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Die Weltmeisterschaften sind vorbei, das NHL-Finale ebenso, während der Sommer beginnt. Was sich, durch die „A“-WM, verfestigt hat, ist dass die Slowakei(1) nicht mehr zu den Grossen gehört (die damit 6 sind), und dass Deutschland und die Schweiz Anwärter darauf sind, zu diesem Kreis vorzudringen. Die Slowakei ist in der Hierarchie der Eishockey-Nationen in einem Niemandsland, wie Lettland, Norwegen, Dänemark, Teams die normalerweise nichts mit dem Viertelfinale zu tun haben und nichts mit dem Abstieg. Dann kommen die Mannschaften von Frankreich, Österreich, Italien, Grossbritannien, Weissrussland, Slowenien, Kasachstan, Ukraine, Ungarn, Südkorea, die gegenwärtig das Potential haben, sich für die oberste WM zu qualifizieren. Österreich pendelt in den letzten 15 Jahren fast ständig zwischen der Top-WM und der „B“-WM (Division I, Gruppe A), während das Team der Ukraine schon über 10 Jahre darum kämpft, wieder ganz oben zu spielen. Von diesen potentiellen A-Nationen haben GB und Süd-Korea lange und bis vor nicht allzu langer Zeit als „Exoten“ (im EH) gegolten.

Die Teams aus diesen Ländern haben das Potential, sich für die „A“ zu qualifizieren, aber ich schreibe bewusst nicht, dort mitzuspielen. Im Sinne von einigermaßen ebenbürtig sein. Es ist nicht illegitim, zu fragen, was Österreich und Italien bei einer solchen WM machen, wenn’s ohnehin nur auf ein Spiel (das gegen einander) ankommt, und sie bis dahin „abgeschlachtet“ werden, besonders das italienische Team. In der anderen Vorrunden-Gruppe war es ähnlich, mit Frankreich und Grossbritannien; und auch dort setzte sich das bis dahin schwächere Team durch (bezüglich direktem Duell und dem daraus resultierenden Klassenerhalt), hauptsächlich aus Überheblichkeit des anderen. 2019 gab es 7 WM-Turniere für erwachsene Männer: die WM, die Division I Gruppe A sowie Gruppe B, Divsion II A & B, Divison III, und das Qualifikationsturnier für die Divsion III – WM nächstes Jahr, mit insgesamt 52 teilnehmenden Nationalteams(2). Wo fangen also die Exoten an?

Litauen, gerade wieder aus der „B“ abgestiegen? Hatte einen Spieler in der NHL und ist in einer Region mit vielen „Eishockey-Nationen“. Rumänien spielt nächstes Jahr in der „B-WM“, war auch mal in der A und bei Olympia (s.u.). Polen, Japan, Niederlande sind zur Zeit in der dritten Stufe (Div. I B), waren aber schon in der obersten Klasse und lange in der zweithöchsten. Wenn man noch eine Stufe hinunter geht (Div. IIA), findet man Länder bzw Teams mit langen EH-Traditionen, wie China, Spanien, Serbien. Darunter (IIB) kommen dann die ersten Länder, die im Eishockey zweifellos Exoten sind, wie Israel und Mexico.(3) Unter dieser Division gibt es noch zwei weitere, mit Teilnehmerländern von Südafrika bis Kuwait. Dann existieren weitere IIHF-Mitgliedsverbände, die zumindest nicht jährlich Teams zu Weltmeisterschaften schicken, teilweise nur zu Nachwuchs- oder regionalen Bewerben. Und IIHF-Mitgliedsstaaten (insgesamt gibt es 56 volle), die kein aktives Nationalteam und schon gar keine Liga haben, aber doch irgend welche Eishockey-Aktivitäten.

Kuwait etwa kann sich eine Eishalle und etwas EH-„Entwicklungshilfe“ leisten, sein Eishockey-Verband trat 1985 dem Weltverband IIHF bei, wurde 1992 von diesem wegen mangelnder EH-Aktivitäten ausgeschlossen; 2009 wurde er wieder aufgenommen. Meist sind die nationalen Eishockey-Verbände auch für Inline-Hockey zuständig, manchmal auch für weitere Winter-Sport-Arten. Die natürliche Voraussetzung zum Eishockey-Spielen, Eisflächen, ist in nicht all zu vielen Ländern gegeben, ausserdem braucht man dazu mehr an Ausrüstung als etwa zum Fussball, eine „ausgefeiltere“ Grundtechnik (das Eislaufen, statt nur Laufen). Kuwait ist eines jener Länder, in denen es keine natürlichen Eisflächen (zugefrorene Gewässer) gibt, sich aber ein „artifizielles“ Eishockey entwickelte. Vor allem Afrika und Lateinamerika sind weisse Flecken in der EH-Weltkarte.

Es gibt europäische Vorläufer des Eishockey-Spiels, am Rasen gespielte (Hurling, Shinty, Knattleik, Feld-Hockey(4), Golf,…) und am Eis gespielte (manche Arten der zuvor genannten, im Winter, ausserdem IJscolf/Eisgolf, Bandy,…). Bei diesen zweiteren wurden die Schienen der Schlittschuhe jahrhundertelang aus Tier-Knochen hergestellt, später (Anfänge im Spät-Mittelalter) aus Metallen, v.a. Eisen. Die Mi’kmaq/Micmac im Osten des späteren Canadas spielten mit Schlägern und Bällen am Eis. Durch die französische Kolonisation Nordamerikas ab dem 16. Jahrhundert vermischten sich europäische und amerikanische („indianische“) Spiele zum bis heute praktizierten Lacrosse. Mit der englischen/britischen Kolonisation verhielt es sich ähnlich, hauptsächlich wurden Shinney/Shinty und das Eisspiel der Indianer kombiniert. So entstand Eishockey in Canada, und der erste Verbreitungsschritt war der in den Nordosten der USA, dann („zurück“) nach Grossbritannien, dann vermutlich nach Skandinavien.

Mikmak fertigten für die Briten Schläger für deren Spiel an

Canada ist das Mutterland des Eishockeys, dieser ist dort enorm wichtig und populär, und es gehört zur Weltklasse in diesem Sport. Diese Dreifaltigkeit gibt es selten; bei Brasilien und Fussball fehlt zB der Parameter „Entstehung“. Eishockey ist in einigen Ländern Sport Nr. 1 oder sehr knapp dran, ausser in Canada in Russland, Lettland, Schweden, Finnland, Tschechien, Slowakei, Weissrussland,… Im Fussball ist Canada ein „Exot“ bzw Zwerg, wobei dieser Sport dort inzwischen auch mehr als eine Randsportart ist, aufgrund mancher später eingewanderter Bevölkerungsgruppen. Aus all diesen Einwanderer-„Gruppen“ sind Leute in Canada aber auch zum Eishockey gegangen, auch aus totalen „Nicht-Eishockey-Nationen“, wie Nord-Makedonien (> Jovanovski), Portugal (> Tavares), Nigeria (> Iginla)… Und, wie in einem anderen Artikel erwähnt, nicht wenige kanadische EH-Spieler die nicht zu den ganz guten zähl(t)en, haben anderswo in der Welt angeheuert, wurden dort zT auch für das jeweilige Nationalteam eingebürgert, von USA bis Korea. Bei Italien sind das in der Regel Kanadier (und Amerikaner) mit italienischen Wurzeln.

Bei Russland waren es ja Tschechoslowaken und Letten, die in der Nachkriegszeit Eishockey-Entwicklungshilfe leisten mussten. Bis dahin war nur Bandy einigermaßen verbreitet. Unter Anatoli Tarasov begann so das Eishockey-Programm in der Sowjetunion, wo damals eben nur in den annektierten baltischen Staaten (Lettland hauptsächlich) ein nennenswertes existierte. Bei der WM 1991 trat die SU das letzte Mal bei einem Grossereignis im EH als solche an, mit einem Team, das ohnehin praktisch nur aus Russen bestand. In den gut dreieinhalb Jahrzehnten des Bestehens des SU-EH-Nationalteams schafften es überhaupt wenige Nicht-Russen hinein. Arturs Irbe war so einer, bei den WMen 1989 und 1990 war er für die Sbornaja dabei. Bei Olympia ’92 trat ein gemeinsames Team der GUS-Staaten an, bei der WM 92 erstmals ein eigenes russisches Team. Russische Teams enthalten aber auch Angehörige von Minderheiten (wie den Tataren Khafizullin) sowie Nachfahren von Einwanderern aus sowjetischen oder zaristischen Zeiten (wie Gelashvili oder Grigorenko).

Auswahl-Teams der USA gehören im Eishockey normalerweise nur dann zur Weltspitze, wenn sie auf ihre besten Spieler zurückgreifen können, wie bei Olympia und beim Canada Cup/World Cup. In den letzten paar Jahren wurden aber (entgegen dieser „Norm“) einige Medaillen bei Weltmeisterschaften gewonnen. US-Teams haben von 1962 bis 2012 drei WM-Medaillen gewonnen, eben so viele wie von 2013 – 2018, in diesen (letzten) Jahren kam noch ein 4. Platz (sowie ein 4. bei Olympia 14) dazu. In der USA sind auch alle Ethnien im Hockey vertreten, manche mehr, manche weniger. Afro-Amerikaner und Latinos, die zusammen fast ein Drittel der Bevölkerung der USA ausmachen, sind hier unter-repräsentiert, aber es gibt sie, wie zB Donald Brashear oder Scott Gomez. Die NHL hat längst auch in Regionen bzw Bundesstaaten expandiert (im Süden), wo Eishockey nicht „natürlich“ entstanden ist, sondern durch eine „Retorten-Befruchtung“ in Form der Franchise-Vergabe für ein NHL-Team dort. Auch Texas ist mittlerweile kein Niemandsland im EH mehr (> Dallas Stars). Das „natürliche Habitat“ für Eishockey in der USA liegt in New York, New England, rund um das Seengebiet, und in den restlichen Staaten an der Nordgrenze, jener zu Canada.

Die Slowakei, die 2004 ihre letzte Medaille im Eishockey gewann, darf wahrscheinlich nicht mehr zur absoluten Weltspitze in dieser Sportart gezählt werden. 1992 trat letztmals ein Team der Tschechoslowakei an (bei WM und Olympia), 1993 nur eines Tschechiens. Die Slowakei begann 1994 ihren Weg von ganz unten nach oben, den auch andere Nachfolgestaaten damals zerbrochener Staaten (SU, YU) im EH gehen mussten. 94 qualifizierte sich das slowakische Team für Olympia und für die C-WM in diesem Jahr. Gewann bei der C-WM dann 20:0 gegen Bulgarien (mit Konstantin Mihailov), siegte vor Weissrussland, Ukraine, Kasachstan, Slowenien, lauter Teams die in einer ähnlichen Situation waren, und in den folgenden Jahren dann nach oben kamen. Ukraine und Kasachstan gewannen sogar jeweils 31:0 gegen die Bulgaren. Der spätere NHL-Spieler (und Stanley-Cup-Sieger) Miroslav Satan begann damals seine Nationalteam-Karriere, war beim Heim-Turnier 1994 dabei und hat einige der 43 slowakischen Turnier-Tore geschossen. Bei der B-WM 1995, wiederum in der Slowakei(5), war ein 11:0 gegen das Team Rumäniens höchster Sieg des slowakischen Teams, das sich gegen Lettland knapp durchsetzte beim Turniersieg/Aufstieg. Peter Stastny hatte in den 1970ern für die Tschechoslowakei gespielt, setzte sich dann nach Canada ab; bei Olympia 94 und der B-WM lief er am Karriereende nochmals für die Slowakei auf. Seit 96 (Wien) spielt die Slowakei also in der A-WM, machte 2000 die erste Medaille.

Lettland begann seinen Aufstieg im WM-System der IIHF 1993, qualifizierte sich für die C-WM, die in Slowenien statt fand (mit 2 gleichrangigen Gruppen, Semifinale und Finale), gewann das Turnier und sicherte den Aufstieg für das nächste Jahr. In den Gruppenspielen gab es ein 32:0 gegen Israel, Kasachstan gewann in der anderen Gruppe mit dem gleichen Resultat gegen das Team von Südafrika. Bei der B-WM 94 mussten die Letten der Schweiz den Vortritt lassen, 95 der Slowakei (Lettland gewann 18:1 gegen das Team Rumäniens). 1996 klappte es dann mit dem Aufstieg in die A, obwohl die Schweiz im Vorjahr wieder abgestiegen war, gegen Gastgeber Niederlande gewann man 15:3 (Kasachstan gewann bei diesem Turnier 12:0 gegen Kroatien); seit 97 ist Lettland im Eishockey „oben“. Fünf mal war es im Viertelfinale oder dem „Äquivalent“ dazu, 3 x in der Abstiegsrunde, meistens aber im „Niemandsland“ dazwischen.

Zu den nicht mehr bestehenden Nationalteams gehört auch jene der DDR, auch hier löste sich der Staat im Zuge der Umwälzungen am Ende des Kalten Kriegs bzw des Ostblocks auf. Zu Olympia 1956 und 1960 fuhr (auch) im Eishockey ein vereintes deutsches Team (BRD & DDR). Die DDR-Nationalmannschaft pendelte zwischen A- und B- WM. 1969 der Leistungssportbeschluss des SED-Politbüros, demnach verloren gewisse Sportarten die Förderungswürdigkeit, andere wurden verstärkt gefördert, im Hinblick auf Olympische Spiele und das Prestige im Kalten Krieg. Vor allem nicht-olympische Sportarten wurden „degradiert“ (wie Tennis, Motorsport, Tischtennis), aber auch olympische, darunter Eishockey (neben Alpinem Skisport, Basketball, Hockey, Moderner Fünfkampf, Wasserball).

Im Eishockey bedeutete das ja, dass die Oberliga ab 1970 nur aus zwei Vereinen ausgespielt wurde, SC Dynamo Berlin und SG Dynamo Weisswasser (Lausitz, Sachsen) – und das auch nur, weil sich der Minister für Staatssicherheit und Vorsitzender der SV Dynamo, Erich Mielke, dafür einsetzte. Dies blieb bis zum Ende der DDR 1990 so. Bei der WM 1990 der letzte Auftritt des DDR-EH-Nationalteams, so wie in den 3 Jahren davor in der B-Gruppe. Von den Spielern, die damals dabei waren, war im Jahr darauf, beim ersten Antreten des gesamtdeutschen Teams, nur M. Naster und J. Schertz dabei; in den folgenden Jahren kamen Einige hinzu. Die Auswahl der vergrösserten BRD wurde 1991 Letzter, entging aber dem Abstieg durch die Aufstockung der „A“ von 8 auf 12 Mannschaften. Diese erfolgte möglicherweise, um Deutschland oben zu halten, aus wirtschaftlichen Gründen, wie auch jene auf 16 Teams dann 1997/98.

Österreich oder Italien sind für die Grossen im Eishockey auch Exoten/Zwerge. In Österreich dominierten im EH seit „jeher“ Kärntner und Vorarlberger; Innsbruck, Wien, Graz, Salzburg mischen mit, Linz war lange ein weisser Fleck. Niederösterreich und Burgenland sind das immer noch weitgehend(6). Das italienische Eishockey-Nationalteam ist ein Gemisch aus Südtirolern, anderen Norditalienern sowie Italo-Kanadiern und -Amerikanern. In Kasachstan ist das Eishockey von der russischen Bevölkerungs-Minderheit dominiert. In Jugoslawien waren die Slowenen Träger des Eishockeys. Die beiden Klubs Olimpija Ljubljana und Acroni Jesenice machten sich die Meisterschaften untereinander aus, das Nationalteam bestand zu gut 90% aus ihren Spielern. Ansonsten hatten hauptsächlich die Sportklubs in Zagreb und Belgrad Eishockey-Sektionen, die dort aber nicht sehr wichtig waren. Das jugoslawische Nationalteam pendelte zwischen B- und C-Weltmeisterschaften, qualifizierte sich gelegentlich für Olympia-Turniere. 1984 in Sarajevo war es als „Gastgeber“ automatisch qualifiziert.

