen. Das Konzept eines „Westens“ erlaubte im Kalten Krieg die Reintegration von Faschisten als „Antikommunisten“; auch heute werden wieder Kräfte gegen „asiatische Horden“ gebündelt. Es wird davon geredet, die „Errungenschaften der Aufklärung zu schützen“, etc. Die unterschiedlichen Auffassungen, was darunter im Detail zu verstehen ist, verhindern ein grösseres Zusammengehen. Reine Fremdenfeinde, die Zuwanderern schnell ein Islamismus-Mäntelchen umhängen wollen, hier, vorgeblich Libertäre, die auf totale künstlerische Freiheit pochen und dann Ausnahmen wollen, dort. Einerseits will man sich seiner Toleranz brüsten und Intoleranz zum Merkmal der anderen erklären, andererseits sieht man Toleranz und Universalismus als Hemmschuh. Während man sich bei der Ablehnung von „multikultureller Gesellschaft“ leicht einig wird, ist ein Bekenntnis zu einer „offenen Gesellschaft“ für den einen Teil der Islamophoben ein Unterscheidungsmerkmal zu dem, was sie unter Islam verstehen; für den anderen Teil ist eine offene Gesellschaft etwas, wo sich der Islam „einnisten“ kann. Die USA unter Bush war für Viele ein positiver Gegenentwurf zu dem was in Europa in ihren Augen „verdorben“ war – sich genauer anzusehen, was das eigentlich ist, würde sich einmal lohnen.
Bei den Pro-Israel Demos anlässlich des Überfalls auf die Hilfsflotte für Gaza 10 haben PI, „Bahamas“ und andere “Anti“deutsche, die rechtspopulistischen Pro-Parteien, der BAK Schalom der Linken und christliche Fundamentalisten in trauter Einigkeit gemeinsam demonstriert. Die evangelikale „Partei bibeltreuer Christen“ (PBC) hat gemeinsam mit dem BAK Shalom dem Berliner Linken-Chef Klaus Lederer die israelische Bombardierung des Gaza-Streifens 08/09 unterstützt. PI und Pro-Parteien vertreten Positionen, die den „anti“deutschen ziemlich nahekommen, jedenfalls was internationale Politik, Umgang mit dem Islam, Zuwanderung/Integration, Israel, USA und teilweise auch den Kapitalismus angeht. Auf PI werden “antideutsche” Veranstaltungen beworben und hinterher über die Teilnahme der PI-Ortsgruppen berichtet. Die Idole der „Anti“deutschen wie Broder unterstützen teils offen die neuen Rechten in Europa. Kahanistische Organisationen wie „Kach“, also der äusserste rechte Rand des zionistischen Spektrums, sogar von Israel verboten, paktiert, besonders in Berlin, auch gern mit Evangelikalen (PBC) und „Anti“deutschen. Die English Defence League (EDL) ist, nicht zuletzt über Pamela Geller, mit dem antimoslemischen Teil der amerikanischen Tea Party Bewegung verbunden sowie mit Kahanisten wie dem surfenden Rabbi Shifren. Einige der EDL-Anhänger zeigen gern mal den Hitler-Gruss – andere lieber Israelfahnen. Bei der Veranstaltung „Tag der Patrioten“ mit Nürnberg 2.0, German Defence League, und NPD gabs auch Israel-Fahnen (PI schrieb dann von Bauchweh wegen der NPD und verwahrt sich gegen die „Nazikeule“).
Mina Ahadi engagiert sich heute gegen „Multikulti, Kulturrelativismus, moslemische Verbände, Islamophobie-Konzepte“ und wird deshalb trotz hoher Stellung in der linksradikalen WPI und ihrem Atheismus von Springer/Konservativen wie auch vom PI-Milieu hofiert, was natürlich wiederum „A“D nicht stört.
Giordano zur massiven Präsenz von Vertretern der rechtsextremen „Pro Köln“ in der Bürgerbewegung gegen den Moscheebau in Köln, in der er prominent beteiligt ist: „Dieses ‚Aber mit solcher Kritik begibst du dich in die Nähe der Nazis von heute‘ ist ein Totschlagargument, das sich bei meinem biographischen Hintergrund von selbst ins Absurde führt. […] da sind wir bei dem eigentlich Unheimlichen der Situation: dass nämlich viele Menschen, die meinen Hintergrund nicht haben, die gleiche Kritik an dem Bau der Moschee und an den islamischen Parallelgesellschaften in Deutschland überhaupt, äußern möchten, das jedoch nicht wagen, eben weil sie fürchten, dann erstens in die rechtsextreme, rassistische neonazistische Ecke gestellt zu werden und zweitens plötzlich die falschen Bundesgenossen an ihrer Seite zu sehen.“ FPÖ-Strache in Köln bei einer Kundgebung von ProKöln gegen die Moschee in Ehrenfeld: „Wer den Mut hat, zur eigenen Kultur zu stehen, wird gleich als Rechtsextremist oder Neonazi beschimpft.“
Am 8. Mai (Ende des 2. Weltkriegs in Europa durch die Kapitulation Nazi-Deutschlands) feiern „Anti“deutsche demonstrativ und zetern Deutschnationale etwas leiser. In Wien sollte Strache bei zweiterer Feier auftreten, sagte ab, da er in Italien war um mit anderen Rechtsaussen Vorgehen gegen Einwanderer zu planen (er ist ausserdem um ein gemäßigteres Image bemüht); wenn er für Proköln Stellung nimmt, ist er bei deren Kernthemen den angeblichen Gegnern der Rechten von der Gegenfeier ganz nahe…
„Verbündete“ bzw. Kanonenfutter
Für westliche Kulturkrieger gehören Frauen zu den „Lieblingsgruppen“ im (oder im Bezug zum) Orient, neben Juden, Schwulen, Minderheiten, Quislingen. Die Sorge (?) um Frauenrechte im Islam gehört zum Standardprogramm, auch bei Anti-Feministen wie Matussek. Von Frauen aus moslemisch geprägten Kulturen gibt es gleichförmige Bilder von Fremdbestimmung, Abhängigkeit und Unterdrückung, einer passiven Opferrolle. Es wird ihnen gerne die Handlungsfähigkeit abgesprochen, gerne über sie gesprochen, Alibis von ihnen erwartet. Die österreichische Forscherin Leila Hadj-Abdou sagt, muslimische Frauen werden nicht als selbstbestimmte Personen wahrgenommen, liberale Werte werden hochgehalten, um den Ausschluss zu legitimieren. Von Rechten/Konservativen, die sich (zuvor) nie für Gleichberechtigung (der Geschlechter) eingesetzt haben, aber auch bei jenen Feministinnen, denen Gleichberechtigung tatsächlich ein Anliegen ist (nennt Alice Schwarzer). Jene die über die Hirsi-Alis entzückt sind, verachten die Naika Foroutans. Neben der Wahrnehmung als „Objekt“ gibt es von der südländischen/orientalischen, nicht notwendigerweise moslemischen, Frau dann auch jenen als heissblütig, verführerisch, unbeherrscht.