Rudolf Hiti, der damals 37-jährige Routinier im Team, natürlich ein Slowene, verletzte sich vor diesem Turnier, fiel aus.(7) Damit wurde sein jüngerer Bruder Gorazd (der zu seiner dritten Olympia-Teilnahme kam) noch stärker ein Führungsspieler dieses Teams – zusammen mit Mustafa Besic, der aus Bosnien-Herzegowina ist, aber mit seiner Familie als Kind nach Jesenice übersiedelt war, dann lange in der italienischen Liga spielte.(8) Ein Erfolg des jugoslawischen Teams bei diesem Turnier war noch abwegiger wie einer des Gastgeber-Teams 4 Jahre zuvor, des US-amerikanischen Amateur- bzw Nachwuchsteams in Lake Placid. Er kam auch nicht zu Stande, aber EH bekam in YU etwas Aufwind und slowenische Spieler wechselten zu Klubs ausserhalb ihrer Teilrepublik. Für Olympia 88 qualifizierte sich das Nationalteam aber nicht, und bald darauf brach Jugoslawien ja auseinander. Wobei der Krieg in Slowenien im Sommer 1991 den Anfang machte. Wenige Monate zuvor trat ein gesamt-jugoslawisches Team noch bei der Heim-B-WM (in Slowenien) an, wurde Letzter.(9)

Das slowenische Team war ab 1992 aktiv, begann 1993 den Weg von ganz unten (siehe Lettland), spielte 1998 erstmals in der B, 2002 erstmals in der A, pendelt seither. Rest-Jugoslawien (Serbien mit Kosovo, Montenegro) erbte zunächst den Platz von Gesamt-YU im WM-System, entging durch die Aufstockung der A 92 dem Abstieg aus der B. Bei dieser B-WM in Kärnten wurde dieses Team aber Letzter, dann wurde auch das Sport-Embargo wegen der Kriege in Ex-YU schlagend. Bei der C-WM 95 trafen die Teams von Slowenien und Jugoslawien aufeinander, die Slowenen setzten sich klar durch, gewannen ausserdem dort gegen Bulgarien 14:1. Slowenien ist stolz darauf, im Eishockey global so weit oben zu stehen mit nur 7 Eishallen und einem Profi-Klub im Land.

Für Olympia 14 qualifizierte sich das österreichische Team überraschend, konnte dort auch seine NHL-Spieler (Vanek, Grabner, Raffl) aufbieten (plus zwei ehemalige, Pöck und Nödl). Vor dem Entscheidungsspiel um den Viertelfinal-Einzug, gegen Slowenien (also einen bezwingbaren Gegner), gingen ausgerechnet die NHL-Profis auf „Zechtour“. Slowenien kam ins Viertelfinale, war unter den Top 8 der Welt, so weit oben wie sonst nie. Kroatien hat mit Medveščak Zagreb zwar einen Klub, der einige Jahre in der KHL mitspielen durfte, spielt im WM-System aber in der Regel in der dritthöchsten Klasse mit (von 2001 bis 2011 war die Division I, also die 2. Klasse, breiter als seither, in dieser Zeit war Kroatien schon zweitklassig). Dieses Jahr musste es sogar in der Div. IIA (4. Klasse) antreten, in Serbien(10), verlor dort gegen den Gastgeber das entscheidende Spiel um den Aufstieg.

Als Grossbritannien 1936 Olympiasieger wurde, hatte das Team einige Spieler mit Canada-Verbindung (wie James Chapell), Carl Erhardt dagegen hatte EH in Schweiz und Deutschland gelernt. Trainer des Teams rund um ’36, das auch einige WM-Medaillen gewann, war John Ahearne, später Präsident des britischen Eishockey-Verbandes sowie der Internationalen Eishockey-Föderation (IIHF); er arbeitete auch für ein Reisebüro. In der Neuzeit des Eishockeys, also ab Mitte der 1950er, war GB von Medaillen weit entfernt. Während (Teil-)Kanadier im britischen Team bis heute eine Rolle spielen. Es kamen Abstiege hinunter in die C-Weltmeisterschaften, unregelmäßige Teilnahmen; zwischen 1981 und 1989 nahmen britische Teams nicht an WMs teil. 89 musste man in der D-WM beginnen, schaffte bis 1994 den Aufstieg in die A-Gruppe. 2 Jahre in der D, 2 Jahre in der C, 1 Jahr in der B. 89 gabs bei der D-WM in Belgien ein 26:0 gegen Neuseeland, das Match wurde aber wegen Dopings 0:0 gewertet; Rumänien gewann bei diesem Turnier 52:1 gegen NZL. 91 bei der C gabs ein 11:0 gg. Belgien, 92 (ebenfalls C) zu Hause ein 15:0 gg. Südkorea. Bei der B 93 ein 14:0 gg China. Dafür verlor man bei der A-WM 94 alle 5 Gruppenspiele, darunter gg Österreich 0:10, und stieg gleich wieder ab. Es folgte ein Pendeln zwischen zweiter und dritter Klasse.

In der britischen EH-Liga gibt es vermutlich nicht viele Profis, die meisten Spieler dort dürften (andere) Berufe haben. In die NHL hat es noch kein britischer Spieler geschafft. In der deutschen Liga unterzukommen, ist für Briten schon eine Auszeichnung. Es gibt natürlich Kanadier mit britischen Wurzeln, die NHL-Spieler wurden, darunter mit Kenneth Hodge auch einen, der in GB geboren ist; Owen Nolan ist in Nordirland (UK aber nicht GB) geboren, in Canada aufgewachsen. Auch der Australier Walker ist in GB geboren. Und der Stifter des Stanley-Cups, Frederick Stanley, Generalgouverneur für Canada 1888 bis 1893, war Brite! Und der Pokal selbst wurde in England hergestellt. Drei Briten sind von NHL-Klubs gedraftet worden, aber schliesslich nicht verpflichtet. Das waren Anthony Hand, Colin Shields und Liam Kirk.

Erstere beide sind Schotten und waren, im Gegensatz zu Kirk, langjährige britische Nationalspieler. Shields war auch heuer noch dabei, als GB nach 25 Jahren wieder bei einer „A“-WM aufkreuzen durfte, und auch den Klassenerhalt schaffte. 1994 war Vater O’Connor dabei, 2019 sein Sohn. Gavin Kirk (in GB geboren, in Canada aufgewachsen) spielte in der World Hockey Association (WHA) und im britischen Nationalteam. Im EH kann GB/UK nicht mit 4 Teams antreten, wie in jenen Sportarten die dort erfunden worden sind. Schottland hat ein inoffizielles EH-Nationalteam, das gelegentlich Freundschaftsspiele bestreitet, so wie die spanischen Regionalauswahlen (Katalonien,…) im Fussball. Eine Unabhängigkeit Schottlands wird in den nächsten Jahrzehnten ein Thema bleiben, eine solche Abspaltung würde Rest-GB auch im Hockey schwächen.

Ansonsten gibt es kaum realistische Zerfalls/Vereinigungs-Szenarien von Staaten, die Eishockey wirklich betreffen würden. Ein vereintes Korea oder ein unabhängiges Katalonien würden kein Erdbeben im Welt-EH bewirken, so eines wie Anfang der 1990er durch die Geschehnisse in Osteuropa. Ein unabhängiges Grönland wird wohl kommen, aber auf der „Insel“, die zu 80% vereist ist, gibt es noch fast kein Eishockey. Eine Unabhängigkeit Grönlands würde jedenfalls das Eishockey Dänemarks nicht schwächen. Noch weniger Ansätze zu dem Sport gibt es in Tibet, dort ist eine Unabhängigkeit ausserdem unwahrscheinlicher. Russland könnte auf mittlere Sicht Gebiete verlieren, aber kaum die „eishockey-relevanten“ im westlichen Teil. Eine andere Frage ist eine „Eishockey-Unabhängigkeit“, wie sie im Fussball zB Schottland schon oder Färöer geniesst. Käme eine solche zB für das kanadische Territorium Nunavut in Frage? Immerhin wurde Eishockey von den kanadischen Ureinwohnern mit-erfunden, wenn auch nicht von jenen im Norden sondern denen im Südosten (s.o.).

1994/95, 2004/05 und 2012/13 fiel die NHL teilweise aus, weil sich Teambesitzer und Spielergewerkschaft nicht auf einen neuen Tarifvertrag einigen konnten. Die meisten NHL-Spieler gingen in diesen Pausen, in der Regel für die halbe Saison, nach Europa. Spieler aus der Ex-SU gingen vorzugsweise in die KHL (oder ihre Vorgänger-Ligen Superliga und Internationale Hockey-Liga), Schweden in die schwedische Liga (Eliteserien bzw SHL), Tschechen nach Tschechien, Deutsche in die DEL,… Aber auch Kanadier und US-Amerikaner gingen zu einem grossen Teil in europäische Ligen, wenn nicht in Minor Leagues in Nordamerika. 2004/05 gingen einige nach Grossbritannien, das kulturell für Nordamerikaner zwar recht nahe ist, eishockey-mäßig aber doch eine Art Entwicklungsland. Der Kanadier Steve McKenna, kein ganz Grosser, spielte bei den Nottingham Panthers, und einige Monate in Australien (bei Adelaide Avalanche), noch um einiges exotischer in dieser Hinsicht. Scott Hartnell und einige Weitere gingen in die norwegische Liga.

Zu jenen die nach Italien gingen, gehörte Matt Cullen. Robert Niedermayer und Jason Strudwick gingen sogar nach Ungarn, zu Ferencváros Budapest! Reinhard Divis, der erste Österreicher der in der NHL gespielt hat, damals bei St. Louis Blues, ging zum Villacher SV, eben so wie der Kanadier Jason Krog, der in seiner Karriere mehr in der AHL als in der NHL gespielt hat. Während des Lockouts 2012/13 gingen die damaligen 3 NHL-Österreicher in die österreichische Liga mit internationaler Beteiligung, die EBEL: Thomas Vanek zu Graz, Michael Grabner zu Villach (jene Klubs bei denen die Beiden EH spielen lernten), Andreas Nödl ging nicht nach Wien sondern nach Innsbruck. Der Slowene Mursak, ein Marburger, wich zu Olimpija Ljubljana aus, das ebenfalls in der EBEL spielte.

Die längste Zeitspanne zwischen den Teilnahmen einer nationalen Auswahl in der Top-Division der EH-WM war 70 Jahre. So lange musste Ungarn„warten“, von 1939 bis 2009.(11) 08 in Sapporo in der Div. IA der entscheidende Sieg über die Ukraine, der dies ermöglichte. Seither ist die ungarische Eishockey-Auswahl einer der Kandidaten für den Aufstieg in die Top-WM, schaffte diesen ein weiteres Mal. Ein ungarischer Spieler hat den Sprung in die NHL geschafft, ist Tormann Levente Szuper, er kam 02/03 bei den Calgary Flames aber nicht zum Einsatz. Zwei weitere wurden gedraftet. Die nächst längsten Pausen zwischen Teilnahmen in der Top-WM waren: Jene von Lettland, 1939-1997 (58 Jahre), das „zwischendurch“ seine Unabhängigkeit verlor. Bei Dänemark von 1949 (damals 0:47 gegen Canada) und 2003 (54 Jahre; seither nie abgestiegen). Von Österreich 1957-1993 (46 J; der Aufstieg war damals durch die erste Aufstockung begünstigt). Frankreich 1950-1992 (42 J.), Japan 1957-1998 (41 J), Grossbritannien 1962-1994 (32), Niederlande 1950-1981 (31),…

Litauen spielte 1938 bei der EH-WM (gab damals nur eine Gruppe), 2019 spielte es immerhin in der zweithöchsten WM. Dazwischen lag natürlich auch der Verlust der Unabhängigkeit durch die Annexion an die SU. In dem Land, das unter dem Musiker Vytautas Landsbergis 1990/91 die Unabhängigkeit zurück gewann, ist Basketball wichtiger als Eishockey, Fussball möglicherweise auch. Es stellte sich bald heraus, dass Litauen, genau so wenig wie Estland (der dritte baltische Staat), im EH bei weitem nicht an Lettland heran kommt, meist zwischen Stufe 3 und 4 pendelt. 06 wurde das litauische Team 2. in der einen Gruppe der Div. I und stieg fast in die „A“ auf, das war das beste Resultat. 2018, als GB überraschend die „B“ gewann, siegte das litauische Team mit einem „Dream Team“ bei der Heim-WM der Division IB („C“)(12), schaffte den Aufstieg in die „B“. Nach den „Pflichtsiegen“ gegen die „Kleineren“, Kroatien und Rumänien, folgten jene gegen die grossen Konkurrenten Japan (mit Ex-NHLer Fukufuji im Tor) und Ukraine; es gab ein Endspiel in der Jalgiris-Arena in Vilnius gegen Estland, das überraschend noch mit im Rennen um den Aufstieg war. Nach einer Führung für die Esten zog Litauen auf 3:1 davon, ehe ca 2 Minuten vor Ende ein Litauer ins leere Tore des estnischen Teams zum Endstand traf.

Das Dream Team bestand aus den Spielern vom lettischen KHL-Klub Dinamo Riga, Armalis und Alisauskas (ersterer ist kurz in der NHL gewesen), Kapitän Kieras an seinem Karriereende, und natürlich den früheren langjährigen NHL-Spielern Kasparaitis (Verteidiger) und Zubrus (Stürmer). Danius Zubrus war letztes Jahr 39 Jahre alt, hatte 2016 in der NHL und überhaupt aufgehört (gehabt). Litauen ist neben Australien die kleinste EH-Nation, aus der ein Spieler in die NHL kam. Gut, es gab Wojtek Wolski in der NHL, der stammt aus Polen, kam aber mit der Familie als Kleinkind nach Canada, spielte nie in oder für Polen Eishockey. Und Polen muss man aufgrund seiner doch häufigen Teilnahmen in der Top-WM im EH eigentlich über Litauen stellen. Das gilt auch für Ungarn, von wo noch Keiner in der NHL gespielt hat, aber einer (s.o.) engagiert war, bei einem Klub. Der Japaner Yutaka Fukufuji brachte es auf 4 NHL-Spiele (für die LA Kings). Jene Italiener, die in der NHL spielten, wie Robert Manno oder James Corsi, waren eigentlich Kanadier, die aber für das italienische Nationalteam spielten (und dafür eingebürgert wurden, im Land ihrer Vorfahren). Und Zubrus‘ WM-Teilnahmen für das litauische Team 05 und 14 (jeweils Div. IB) sind die „tiefsten“ eines NHL-Spielers. Zubrus‘ Entsprechung im Fussball ist vielleicht George Weah, bei dem auch das Nationalteam (Liberia) zu dem Spieler gewaltig abfiel.(13)

Noch etwas älter als Zubrus ist Darius Kasparaitis, auch er wurde für die „C“-WM 18 reaktiviert. Kasparaitis war 1986 als Jugendlicher aus Litauen nach Moskau gegangen, wurde in bzw von der SU (an ihrem Ende) sozialisiert – anders als Zubrus -, hatte russische Freundinnen. Spielte für Sowjetunion und GUS (Olympiasieger 92) und danach für Russland, ab 93, als er auch seine erste NHL-Saison spielte – in diesem Jahr versuchte sich ein litauisches Auswahl-Team erstmals seit 1938 bei einer EH-WM, schaffte nicht die Qualifikation für die C-Gruppe. Gegen Ende seiner Karriere Mitte der 00er ging er in die KHL, machte gegen Ende der 10er ein Comeback in der litauischen Liga. Und stellte einen Antrag auf einen Wechsel des Nationalteams, dem die IIHF stattgab. In einem freundschaftlichen Länderspiel Ende 17 gab er sein Debut für Litauen mit 45 Jahren, nach der WM 18 zu Hause beendete Kasparaitis dann endgültig seine Karriere. Anders als Zubrus, der bei der WM Div. IA heuer auch dabei war (nach wie vor ohne Klub und mittlerweile 40), den Wiederabstieg aber nicht verhindern konnte. Nun, Jaromir Jagr will seine Karriere auch nicht beenden, hat in der abgelaufenen Saison bei Kladno (wo seine Karriere begonnen hat) in der zweiten tschechischen Liga gespielt, ist 47.

Die wichtigsten EH-Nationen, die noch keinen NHL-Spieler hervor brachten, sind Grossbritannien, Südkorea, Rumänien, Estland, Niederlande. Die Niederländer lehnten sich von 1566/68 bis 1648 gegen die spanische Herrschaft (zu Stande gekommen durch Erbteilung von Karl V.) auf, unter den Nassau-Oranje (die calvinistisch wurden), mit Kampfmethoden wie Heranfahren und Flüchten auf Schlittschuhen und Überflutungen. Eislaufen auf zugefrorenen Grachten wurde ein Volkssport in dem Land, aus dem sich das Talent und die Begeisterung für Eisschnelllaufen entwickelte. Auch Land-Hockey ist populär in der Niederlande und deren Nationalteam darin Weltklasse. Eisschnelllauf und Hockey, wenn man so will ist Eishockey die Kombination daraus… Auch ist das Land natürlich industrialisiert genug für die Errichtung und das Betreiben von Eishallen. Eishockey ist aber ein Nischensport in Niederlande/ Holland. Haben die Holländer Potential im Eishockey, sind sie da ein schlafender Riese?

Potential für eine starke Weiterentwicklung im EH auf mittlere Sicht könnten die NL haben, neben China, Island, vielleicht Kasachstan, Grossbritannien, Litauen,… Wo hat China eigentlich nicht das Potential für eine starke Weiterentwicklung? Seit 2016 nimmt Red Star Kunlun aus Peking in der KHL teil, in dem Klub sind aber kaum Chinesen dabei. In der EH-„Welthierarchie“ kommt nicht schnell etwas durcheinander, aber es gibt schon Entwicklungen. Die Slowakei gehört nicht mehr zu den Grossen, Polen zur Zeit nicht zu den Kandidaten für die „A-WM“, Norwegen und Dänemark haben sich dagegen in den letzten 15 Jahren fest in der Top-WM etabliert. Das gibt es ja auch in anderen Sportarten, dass Nationen aus einem „Zwergen-Dasein“ dort heraustreten, USA im Fussball, Kroatien im Skisport, oder Argentinien im Rugby.

Canada-Niederlande 10:1 Olympia 1980

Das niederländische EH-Team hatte ein Allzeit-Hoch mit eingebürgerten Kanadiern und Amerikanern (grossteils niederländischer Herkunft)(14), wie Larry van Wieren und David Livingston. 1978 gewann man die C-WM, im Jahr darauf die B-WM, 1980 nahm das NL-Team an Olympia teil, ’81 an der A-WM (erstmals seit den 1950ern). Ab 82 (wieder B) ging es dann wieder abwärts. Ab der WM 81 war auch Antonius „Tony“ Collard dabei, kein Eingebürgerter, er spielte auch in Österreich und der Schweiz. 92 (da war Collard auch noch dabei) und 93 waren die Niederländer relativ knapp am Aufstieg in die A-WM dran, nach deren Aufstockung, vor der vollen Auswirkung der politischen Umwälzungen in Osteuropa im EH. Dann sind aber viele neue EH-Nationen an ihnen vorbeigezogen, seither dümpeln sie so vor sich hin, in den letzten Jahren meist zwischen 3. und 4. Klasse, auch die zweite ist zur Zeit unerreichbar. Auch keines ihrer Nachwuchs-Auswahlteams macht von sich reden. Zum NL-Team mit den Eingebürgerten um 1980 herum hier etwas (auf Niederländisch).

A propos Eishockey bei Olympia 1980: Darüber gibt es ja den Film „Miracle on Ice“, der 2004 in die Kinos kam. Mit einer Szene, in der ein Reporter den Trainer des USA-Teams, „Herb“ Brooks, fragt “Herb, now that Norway is behind you, what do you look for out of Romania?”. Das waren zwei der Vorrundengegner; in der Medaillenrunde gabs dann den sensationellen Sieg über die SU-Auswahl, der, zusammen mit dem folgenden über das finnische Team, den Turniersieg bedeutete. Im SU-Team auch der Lette Helmuts Balderis (wenn auch nicht in der ersten Linie), der gegen Ende seiner Karriere, als der Kalte Krieg schon entschärft war, in die NHL „hineinschnuppern“ durfte. Die Spieler der damaligen ersten Linie waren Fetisow, Kasatonow, Krutow, Makarow, Larionow. Der Tschechoslowake Stastny setzte sich bald nach diesem Turnier nach Canada ab. Viele der US-amerikanischen Olympiasieger schafften es auch in die NHL und sich durchzusetzen, etwa Neal Broten. Beinahe unvorstellbar heute, ein Olympia-EH-Turnier mit Niederlande und Rumänien; gut, Polen und Japan, die damals dabei waren, sind inzwischen auch ziemlich weit von der erweiterten Weltspitze weg.

Doch das rumänische Eishockey hatte in dieser Zeit auch ein Hoch, und das ganz ohne Einbürgerungen. Das Nationalteam qualifizierte sich auch für Olympia 1976 und für die A-WM 1977, Zweiteres nach 47 Jahren Abwesenheit (diese beiden Turniere fanden übrigens in Österreich statt). Ein dominierender Spieler dieser Generation war Doru Tureanu, der bei Dinamo Bukarest wie auch im Nationalteam mit Marian Costea und Dumitru Axinte im Angriff zusammenspielte. Von 1971 bis 1987 nahm Tureanu an 4 C-Weltmeisterschaften teil, 10 B-WMs, der A 1977, sowie den Olympiaturnieren 76 und 80.(15) Später war er auch Trainer der rumänischen Eishockeynationalmannschaft, 2011 wurde er in die IIHF Hall of Fame aufgenommen; 2014 starb Tureanu frühzeitig. Mit dem Abstieg aus der B-WM 1983 begann noch zu seiner aktiven Zeit eine Abwärtsentwicklung, die sich auch zur Zeit der Demokratisierung des Landes fortsetzte. Dieses Jahr aber gewann Rumänien die „C-WM“, wird kommendes Jahr nach 25 Jahren „Pause“ wieder in der zweithöchsten Klasse spielen.

Bei Olympia 1960 durfte das australische Team teilnehmen. Es ist Tiara nicht gelungen, heraus zu finden, warum eigentlich. Eher nicht aus einer regionalen Qualifikation heraus (so eine, mit der das japanische Team bei WM’s lange „oben“ gehalten wurden, aus wirtschaftlichen Gründen)(16) sondern weil manche EH-Nationen bei diesem Turnier nicht teilnahmen. Australien beim Olympia-EH 60 war eigentlich viel bizarrer als Niederlande und Rumänien 1980, denn diese Teams standen damals in der Welt-Hockey-Hierarchie tatsächlich so weit oben. Aber es war nicht ganz so wie die Antreten des jamaikanischen Bob-Teams und des Briten Michael „Eddie the Eagle“ Edwards in Calgary 1988, die beide verfilmt wurden.(17) Denn das Welt-Eishockey war 1960 noch nicht so professionalisiert, nur in Nordamerika, aber die NHL war ja bei Olympia nicht dabei. Die Australier verloren ihre 6 Spiele, wenig überraschend, am höchsten gegen die Tschechoslowakei, 1:18. Überraschungssieger des Turniers war das Amateur-Team der USA, wie 20 Jahre später.

Erst 1962 spielte ein Team aus Australien das erste Mal bei einer Eishockey-WM, wieder bei einem verkleinerten Teilnehmerfeld, der B-WM in der USA, wurde 5., damit 13. insgesamt (die Teams der A-WM mit gerechnet), auch das ist bis heute unerreicht… In einem Land mit praktisch keinem natürlichen Eis ist das Betreiben von Eishockey aufwändig und ist es schwierig, dafür Interesse zu generieren (zum zuschauen/mitspielen), zumal in einem Land mit einer so ausgeprägten Sport-Kultur wie Australien (also viel Konkurrenz). Dort fällt natürlich das Abschneiden bei Olympischen Winter-Spielen dramatisch ab gegenüber jenem bei Sommer-Spielen, und dabei sind einige der wichtigsten Sportarten in dem Land, wie Rugby oder Kricket, (noch) gar nicht olympisch. Die Eishallen, die es gibt, muss sich EH mit Eisschnelllaufen oder Curling teilen. Zentrum des Eishockeys in Australien ist Victoria, mit der Metropole Melbourne. Kanadier, Osteuropäer, Skandinavier kommen auch nach Australien zur Verstärkung des dortigen Eishockeys, in die Liga (AIHL), werden „gelegentlich“ eingebürgert fürs Nationalteam.

Erst seit 1992 nimmt die australische Nationalmannschaft regelmäßig an den WM-Turnieren teil, pendelt in der Regel zwischen 4. und 5. Klasse (Division II Gruppe A oder B). Bei der D-WM 1987 zu Hause gab es ein 58:0 gegen das Team von Neuseeland, wo Eishockey noch ein Stück mehr am Rand steht. Dies übertraf den WM-Rekord von 1949 (noch keine mehrstufige WM damals), wo Canada 47 Tore gegen Dänemark schoss.(18) 1993 verlor das australische Team 1:23 gegen jenes von Kasachstan, das damals auf dem Weg nach oben war. Bei der Weltmeisterschaft der Division II B 2008, bei der Australien wieder Gastgeber war, konnten sich die Mighty Roos gegen die Konkurrenz durchsetzen und sicherten sich einen Platz für die WM der Div. I A 2009, wo sie dann nach 47 Jahren (1962!) wieder in der zweiten Klasse spielten. Aber in allen Spielen eine auf „den Deckel“ bekamen und wieder abstiegen. Nathan Walker war damals noch nicht im A-Team seines Landes dabei. Er hat es dann in die NHL geschafft, als erster und einziger Australier; geboren ist er in Wales (GB). Es heisst, Walker wurde zum EH inspiriert von den „Mighty Ducks“-Filmen (s.u.) und dem Film „Mystery, Alaska“, über ein fiktives Hockeyteam aus Alaska.

Der Flame Pieter Bruegel d. Ä. erlebte 1564/65 einen extrem kalten Winter, malte 1565 „Jäger im Schnee“ und „Winterlandschaft mit Eisläufern und Vogelfalle“ (beide im Kunsthistorischen Museum in Wien). Darauf sind jeweils auch Menschen die auf einem zugefrorenen Teich bzw Fluss eine Form von Eishockey zu spielen scheinen. Es dürfte aber Colf dargestellt sein, auch Schneegolf oder IJscolf (Eisgolf) genannt, ein dem Golf ähnliches Spiel auf Schnee oder Eis, sowie Klootschieten (vergleichbar mit Eisstockschiessen). Colf wurde mit einem hölzernen oder ledernen Ball sowie hölzernen Schlägern gespielt, war im Spät-Mittelalter und der Früh-Neuzeit in den „Niederen Ländern“ beliebt; ähnliche Spiele wurden auch anderswo gespielt, wahrscheinlich in Nordamerika und Skandinavien. Belgien entstand ja 1830, und Eishockey ist nicht wirklich gross geworden dort, und auch nicht Belgien im Eishockey.(19)

Bruegel: „Jäger im Schnee“, KHM

Die belgische Nationalmannschaft war in der „Neuzeit“ meist in der C-WM, in den 1990ern durch die Entstehung neuer Staaten/Teams dann in der D, seit 2000 fallweise sogar noch tiefer unten, steht zwischen Klasse 4 und 5 – mit dem Ausreisser 2004, als man in der (damals grösseren) Div. I spielte. Herausragend war Mike Pellegrims, ein Flame, der in Niederlande, Frankreich, Deutschland spielte, in seiner Zeit in der DEL auch die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, 3x im DEL All Star Game spielte, am Ende seiner Karriere auch in Österreich spielte (Klagenfurter AC). Sein Neffe Maxime (konnte sich nicht in Deutschland halten) ist ebenfalls „Eishackler“, er inzwischen Trainer. Im Eishockey-Film „Sudden Death“ (1995) spielt der Belgier Jean-Claude „van Damme“ (van Varenberg) die Hauptrolle, spielt aber einen Kanadier und eigentlich keinen Eishockey-Spieler. Sondern einen Feuerwehr-Mann der anlässlich des Stanley-Cup-Finales ein Blutbad verhindert; wie bei Bruegel kommt Belgien auch hier nicht wirklich mit EH zusammen. Echte NHL-Spieler wie Mario Lemieux spielten in dem Film mit, bzw sich selbst, aber eben im Hintergrund.

I. Jönsson bei der WM Div. II B in Mexico ’19 (Island wurde 2., Jönsson bekam eine Auszeichnung)

In Island wurde überraschend spät begonnen, Eishockey ernsthaft zu betrieben. Der isländische Verband wurde 1992 IIHF-Mitglied, 1999 das erste Länderspiel der isländischen Nationalmannschaft. WM-Teilnahme dieses Jahr in der D-Gruppe, in Südafrika, wo man sogar gegen Israel verlor, 0:1, Letzter wurde. 2002 gab es ein 0:20 gegen das Team Litauens in der Division II Gruppe B, 2004 bei der Heim-WM eine Klasse tiefer (also in der 6. „Klasse“) ein 30:0 gegen Armenien. Einige Jährchen hat das isländische Team in der 4thöchsten Klasse (Division IIA) gespielt, aktuell in der 5. Rekord-Nationalspieler ist Ingvar Jönsson, der viele WM-Teilnahmen (an die 20) absolviert hat. Der Tormann, Dennis Hedström, kam als Legionär aus Schweden nach Island, für 1 Jahr, wurde dort eingebürgert und Nationalspieler, spielt(e) meist in Schweden, z Zt in der 5t höchsten Liga.

1994, als in Island ein Eishockey entstand, kam der Film „D2: The Mighty Ducks“ in die Kinos, aus der Disney-Trilogie über die „The Mighty Ducks“, ein Eishockey-Team aus Minneapolis-St.Paul. Mehr oder weniger im Zuge des Erfolgs der Filme entstand in den 1990ern der NHL-Klub Mighty Ducks of Anaheim (nun Anaheim Ducks). In dem zweiten Film aus der Serie geht es um eine Nachwuchsauswahl der USA, die bei einem Turnier u.a. auf das (Jugend-) Nationalteam von Island trifft, das dort ein Eishockey-Riese ist (und die USA der „Underdog“)… Auch Trinidad-Tobago ist dort mit einem Team vertreten. Eine erfolgreiche isländische Nachwuchs-Nationalmannschaft hat es bislang nicht gegeben, das Eishockey macht auf der Insel nur kleine Fortschritte. Im Handball gehört Island zur erweiterten Weltklasse, im Fussball qualifizierte man sich für die EM ’16, behauptete sich dort. Aber Island sollte Potential im EH haben, man wird sehen ob es eines Tages einen Boom geben wird, der an den Film aus 1994 erinnern wird.

Konstantin Mihailov war langjähriger Tormann des bulgarischen Nationalteams, spielte rekordträchtige 28 Weltmeisterschaften (in unteren Klassen), ausserdem (zuvor) einige Nachwuchs-WMs sowie (daneben) drei Olympia-Qualifikations-Turniere. Die meiste Zeit seiner Karriere spielte er in seiner Heimatstadt Sofia bei Levski, sein Zwillingsbruder spielte ebenfalls dort. Er war wohl einer von ganz wenigen Bulgaren, die sich „Eishockey-Profi“ nennen durften, spielte dann in der zweiten französischen Liga sowie in der Türkei (auch ein Land, das jährlich eine Eishockey-Auswahl zu WMs schickt). Seine erste WM war 1985 in Megeve, seine letzte 2014 mit fast 50 Jahren. 2009 wollte Mihailov eigentlich schon aufhören, aber sein Nachfolger im Tor des bulgarischen Teams, Kiril Vajarov, starb unerwartet. Bulgarien war früher meist in der C-WM, kam dann Anfang der 90er kurz rauf (erste Aufstockung, Ende der DDR, neue Nationen mussten unten beginnen)(20), dann runter. Spielt seither zwischen vierter und sechster Klasse, in den letzten Jahren Zweiteres (Div. III). Um die Mitte der 1990er gab es die Zusammentreffen des bulgarischen Teams in den unteren Divisionen mit den neuen Teams und die entsprechenden Niederlagen. So wie bei der C 1994 jeweils 0:31 gegen Kasachstan und Ukraine, mit Mihailov im Tor.