In Dresden ist 09 die 32-jährige Ägypterin Marwa El-Sherbini von einem Russlanddeutschen in einem Gerichtsgebäude mit einem Messer angegriffen und ermordet worden. el-Sherbini war Apothekerin und im dritten Monat schwanger. Sie hinterliess einen dreijährigen Sohn. Ein aus dem Nachbarraum herbeieilender Polizist schoss zunächst auf den Ehemann der Ermordeten statt auf den Täter. Der Mörder hatte sein Opfer, die Kopftuch trug, auf einem Kinderspielplatz als „Islamistin“, „Schlampe“ und „Terroristin“ tituliert. Der Mord geschah in der Berufungsverhandlung gegen die Geldstrafe, zu der er für die Beleidigungen verurteilt worden war. Dass Leute wie Ahmadinejad sich des Falls „annahmen“, war für PI (die dazu auch schrieben: „Behauptungen der Qualitätsjournalisten zufolge soll der Mörder durch die Lektüre solcher [gemeint ist: unserer] Artikel zu seiner Tat angestiftet worden sein.“) oder Achgut eine Steilvorlage zur Relativierung.
Als einmal die „Miss Austria“ aus dem Kaukasus kam, gab es gehässige Kommentare, dass sie wegen der political correctness gewonnen habe, man die Wahl/den Titel in „Miss Orient“ umbenennen solle usw. Irgendwie liegt dem derselbe Chauvinismus zugrunde wie jenem Gegeifer, das Frauenrechte vorschiebt, nur ist er hier ehrlicher. Siehe dazu auch die Kommentare zur feministischen Entblössung der albanisch-stämmigen CDU-Politikerin Ramadani.
Im Westen inszeniert man sich gerne als (Teil einer) tolerante(n), weltoffene(n) Gesellschaft, auch Homophobie wird am Fremden skandalisiert. Sie wird zur Stützung einer Argumentation benutzt, die Orientale als primitiv darstellt; wird, wie auch „Feminismus“, zur Kriegsrechtfertigung herangezogen. Dabei wird Homophobie im christlichen Schwarzafrika oder der Karibik entweder in denselben („unzivilisierten“) Topf geworfen oder aber säuberlich davon getrennt, wenns um die Formulierung vermeintlicher islamischer Spezifika geht. Die Aufmerksamkeit gilt auch im Positiven, bei Jamaikas Premierministerin Simpson-Miller war ihre Unterstützung für Homosexuellen-Rechte „wichtiger“ als etwa ihre Initiative zur Abschaffung der Monarchie mit der britischen Königin als Staatsoberhaupt, obwohl dieses für den durchschnittlichen Jamaikaner das wichtigere Thema ist. Eingehend befasst mit der Thematik hat sich Lysis/Rhizom in seinen Blogs und Büchern. Auch damit, dass im „Orient“ Bedeutungen/Definitionen von Körperkontakt und Homosexualität andere sind; mit der diesbezüglichen Rolle von Aufklärung und westlichem Nationalismus, und welche Prozesse heute dort im Gange sind; dass gerne auf andere ethnische Gruppen gezeigt wird, wenn über Homophobie gesprochen wird.
Mossab Yousef, der Sohn eines Hamas-Mitbegründers sein soll, spionierte neun Jahre lang für Israel (dessen Inlandsgeheimdienst Schin Bet). Seit seiner „Flucht“ in die USA und seiner Hinwendung zum Christentum „lebt er in Angst vor Rache“. Er tritt z.B. im „Museum of Tolerance“ des Simon Wiesenthal Center auf bzw. wird dort aufgeführt. Er ist ein zuverlässiger palästinensischer Gewährsmann für das zionistische Lager, wie auch Walid Shoebat. Auch oder gerade „Nahost-Beobachter“, die von Palästinensern in „“ schreiben oder dass sie es erst seit Arafat als solche gäbe, von einer islamischen Lobby in USA welche die jüdische ersetze, von Prinz Eugen und dem Abwehrkampf, von Arabern die wie blöde rammeln, sind von ihm entzückt. Er ist eine wichtige Propagandaikone, weil mit seinen Aussagen der Eindruck nahegelegt werden kann, dass die Palästinenser die ganze Schuld für den Konflikt tragen würden, sie es sind, die sich für eine Lösung ändern/bewegen müssten, Israelis und Freunde nichts gegen Palästinenser hätten und sie gut behandeln würden wenn man sie nur lasse. Da er Israel/Zionismus unkritisiert lässt, wird seine Hamas-Vergangenheit als wertvoller Einblick ausgelegt, im anderem Fall würde man seinen Befund über den Konflikt auf dieser Grundlage diskreditieren. Sein Schwarzweissbild des Nahostkonflikts zeigt, dass er kein Friedensengel geworden ist, bloss die Seiten gewechselt hat. Yousef und seine „Wandlung“ wird, auch von manchen Kampagnenjournalisten, als eine Erweckungsgeschichte gesehen – die des ebenfalls zum Christentum übergetretenen Mordechai Vanunu ist ein Tabu, ihre Erwähnung eine „antisemitische Instrumentalisierung“ usw. Die meisten „Islamkritiker“ haben ein Produkt zu promoten, wie Yousef sein Buch. Dazu ist auch zu sagen, wenn Zionisten Palästinenser generell mit so viel Wertschätzung gegenüber treten würden wie jenen, die sich gegen palästinensische Anliegen stellen, gäbe es überhaupt keinen „Nahost-Konflikt“.
Die Selben die kritische Juden wie John Bunzl oder Gideon Levy als „Distanzier-und Alibijuden“ oder „Kronzeugen der Rechtsextremen“ beschimpfen, preisen im nächsten Atemzug oder auf der selben Seite Yousef oder den in Italien lebenden Ägypter Magdi Allam (nach publikumsgeilem Umschwung vom Reformer und Vermittler zum selbstverleugnenden Scharfrichter). Alibi- und Berufs-Ex-Moslems wie er, Mossab Yousef oder Farid Ghadry werden von fast allen islamophoben Fraktionen verwendet. Hirsi-Ali ist wie Ben Ali oder Mubarak die Alternative zu einer Reform des Islams. Auch Grigat versucht, die iranischen Frauen und die Emanzipation gegen „linke Islamapologeten“ und „akademische ‚Islamophobie‘-Forscher“ sowie zur Pseudo-Abgrenzung von den klassischen Rechten anzuführen. Orientalische Frauen sind, sobald sie eine eigene Meinung haben, für die Grigats auch Teil des Problems.
Westliche Debatten über Einwander wie auch Moslems werden gerne über deren Köpfe hinweg geführt, gerade deshalb sind solche Feigenblätter wichtig. Jene in der Islamophobie-Industrie, die im Grunde einen ehrlichen Ansatz haben wie evtl. Abdel-Samad, sind dort eigentlich fehl am Platz. Dieser gibt zwar nicht nur Broder ein Alibi, hat aber (sicher zur Enttäuschung vieler in seinem Publikum) etwa festgehalten, dass -während er dem Islam faschistische Züge attestiert- nicht alle Moslems bzw. alle aus diesem Kulturkreis (er selbst sieht sich als Kultur-Moslem) in einen Topf geworfen gehören. Die Drohungen gegen ihn benutzt er nicht, um sich zu einem deutschen Rushdie zu stilisieren, sondern spricht von „ein paar Fanatikern“. Kommentar in einem Forum über ihn: “Da er als Kind eines Moslems geboren wurde, ist er nach der islamischen Glaubenslehre für den Rest seines Lebens Moslem.” Für Islamisten wie Islamophobe ist das jedenfalls so, wer Moslem ist, und damit entweder Über- oder Untermensch, bestimmt nicht der Betreffende. Am bequemsten ist eine Malala Yousefzai die man bedauern kann (ihr sei nicht unterstellt, dass sie sich instrumentalisieren lässt), oder eine Hirsi-Ali, von der man auch nicht Angst haben muss, dass sie nicht-westliche interessen formuliert.
Es hat gute Gründe, warum Hirsi-Ali bei westlichen Konservativen besser ankommt als bei liberalen Intellektuellen in der islamischen Welt. Dass sie sich im Zweifelsfall für den autoritären Staat und westliche Bevormundung und gegen die liberale Demokratie entscheidet, ist da nur ein Faktor. Und es hat Gründe, dass sie bei diesen Konservativen besser ankommt als etwa Shirin Ebadi. Diese warf Hirsi-Ali übrigens vor, sie spiele mit ihrer Behauptung, der Islam sei nicht mit Demokratie und Menschenrechten vereinbar, den Mullahs in die Hände. Die Instrumentalisierung erinnert an diverse Afrika-Diskurse und „westliche“ Lieblinge dort. Jene, die Afrikanern gerne alle positiven Fähigkeiten absprachen und für die es ausgemachte Sache war, dass die afrikanischen Staaten nach der Unabhängigkeit scheitern würden und dabei auch durch Destabilisierung nachhalfen, hatten dann plötzlich Liebkinder wie Tschombe aus dem rohstoffreichen Katanga (im Kongo) oder Savimbis Terrorgruppe UNITA in Angola, die sie als positive, pflegeleichte Alternative zu den anderen Afrikanern hinstellen konnten.
Am Beispiel Maryam Namazie kann man einiges über die „Toleranzgrenzen“ und die Heuchelei im Umgang mit solchen „Verbündeten“ studieren. Die Exil-Iranerin in Grossbritannien engagiert sich gegen Islam und Islamismus, beim britischen Zentralrat der Ex-Muslime, bei der Worker-Communist Party of Iran (WPI), beim Manifest(o) der 12 („Together facing the new totalitarianism“, mit B. H. Levy, Salman Rushdie, Ayaan Hirsi-Ali, Taslima Nasrin,..), bei CHAIR, auch (konsequenterweise) gegen den Papst-Besuch in GB. Sie zieht dennoch immer wieder Grenzen zu rassistischer, diffamatorischer Islamophobie, Brachial-Zionismus, US-Militarismus, usw. Robert Spencer, sowas wie ein Papst der Szene, hat auf seinem „Jihadwatch“ Namazie wegen ihrer Kritik am israelischen Blutvergiessen in Gaza 08/09 „antisemitic supporter of jihad against Israel“ genannt, und greint weiter: „claims to be anti-jihad, lies about Geller, SIOA, me..“. Ihre Aufforderung, er möge dazu stehen ein Rechter zu sein, legt er aus als „nicht mögen“ und „Angriff“. Der Mob im Kommentarbereich (darunter sicher viele „Versteher“ moslemischer Frauen) darunter: „one law for all [Männer/Frauen, Anm.] isn’t that the idea behind sharia?“, „namazie-nazi“, “man darf sich nicht wundern bei einer irakischen [sic] Kommunistin“, “Wer Israel so etwas unterstellt, der…“; ein Gemäßigterer räumt ein, dass Teile der BNP nicht OK seien, da auch antisemitisch, Spencer solle eine Entschuldigung von ihr verlangen.
Angehörige moslemischer und nicht-moslemischer Minderheiten in Nordafrika und Westasien werden auch gerne als „Dissidenten“ herangezogen. Auch dies eine widersprüchliche Angelegenheit. Die Ausbreitung des Islam erfolgte ab dem Hoch-Mittelalter durch andere als Araber, durch Arabisierte, Türken, Perser, Mongolen oder Inder. Der Hinduismus wurde grossteils von jenen bedrängt, die selber Hindus waren (bzw. solche Vorfahren haben), beim Zoroastrismus oder dem Christentum im Orient verhielt es sich entsprechend. Die Alawiten oder Nusairier, eine den Schiiten nahestehende „Sekte“, sind gewiss eine dieser orientalischen Minderheiten, sind für islamische Fundamentalisten Häretiker. Eignen sich aber aus verschiedenen Gründen nicht zur Instrumentalisierung. In Syrien üben sie seit dem älteren Assad die meiste Macht aus, in einem Regime, das noch dazu strikt säkular ist. Und das einen Aufstand der Moslembrüder 1982 unter Zehntausenden Toten niederwarf. Der von den Drusen verehrte Fatimiden-Kalif al Hakim wiederum war gegenüber nicht-moslemischen Minderheiten einer der intolerantesten moslemischen Herrscher. Auch Baha’i gehören zu den heftig von Kulturkämpfern instrumentalisierten Gruppen aus dem Orient, werden entweder als positiver Kontrast zu „Moslems“ verwendet oder aber auch als deren Vorhut gesehen/behandelt. Broder instrumentalisiert im Zusammenhang mit der Kampagne gegen den Iran die Diskriminierung der Baha’i in ihrem Ursprungsland; unter den Kommentaren seiner Fans auf Youtube zu einem Video mit ihm findet sich dann: „Diesem deutschen Bahai-Bengel hat der Broder am Ende so richtig die Leviten gelesen… b. for president; einziger der die Wahrheit sagt„.
Die westliche Wahrnehmung der orientalischen Christen ist oft verdreht. Das Christentum ist in der Region entstanden, ist (dort) älter als der Islam, auch älter als das Christentum in Europa, Christen sind dort in der Regel autochthon. Westliche Parteinahme zielt oft darauf ab, wie auch Bemühungen diverser Islamisten, die dortigen Christen aus dem Kontext ihrer Kultur, Länder, Gesellschaften herauslösen, ihnen einen „Fremdkörper“-Status anzuhängen. Bashir Gemayel, ein politischer und militärischer Führer der libanesischen Maroniten im dortigen Bürgerkrieg, ist in Islamophobie-Kreisen u.a. wegen seinem „Dhimmitude“-Ausdruck eine Bezugsfigur geworden. Seine Falange/Kataib hat zwar im Krieg punktuell mit Israel zusammengearbeitet, und er war ein entschiedener Gegner einer Unterordnung der dortigen Christen, er hat aber das Land bzw. die Region nicht verkauft, hat auch Begin die Stirn geboten. Wer sich über Christen im Orient sorgt (z.B. US-Evangelikale: „Proclamation for Solidarity with Israel and the Christians in the Gaza Strip“), sollte sich auch über Leute wie den zwangsweise exilierten katholischen Palästinenser (Verzeihung, „israelischen Araber“) Azmi Bishara sorgen.
Gerade bei christlichen Palästinensern (der grössten christlichen Gruppe im „heiligen Land“) verhält es sich wie bei moslemischen Frauen – wenn man sie nicht instrumentalisieren kann, wenn sie einen eigenen Kopf haben, droht die „Exkommunikation“. Edward Saids Studien über Orientalismus, worunter er eine geringschätzige Sichtweise des „Westens“ auf „Orientale“ meinte, sind für viele ärgerlich. Die Angriffe auf den Christen Said erfolg(t)en nach islamophobem Muster… Unter anderem geriet seine palästinensische Herkunft unter Beschuss, die diesbezügliche Kampagne begann der von USA nach Israel eingewanderte Jude Justus Weiner, der sonst auch Krokodilstränen für christliche Palästinenser/Araber vergiesst (und sich daher als „Menschenrechtsaktivist“ feiern lässt). Siehe auch, wie nach dem Gaza-Hilfsflotten-Massaker bzw. nach der Änderung des Verhältnisses Israels mit der Türkei für manche plötzlich der Armenier-Genozid ein Thema wurde. Die Kreuzzüge wurden auch als Hilfe für orientalische Christen deklariert, haben dann aber doch Byzanz zerstört, und auch Massaker an Juden verübt.