Höhepunkte seiner Karriere waren die C-WM 1990 und die Division II A 2006 (in Bulgarien), wo er jeweils zum besten Tormann gekürt wurde. Er ist überraschenderweise nicht Rekord-Nationalspieler Bulgariens, das ist Atanasov, der im bulgarischen Team war, das an Olympia 76 teilnehmen durfte (alle Spiele verlor, Letzter wurde). Mihailov ist aber WM-Rekord-Teilnehmer, mit 28 Turnieren. Dahinter folgen die Ungarn Szelig und Palkovics (21 bzw 19), der Norweger Jakobsen (19) und der Italiener Helfer (ebf. 19). Wie die Liste genau weiter geht, war nicht zu eruieren. Sehr viele WM-Teilnahmen haben jedenfalls auch Tokaji (ebf. Ungarn), die Dänen Green und Damgaard, der Pole Laszkiewicz, die Österreicher Unterluggauer und Ulrich, der Isländer Jönsson, die Esten Makrov und Lahesalu, der Slowene Hiti, der Ostdeutsche Peters,… Nun ja, bei den (alpinen) Ski-Weltmeisterschaften ist der für Mexico startende Hubertus von Hohenlohe Rekord-Teilnehmer. Wenn man nur die A-WM-Teilnahmen heran zieht, führt der Schweizer Mathias Seger (16 Turniere, 106 Spiele), vor dem Finnen Nummelin (15), dem Letten Masalskis, Green, dem Franzosen Huet, dem grossen Tretjak,…

Die IIHF hat 2014 einen neuen Ehrenpreis kreiert, der nach dem legendären Schweizer Stürmer Riccardo „Bibi“ Torriani benannt ist. Der Bibi Torriani-Preis wird seither jährlich an einen Spieler kleiner Eishockey-Nationen vergeben. Bisherige Preisträger waren der Italiener Lucio Topatigh, der verstorbene Ungar Gabor Ocskay, der Brite Anthony Hand, der Däne Jesper Damgaard und natürlich Mihailov. Der Graubündener Torriani war vor und nach dem 2. Weltkrieg aktiv, mit den Cattinis, gewann mit dem Schweizer Team in dieser Zeit Medaillen, die letzten vor 2013, und er war auch Bob-Sportler. Da ist eine Querverbindung zu Mihailov gegeben, der auch Inline-Hockey betrieb, ebenfalls eine andere Sportart, wenngleich eine dem Eishockey sehr verwandte. Viele Eishackler mach(t)en das, mehr oder weniger intensiv. Es gab aber auch EH-Spieler in ganz anderen Sportarten. Der Tscheche Vlastimil Bubnik war auch Fussballer, EM-Teilnehmer 1960. Sein Landsmann Jaroslav Drobny spielte auch Tennis, vor und nach dem 2. WK, setzte sich ’49 in den Westen ab, spielte dann nur mehr Tennis, wechselte auch das Land, spielte für Ägypten und GB.(21) Der Österreicher Gerhard „Gerdi“ Springer war FB- & EH-Spieler und -Coach, war dabei als ein österreichisches EH-Team das letzte Mal eine Medaille gewann, bei der WM 1947.

Ungefähr auf einem Level wie Bulgarien, in den letzten Jahren etwas darüber, steht Spanien im Eishockey; nördliche Regionen wie Katalonien und Baskenland sind klarerweise die „Zentren“ dort. Der FC Barcelona hat auch eine Eishockey-Abteilung. Und eine für Roller-Hockey (Rollhockey). In Ermangelung von natürlichem Eis lässt sich das in Spanien leichter spielen, und dieser Sport hat in dem Land eine gewisse Tradition. Rollhockey ist zu unterscheiden von Inline-Skaterhockey (mit Ball gespielt, wie Rollhockey) und Inlinehockey (mit Puck), die mit Inline-Skates gespielt werden (Rollhockey dagegen mit traditionellen Rollschuhen) und körperbetonter gespielt werden. Niemand geringerer als Juan A. Samaranch hat Rollhockey in Spanien gespielt und gefördert. Aus einer grossbürgerlichen Familie in Barcelona stammend, war dieser Anhänger der Franco-Diktatur.(22)

Er betrieb Eiskunstlauf, vor allem aber Rollhockey, worin er zunächst für Espan(y)ol Barcelona spielte und, in den 1950ern, für die spanische Nationalmannschaft, als Tormann; später war er deren Trainer. Er kümmerte sich um die Ausrichtung (und Finanzierung) der 1951 und 1954 in Barcelona stattfindenden Weltmeisterschaften im Rollhockey. Damit trug er zum Durchbrechen der Isolation Franco-Spaniens (nach der engen Verbindung zu Hitler-Deutschland und aufgrund ihres diktatorischen Charakters) bei. Damit legte er auch den Grundstein zu seinem Aufstieg im spanischen Sport-Management, der ihn ins Comité Olímpico Español führte, dann ins IOC. Bekannter Eishockey-Spieler in Spanien (wenn auch nicht im Leistungssport) ist Luis Alfonso de Borbon, spanisch-französischer Doppelstaatsbürger, legitimistischer Prätendent der französischen Monarchisten.

In Israel wird Eishockey überwiegendst von Einwanderern aus „Eishockey-Ländern“ betrieben, und das ist hauptsächlich die Ex-SU. Der aus Russland (der Russischen SSR) stammende Jewgeni Gussin war in der alten Heimat EH-Tormann, wanderte als Jude nach Israel aus, spielte für dessen Auswahl, wurde Präsident des Eishockey-Verbands. Erst durch diese Einwanderer kam Anfang der 1990er in dem Land ein Eishockey etwas auf Touren. In diesen frühen Jahren bekamen auch sie es mit den neuen EH-Nationalteams auf ihrem Weg nach oben zu tun (siehe Resultat gegen Lettland oben). In den 00er-Jahren war dieses Team in der breiten Division II, gewann 05 seine Gruppe und spielte daher 06 in der (eben so breiten) Division I – wo es u.a. ein 2:11 gegen das Team Deutschlands gab. Danach war das israelische Team einmal in der sechsthöchsten Gruppe, ansonsten in der vierten oder fünften. Klimatisch und kulturell etwas passender ist Eishockey in Nordkorea, dessen Nationalteam ist zur Zeit etwas hinter (bzw unter) jenem Israels zu finden. Ungefähr auf diesem Level ist auch Mexico im EH, wo auch immer wieder unterklassige Weltmeisterschaften ausgerichtet werden. In Mexico ist es halt die Nähe zur USA(23), auch American Football hat sich ein wenig verbreitet. Angeblich sind die meisten mexikanischen Nationalspieler in der USA oder Canada lebende und spielende Mexikaner.

Ebenfalls keine natürlichen Eisflächen, aber etwas Eishockey aufgrund äusserer Einflüsse (in diesem Fall europäischer), gibt es in Südafrika. Jetzt sind wir bei den vollen EH-Exoten. EH ist dort nicht eine Randsportart (das ist dort vielleicht Handball), sondern eine Randrandsportart. Aber, es ist ein urbanisiertes und industrialisiertes Land, und einige Eishallen gibt es. Canada hat 637 000 bei EH-Klubs registrierte Spieler, das sind 1,709% der Bevölkerung. In Südafrika sind es 766 Spieler, 0,001%. 1961 nahm eine südafrikanische Nationalmannschaft erstmals an einer WM teil, jene der 3. Klasse, 1966 wieder. Dann traten, im Rahmen der Lockerung der Vorrangstellung der weissen Welt über den Rest, bald Sanktionen gegen Südafrika aufgrund seiner Apartheid-Politik in Kraft, auch im Sport, und Südafrika war vom internationalen Spielbetrieb grossteils ausgeschlossen. Mit der Aufhebung der Apartheid-Gesetze Anfang der 1990er wurden auch die Sanktionen aufgehoben, und 1992 durfte Südafrika die C2-WM ausrichten, in Johannesburg, und das RZA-Team dort antreten. Zu Apartheid-Zeiten(24) spielten natürlich nur Weisse für Südafrika, im Eishockey hat sich das danach nicht so dramatisch geändert. Das südafrikanische Team spielt in der Division III, all zu viele Teams hat es nicht hinter sich.

Seit 2010 dabei im A-Nationalteam seines Landes ist Uthman Samaai, ein Kap-Farbiger/-Malaie, davor spielte er in diversen Nachwuchs-Auswahlen. Samaai lebt in der USA, spielt an einem College Eishockey, möglicherweise studiert er auch etwas. Und betreibt auch diverse andere Sportarten. Es gibt einen Artikel auf de.wikipedia über ihn, angelegt von einem „Tomyiy“, der einen EH-Schwerpunkt hat, nicht nur bzgl Exoten. Samaai hat einen youtube-Kanal. Er ist noch nicht Rekord-Nationalspieler seines Landes, das ist Alan Verwey, der ebenfalls in Post-Apartheid-Zeiten spielte, aber früher. Im IT werden von EH-Fans auch von diesem getragene Trikots gehandelt/getauscht. Auf EH-Fan-Seiten finden sich auch Diskussionen (zB diese), wer denn der beste südafrikanische Eishockeyspieler war/ist. Die verlinkte Diskussion ist aus 2007, Samaai war damals noch nicht aktuell; Verwey wurde genannt, Olaf Kölzig, der in Südafrika geboren ist, aber Deutscher ist (und in Canada lebt), und Josh(ua) Reinecke. Der ist Südafrikaner, aber in Canada aufgewachsen. Inzwischen ist seine Karriere zu Ende und sie ist leider nicht die grosse geworden. Anscheinend haben auch immer wieder Ausländer in Südafrika Eishockey gespielt und trainiert, sowohl zu Apartheid-Zeiten als auch danach. In jüngeren Jahren war das etwa der Kroate Igor Zajec.

Die niederste WM die heuer statt fand, war die Qualifikation für die Division III im nächsten Jahr. Das Team der Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) gewann auf Heim-Eis in Abu Dhabi, gegen die Konkurrenten aus Bosnien-Herzegowina, Kirgisistan, Kuwait, Thailand, Hongkong. Höchster Sieg war ein 13:1 von UAE über Kuwait. Auf der IIHF-Webseite über dieses Turnier, mit Bildern. Bosnien-Herzegowina (BiH) muss also weiter gewissermaßen um den Anschluss an die Eishockey-Welt kämpfen. Das Land, das als Teil Jugoslawiens die Olympischen Winterspiele 1984 in seiner Hauptstadt Sarajevo ausrichtete. Für das Eishockey- Turnier damals wurde die Zetra-Halle gebaut, dort setzte sich die sowjetische Sbornaja mit Wjatscheslaw Fetisow etc durch, vor der CSSR und Schweden. Und dort gewannen die Briten Torvill und Dean Gold im Eiskunstlauf-Paarlaufen.

Nach Olympia fand dort nicht viel Eishockey statt, die Halle wurde v.a. für Konzerte genutzt. Überhaupt gab es nicht viel EH in BiH zu YU-Zeiten. Im Juli 1991, als der mit viel Gewalt verbundene Auseinanderfall Jugoslawiens schon begonnen hatte (in Slowenien und Kroatien, noch nicht in Bosnien), fand in der Zetra-Halle ein Friedenskonzert bekannter Musiker Jugoslawiens statt, veranstaltet vom TV-Sender Yutel. Die Halle wurde im Bosnien-Krieg (1992-95) komplett zerstört, Getötete wurden daneben begraben,… Auch die Skisprungschanzen, die Bobbahn und andere Sportstätten von 1984 wurden beschädigt, zerstört, verfielen. Die Halle wurde wieder aufgebaut, trägt den Namen des früheren IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch, wegen dessen Einsatzes für den Wiederaufbau.

Zetra-Halle & Umgebung am Kriegsende 95

Zum armenischen Eishockey ein link zu einem Artikel darüber. Der in einer Fussnote erwähnte 82:0-Sieg eines slowakischen Frauenteams über ein bulgarisches ist ein Rekordsieg, auf Jugend-Level gab es im internationalen EH einen noch höheren. Eine südkoreanische Auswahl gewann gegen eine thailandische 1998 bei einem U18-Turnier 92:0. Es findet sich dazu eine Diskussion, wie so ein Resultat überhaupt zu Stande kommen kann… Einige andere kleine EH-Nationen, wie Luxemburg, Irland oder Indien werden in diesem Artikel nicht behandelt. Nicht volle IIHF-Mitglieder sind die Verbände von Chile (nur Rollschuh-Aktivitäten), Andorra, Jamaica, Portugal,… Namibia ist nicht mehr IIHF-Mitglied. Es gibt auch im Iran, dessen Eislauf-Verband nicht der IIHF angehört, Eishockey-Aktivität.

(1) Gastgeber der wichtigsten WM (die beste seit langem) und dort nicht gerade vom Glück begünstigt

(2) Von 1951 bis 2000 gab es das mehrklassige WM-System mit den Bezeichnungen A, B, C, gelegentlich fanden auch D-Weltmeisterschaften statt. Seit 2001 gibt es unterhalb der obersten, „eigentlichen“ WM die Division I, dann die Division II, in manchen Jahren auch eine dritte. Diese Divisionen wiederum sind gegliedert in 2 Gruppen. Von 2001 bis 2011 waren die Gruppen A und B der Div. I-Weltmeisterschaften gleichrangig, die beiden Sieger stiegen für das nächste Jahr auf, die Letzten ab. Eben so verhielt es sich mit der Division II. Seit 2012 steht die WM der Div. I A über der Div. IIB – WM, der Letzte der IA steigt in die IB ab, und darunter in der Hierarchie ist die IIA, dann die IIB,…

(3) Im alpinen Skisport gibt’s auch noch einmal einen „Schritt“ von Francisco Fernandez Ochoa, Simon Wi Rutene oder Malgorzata Tlalka(-Mogore) zu Hubertus von Hohenlohe, Lamine Guey oder Hossein Kalhor

(4) Das in England ab dem 17. Jh entstand

(5) In der IIHF hatte man wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen, dass man die Slowakei verdonnert hatte, ganz unten, bei den Exoten zu beginnen, als unabhängige Nation im EH; auch die Teilnahme am Qualifikationsturnier für Olympia 94 war so eine Art Geschenk

(6) Und das obwohl der grösste See Österreichs der Neusiedler See ist und dieser auch regelmäßig zufriert – im Gegensatz zum grössten Kärntner See, dem Wörthersee

(7) Hiti stand Anfang der 1970er knapp vor einem Engagement in der NHL, er wurde später in die IIHF Hall of Fame aufgenommen

(8) Man kann darüber diskutieren, ob Besic Slowene oder Bosnier ist… Genau wie beim (verunglückten) Skirennfahrer Rok Petrovic, der im jugoslawischen Slowenien als Kind von Kroaten geboren und aufgewachsen ist. Noch verworrener ist die Situation bei Sänger Branimir „Johnny“ Stulic…oder Josip Broz „Tito“

(9) Zum Auseinanderfall Jugoslawiens im Fussball und allgemein in diesem Artikel

(10) Rest-Jugoslawien hiess Bundesrepublik Jugoslawien, dann Serbien-Montenegro, nach der Abspaltung Montenegros 2006 blieb die Republik Serbien übrig

(11) Im Fussball musste Ungarn auch lange auf die Qualifikation für ein Grossereignis (WM/EM) warten, 30 Jahre, von 1986 bis 2016, von EM-Teilnahme bis zur nächsten waren das sogar 44 Jahre

(12) 1918 war Litauen/Lietuva vom Russischen Reich unabhängig geworden, wie auch die anderen beiden baltischen Länder, 1940 wurden sie von der Sowjet-Union besetzt (nachdem dies mit Nazi-Deutschland ausgemacht worden war) und verloren für 50 oder 51 Jahre wieder die Unabhängigkeit. Dennoch wurde 2018 „100 Jahre Unabhängigkeit“ gefeiert

(13) Weah nahm mit dem liberianischen Team an zwei Afrika-Cups teil. 03 beendete er seine Karriere, ist 05 bei der Präsidentenwahl in Liberia angetreten, verlor eben so wie 11 als er als Vizepräsident zur Wahl stand, jeweils gegen Ellen Johnson-Sirleaf. 14 wurde er ins Parlament gewählt, Ende 17 schliesslich zum Präsidenten, Anfang 18 trat er die Nachfolge von Johnson-Sirleaf an. Als Präsident gab er ein Comeback im Fussball-Nationalteam seines Landes, im September 18 in einem Freundschaftsmatch gegen Nigeria. Anders als bei Zubrus und Kasparaitis wurde von ihm, im Alter von 52, aber keine sportliche Verstärkung erwartet. Weah führte seine Mannschaft als Kapitän aufs Feld, wurde etwa 10 Minuten vor Schluss ausgewechselt. Dies war 16 Jahre nach seinem bis dahin letzten Einsatz in der „Nati“ seines Landes. Rekord-verdächtig (bzw, höchstwahrscheinlich eine Premiere) ist diese Pause, das Alter des Nationalspielers, und dass er das als amtierender Präsident tat

(14) Beim NHL-Lockout 04/05 kam der niederländische Kanadier Karl Dykhuis in die niederländische Liga

(15) Was de.wikipedia hierzu sagt, stimmt leider nicht

(16) Als Anfang der 90er osteuropäische Teams nach oben „strömten“, Nachfolgestaaten der drei aufgelösten SU, CS, YU, wurde auch eine solche regionale Qualifikation angedacht, eigentlich auch aus wirtschaftlichen Gründen

(17) In Calgary 88 trat die SU das letzte Mal im EH an und gewann wieder

(18) Im Frauen-EH wurde das übertroffen, 2008, als das slowakische Team 82:0 gegen Bulgarien gewann

(19) Gibt es das, dass „ein Land“ in einem Sport gross ist ohne dass dieser im Land gross ist? Vermutlich schon, Österreich im Faustball zB

(20) Bei der B-WM 92 gabs ein 0:18 gg. Österreich

(21) Er wurde 1954 Wimbledon-Sieger, als erster Afrikaner (als ägyptischer Staatsbürger war er das gewissermaßen), vor Roger Federer, dessen Mutter eine (burische) Südafrikanerin ist und der auch die südafrikanische Staatsbürgerschaft hat

(22) Verheiratet war er mit einer Freundin von Francos Tochter Carmen

(23) So wie bei Georgien, ebf ein EH-„Entwicklungsland“, jene zu Russland

(24) Und diese waren 1994 zu Ende

Es geht hier um (damals) aktive Leistungs-Sportler in Ausübung ihres Sports (Wettkampf oder Training). Nicht um Unfälle ausserhalb ihres Sports, wie die Flugzeugabstürze mit Sportlern an Bord (wie der SLM-Absturz ’89 oder jener des Old Christian’s Rugby Club aus Montevideo 72), Verkehrsunfälle (wie der von Drazen Petrovic 93 oder von Hermann Maier 01 oder Amy van Dyken 14), private Tragödien (wie jene von Corinne Rey-Bellet oder Gary Speed), Unfälle und Ähnliches nach der Karriere (wie beim Ringer David Schultz, der beim Training ermordet wurde, aber inzwischen Trainer war, oder die Ex-Snowboarderin Karine Ruby, die nach dem Karriereende 09 beim Bergsteigen am Mont Blanc in eine Gletscherspalte stürzte), nicht um Freizeitsportler (wie Jene die zB beim Marathon in New York starben, oder Christopher Reeve), nicht um die Unfälle im Umfeld von Heinz Kinigadner, den Ausraster von Eric Cantona gegen einen Zuschauer, Stadionkatastrophen wie jene in Brüssel 1985. Motorsport ist zwar eigentlich kein Sport, ist hier aber dabei; Bergsteigen dagegen nicht (eher ein „Kampf“ mit der Natur?).