Die einen stehen dazu, dass sie Kurden oder Berber genauso verachten wie Araber oder Türken, die anderen behaupten, diese zu mögen, um ihre „Islamophobie“ schöner darzustellen als sie ist bzw. sie effektiver zu machen. Kurden bieten sich als verbindendes Glied für rechte und linke Islamophobie an, besonders der kurdische Nord-Irak ist seit dem Irak-Krieg ein wichtiges Bezugs- /Aktionsgebiet geworden. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass man sie gegen Araber, Türken und Perser in Stellung bringen kann. Voraussetzung für die Instrumentalisierung ist aber, dass man sich im „entscheidenden Moment“ noch daran erinnert dass er/sie qua Identität zu den Guten gehört. Ein guter Teil der türkischen „Gastarbeiter“ in Deutschland und Österreich sind Kurden.
Die Konflikte im Sudan eignen sich zur Ausschlachtung, da auf einer Seite immer Moslems beteiligt sind, sogar „arabische“ (eigentlich arabisierte Nubier). Dies betrifft die Bürgerkriege mit dem christlichen/animistischen Süden sowie den in Darfur. Bei Gewalt in Darfur taugen Schwarze für westliche Kulturkämpfer als Opfer da sie zwar Moslems sind (was Viele nicht wissen) aber die „Araber“ auf der anderen Seite stehen. Vergewaltigungs- und andere Gewaltopfer in Kongo (5 Mio. Tote und 15 000 Vergewaltigungen in den Kongo-Kriegen seit jenem zum Mobutu-Sturz) sind für die Selben weniger interessant (wenn, dann um etwas über „die Afrikaner“ auszusagen). Gewalt von Moslems gegen Christen in Nigeria ist auch etwas, wo manche plötzlich ihr Herz für Schwarze entdecken, wo diese Opfer sein dürfen (etwa von GfbV aufgegriffen). Wenn es aber um Flüchtlinge von dort geht oder das im christlichen Süden des Landes gelegene erdölreiche Nigerdelta, den dortigen Kampf um Beteiligung an Öleinnahmen und gegen die Naturzerstörung, zeigt sich, dass Solidarität mit Afrikanern in diesen Kreisen enge Grenzen hat (Antiimperialismus pfui), dass es, wie bei Anti-Regime-Iranern, nicht um das Wohl des jeweiligen Landes, geht sondern um argumentatives Kanonenfutter. Auch bezüglich Biafra war „christliche Solidarität“ auf mittlere Sicht schwächer als Imperialismus/Rassismus; bei Katanga ist die Sache noch viel deutlicher. Manche „Kulturkrieger“ versuchen auch, wie den NS die Sklaverei auf Moslems abzuwälzen.
Flüchtlinge aus Darfur oder Süd-Sudan, die nach Israel kamen, wurden für Propagandazwecke verwendet (gibt noch immer viele diesbezügliche Videos auf Youtube, auch vom israelischen Aussenministerium). Das war, bevor sie von einem rassistischen Mob („Tel Aviv den Juden! Sudan den Sudanesen!“) attackiert wurden, dann von der Regierung in Lager interniert um abgeschoben zu werden. Es gelte den jüdischen Charakter des Staates Israel zu erhalten, hiess es, um die Sicherheit (die durch die Flüchtlinge gefährdet sei), dass sie Wirtschaftsflüchtlinge seien (also kein Genozid?), und: sie seien Moslems (!). Innenminister Yishai (tunesischer Herkunft) 2012: “Das Land gehört uns, dem weissen Mann.“ Die afrikanischen Flüchtlinge sind dem Schas-Politiker zufolge auch für Israel eine ebenso grosse Bedrohung wie Irans „Atomwaffenprogramm“.
Eine Suppe, die z.B. auch manche Kurden noch kosten werden. Die gegenwärtigen Ereignisse in der Zentralafrikanischen Republik, die Züge von inter-religiöser Gewalt zwischen Christen und Moslems tragen, wobei Zweitere in Darfur ihr Hinterland haben, deuten auch auf eine neue Firmierung der Fur hin.
Militäraktionen gegen Iran werden zumindest manchmal als zum Vorteil der Iraner dargestellt, manche stehen hier zu Verachtung und Gewaltwunsch. Beim Blog „gatesofvienna“ („Baron Bodissey“, „islamophobic and proud of it“, Breivik zitierte von dort, Sabaditsch-Wolf wird dort „gefeatured“) heisst es z.B. „..supports democracy in iran„. Was davon zu halten ist, erfährt man wenn dort das Plädoyer für strengere Kontrollen von „Arabisch- und Persisch-Sprachigen“ auf Flughäfen liest. Dass dort auch Hetze gegen mexikanische Immigranten in die USA zu finden ist, darf nicht überraschen. Ist aber alles „counter jihadism“. Auch in einer Propagandaschrift Leon DeWinters auf „pajamasmedia“ (auf „lizaswelt“ wiedergegeben) wird lamentiert, dass man die bösen (Moslems) nicht beim Namen nennen und in Bezug auf Flugkontrollen nicht selektieren dürfe – gerade solche Islam-„Spezialisten“ sind es dann, die ausgetretene Moslems oder Alewiten sofort mit in den Topf werfen würden, das nebenbei.
Die Kommentare zu einer Meldung, wonach Iraner, Flüchtlinge, zum Schein zum Christentum übertraten bzw. auf Anleitung des Schlepperrings, um in Österreich Asyl zu bekommen (Angabe religiöser Verfolgung als Asylgrund), passen hier dazu. Die iranische Diktatur ist für manche erst/nur durch den Israel-Bezug zum Problem geworden, deshalb werden die Opfer des Regimes, von denen die allermeisten Iraner sind, instrumentalisiert. Israel selbst machte in den 1980ern Waffen-Geschäfte mit dem iranischem Regime, während dessen Krieg mit dem irakischen; da spielte die iranische Bevölkerung keine Rolle oder irgendein Universalismus. Aber wie gezeigt wurde, ist man sich noch nicht sicher, ob man Minderheiten (ob Schwule oder MEK-Anhänger) gegen die Mehrheit ausspielen soll, oder Araber gegen Iraner, oder doch „ganzheitlich“ vorgehen.
Im Kalten Krieg wurden die Mujahedin in Afghanistan und andere Islamisten, vom Westen gegen (tatsächliche oder vermeintliche) Kommunisten unterstützt, als vermeintlich authentische politische Kraft „ihrer“ Kultur angepriesen. Oder auch die Muslimbrüder in Ägypten gegen Nasser. Es gab in den 1980ern in Deutschland Kampagnen der Schüler-Union für „unsere Freiheitskämpfer in Afghanistan“, die sich später als Vorläufer der Taliban entpuppten. Auch Bin Laden kämpfte an Seite der Mujahedin gegen die von der Sowjetunion unterstützte kommunistische Regierung. Diese versuchte eigentlich vieles von dem, was der Westen jetzt in Afghanistan zu erreichen versucht, durchzusetzen; neben dem Versuch einer Landreform und Alphabetisierungskampagnen wurde etwa versucht, Zwangsverheiratungen einen Riegel vorzuschieben oder ein Mindesalter für Heiraten durchzusetzen. Auf den sowjetischen Abzug folgte in Afghanistan bald ein Sieg der vom Westen mit Stinger-Raketen ausgerüsteten Mujahedin. Bin Laden zog 89 aus Afghanistan ab und verübte in den 90ern Anschläge, die auch die USA betrafen. Die US-Unterstützung der Mujahedin ging bis 92, spätestens 93 gab es die ersten Anschläge der al Kaida…
01 leiteten die nun den von islamistischen Herrschern Afghanistans (die die gemäßigteren Fraktionen unter ihnen 96 an den Rand geschoben hatten) beherbergte al Kaida eine neue Ära der Weltgeschichte ein. 2001 wurde die deutsche Bundeswehr von der rotgrünen Regierung an den Hindukusch geschickt, mit der Parole, Deutschlands Freiheit dort zu verteidigen, manchmal auch mit jener, die Afghanen aus ihrer „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ zu befreien, sie am „Licht der westlichen Aufklärung“ teilhaben zu lassen – als Karmal oder Najibullah versucht hatten, die Macht der religiös geprägten ruralen Strukturen einzuschränken, oder als die erste Frau ins afghanische Parlament einzog (Anahita Ratebzad), für die Kommunistische Partei (Demokratische Volkspartei), da sah man die Dinge irgendwie noch anders. Mostafa Danesch schrieb in „Der Krieg gegen den Westen“ (2004), dass damals, in den 1980ern, islamis(tis)che Kämpfer aus Nordafrika oder anderswo, die in Afghanistan gekämpft hatten, bereitwillig Asyl in Europa bekamen. Die militärische Ausbildung in einem afghanischen Camp öffnete damals Tür und Tor; heutzutage jene zur Ausweisung oder nach Guantanamo. Die westliche Unterstützung von Islamisten dauert sogar an, auch wenn die Hauptstossrichtung in den letzten ca. 20 Jahren jene war, islamische Diktatoren wie Mubarak oder Ben Ali zu stärken, die sich als Bollwerk gegen Islamismus inszenierten. Die belutschische Jundullah möchte man v.a. gegen den Iran in Stellung bringen. Ganz zu schweigen von Saudi-Arabien, dem Sponsor des internationalen Salafismus. Die iranischen Mujahedin (MEK) werden zur Zeit von diversen Terrorlisten gelöscht.
Widersprüche, Heuchelei, Paradoxa, Stolpersteine
Rassistische “Islamkritiker” sind heimliche Gesinnungsfreunde der Islamisten im Herzen des Westens, nicht nur weil sie alles andere als eine (notwendige) Reform im Islam unterstützen und die widerlichsten Islamisten Verbündete des Westens waren/sind. Der Windischgarstner Pfarrer Wagner, der Linzer Bischof werden sollte, zeigte seine erzkonservative Haltung gegenüber Frauen, Homosexuellen wie auch dem Islam. Den Hurrikan „Katrina“ 05 interpretierte er, wie Islamisten, als Strafe für die USA. „Es ist wohl kein Zufall, dass in New Orleans alle fünf Abtreibungskliniken sowie Nachtklubs zerstört wurden“. Bei der Erdbeben-Katastrophe in Haiti sah er auch das Werk eines strafenden Gottes: „Es ist schon interessant, dass in Haiti 90 Prozent Anhänger von Voodoo-Kulten sind.“ Weiters wünschte er sich eine Volksabstimmung wie in der Schweiz, wo sich eine Mehrheit für ein Verbot von Minaretten aussprach. Islamophobie ohne Toleranzchauvinismus.
Der amerikanische Evangelikale John Hagee (Christians United for Israel; befürwortet einen vorbeugenden Nuklearkrieg gegen Iran) hat auch Katrina als Gottesstrafe ausgelegt, für die Schwulenparaden in der Stadt, und weil Bush Sharon nahegelegt hätte, jüdische Siedlungen im Gazastreifen aufzugeben. Fundamentalistische Muslime als auch ihr vermeintlicher Gegenpol (diverse Evangelikale und Neocons) sahen auch die Ölpest vor der US-Küste nach dem Untergang einer Bohrinsel als Strafe Gottes (für die selben „Vergehen“ übrigens), auch 9/11,… Die Kirchgänger der „clashs of civilisations“ preisen den Westen und attackieren ihn gleichzeitig, weil er so „dekadent“ sei.
Noch so ein „Paradoxon“ vor dem Hintergrund dieser „Weltauseinandersetzung“: Bushs Justizminister Ashcroft liess eine halbnackte Frauenstatue in seinem Ministerium verhüllen; gleichwohl sahen Ex-68er u.a. seine Neocon-Regierung als notwenige Weltpolizei bzw. Prellbock gegen Zurückgebliebenheit, Prüderie, etc. im Islam. PI oder „Bahamas“ alarmieren gerne hysterisch, wenn irgendwo aus angeblicher Rücksicht auf Moslems Aktbilder abgehängt oder teil-verdeckt werden. Bush tönte „Gott ist auf unserer Seite“, etwas, dass auch von Bin Laden stammen könnte. Zur Zeit gibts in Frankreich einen Boykottaufruf gegen staatliche Schulen, wegen der von der sozialistischen Regierung forcierte Gleichstellungspolitik an Schulen, durch die Stereotypen bei Mädchen und Buben abgebaut werden sollen. Es geht um die Gendertheorie, laut der das Geschlecht von Buben und Mädchen vor allem kulturell und nicht biologisch festgelegt wird. Zum Boykott aufgerufen haben… rechtsextreme und katholisch-fundamentalistische Kreise.
Amerikanische Evangelikale engagieren sich gegen die Verbreitung der Evolutionstheorie, wie auch der vermeintliche Gegenpool Islamisten. Wenn Sarah Palin von „guns and religion“ als ihrem Credo spricht, könnte das auch von einem Teilnehmer eines Terrorlagers stammen. Wenn Küntzel von „weitreichender Übereinstimmung Breiviks Feindbildes mit dem Feindbild der Islamisten“ schreibt (siehe oben), will er allerdings darauf hinaus, dass Breivik quasi im Islamlager steht. Stoiber hat Anfang der 00er-Jahre Homosexuelle rhetorisch gegenüber “dem Islam” in Schutz genommen, während er gegen die Homo-Ehe wetterte. Das Feindbildparadoxon. Die Tea Party-Politikerin Michele Bachmann sprach von einer notwendigen Unterwerfung („submission“) als Frau gegenüber Männern. Vor der Landtags-Wahl in Nordrhein-Westfalen 12 gingen Salafisten und ProNRW, die sich ähnlich sind, aufeinander los.
Kulturkrieger auf islamistischer und islamophober Seite treffen sich auch darin dass sie Reformer, Demokraten, Liberale in der islamischen Welt nicht (sehen) wollen und lieber auf einen Endkampf zusteuern. Für beide sind Moslems bzw. Leute aus der nordafrikanisch-westasiatischen Region vor allem anderen Träger des Islam, etwas dem sie nicht entkommen können. Die Islam-Kritik des britischen Schriftstellers Martin Amis (schrieb auch einen Auschwitz-Roman) wurde von Chris Morris im „Observer“ mit der Rhetorik des Islamisten Abu Hamza verglichen: beide würden Gelehrsamkeit vortäuschen und Koran-Zitate verwenden um Hass zu erzeugen, und Moslems über ihre Religion definieren.