Todesfälle sind natürlich die tragischsten Unfälle. Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans im Juni 1955 führte ein riskantes Manöver des Briten Mike Hawthorn (Jaguar) zu einem Überschlag des Mercedes des Franzosen Pierre Bouillin (der unter dem Namen Pierre Levegh antrat) mit folgender Explosion dessen Automobils. „Levegh“ fiel dabei aus dem Wagen und wurde getötet. Durch den Aufprall und durch die Explosion wurden Wrackteile auf die Zuschauertribüne geschleudert und töteten dort 83 weitere Menschen, fast 180 wurden verletzt.(1) Das Rennen wurde trotz des Unfalles fortgesetzt. Mike Hawthorn, der (als) Verursacher der Katastrophe (gilt), gewann das Rennen zusammen mit seinem Team-Kameraden Ivor Bueb, wurde später sogar Formel-1-Weltmeister. Juan-Manuel Fangio fuhr nach dem Unfall mit den vielen Zuschauer-Toten nie mehr in Le Mans. Mercedes-Benz zog sich aus dem Rennsport zurück, bis 1989. Einige Staaten in Europa verfügten ein Motorsport-Verbot; die meisten davon nahmen dieses nach einer Verbesserung von Sicherheitsstandards wieder zurück, nicht so die Schweiz.

Le Mans 1955

Der SU-Fechter Vladimir Smirnov (Olympiasieger, Weltmeister) starb 1982 bei der WM in Italien nach dem Kampf gegen den Deutschen Behr. Dessen Klinge brach und bohrte sich durch Smirnovs Maske über dessen Auge in den Kopf des Russen/Ukrainers. Er starb einige Tage später in einem Krankenhaus in Rom. Es wurden darauf hin neue Sicherheitsmaßnahmen beim Fechten erlassen.

Der Sturz von Ulrike Maier bei der Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen im Jänner 1994 selbst war eigentlich unspektakulär. Tragisch wurde er, weil sie dabei gegen einen Holzpflock geschleudert wurde, der die Zwischenzeitnehmung auslöste, und sich dabei das Genick brach. Die taillierten Ski sollten den Skisport in den kommenden Jahren revolutionieren, standen 1994 aber erst am Anfang. Mit ihnen ist Verkanten beim Geradeausfahren leichter möglich, und das war bei Ulli Maier der Fall. Zwischen ihren beiden grössten Erfolgen, den WM-Siegen im Super-G 89 und 91, war sie Mutter geworden.

Der Brite Tom Simpson kam bei der Tour de France 1967 ums Leben, durch Flüssigkeitsverlust; das Amphetamin das er genommen hatte, schaltete Warnsignale seines Körpers aus. Ähnlich war es dem Dänen Knud Jensen bei Olympia 1960 in Rom gegangen.

Der Brasilianer Ayrton Senna da Silva beim Grossen Preis in Imola 1994. Nach dem Unfall von Paletti 1982 (s.u.) war die Formel 1 12 Jahre ohne Todesopfer in Rennen und Trainings geblieben(2), bis zum Unfall von Roland Ratzenberger am Imola-Wochenende (an dem noch so Einiges passierte, vom Trainings-Unfall Barrichellos bis zu einem Rad-Verlust Alboretos in der Boxenstrasse, der einige Mechaniker verletzte). Der 3-fache Weltmeister Senna kam im Rennen mit seinem Williams in der Tamburello-Kurve von der Fahrbahn ab und schoss über den Seitenstreifen in eine Streckenbegrenzungsmauer. Er erlitt schwere Kopfverletzungen und wurde mit dem Rettungshubschrauber in eine Unfall-Klinik in Bologna geflogen, dort einige Stunden später für tot erklärt. Wahrscheinlich riss beim Aufprall ein Vorderrad ab, wobei sich eine Strebe der Radaufhängung durch Sennas Helm bohrte.(3) Senna hatte eine österreichische Fahne in seinem Rennauto, die er nach dem Rennen im Gedenken an Ratzenberger schwingen wollte… FIA-Chef Max Mosley kam zu Ratzenbergers Begräbnis und nicht zu jenem Sennas. Im nächsten Rennen in Monaco hatte Karl Wendlinger einen schweren Unfall(4). Das brasilianische Fussball-Team entrollte nach seinem Sieg bei der WM in der USA in diesem Jahr ein Transparent für Senna.

Senna und Dr. Watkins in Imola nach Ratzenbergers Tod im Training

Der Messer-Angriff auf Monica Seles in Hamburg ’93. Die Vojvodina-Ungarin hatten ihren Durchbruch im internationalen Tennis Anfang der 1990er, parallel zum Auseinanderfall Jugoslawiens, wurde Konkurrentin von „Steffi“ Graf. Beim Viertelfinale in Hamburg spielte Seles gegen die Bulgarin Maleewa, als ein Graf-Fan in einer Pause auf den Platz stürmte und ihr ein Messer in den Rücken rammte. Die seelische Verletzung verheilte langsamer als die körperliche. Seles nahm sich 2 Jahre Pause; sie trat danach für die USA an, nicht mehr für (Rest-) Jugoslawien. Nach der Attacke fand sie nicht mehr zu ihrer Vorherrschaft im Frauen-Tennis zurück.(5)

Gernot Reinstadler flog im Qualifikations-Training(6) in Wengen ’91 im Zielhang nach einem Fahrfehler in das Sicherheits-Netz, blieb mit einem Ski hängen, die Fliehkraft riss ihm ein Bein beinahe ab, ehe die Bindungen aufgingen, riss die rechte Oberschenkelarterie auseinander. Eine Blutspur im Schnee hinter sich herziehend, rutschte er weit hinunter, war nach seinem Stillstand kurz bei Bewusstsein. Er starb in der folgenden Nacht im Krankenhaus in Interlaken. Böse Ironie, bis in die 80er hinein gab es bei Weltcup-Rennen Holzzäune (!) als Pisten-Begrenzungen, da passierten solche Unfälle nicht. Als Folge des Reinstadler-Unglücks wurden schnittfeste Abweisplanen entwickelt, in Wengen ausserdem der Zielsprung massiv entschärft. Reinstadler war (noch) kein Grosser gewesen, seine Mutter (die vor Einführung des Weltcups fuhr) hatte Einiges erreicht. Die Wengen-Abfahrt wurde abgesagt, die Ski-WM in Saalbach einige Wochen später war von Reinstadlers Tod (und dem Irak-Krieg) überschattet.

Marc-Vivien Foe klappte im Semifinale des Confederation-Cups 03, im Stadion seines Klubs in Lyon, zusammen und starb an einer „Herzattacke“. Das Team von Kamerun (mit Foe) spielte gegen jenes von Kolumbien. Eine angeborene Herzschwäche war die Ursache; eigentlich eine Krankheit, kein Unfall oder Verletzung. Das kamerunische Team gewann Anfang der 00er 2 Mal den Afrika-Pokal, wurde Olympiasieger, hatte den jungen Eto’o und einiges mehr. Aber der wichtigste Auftritt in dieser Zeit misslang, jener bei der WM 02, wo man in der Vorrunde ausschied. Das unterbrochene CC-Semifinale gewann Kamerun, das Finale 3 Tage später gegen Frankreich wurde auf Wunsch der Teamkollegen Foes gespielt, Thierry Henry widmete sein Siegestor in der Verlängerung dem Verstorbenen.(7)

William Masterton krachte nach einem Zusammenstoss in einem NHL-Spiel seiner Minnesota North Stars gegen die Oakland Seals 1968 mit dem Kopf auf’s Eis, verstarb im KH an den Verletzungen. Helme, die damals nur vereinzelt von Eishockey-Spielern getragen wurde, wurden danach häufiger.

Der deutsch-österreichische Rennfahrer Jochen Rindt raste im Training in Monza 1970 (wahrscheinlich aufgrund einer gebrochenen Bremswelle) mit seinem Lotus in die Leitplanken…starb an den Verletzungen seines Brustkorbs. Den WM-Sieg in diesem Jahr konnte ihm dennoch keiner mehr nehmen. Der österreichische Rennfahrer Helmuth Koinigg schoss beim F1-GP der USA 1974 in die Leitplanken, wurde geköpft.

Silvano Beltrametti war Anfang der 00er dabei, sich in den „Speed-Disziplinen“ des alpinen Skisports in der Weltspitze zu etablieren. Am 7. Dezember 2001 wurde er in Val-d’Isère Dritter im Super-G (hinter Eberharter und Cuche). Es waren die frühen „Tage“ der Carving-Ski, die in Kurven eher beschleunigen als abbremsen. Am folgenden Tag, in der Abfahrt, „verpasste“ er eine Kurve, flog mit den Skiern voran durch die Sicherheitsplane (von diesen zerschnitten), landete in einem Geröllfeld… Der Unfall war Anlass für die Einführung der blauen Linien in den Speeddisziplinen, die den Läufern die Richtung anzeigen und erstmals in der darauf folgenden Abfahrt von Gröden angewendet wurden. Beltrametti sagte dann, er sei dankbar für die Erfahrung der Querschnittlähmung, die ihm für Vieles die Augen geöffnet habe. Heute ist er zusammen mit seiner Ehefrau in der Geschäftsführung eines Hotels tätig sowie für die CVP in der Politik seiner Gemeinde.

Enzo Ferrari mit seinen Piloten Pironi und Villeneuve 82

Die Formel 1-Saison 1982: In Imola schnappte Didier Pironi (der Franzose mit italienischen Wurzeln) seinem Ferrari-Teamkollegen Gilles Villeneuve (dem Franko-Kanadier) den Sieg in der letzten Runde weg. Im nächsten Rennen, in Zolder (Belgien), wurde Villeneuve im Training nach einem Zusammenstoss aus dem Auto katapultiert, mit dem Sitz, brach sich das Genick. In Montreal verunglückte Riccardo Paletti am Start, Pironi war beteiligt. Nach Hockenheim kam Pironi als WM-Führender, holte sich dort die Pole-Position. Dennoch fuhr er bei Regen nochmal Trainingsrunden (ohne Kamera), fuhr dort auf den Renault von Alain Prost auf, überschlug sich mit dem Auto, das auf der „Schnauze“ landete. Dabei wurden Pironis Beine schwerstens verletzt. Die „Geschichte“, wonach F1-Arzt Sidney Watkins sofortige Amputation empfahl, als er an der Unfallstelle ankam, dürfte nicht stimmen. Patrick Tambay ersetzte bei der Scuderia Ferrari im Laufe des Jahres Villeneuve, Mario Andretti Pironi. Die WM gewann Rosberg senior. Pironi machte ’86 Comeback-Tests (für AGS), machte aber (auch) deshalb nicht ernst, weil er dann Versicherungsgeld verloren hätte. Er fuhr stattdessen mit Rennbooten, verunglückte damit 87 vor Grossbritannien (aufgrund einer Welle, die von einem Öltanker ausgelöst worden war).

Der Handballer Joachim Deckarm und seine Verletzung 1979 in einem EC-Spiel seines VfL Gummersbach in Tatabánya (Ungarn), im Jahr nachdem er mit dem deutschen Team Weltmeister geworden war. Nach einem Zusammenstoss mit dem Ungarn Pánovics fiel er auf den nur mit einer dünnen PVC-Schicht überzogenen Betonboden und zog sich schwere Kopfverletzungen zu. Fiel ins Koma, erholte sich auch dem Erwachen nicht wieder körperlich.

Fabio Casartelli, der Rad-Olympiasieger von 1992, war bei der Tour der France 1995 in einen Massensturz am Berg verwickelt, starb an seinen Kopf-Verletzungen

Der südkoreanische Leichtgewichts-Boxer Kim Duk-Koo erlitt beim WBA-Kampf gegen den Amerikaner Mancini in Las Vegas ’82 ein Hämatom im Kopf, fiel ins Koma, starb. Der Ringrichter und seine Mutter verübten in den folgenden Monaten Selbstmord

Das Sportgerät des finnischen Speerwerfers Tero Pitkämäki flog bei einem IAAF-Bewerb in Rom 07 zu weit nach links, bohrte sich in die rechte Körperseite des französischen Weitspringers Salim Sdiri. Dieser wurde glücklicherweise nur leicht verletzt. In Düsseldorf wurde mal ein Kampfrichter von einem Speer getroffen. 1977 traf wiederum ein geworfener Hammer bei eienm Leichtathletik-Bewerb den Franzosen Alexandre Allegrini, der gerade zum Speerwurf anlaufen wollte, erschlug ihn

Der serbische Basketballer Boban Jankovic spielte Anfang der 90er in Griechenland, bei einem Heimspiel seines Klubs Panionios Athen im April 1993 gegen Panathinaikos aberkannte der Schiedsrichter einen Korb von Jankovic und entschied auf Offensivfoul – das auch das Spielende für diesen bedeutete (er hatte ausgefoult). Janković rammte darauf hin seinen Kopf gegen den Betonpfeiler, an dem der Korb befestigt war… Er war danach auf einen Rollstuhl angewiesen, starb 06 an einem Herzinfarkt beim Urlaub in Griechenland

Raymond Chapman wurde 1920 bei einem Spiel in der Major League Baseball (MLB), von einem Hit by Pitch am Kopf getroffen und getötet. Wie bei Masterton führte auch hier das Unglück zum häufigeren Tragen von Helmen durch Schlagmänner und später zur Helmpflicht

Matthias Lanzinger hatte einen Podestplatz im Weltcup (05) zu Buche stehen, als er beim Super-G in Kvitfjell Anfang 08 schwer stürzte und danach seine Karriere beenden musste. Er raste in ein Tor, stürzte, die Ski gingen nicht auf, der linke Ski verfing sich immer wieder in der Piste und drehte sich um seine Achse, und das Bein ging dorthin wo der Ski hin ging… Vermutlich war er beim Aufprall bewusstlos geworden und das Drama bestand darin, dass er deshalb mit den Füssen keinen Widerstand ausüben konnte. Er sagte später, der Sturz und das Danach sind bei ihm („Gott sei Dank“) nicht abgespeichert. Er erlitt einen mehrfachen offenen Unterschenkelbruch, wurde mit dem Akja ins Tal, dann mit dem Hubschrauber ins KH gebracht (zuerst Lillehammer, dann Oslo). Aufgrund von Gefässverletzungen in dem Bein musste dieses amputiert werden. Er wurde dann im Behindertensport aktiv

Der georgische Rodler Nodar Kumaritashvili verunglückte bei Olympia 10 in Vancouver im Training

Peter Biaksangzuala vom FC Bethlehem Vengthlang in der Mizoram Premier League (die dritthöchste Fussball-Liga in Indien) starb 2014 nach einem Torjubel mit Salto an Genickbruch; ohne Foul, wie auch Foe