Kommentare unter „islamkritischen“ Videos im „Weltforum“ Youtube bringen manches klarer zu Tage als etwa die Videos selber. Unter dem Banner von „Liberalism“ ebenso wie unter dem von „counter-liberalism“. Bei manchen ist es zu deutlich, dass es ihnen nicht um Religion oder Ideologie geht, sondern um die braunen Völker, puren Rassismus, evtl. darum, eine neue Rechte zu definieren. Solidarität mit palästinensischen Frauen wird da vorgeheuchelt bis sich diese politisch äussern bzw. oft braucht es nicht mal das. Die „Handabhacker und Steiniger“ niederbomben? Natürlich nur um der Menschenrechte und des Fortschritts willen. Ein rechtsradikaler “Arier” (aus GB) attackiert einen antiislamischen Hindu aus Indien, als “Paki”. Oder: „Nein, wir machen keine Unterschiede zwischen Moslems. Für uns sind die alle gleich Wertlos.Viel Spass noch beim ‚Beschneiden‘. Kleiner Tipp: Die Glasscherbe vorher in Raki tauchen…zum Sterilisieren. Dann faulen die Schamlippen nicht ab.“(1) Klassisch: „They look like savages. Doing the same thing for the last 70 years. Cant learn a thing, did not contribute anything to the world, parasites„. Das auch gefunden: „we should work with our ideological counterparts even if we don’t like their view like NS for example.I don’t care working with NS against those stinking immigrants but i do not like they hatred of other white groups like slavs and jews„. Jemand anderer schreibt, Perser seien wie Araber „braunhäutige Zigeuner-Eselficker„. Was ein Broder-Nachplapperer (oder er selber; als IP) auf einer Wikipedia-Diskussionsseite schreibt, „Und vor dem ‚deutschen Volk‘ braucht man wirklich keine Angst zu haben. Hochgradig degeneriert, ja sogar zu faul zum Denken, – Bier und Glotze reichen aus.“, könnte auch von einem Islamisten sein.
Der Grüne Nouripour wurde im „Spiegel“-Forum, nachdem er gegen Erika Steinbach (BdV, CDU) Stellung genommen hatte, nicht zuletzt damit angegriffen, ein aus dem Iran Exilierter zu sein welcher den Deutschen dies nicht sagen dürfe. Mit dem selbem „Argument“ wäre er von Anderen angegriffen worden, hätte er Steinbach verteidigt. A propos deutsche Vertriebene (bzw. ihre Verbände): Für Salzborn u.a. sind diese Zielscheibe bzw. Profilierungs-/Aufarbeitungsobjekt, für Broder schon einmal positives Gegenstück zu den Palästinensern. Der neokonservative Ulf Poschardt (ein Broder-Verteidiger) schrieb in „Die Welt“: „Deutscher Selbsthass. Antideutsche erklären dem Patriotismus den Krieg. Grüne Jugend und Antifa kämpfen während der EM gegen jede Form schwarz-rot-goldener Folklore. Und sind dabei so humorlos, arrogant und bürokratisch, wie es nur wir Deutschen sein können.“ Diese „selbsthassenden Deutschen“, die auch Riexinger und andere kritisieren, sind nur teilweise mit den israelfanatischen/islamophoben „Antideutschen“ ident, die Einschätzung würde aber auch auf sie passen. Rechte (die das deutsche/nationale in Gefahr sehen) und jene Linken die vorgeben, das deutsche/nationale zu bekämpfen, haben auch Bereiche, wo sie sich treffen.
Notwendige Kritik und Reform
Eine kritische Auseinandersetzung mit Gegenwart und Geschichte des Islam, im religiösen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Kontext, ist, wie gesagt, nicht nur berechtigt, sondern auch notwendig. Das Feindbild Islam und das tatsächliche Problem am Islam sind aber nicht dasselbe. Eine tiefgreifende Reform ist notwendig – und anscheinend im Gange. Kritik kommt am treffendsten von Angehörigen des moslemischen Kulturkreises. Etwa von Nuruddin Farah, dem im südafrikanischen Exil lebenden somalischen Schriftsteller, bei dem die Kritik gerade aus Verbundenheit zu seiner ursprünglichen Umgebung zu kommen scheint, für die er etwas zum Positiven verändern will, anstatt auf deren Kosten und jene der Seriosität zu vereinfachen und auf Verbesserung seiner eigenen Position als Intellektueller im westlichen Wissens- und Herrschaftssystem aus zu sein. Er wird eher nicht beim American Enterprise Institute oder in der Politik landen, so wie die ebenfalls aus Somalia stammende Ayaan Hirsi-Ali.
Es gibt sehr begründete Sorgen wegen Islamismus (vor allem vor jenem der Salafisten und anderer Integristen), islamistischem Terror sowie Zuständen in der islamischen Welt, die nicht direkt vom Islam abzuleiten sind. Es gibt z.B. echte Sorgen von Säkularen gegenüber einer Re-Religionisierung. Ernsthafte Auseinandersetzungen sind zu begrüssen – und selten. Etwa die Frage der Reziprozität zwischen westlicher und islamischer Welt. Kulturkrieger beider Seiten beantworten sie schnell dahingehend dass die jeweils andere die ungleich intolerantere sei. Christen im Orient sind aber in der Regel autochthon, Moslems im Westen meist Immigranten. Andererseits, wie ist es mit der Wechselseitigkeit, wenn es heisst „Moslems müssen zu ihren Verbrechen stehen„, Christen hätten aber nichts mit „ihren“ zu tun, seien Angehörige des fortschrittlichen und aufgeklärten Westens.
Das islamistische Gegenstück zum islamophoben Toleranzchauvinismus ist der (ebenso heuchlerische und widersprüchliche) Chauvinismus, der Islam bzw. Islamismus als „moralisch“ affirmiert und das Dekadente und Verdorbene als „westlich“. Hinter der Forderung nach Rücksicht auf religiöse oder kulturelle Werte verbergen sich tatsächlich oft religiös-politische Absichten. Und natürlich war die Ausbreitung des Islams eine Form von Imperialismus und gibt es heute Formen islamischen Imperialismuses. Verbunden mit der Ausbreitung war oft eine Arabisierung, gegen die es im Mittelalter die Schu’ubiya genannte Gegenbewegung gab, die sich auch gegen die Privilegierung von Arabern im islamischen Machtbereich (Kalifat) richtete, die von Persern getragen war. Eine seriöse Auseinandersetzung mit der Thematik scheint „Schwarzbuch des Jihad“ von Gilles Kepel zu sein.
Dankbar sein für Bedrohung/Empörung aus dem islamischen Lager, sie provozieren/erfinden, um ein Bild zeichnen zu können. Manche sind glücklich über (Bilder von) radikale(n) Moslems und haben Wünsche nach grossen Konfrontationen. Die „islamische Welt“ ist gross genug, dass es irgendwo leider immer die von den Provokateuren (Karikaturen, Filme,…) erhofften Reaktionen gibt; die Opfer der dadurch ausgelösten Gewalt sind meist auch dort, die ersten Opfer des Islamismus sind Muslime. Der libanesische Autor Elias Khoury über „Innocence of Muslims“ (2012): „Der Film war eigentlich nur ein Trailer. Es sind wir, die Araber, die das Spektakel sind.“ Viele Moslems liefern zuverlässig die Reaktionen, die Provokateure brauchen um sie so darzustellen, anstatt Tabus zu lockern und Provokationen zu ignorieren. Es wirkt in der westlichen Welt zu Recht befremdlich, wie prompt sich Proteste etwa auf einen so plumpen, offensichtlich als Provokation angelegten, Videoclip einstellen. Aber auch westliche Medien haben sich auf eine verzerrte Darstellung über Ereignisse dieser Art verlegt. So wie die Provokation von der Aufregung dieser Moslems lebt, lebt diese Aufregung hauptsächlich von der Aufmerksamkeit die ihr die westliche Öffentlichkeit schenkt.
Zum Beispiel die Berichterstattung über eine Kundgebung mit Gewalt in Kairo wegen des Films. Die Menge bei einer feurigen Freitagspredigt zählte einige Hundert – an einem Ort, wo täglich tausendmal so große Menschenmassen vorbeiziehen bzw sich aufhalten. Die Zahl der steinewerfenden Jugendlichen (die auf Bildschirmen und Fotos so bedrohlich herüberkommen), belief sich auf einige Dutzend. Der Rest der 20 Millionen Einwohner Kairos ging seinen üblichen Geschäften nach. Und moslemische Stimmen, die zu Ruhe und Besinnung aufrufen, und dazu, nicht in die durch den Film ausgelegte „Falle“ zu tappen (z.B. Malaysias Regierungschef Najib Razak) geben nicht so viel her wie der pakistanische Minister Ghulam Bilour, der umgerechnet 77 000 Euro für die Ermordung des Produzenten des Videos auslobte. Der österreichische Sender Puls 4 lud zur Diskussion über den Film und die Reaktionen den Ziocon Harnasch sowie den Leipziger Fundi Dabbagh ein, also zwei Extremisten.
Zur Zeit der Mohammed-Karikaturen-Krise 05/06 hat ein jordanischer Journalist die Frage gestellt, ob diese Karikaturen nicht weniger schlimm seien als Selbstmordanschläge. Da er sie auch abdrucken liess, wurde er entlassen und festgenommen; vermutlich hat das von seiner Zeitung schlimmes abgewendet; sein weiteres Schicksal ist mir nicht bekannt. Diese Sache kann man sowohl als Anzeichen für Reformunfähigkeit als auch für Reformansätze „im Islam“ interpretieren, je nachdem was man hier sieht. In Tunis haben Tausende gegen die Ausstrahlung des Zeichentrickfilms „Persepolis“ in einem tunesischen Privat-Fernseh-Sender demonstriert, weil Gott darin als alter, bärtiger Mann dargestellt wird. Hunderte Angreifer, fundamentalistische Salafisten, attackierten auch das Haus vom Senderchef und setzten es in Brand. Die wichtigste islamistische Partei Ennahda, den Moslembrüdern nahestehend, distanzierte sich von den Krawallen. In Reaktion auf die gewaltsamen Proteste sind in Tunis auch tausende Menschen für Meinungsfreiheit auf die Straße gegangen. Als Munition für Diffamierung reichen erstere Proteste jedenfalls.
Empfehlenswerte Analysen und Erwiderungen (neben den im Text genannten):
Thomas Maurer hat in einer „Kurier“-Kolumne einiges Wahre zur Thematik geschrieben: Es gäbe fallweise eklatante Probleme mit parallelgesellschaftlichen Strukturen, die diskutiert werden müssen. Aber, die eisig-elitäre Verachtung Sarrazins für die Unterschicht wurde ausgerechnet von Lesern der „Bild“ (Schlagzeile „Das wird man wohl noch sagen dürfen!“) bejubelt. Heinsohn, so Maurer, hat wenige Monate vor Sarrazin ein Buch mit ähnlicher Aussage herausgebracht („Söhne und Weltmacht“), aber der Bildungsferne (die er ebenfalls für eine erbliche, nicht soziale, Angelegenheit hält) nicht das Kopftuch übergezogen, weshalb er nicht zum Volkshelden werden konnte, schon allein weil sich zuviele „Bild“-Leser betroffen fühlen mussten.
Autoren von Schriften über Islamophobie avancieren meist selbst zum Feindbild der islamfeindlichen Szene. Etwa die Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer, die Studien zur Islamophobie und andere Formen von Fremdenfeindlichkeit verfasst. Schiffer sei eine „rote Mauermörderin“ und im Pakt mit den „mohammedanischen Halsabschneidern“ heisst es in einem der anonymen Briefen an die Leiterin des Instituts für Medienverantwortung (IMV), „Du hast Dich des Hochverrats am Deutschen Volk schuldig gemacht“ in einem anderen. In Publikationen wie „Antisemitismus und Islamophobie – ein Vergleich“ mit Constanze Wagner hat Schiffer mittels Sprach- und Bildanalysen eine Reihe von Strategien rechter Demagogen zur Manipulation und Desinformation der Öffentlichkeit aufgezeigt.
Wolfgang Benz vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin hat im „Jahrbuch für Antisemitismusforschung“ die Parallelen von Islamophobie zum Antisemitismus aufgezeigt. Auch hier haben etliche Betroffene zu bellen angefangen. Der Kölner Rassismustheoretiker Mark Terkessidis schloss sich der These an, daß antisemitische Stereotype auch auf „die Muslime“ übertragen würden. Er merkte auch an, daß eine analytische Differenzierung von Rassismus und Antisemitismus die Opfer von beidem gegeneinander ausspiele. Der französische Rassismusforscher Etienne Balibar leitete den seiner Auffassung nach seit dem Zweiten Weltkrieg dominierenden kulturalistisch und differenzialistisch begründeten Rassismus aus dem Antisemitismus als dessen „Prototyp“ ab. „Unter einer Vielzahl von Gesichtspunkten läßt sich der gegenwärtige differenzialistische Rassismus seiner Form nach als ein verallgemeinerter Antisemitismus betrachten…Der Anti-Judaismus beziehungsweise der Judenhaß stellt nicht mehr die einzige Form des Antisemitismus dar (..) Er ist zum einen Teil eines Begriffspaares geworden (…) dessen anderer Teil ist der Araberhaß beziehungsweise die Islamfeindlichkeit.“
Pampa-net (http://www.pampa-net.de/docs/sehnsuechte_der_deutschen.html): „Wie Treitschke die Philanthropen, die Gutmenschen als antinationale Judenfreunde denunzierte und auf Linie bringen wollte, werden Positionen, die heute solidarisch auch mit arabischen Menschen und mit Muslimen sind, die die europäischen Diskurse kritisch betrachten, mit dem Antisemitismusvorwurf konfrontiert. Und wieder wird ihre ‚Weichheit‘ kritisiert, werden sie als ‚Fußtruppen der Intifada‘, als Sympathisanten der ‚Dschihadisten‘ denunziert.“ Die anti-islamischen Rhetorik, die sich fast immer als Verteidigung Israels und der Juden versteht, bezieht ihre Motive zu einem großen Teil aus dem europäischen Antisemitismus.
Joseph Massad, ein christlicher Palästinenser, Historiker in USA, beschäftigt sich viel mit dem was „Islamophobie“ (es bleibt ein Hilfsausdruck) ausmacht, nämlich nicht Auseinandersetzung mit der Religion bzw. ihrer fundamentalistischen Auslegung, sondern z.B. die Instrumentalisierung Homosexueller aus dem islamischen Raum, sie gegen ihre Gesellschaften in Stellung bringen. Er wird auch dementsprechend angegriffen.