Während des Trainings zur US-amerikanischen Eiskunstlauf-Meisterschaft in Detroit im Jänner 1994 verletzte ein Attentäter Nancy Kerrigan mit einer Eisenstange am Knie. Es stellte sich heraus, dass Kerrigans Konkurrentin Tonya Harding, bzw deren Ehemann, dahinter stand(en). Harding gewann die Meisterschaft (und die Qualifikation zu Olympia im Februar 94 in Lillehammer), der Titel wurde ihr jedoch wieder aberkannt. Sie bekam eine Bewährungsstrafe. Kerrigan konnte in Lillehammer antreten, gewann die Silbermedaille hinter der Ukrainerin Oksana Bajul. Danach lief sie bei Eisrevues

Die Stabhochspringerin Kira Grünberg beim Training in Innsbruck ’15: Sie platzierte den Stab zwar (richtig) im Einstichkasten, bekam ihn aber nicht gerade nach oben, fiel vor der Matte herunter. Dadurch zog sie sich ein Halswirbel-Verletzung zu… 17 wurde sie Nationalrats-Abgeordnete

Im Vorrunden-Spiel der Rugby-WM 95 zwischen den Teams von Côte d’Ivoire und Tonga wurde der Ivorianer Max Brito nach einem Raumgewinn zu Boden gerissen und von Mit- wie Gegenspielern „bedeckt“, zog sich Wirbelsäulenverletzungen zu, die einer Lähmung führten

Bengt Ronald „Ronnie“ Peterson fuhr 1978 um den WM-Sieg. Im September der Grand Prix in Monza, ein Fehler des Rennleiters beim Start, eine Kettenreaktion, eine Massenkarambolage, Petersons Lotus krachte in eine Leitplanke und fing Feuer. Nachdem er von Kollegen aus dem brennenden Auto gerettet worden war, glaubte man dass das Schlimmste abgewendet sei. Die Sorge galt eher dem bewusstlosen Brambilla. Petersons Beine waren mehrmals gebrochen (3/7 Mal), er war bei Bewusstsein. Sid Watkins kam, ein Rettungswagen, mit dem Helikopter wurde er in ein KH in Mailand geflogen. Er bekam anscheinend nach der Erstversorgung und auf dem/ für den Transport keine Schmerzmittel (wie Videos und Berichte zeigen), trotz schwerer/schmerzhafter Verletzungen, und das war die Formel 1. Anscheinend war das damals noch nicht Standard. Im Spital wurden Petersons Beine operiert. Durch eine Fettembolie starb er am nächsten Tag

Tatjana Lebedeva sprang in einem Trainingslauf zur Abfahrt der Ski-WM 1996 in der Sierra Nevada (Spanien) in den Coach des US-Skiverbandes Harald Schönhaar, der sich nicht auf der Strecke hätte aufhalten dürfen. Beide wurden schwerer verletzt. In den Weltcup kehrte sie nicht mehr zurück

Anton Innauer hat 1976 als 17-Jähriger den Olympiasieg im Skispringen knapp verpasst (sah die Silbermedaille als Niederlage), „holte“ die Goldmedaille 1980 „nach“. In der Saison darauf war seine Karriere auch schon wieder so gut wie zu Ende. Bei einem Trainingsspringen (daher ohne Kameras) in St. Moritz im Dezember 1980 verletzte er sich schwer. In seinem Buch „Der kritische Punkt“ (1992) beschreibt Innauer den Unfall: Sein Sprung bekam einen Rechtsdrall, die Ski blieben im unberührten Raureif hängen, die Beine wurden wie in einem Fuchseisen zurück gehalten… Der linke Fuss wurde um 180 Grad umgedreht, im Unterschenkel und Knöchel war einiges zerstört. Der verletzte Innauer wurde von seinem Freund Alois Lipburger(8) vom Unfallbereich weg getragen und im Rettungswagen nach Vorarlberg gebracht, dort operiert. Springer-Trainer Baldur Preiml, so Innauer, hätte ihnen eingeschärft, kein Schmerzmittel zu nehmen, daher war die Fahrt schlimm. Innauer versuchte noch einmal ein Comeback, bei der Nordischen Skiweltmeisterschaft in Oslo 1982, wofür er sich als Titelverteidiger nicht qualifizieren musste (29. auf der Kleinschanze, Sieger A. Kogler). Dann beendete er im zarten Alter von 23 Jahren (in dem es für Viele noch gar nicht richtig losgegangen ist) seine Sportler-Karriere. Er begann sein Studium, Philosophie/Psychologie und Sport, das er 1987 abschloss. War dann beim ÖSV aktiv, zwischendurch als TV-Co-Kommentator. Der „Sportphilosoph“ ist dem Skispringen immer treu geblieben, und auch nicht

Thomas Pryce starb während des Formel 1-Rennens in Kyalami bei Johannesburg in Südafrika 1977. Zwei junge Streckenposten überquerten die Piste, um den stehengebliebenen und kurzzeitig in Flammen stehenden Shadow von Pryce’ Teamkollegen Renzo Zorzi zu löschen. Da dessen Unfallstelle direkt hinter einer Bergkuppe mit leichtem Rechtsknick lag, waren die Streckenposten für die Piloten eines herannahenden Wagenpulks nicht zu sehen (bzw umgekehrt). Der Deutsche Hans-Joachim Stuck konnte noch ausweichen. Tom Pryce erfasste einen der Streckenposten, den 18-jährigen Frederik J. van Vuuren. Dessen Feuerlöscher traf Pryce am Kopf und brach ihm das Genick. Beide waren sofort tot. Pryces Rennwagen raste ungesteuert weiter, bis er mit dem Ligier von Jacques Laffite kollidierte. Das Rennen wurde trotz des Unfalls fortgesetzt, Nikolaus Lauda im Ferrari gewann

Der Kanadier Brian Stemmle erlitt bei der Hahnenkamm-Abfahrt in Kitzbühel 1989 einen Unfall, der dem Reinstadlers 2 Jahre später ähnelte. Bei der Steilhang-Ausfahrt verfing sich (bei hoher Geschwindigkeit) ein Ski in den Sicherheitsnetzen… Stemmle hatte Glück, dass es bei inneren Verletzungen blieb, die aber schwer genug waren. Als Bode Miller 2008 an dieser Stelle ähnlich von der Piste „abkam“, gab es dort eine Plane (und kein Netz) und er fuhr einige Meter schräg auf dieser, ohne Sturz und Verletzung. Zu den schwersten Stürzen in Kitzbühel zählt sicher jener von Patrick Ortlieb 1999 (Oberschenkelbruch), zumal der danach nicht wieder zurück kam. Am Ende des Jahres war Ortlieb einer der Spitzenkandidaten der FPÖ für die Nationalratswahl.(9) Schwer gestürzt in Kitzbühel sind auch MacCartney, Albrecht (diese 2 beim Zielsprung), Grugger oder Schifferer. Vitalini kam ohne Verletzungen davon, Reichelt gewann 14 mit Bandscheibenvorfall

Der kanadische Eishockey-Tormann Clint Malarchuk wurde im selben Winter im NHL-Spiel seiner Buffalo Sabres gegen die St. Louis Blues vom Schlittschuh eines Gegenspielers, der in sein Tor rutschte, am Hals getroffen. Eine Vene wurde aufgeschnitten, er blutete stark. Bis sich medizinisches Personal um ihn kümmerte, stillte ein Betreuer des amerikanischen Klubs, angeblich ein Vietnam-Kriegs-Veteran, mit einem Finger die Blutung. Der Unfall veranlasste viele Tormänner wiederum, einen Halsschutz zu tragen. Malarchuk unternahm später einen Selbstmordversuch. Der Slowake Richard Zedník erlitt 08 eine ähnliche Verletzung, als sein Florida Panthers-Teamkollege Olli Jokinen die Balance verlor und vor ihm kopfvoran auf’s Eis fiel. Jokinens Schuh traf Zedniks Hals seitlich, traf eine Arterie. Auch hier musste viel Blut vom Eis gewischt werden

Der deutsche Radsportler Marcel Wüst, ein Sprint-Spezialist, war bei der TdF 2000 gut unterwegs, als er in Issoire mit dem Franzosen Thilloy zusammenstiess, und mit dem Kopf auf den „Fuss“ einer Zuschauerbegrenzung stürzte. Ein Auge wurde dabei irreparabel geschädigt, er musste mit dem Spitzensport aufhören

Ditmar Jakobs‚ Fussballer-Karriere endete 1989 abrupt durch einen „abgefahrenen“ Unfall. Beim HSV-Heimspiel gegen Werder Bremen rutschte er bei einer Abwehraktion ins Tor und verfing sich an einem Toraufhängungshaken. Zuerst wollte man den Haken mit einer Flex vom Torrahmen absägen, bedachte dann aber, dass sprühende Funken das Trikot Jakobs‘ in Brand setzten könnten. So schnitt der Hamburger Mannschaftsarzt mit einem Skalpell den Karabinerhaken aus seinem Rücken heraus (bzw den Rücken aus dem Haken). Jakobs erlitt dabei Rückenverletzungen, an denen bis heute er leidet

Michael Tyson biss seinem Gegner Evander Holyfield beim WBA-Kampf 1997 in Las Vegas in ein Ohr

Ende 1977 spielten die Los Angeles Lakers in der NBA gegen die Houston Rockets. Nach einem Foul gerieten die Lakers Karim Abdul-Jabbar und Kermit Washington sowie die Rockets Rudolph Tomjanovich und Kevin Kunnert aneinander. Washington schlug Tomjanovich dabei nieder. Der erlitt Gesichts- und Hirnverletzungen; Washington bekam eine Sperre und eine Geldstrafe. Wichtigste Konsequenz war aber, dass die NBA die Disziplinar-Strafen für „unsportliche Fouls“ drastisch änderte, also das Reglement änderte, und damit eine Änderung des Spielstils bewirkt wurde

Franz Klammer hatte in der Saison nach seinem Olympiasieg in Innsbruck einen schweren „Schlag“ zu verkraften. Sein Bruder Klaus, Nachwuchsläufer (Kaderkollege von Helmut Höflehner und Erwin Resch), stürzte bei der FIS-Abfahrt in Lienz im Februar 77 schwer. ÖSV-Männer-Cheftrainer Karl Kahr war dort, Lokalgrösse Werner Grissmann war als Vorläufer gestartet, der Weltcup-Fahrer Bartl Gensbichler lag in Führung. Klaus Klammer hatte Startnummer 13, von den 12 vor ihm Gestarteten waren auf der sehr schnellen Piste 10 gestürzt, daher war auch der Rettungshubschrauber gerade weg. Er hatte auch Pech, dass ihm die Bindung nicht auf ging, nachdem es ihm die Ski verschlug. Und eben mit dem Abtransport: Mit dem Akja ins Tal, mit der Rettung ins KH Lienz, mit dem Hubschrauber nach Klagenfurt, wo er operiert wurde. Franz Klammer schrieb in seiner Biografie, der Heli sei über den elterlichen Hof in Mooswald geflogen, die Mutter hätte ihn bemerkt, noch nicht wissend, dass ihr Sohn darin lag. Franz war an dem Tag in Wien. Das Rennen wurde abgebrochen. Sein Wirbelbruch führte zu einer Querschnittlähmung. Er hat trotzdem etwas aus seinem Leben gemacht, wurde Steuerberater

DDR-Skispringer Ulf Findeisen stürzte bei der Skiflug-WM in Bad Mitterndorf 1986, aus grosser Höhe, verletzte sich dem entsprechend

Boxkämpfe gingen noch Ende des 19. Jh so lange, bis einer zu Boden ging. Als „Frankie Campbell“ vulgo Francisco Camilli 1930 in San Francisco seinen letzten Kampf bestritt, gab es bereits strikte Regeln für’s Boxen. Camilli/Campbell erlitt durch die Schläge von Max Baer ein Schädel-Hirn-Trauma, ging bewusstlos zu Boden, starb im KH

Der österreichische Gewichtheber Vinzenz Hörtnagl erlitt bei einem von Kameras aufgezeichneten Wettkampf 1981 (?) einen Kreuzbandriss

Peter Perner nahm mit seinem Partner Otto Breg an der Bob-WM 1974 in St. Moritz teil. Im ersten Trainingslauf wurde der Schlitten durch einen Steuerfehler aus der Bahn katapultiert und Perner aus dem Bob. Dieser fiel auf ein Bein von ihm und trennte den Unterschenkel ab

Alessandro Zanardi wechselte mehrmals zwischen Formel 1 und anderen Rennserien (v.a. CART) hin und her. 01 sein Unfall am Lausitzring; nach einem Boxenstopp schleuderte er auf die Rennstrecke, wo er vom Auto eines anderen Italieners „abgeschossen“ wurde. Es gelang, ihn wiederzubeleben, seine Beine verlor er. Er hat mehrfach den Schwank erzählt, dass man ihm eigentlich die deutsche Staatsbürgerschaft verleihen müsste angesichts der vielen Infusionen (mit „deutschem“ Blut), die er bekommen hat. Nur zwei Jahre nach dem Crash saß Zanardi wieder am Steuer eines Rennwagens – umgebaut für seine Bedürfnisse. Im Deutschen Tourenwagen-Masters hatte er vier Starts. Dann schlug Zanardi eine zweite Karriere ein, im „Handbike“. 

Der australische Kricket-Spieler Phil. Hughes starb 2014, nachdem er vom Ball am Kopf getroffen wurde

Bekannt wurden die Forschungen des nigerianischen Arztes Omalu bezüglich Kopfverletzungen von American Football-Spielern. Anquan Boldin erlitt in der NFL zB Kopfverletzungen, nach einem Helm-auf-Helm-Zusammenstoss 08; Justin Strzelczyk starb nach seiner Karriere an solchen Verletzungen

In der österreichischen EH-Liga checkte 97/98 KAC-Verteidiger Christian Sintschnig den scheibenführenden Kapfenberg-Stürmer Sascha Benes derart heftig, dass dieser bewegungsunfähig auf dem Eis liegen blieb. Benes ist seit diesem Abend vom Bizeps an abwärts gelähmt. Bei Travis Roy in einer nordamerikanischen Minor League war es so, dass er jemanden checken wollte, dabei aber gegen die Bande krachte

Ewald Lienen und sein durch eine eine scharfe Stollenkante aufgeschlitzter Oberschenkel 1981, die freiliegenden Muskelfasern, die Beschuldigungen gegen Otto Rehhagel, der Siegmann aufgehetzt haben soll. Der wurde Buddhist. Die Verletzung war spektakulär durch den Riss der gesamten Haut über etwa 20 cm, aber die direkte Gewalt die erforderlich ist, um solch einen Hautriss zu erzeugen, ist geringer, als die Kraft, die ein Wadenbein brechen lässt oder ein Kreuzband reissen – und diese Verletzungen sind auch schlimmer (brauchen länger zu verheilen)

„Howie“ Morenz brach sich sein Bein 1937 in der NHL mehrfach, als ein anderer Spieler in ihn krachte als er am Eis lag

Der französische Turner Samir Ait Said erlitt bei Olympia 16 bei einer Landung einen Unterschenkelbruch

„Niki“ Lauda s berühmter Unfall 76, gefilmt von einem Zuschauer am Nürburgring, das Feuer das sein Gesicht und seine Lungen angriff, die Rettung durch Kollegen, die Heilung und Rückkehr

Kopfverletzungen bei Fussballern: Petr Cech 06 (seither immer mit Rugby-Helm), P. Battiston 82 (> Schumacher), Antognoni 81, Lawaree 05,…

Der US-amerikanische Wasserspringer Gregory Louganis (Kind einer schwedischen Mutter und eines samoanischen Vaters, von einer griechischstämmigen amerikanischen Familie adoptiert) schlug bei Olympia 88 mit dem Hinterkopf am Brett auf, gewann dennoch die Goldmedaille

Cavagnoud, Milne, Poisson, Zoricic sind andere Skisportler, die tödlich verunglückten. „Bill“ Johnson aus der USA war Abfahrts-Olympiasieger 84 am Bjelasnica in Sarajevo. Eigentlich war das seine einzige wirklich gute Saison (83/84, auch im Weltcup 3 Siege, 3. Platz im Abfahrts-Weltcup); 1990 das Karriereende. Vor dem Hintergrund vieler persönlicher Probleme versuchte er 2001 ein Comeback, mit 40 Jahren, stürzte bei den USA-Meisterschaften. Der Sturz sah gar nicht so schlimm aus, er zog sich aber schwere Kopfverletzungen zu, war danach gesundheitlich schlimm bedient, starb 16 an den Spätfolgen des Sturzes

Häufig: Beinbrüche bei Fussballern durch Fouls oder Zweikämpfe, wie bei Diego Maradona 1983 (Andoni Goikoetxea…), Henrik Andersen bei der EM ’92 (nach Zweikampf mit Van Basten), Jibril Cisse 06, Eduardo 08, A. Simonsen 84, H. Larsson 99, Stering 77 (Ober- und Unterschenkel im betroffenen Bein wurden eigentlich nur noch durch Haut und Nerven zusammengehalten),… Robert Jonquet erlitt im Semifinale der WM ’58 einen Wadenbeinbruch, Wechsel war damals nicht möglich, in der Pause bekam er eine schmerzstillende Spritze, humpelte in der 2. Hälfte am Feld herum

Zu den Motorsportlern, die tödich verunglückten, gehören u.a. auch Attilio Bettega (85), Stefano Casiraghi (90), Josef Gartner (86), Jeffrey Krosnoff (96), Stefan Bellof (85), Caleb Moore (13), „Jim“ Clark (68),…  Wayne Rainey (93), „Clay“ Regazzoni (80) oder Martin Donnelly (90) kamen etwas glimpflicher davon

„Uli“ Spiess sprang ja 1980 als Erster mit einem Satz über die „Kamelbuckel“ 2 und 3 der Saslong-Abfahrt in Wolkenstein im Grödner Tal, im Training und dann im Rennen, wurde 2. und 5. in der Doppelabfahrt. Viele machten es ihm nach, zu jenen die sich dabei verletzten, gehört Anton Steiner, gleich in diesem Training. Spiess kam als Führender im Abfahrts-WC (er hatte das erste Saison-Rennen in Val d’Isere gewonnen) nach St. Moritz, stürzte dort dann im Training schwer (zur selben Zeit etwa wie Innauer dort, s.o.). Und lag dann im KH in Innsbruck mit Steiner in einem Zimmer… Den Abfahrts-WC 80/81 gewann Hartmann Weirather, der eines der Gröden-Rennen gewonnen hatte

Zweiter Kamelbuckel der Abfahrt von Gröden

Ronaldo de Lima hatte vom WM-Finale 98 bis zur WM 02 eine Serie von Verletzungen und Erkrankungen, am schlimmsten war der Kreuzbandriss ohne Foul, bei einem Dribbling, 2000. Völler wurde 85/86 durch Augenthaler an den Bändern bedient, Bernd Schuster 81 von Goikoetxea, Ballack 10 von KP. Boateng, Neymar im WM-SF 14,…

Die für Grossbritannien startende Südafrikanerin Zola Budd (-Pieterse) forderte bei Olympia 84 die Amerikanerin Mary Decker(-Slaney) im 3000-Meter-Lauf heraus. Während des Rennens kollidierten die beiden jedoch, so dass Decker stürzte und sich leicht an der Hüfte verletzte. Von verschiedenen Seiten wurde Budd (die nur 7. wurde) dabei Absicht unterstellt

Der Skispringer Christian Morgenstern beendete nach seinem Sturz 2014, der mit einer Verletzung verbunden war, seine Karriere

Armin Assinger hatte 88/89 in Gröden aufgetrumpft (mit seinem zweiten Podestplatz), „rutschte“ danach in die 1. Gruppe. Startete in Wengen im 1. Training mit der Nr. 1. Beim Russi-Sprung oben flog er zu weit, landete im Flachen, kam verdreht auf, beim folgenden Überschlag wurde auch noch das andere Knie ruiniert. Nicht unähnlich war die Verletzung des Franzosen Giraud-Moine 17 in Garmisch, bei dem beide Knie luxiert waren. „Ehe mit mir was geworden ists schon wieder aus?“. In der langen Verletzungs-Pause (eineinhalb Jahre) eröffnete sich ihm dann aber sein späteres Leben. Er versuchte sich als Co-Kommentator beim ORF (kam gut an), kam mit seiner späteren Frau zusammen…(10) Und es gelang ihm ein Comeback. Verletzungen von Skisportlern die Karrieren zerstörten, waren etwa jene von Sabine Ginther 93, Roland Collombin 75 (Val d’Isere), Thomas Fogdoe 95 (Training)

Roberto Boninsegna wurde 1971 in einem EC-Spiel von Inter Mailand gegen Borussia Mönchengladbach von einer Getränkedose aus dem Publikum getroffen. Ähnliches gab es bei Oliver Kahn, Otto Konrad,…

Der Brasilianer „Branco“ bekam bei der WM 90 im Achtelfinale von argentinischen Betreuern eine Wasserflasche verabreicht, in die ein Sedativum gemischt war; er wurde etwas müde und schwindlig

Marcel Hirscher entging Ende 15 im Slalom von Madonna di Campiglio dem Absturz einer 10 kg – Kamera-Drohne, die bei seinem Lauf im 2. Durchgang (aus 20 m) knapp hinter ihm aufschlug. Hermann Maier erlitt bei einem Motorradunfall 01 eine schwere Bein-Verletzung, legendär war der Sturz in der Olympia-Abfahrt in Nagano 98, den er fast unverletzt überstand. Michael Mair kam bei der WM-Abfahrt 87 von der Piste ab, ohne zu stürzen, fuhr dann weiter, war im unteren Teil wie im oberen (vor dem Missgeschick) einer der Schnellsten, wurde noch 21. Claus Tuchscherer, der Skispringer (und Nordische Kombinierer) der 76 aus der DDR nach Österreich ging, verlor beim Springen bei der WM in Lathi 78 einen Ski, stürzte nach der Landung. Er verletzte sich nur leicht, konnte sogar im 2. Durchgang antreten. Es tauchten Gerüchte auf, die „Stasi“ habe die Bindung des Skis manipuliert, um den Republikflüchtling und Mitfavoriten vom Erfolg abzuhalten. Die Goldmedaille bei diesem Springen auf der Normal (Klein) – Schanze gewann sein ehemaliger Teamkollege Buse

Der Langstrecken-Surfer Arnaud de Rosnay verschwand 84 am Weg von China nach Taiwan, ist wahrscheinlich gekentert/ertrunken

Beim Wrestling ist auch die Frage des sportlichen Wertes gegeben. Der Mexikaner Perro Aguayo starb jedenfalls ’15 infolge eines Kampfes. Sein Gegner beförderte ihn per Sprungtritt mit dem Halsbereich voran in die Stahlseile. Er erlitt einen Herzstillstand infolge eines Wirbelsäulentraumas

(1) Die Karosserie, eine Magnesium-Legierung, brannte mit weisser Flamme, Helfer versuchten das Feuer mit Wasser zu löschen, feuerten den Brand dadurch aber noch mehr an

(2) Bei Testfahrten war Elio de Angelis verunglückt

(3) Übrigens: ORF-Reporter Heinz Prüller erzählte während Sennas Unfall gerade alte Geschichten, vom tödlichen Unfall von Wolfgang Berghe von Trips 1961 in Monza. Prüller erlitt durch die Vorfälle in Imola und Monaco nach Aussagen seiner Frau Nora Frey einen schweren Schock

(4) Ein Jahr nachdem seinem Jugendfreund Christian Perthaler bei der Eishockey-A-WM in Italien während eines Matches ein Blutgefäss im Kopf platzte

(5) Der Täter, der durch die Verletzung von Seles Graf helfen wollte, kam wegen seiner psychischen Probleme mit einer bedingten Haftstrafe davon

(6) So etwas gab es davor und danach nie wieder. Die besten 30 des Abschluss-Trainings, und nur sie, sollten im Rennen starten

(7) Zu den anderen namhaften Fussballern, die so ein Schicksal ereilte, gehört der Ungar Feher, im Jahr darauf in einem Spiel der portugiesischen Liga

(8) Der 2001 als Cheftrainer der ÖSV-Skispringer bei einem Strassenverkehrs-Unfall tödlich verunglückte

(9) Bei dem Rennen 99 zu dessen Training Ortlieb stürzte, belegten Österreicher die ersten drei Plätze, Rzehak wurde Zweiter hinter Knauss; im Training zur WM-Abfahrt in Sierra Nevada 96 war Rzehak gestürzt, das Rennen gewann Ortlieb

(10) Marc Girardelli machte während einer Verletzungspause den „Heli“-Flugschein

 

Die Weltmeisterschaft an sich, aber etwas stärker die politischen Aspekte und Politisierungen rundherum. Am Ende etwas ausführlicher über Kroatien, insbesondere sein Verhältnis zu Österreich. Publikumssport (und insbesondere Fussball) eignet sich ja als Projektionsfläche nationaler und politischer (Selbst)zuschreibungen, wie man beim Fanmeilenpatriotismus sieht, beim Rassismus aus dem Publikum gegenüber gewissen Spielern, oder den „Diskussionen“ über die Repräsentativität von Spielern in Nationalteams.

Zunächst ein Team der Abwesenden: Buffon (nicht qualifiziert, keine 6. WM), Alaba, Neustädter (Rus.), D. Alves, Koscielny, Nani, Nainggolan, Robben, Bale (CL-Sieger), A. Sanchez, Götze; Trainer Lopetegui (kurz vor Turnierbeginn im spanischen Team rausgeworfen).

Putins Russland vergleichbar mit dem Argentinien der Militärdiktatur, wo 1978 die WM statt fand? Ich sehe doch grössere Unterschiede. Nicht nur, weil das grösste Geheimgefängnis (mit Folterkeller) der argentinischen Militärdiktatur (das in der Militärakademie ESMA) einige Hundert Meter vom „River Plate“-Stadion in Buenos Aires entfernt war, wo auch das Finale stattfand. Heute ist dort eine Gedenkstätte. Auch, weil das Regime damals Angst vor Anschlägen hatte, die (wenn sie sich gezielt gegen dieses gerichtet hätten) anders „einzuordnen“ gewesen wären, als jene die diesmal befürchtet wurden. Islamistischer Terror blieb in Russland glücklicherweise aus, und auch solcher von Hooligans.

Der Id al Fitr (Ende Ramadan) fiel auf den 2. Spieltag; das Team von Saudi-Arabien verlor am Vortag zur Eröffnung gegen Russland (klar), jenes des regionalen Konkurrenten Iran siegte an diesem Tag (in einer anderen Gruppe) gegen Marokko. Das „Team Melli“ kam bei seiner 5. WM-Teilnahme einem Aufstieg in die 2. Runde so nahe wie noch nie, scheiterte (mit seinem portugiesischen Trainer) nach dem Match gegen Europameister Portugal knapp. Der iranische Schiedsrichter Faghani durfte aber weiter machen, kam bis ins kleine Finale.

A propos Schiedsrichter: Diese konnten ja dieses Mal auf Fernseh-Aufzeichnungen zurückgreifen (lassen). Was zB im letzten Gruppenspiel des deutschen Teams gegen Südkorea geschah, beim 1:0 der Koreaner in der Nachspielzeit. Einige Minuten später dann noch der Fehler von Neuer…der schon im ersten Vorrundenmatch (gg. Mexico) am Ende in die gegnerische Hälfte gekommen war, und gegen Schweden auch, wenn mich nicht alles täuscht. Das was Deutschland bei den letzten Turnieren aufgegangen war, ging diesmal eben schief. Das Team von Mexiko (wo Marquez zu seiner 5. WM kam) schied dann aber wieder im Achtelfinale aus, was sich schon irgendwie abgezeichnet hat, als Hector Herrera in der ersten Hälfte frei an der Strafraumgrenze zu Schuss kam, sich den Ball aber erst umständlich vom rechten auf den linken Fuss legen musste. Der „Sprung“ von einem Dominator der CONCACAF-Zone in ein WM-Viertelfinale will nicht gelingen.

Das Spiel zwischen den Auswahlen von Serbien und Schweiz war bzw wurde stark politisiert. Die Kosovo-albanischen Spieler der Schweiz, Pfiffe des serbischen Publikums gegen sie, deren Torjubel, die Krstajic-Kommentare, jene der SVP-Politikerin Rickli, wonach die Tore für den Kosovo gefallen seien. Und in Wien Ausschreitungen von Serben. Die FIFA war bei Verletzung ihrer Marketingvorschriften strenger als bei nationalistischen/politischen Aussagen/Gesten, womit sie ihrem Image gerecht geworden ist. Zu den politischen Dimensionen komme ich ja noch; Kroatiens Präsidentin Grabar-Kitarovac war jedenfalls bei vielen Spielen ihrer Mannschaft im Stadium, unter den Ehrengästen fiel auch Diego Maradona auf.

Auch die Mannschaft von Polen musste nach der Vorrunde nach Hause fahren; einen Weltklasse-Spieler zu haben und sonst Spieler die doch ziemlich stark von diesem abfallen, das ging auch bei Schweden in den letzten 15 Jahren nicht gut. Portugal mit Ronaldo, Argentinien mit Messi(1), und Spanien mit einigen Weltmeistern von 2010, die alle nur knapp ins Achtelfinale gekommen waren, mussten sich nach diesem verabschieden. Die Seleção Brasileira de Futebol war unter jenen Teams, die im Viertelfinale ausschieden. Neymar ist seinem Ruf als „Schauspieler“ gerecht geworden.

Im Achtelfinale standen neben 10 Teams von der UEFA 4 von der CONMEBOL (Südamerika), 1 der CONCACAF und 1 der AFC (Asien). Im Viertelfinale waren es 6 aus Europa und 2 aus Südamerika. Im Semifinale waren die Europäer unter sich. Aus Ozeanien (OFC) hatte sich niemand qualifiziert (nachdem Australien ja zur asiatischen Konföderation gewechselt ist), und alle 5 qualifizierten Teams aus Afrika (CAF) schieden in der ersten Runde aus… Dafür wurde Frankreich Weltmeister, in dessen 23-Mann-Kader 16 Afrika-Stämmige standen (darunter einige Nordafrikaner sowie einer aus der Karibik) sowie ein aus Asien stammender Spieler (Areola, der 3. Tormann, dessen Eltern von den Philippinen nach Frankreich kamen). Darunter waren einige (für den Turniersieg) sehr wichtige Spieler, wie Pogba, Umtiti und Mbappé (der vielleicht die Entdeckung des Turniers). Beim Finalgegner Kroatien gab es so etwas nicht, und nicht Wenige (v.a. in Europa) sahen dieses Team daher als eine Art positiven Gegenentwurf zum multiethnischen französischen, bzw auch gleich die (darunter liegenden?) gesellschaftlich-politischen Strukturen als solchen…

Womit wir beim Kern des Artikels sind. Frankreich und die anderen 3 Semifinalisten sowie Deutschland und Österreich, und die Verbindung zwischen Fussball, Politik und Nationalismus in diesen Ländern. Aus der AfD und der FPÖ wurde gegen den Weltmeister gehetzt. „Europa gegen Afrika“ hiess es da zum Finale. Ein Unterschied: Die FPÖ ist in Österreich in der Regierung, die AfD ist in Deutschland eine isolierte Oppositionspartei. Die neuen Regierungen, die in den beiden Ländern 2018 kamen, arbeiten aber gut zusammen, in der Flüchtlingskrise, nicht zuletzt die beiden Innenminister Seehofer und Kickl. Causa Nr. 1 in Deutschland nach dem frühen Aus wurde aber Mesut Özil und sein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan im Mai. Nun, da der Erfolg ausblieb, wurde er zum Sündenbock, scheint es.

Im Themen-Komplex Fussball-Politik-Nationalismus ist die Frage der Nations-Zugehörigkeit, der Loyalität, der Integration gewisser Spieler zentral geworden, nicht nur in Deutschland. Auch die Integration der „Ossis“ im wiedervereinten Deutschland spiegelte sich einst im Fussball wieder. Und das Mitsingen der National-Hymne vor dem Länderspiel ist dabei ein wichtiger Indikator. Was bei der Integrations-Forderung gerne unter den Tisch fällt, bzw, wovon abgelenkt werden soll, ist dass Manche solche wie Özil eigentlich gar nicht wollen. Der feine Grat (bzw Übergang) zwischen (von) gefährlicher Überfremdung bzw Untergang des Abendlandes wegen Moslems/Moscheen/rückschrittlicher Kultur/… und (zu) Untergang des Abendlandes bzw gefährliche Überfremdung weil zu viele Türken und Afrikaner in Deutschland und in seinem Fussball-Nationalteam. Keine echten Deutschen. Bei Boateng oder Dejagah oder Owomoyela oder Cacau gab es vergleichbare Anfeindungen.