Patrick Bahners, ein konservativer Autor der „FAZ“, schrieb das Buch „Die Panikmacher“ über Abgründe in Islamdebatten. Matussek etwa attackierte die Schrift, indem er Selbstmordbomber und Scharia-Propagandisten Hirsi-Ali („die sich verstecken muss“) und Giordano („Holocaustüberlebender“; beide würden nur warnen vor Ersteren) gegenüberstellt und insinuiert, Bahners würde erstere in Schutz nehmen. QED, kann man da sagen.
Betty Mahmoodys teilweise recht unverhohlen rassistische Schilderungen über Iran(er) (westliche Frauen und orientalische Männer, ein wichtiger Topos der Islamophobie) haben bei Manchen für Freude gesorgt. Es gibt zwei fundierte kritische Auseinandersetzungen mit „Nicht ohne meine Tochter“ aus feministisch-iranischer Sicht: „Nicht ohne Schleier des Vorurteils“ von Nasrin Bassiri und „Doch ohne meine Tochter“ von Irandokht Shahbakhshi und Anna Boolur (beide 1991 erschienen).
Weiters:
Kay Sokolowsky: Feindbild Moslem: Über den Riesenmarkt der Islamophobie (mit einem Kapitel von W. Benz; 2009)
Edward W. Said: Orientalismus (1978)
Iman Attia: Die „westliche Kultur“ und ihr Anderes. Zur Dekonstruktion von Orientalismus und antimuslimischem Rassismus (2009)
Georg Klauda: Die Vertreibung aus dem Serail. Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt (2008)
John Bunzl und Alexander Senfft: Zwischen Antisemitismus und Islamophobie (2008)
Thorsten G. Schneiders: Islamfeindlichkeit: Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen (2009; hat auch eins über „Islamverherrlichung“ geschrieben)
Michael Lüders: Iran: Der falsche Krieg. Wie der Westen seine Zukunft verspielt (2012; vornehmlich über das Kriegsgetrommel gegen Iran; den Reaktionen nach haben sich die Richtigen dadurch ertappt bzw in ihrer Propaganda gestört gefühlt..)
Irmgard Pinn und Marlies Wehner: EuroPhantasien. Die islamische Frau aus westlicher Sicht (1995)
Emmanuel Todd: Frei! Der arabische Frühling und was er für die Welt bedeutet (2012)
Vincent Geisser: La nouvelle islamophobie (2002)
John Bunzl und Farid Hafez: Islamophobie in Österreich (2009)
Nathan Lean: The Islamophobia Industry: How the Right Manufactures Fear of Muslims (2012)
Emmanuel Todd und Youssef Courbage: Die unaufhaltsame Revolution: Wie die Werte der Moderne die islamische Welt verändern (2008)
George Morgan und Scott Poynting: Global Islamophobia: Muslims and Moral Panic in the West (2012)
Jack Shaheen: Reel Bad Arabs: How Hollywood Vilifies a People (2001; Untersuchung über Hollywoodfilme, in denen Araber eine Rolle spielen)
Stefan Weidner: Aufbruch in die Vernunft: Islamdebatten und Islamische Welt zwischen 9/11 und den arabischen Revolutionen (2011)
Annette Katzer: Araber in deutschen Augen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (2008)
Joseph Dehler, Gerd Michelsen, Till Bastian: Selbstbesinnung gegen neue Feindbilder: Europa und der Islam (1992)
Arndt Graf (Hg.): Orientalism and Conspiracy: Politics and Conspiracy Theory in the Islamic World (2010)
Katajun Amirpur, Ludwig Ammann (Hg.): Der Islam am Wendepunkt. Liberale und konservative Reformer einer Weltreligion (2006)
Fatima Mernissi: Geschlecht. Ideologie. Islam (1998)
Sabine Schiffer, Constantin Wagner: Antisemitismus und Islamophobie: Ein Vergleich (2009)
Chris Allen: Islamophobia (2009)
Johannes Feichtinger und Johann Heiss (Hg.): Geschichtspolitik und „Türkenbelagerung“ (2013)
Peter Gottschalk, Gabriel Greenberg: Islamophobia: Making Muslims the Enemy (2007)
Ilija Trojanow, Ranjit Hoskoté: Kampfabsage. Kulturen bekämpfen sich nicht – sie fließen zusammen (2007)
Regina Göckede, Alexandra Karentzos (Hg.): Der Orient, die Fremde. Positionen zeitgenössischer Kunst und Literatur (2006)
John R. Bowen: Feind Islam (2013; englisches Original „Blaming Islam“, 2012)
Farid Hafez: Jahrbuch für Islamophobieforschung 2014 (2014)
Martha Nussbaum: Die neue religiöse Intoleranz: Ein Ausweg aus der Politik der Angst (2014)
Mona Baker: Narratives of terrorism and security: ‚accurate‘ translations, suspicious frames. In: Critical Studies on Terrorism. 3 (3, 2010), 347–364. doi:10.1080/17539153.2010.521639.
Filme: „Islam, antéchrist et jambon-beurre“ Doku-Film von Paul Moreira (Französisch); „Reel Bad Arabs: How Hollywood Vilifies a People“, Dokumentation von Sut Jhally (Englisch), Ergänzung des Buchs von Jack Shaheen
Online-Artikel, Webseiten und Blogosphäre:
* www.hintergrund.de/201107121647/feuilleton/zeitfragen/sieg-oder-holocaust.html
* www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24739/1.html
* www.thenation.com/article/157245/great-islamophobic-crusade (von Max Blumenthal)
* www.americanprogress.org/issues/2011/08/pdf/islamophobia.pdf
* http://972mag.com/the-israeli-incitement-problem/
* http://www.theguardian.com/commentisfree/2010/jul/01/israels-gay-propaganda-war
* http://pakhtunkhwa911.wordpress.com/2013/03/18/islamkritik-getarnter-fremdenhass-doppelmoral-und-pauschalisierungen/
* http://www.splcenter.org/get-informed/intelligence-report/browse-all-issues/2011/summer/the-anti-muslim-inner-circle
* http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-02/film-unterdrueckte-mehrheit-feminismus-rassismus (über rassistischen, wenn nicht dezidiert islamophoben Feminismus)
* mondoprinte.wordpress.com (hauptsächlich über die hiesige Wahrnehmung/Darstellung des Israel-Palästina-Konflikts)
* von-den-einzigwahren-freunden-israels.blogspot.com
* islamophobieforschung.wordpress.com
* http://srebrenica-genocide.blogspot.com (als Widerspruch zu den Verschwörungstheorien über Bosnier/Bosniaken)
* www.islamophobie.info
* Islamophobia Studies Journal
(1) Das ist genau jener schmale Grat, auf dem die Islamophobie/Moslemophobie unterwegs ist: Auf der einen Seite moslemische, orientalische Frauen als Objekte einer „Befreiung“ von Aussen, einer Befreiung die nur über ihre vorherige Rassifizierung möglich ist und in der ihre eigenen Perspektiven keine Rolle spielt. Auf der anderen Seite die offene Verachtung wie hier. Auf der einen Seite Seiten wie palestinianchildabuse.com (oder Instrumentalisierung von Palästinenserinnen als Opfer ihrer Männer; um abzulenken), auf der anderen Kommentare wie ”Wenn israelische Soldaten schwangere Palästinenserinnen töten, sind 2 Fliegen mit 1 Schlag erlegt” (gesehen auf Youtube; oder: „I suggest you wear a burqa too because you are hideous“); Selbstdeklarierung als „Antideutsch“ oder aber Klagen über “Deutschendiskriminierung” (durch Ausländer)