Es ist lächerlich, jetzt Alles darauf herunter zu brechen, dass die Zuwanderer (bzw ihre Nachfahren) sich nur zu Deutschland bekennen müssten. Integration war eben lange nicht gefragt, von deutscher Seite. „Alles, was der Gewöhnung an die hiesigen Verhältnisse und der Integration diente, sollte unterbleiben. Die Kinder sollten die Sprache ihrer Eltern beherrschen, der Familiennachzug sollte eingeschränkt werden“ (Ulrich Herbert). Wenn es heisst, mehr Emigranten müssten zur Polizei, und man beobachtet dann die Diskussion darüber in gewissen Foren (zB „Der Spiegel“ online, nicht pi-news.de), stellt man fest, dass sehr Viele ein Problem damit haben (dass zB Türkisch-Stämmige zur deutschen Polizei gehen), egal wie sich die Betreffenden zu Deutschland bekennen. Nicht Integrationswille sondern Abstammung ist das Problem. Ähnlich verhält es sich mit der Mitwirkung von Özil, Khedira & Co im Nationalteam.

Deutsch-Türken, die Deutsche und nicht Türken sein wollen, werden zuverlässig daran erinnert, dass man sie für Türken hält. Das Foto Özils mit Erdogan ist ein Aufhänger, ein p. c. Vorwand. Auch ohne das und wenn er die Hymne mitsingen würde, hätten viele Deutsche ein Problem mit ihm! Im deutschen Team. Wobei, wenn er sich vor 10 Jahren für die Türkei entschieden hätte… Nun ist Özil ja aus dem deutschen Team zurückgetreten, mit Vorwürfen an DFB und Medien. Was zu neuen chauvinistischen Anfeindungen führte. „Bild“: „Özils wirre Jammer-Abrechnung mit Deutschland“. Und auch Herr Hoeness hat sich zu Wort gemeldet. Reflektiertes kam von Jürgen Klopp: „Wir sollten aber nicht vergessen, dass Özil und Gündogan nun mal türkische Wurzeln haben, auch wenn sie in Deutschland aufgewachsen sind. Aber es ist wie immer: Wer am lautesten krakeelt, wird am meisten gehört“.(2)

Eine stolze Serie von Deutschlands Team ist in Russland gerissen, seit 2006 ist es bei allen WM- und EM-Turnieren immer mindestens bis ins Semifinale gekommen. Ausserdem bei den 2 Confederations-Cup-Turnieren, bei denen es teilnahm (05 und 17). Und beim Olympia-Turnier 16. 05 war auch Angela Merkel Bundeskanzlerin geworden, 06 rückte Joachim Löw vom Co- zum Chef-Trainer des DFB-A-Teams auf. Zwei Langzeit-Herrscher, die alle 4 Jahre (von WM zu WM bzw Wahl zu Wahl) Erfolge einfuhren, für eine längere Zeit. Wobei diese vielen zweiten, dritten, vierten Plätze im Fussball in Deutschland eigentlich nicht als Erfolge galten. Worüber die Engländer glücklich gewesen wären. Die WM 14, ja.

Grossbritannien darf ja als Mutterland des Fussballs je eine Nationalmannschaft für seine 3 historischen Bestandteile aufstellen. 3 Fussballverbände, 3 Ligen; dazu Nordirland, das Teil des UK aber nicht von GB selbst ist. Diesmal hat sich nur das Team von England, mit den 3 Löwen auf den Leibchen qualifiziert. Das Wappen von England, die Löwen symbolisieren England, Normandie und Aquitanien – letztere 2 haben schon sehr lange keine Verbindung mehr zu England/GB. In GB waren die Brexit-Verhandlungen die politische Begleitmusik zur WM. Wobei dieser EU-Austritt ja einen neuerlichen Versuch des Austritts Schottlands aus GB/UK begünstigt. Die britischen Hooligans sind diesmal glücklicherweise nicht in Erscheinung getreten.

Und, nun da im englischen Team die grossen Namen der letzten 20 Jahre weg waren, von Beckham über Lampard bis Rooney, funktioniert es auf einmal.(3) 1996 bis 2016, da gab es circa 2 goldene Generationen, die erfolglos blieben. Wenn man eine Annäherung an die Gründe dafür versucht, es waren wohl hauptsächlich die Klub-Cliquen und -Interessen, die einem Erfolg entgegen standen. Vielleicht auch, dass es zu wenig Tiefe gab, auf manchen Positionen zu wenig Qualität. Als zB Rooney bei der EM 04 ausfiel, rückte Darius Vassell in die Anfangsformation. Andererseits, Portugal wurde ’16 Europameister, mit nur einem absoluten Klassespieler (der noch dazu im Finale ausfiel). Auf Youtube spottete Einer über den jetzigen Erfolg, den 4. Platz: „saying that it’s coming home after getting into the weaker bracket after intentionally losing (> Belgien) and not having beaten one competent team“

Die Welmeister-Generation von 1966 reüssierte auch bei der EM ’68, die ersten internationalen Erfolge einer englischen Auswahl. Dann gab es die Semifinal-Einzüge 1990 und 1996, mit 5 oder 6 Spielern, die beide mitmachten. So wie Paul Gascoigne. 1996 mit Gareth Southgate als unglücklichem Elfer-Schützen im Semifinale gegen das deutsche Team. Bei der WM 1998 wären die Voraussetzungen für einen Erfolg einer der goldenen Generationen Englands, die dann kamen, wohl am besten gewesen. Es war das letzte Turnier, für das Gascoigne in Frage kam, das letzte bei dem Shearer noch in Form war, und das erste für das Owen und Beckham in Frage kamen. Dazu gab’s noch Seaman (der freilich in wichtigen Spielen immer wieder Fehler machte), Neville, McManaman, „Sol“ Campbell, Adams, Scholes,… und Glenn Hoddle als Trainer. Und Hoddle nominierte „Gazza“ nicht für seinen Kader, weil es dieser -vereinfacht gesagt- mit der Disziplin nicht so genau nahm.(4)

Gascoigne & Hoddle 1998

Die Diskussionen über die „unechten“ Engländer im Nationalteam gab es dort auch immer wieder. In England/ GB geht es dabei hauptsächlich um aus der Karibik stammende „Schwarze“. Der erste war 1978 „Viv“ Anderson, dann kamen John Barnes, Paul Ince, Ashley Cole,… Nachdem beim 7:1 gegen San Marino in der WM-Quali für 94 3 schwarze Spieler, darunter Ince, alle englischen Tore schossen, schrieb eine rechtsextreme britische Gruppe (die National Front?), die Tore zählten nicht, San Marino hätte 1:0 gewonnen. So war SM übrigens auch in Führung gegangen. Es gibt aber auch immer wieder Irisch-Stämmige im englischen Team, von Kevin Keegan bis Harry Kane.

Im belgischen Team, den „Roten Teufeln“, waren in den 1980ern (als es bei den Turnieren 80 und 86 die Erfolge gab) der aus Sizilien stammende Vincenzo Scifo und Alexandre Czerniatynski, Sohn polnischer Einwanderer, noch die Exoten. Das Team wurde in den 90ern etwas multikulturell (zB mit Kroaten wie Strupar), die Mpenza-Brüder waren die ersten Spieler aus der Ex-Kolonie Kongo (Congo). Zwischen den Turnieren 02 und 14, als sich Belgien nie qualifizierte, geschah der „Dammbruch“, formierte sich das jetzige Team. Ein Unterschied zur Generation der 80er: Damals hatten belgische Klubs auch viele Erfolge in den Europacups; davon ist man nun weit entfernt, die belgischen Spitzenspieler spielen alle im Ausland, beim aktuellen WM-Dritten war nur einer im 23-Mann-Kader in der heimischen Liga engagiert. Wobei bei der Schweiz die Kosovaren für Überfremdungshysteriker die „Quelle des Übels“ sind, im belgischen Team ist der aus Kosovo/Kosova stammende Januzaj einer der aus Europa stammenden Zuwanderer(-Kinder) – dort (und bei Frankreich!) sind „die Afrikaner“ das Problem, kommt die „Überfremdung“ von diesen…

In 2 der unten verlinkten Artikeln geht es darum, ob bzw wie dieses Fussball-Nationalteam mit den vielen Belgiern der 1. oder 2. Generation das Land mit seinen zwei Volksgruppen neu vereinen kann. Die wallonische Dominanz zerbröckelte nach dem 2. Weltkrieg, die Emanzipation Flanderns führte zu einer Föderalisierung bzw Parzellierung des Staates (1960er bis 90er). Der Bundesstaat wird von oben (EU) und unten (Regionen, Gemeinschaften) entmachtet. Nicht viel mehr als das (deutsch-stämmige) Königshaus(5), die Armee und das Fussball-Nationalteam hält die Landesteile zusammen, heisst es immer wieder. Nächst wichtigster Sport ist Radrennfahren, und das ist ja ein Einzelsport. A propos belgische Armee: Ein Chef der grössten „zentrifugalen“ Kraft Belgiens, des Vlaams Belang, Filip Dewinter, gab in einem TV-Interview unumwunden an, dass er bei der Angelobung zu seinem Militärdienst (in Arlon in Wallonien) in seiner linken Hand hinter dem Körper 2 Finger kreuzte, weshalb das abgegebene Treuegelöbnis zu Belgien nicht gelte…

Etwas gemäßigter als der VB ist die NVA, die die Wahlen 2010 gewann. Es folgte damals eine sehr lange Suche nach einer neuen Regierung, 2011 kam eine unter Elio Di Rupo zu Stande(6) mit den Parteien der flämischen und wallonischen Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen. Die 3 Jahre hielt. In dieser Zeit kam der neue König, Philippe/Filip. Der flämische Nationalismus bzw Separatismus bleibt aber ein wichtiger Faktor. VB und NVA leben natürlich auch von Zuständen wie im Brüsseler Stadtteil Molenbeek, wo mehrere (v.a. aus Nordafrika stammende) Islamisten „heranreiften“, die in den letzten Jahren in Frankreich und Belgien verheerende Mordanschläge verübten. Es geht aber auch um das Geld; das man nicht mehr an eine Zentralregierung abliefern will, die es an ärmere Landesteile weiterleitet. Das selbe wie in Katalonien, Nord-Italien, in gewisser Hinsicht auch bei Schottland und früher bei Slowenien.

Einen belgischen Nationalismus, ob einen gemäßigten (mehr im Sinne von Nationalgefühl) oder radikalen (einen ausschliessenden), gibt es so etwas überhaupt noch? Die Front national war eine frankophone Partei, die 1985 nach dem Vorbild der französischen Partei dieses Namens gemodelt wurde, sie propagierte einen solchen belgischen Nationalismus, versuchte Brücken zu den Flamen zu schlagen (nicht zuletzt indem man sich gegen die Einwanderung nach Belgien stellte), war (aber) gegen die Parzellierung Belgiens. Sie blieb eine Kleinpartei, wurde 2012 aufgelöst. Die „Überbrückung“ der Sprach-/Volksgruppen ist in Belgien schwierig. Es gibt zwei etwa gleich grosse Volksgruppen mit Sprachen, die nicht miteinander verwandt sind (wie es in Spanien Kastilisch, Katalanisch, Galizisch,… sind), keine Verständigungssprache (wie Französisch früher in Belgien oder Englisch in Südafrika heute). „Alle nederlandstalige Belgen kunnen ook Frans, maar niet andersom“ schrieb jemand auf Youtube zu einem Video, in dem es auch um die Thematik ging. Mehr oder weniger dürfte das stimmen. Und Entsprechendes wird auch von der Schweiz und Südtirol gesagt, dass also die „Romanen“ weniger die andere Sprache lernen als die „Germanen“.

Marc Wilmots, der Vorgänger von Roberto Martinez als Trainer der Roden DuivelsDiables Rouges, stammt aus dem Umland von Brüssel, wo man Zweisprachigkeit noch am ehesten erlernen bzw erleben kann, und ist (obwohl ein Wallone bzw primär frankophon) nahezu perfekt zweisprachig. Bei seinem Engagement als Spieler bei Schalke 04 lernte er auch Deutsch, was nebenbei die dritte Landessprache Belgiens ist, seit ein kleiner Teil des Rheinlands (samt seiner Bevölkerung) nach dem 1. WK vom Deutschen Reich zu Belgien kam. Wilmots ging zwischen seiner Spieler- und seiner Trainerkarriere auch in die belgische Politik, war Senator für die wallonischen Liberalen (MR). Martinez, der Spanier, der in England spielte, spricht Englisch mit den Spielern… Die Spieler verständigen sich untereinander auch teilweise so.

Vincent Kompany ist nach seiner Verletzungspause nicht mehr Kapitän, aber am Längsten im Nationalteam. Vater aus Congo, Mutter Belgierin, aufgewachsen in Brüssel, zweisprachig. Er ist eines der Einwanderer-Kinder, die diesem Team (und dem Land an sich?) Kohäsions-Kräfte verleihen. Brüssel/ Brussel/ Bruxelles/ Brussels ist gewissermaßen die EU-Hauptstadt, aber darum herum tobt ein kleinkarierter Sprachenkampf; die Stadt ist umgeben von der Provinz Flämisch-Brabant, eine wallonische Ansiedlung dort wird zu unterbinden versucht. Falls es wirklich einmal zu einer Teilung Belgiens kommen würde, wäre die Frage (der Teilung) von Brüssel hoch-aktuell. Keiner wird darauf verzichten wollen. Das ist einer der Unterschiede zur Tschechoslowakei, dort waren die Teilgebiete sauber voneinander abgegrenzt; daneben haben Flamen und Wallonen eigentlich viel länger in einem Staat gelebt als (die ethnisch-sprachlich eng verwandten) Tschechen und Slowaken.(7)

Wenn es Belgien nicht gäbe, müsste man es erfinden, im Zeitalter der ethnisch begradigten Nationalstaaten, hat Clemens Ruthner im „Standard“ einmal geschrieben. Im Mittelalter waren Flandern und Wallonien Teil des burgundischen Länderkomplexes, dessen nördlicher Teil vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation mit seinen habsburgischen Kaisern zu Spanien mit seinen habsburgischen Königen kam. Der grossteils protestantisch (calvinistisch) gewordene Norden dieser Spanischen Niederlande spaltete sich im Laufe des 17. Jh ab, der Rest (also das spätere Belgien)(8) kam nach dem Spanischen Erbfolgekrieg unter österreichische Herrschaft, blieb das bis zu den Napoleonischen Kriegen. Nach dieser französischen Besetzung kamen die Vereinigten Niederlande zu Stande, mit einem Übergewicht des protestantischen Nordens. Seit der erzwungenen Abspaltung davon 1830 gibt es ein Belgien.

Einerseits ein harmloser, multiethnischer Kleinstaat, das andere Gesicht, das zeigt sich durch die monströsen Verbrechen im Kongo, auch nach dessen nomineller Unabhängigkeit 1960. Der Gegensatz zwischen dem katholischen, „konservativen“ Belgien und der protestantischen, „progressiven“ Niederlande, der zeigt sich auch im Fussball immer wieder. Zur Zeit ist wieder Belgien oben auf. In Spanien haben Fussball-Erfolge (u.a. Weltmeister 2010 in Südafrika) den Zusammenhalt nicht unbedingt gefördert, wie sich durch die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens in den letzten Monaten zeigt. Die belgische goldene Generation ist jedenfalls noch nicht am Ende, wird auch in 2 Jahren auflaufen können, die meisten davon wahrscheinlich auch in 4 Jahren.

Im kroatischen Team gibt es hin und wieder Angehörige autochthoner Minderheiten wie Đovani Roso (Giovanni Rosso), der aus einer dalmatinischen Familie mit teilweise italienischen Wurzeln kommt. Öfters gibts kroatische Bosnier, wie Mario Stanic, die lieber für Kroatien spielen. Selten Eingebürgerte wie Eduardo da Silva aus Brasilien (ein Land, in dem „Multikulti“ übrigens normal ist) – was auch daran liegt, dass Kroatien als Land sowie seine Liga nicht so attraktiv sind. Als Kroatien nun im Finale der WM gegen Frankreich spielte, ein Team mit vielen Spielern afrikanischer Herkunft, gab es gerade aus Österreich viel Unterstützung für die Reprezentacija, oft argumentiert mit der „Multikulturalität“ des Gegners.

Die „Krone“ titelte ähnlich wie die rechtspopulistische Gratiszeitschrift „Österreich“ (Fellner)

Beim Viertelfinal-Spiel zwischen den Auswahlen Kroatiens und der Türkei bei der EM 08 (Öst./CH) gab es auch so eine Art Polarisierung. Wobei die wenigsten dieser französischen Spieler mit „Afrika-Bezug“ Moslems sind. Hier also: offene, direkte Ablehnung dieser Equipe aufgrund von Rasse, Definition von Zugehörigkeit zu bzw Ausschluss von einer (anderen) Nation dadurch. Entgegen dem Eigenbild, das sich in den Jahren der Islamkrise etabliert hat. Auf Youtube ein Video über die Rückkehr des kroatischen Teams in Zagreb nach der WM. Die Kommentare darunter haben eine klare Tendenz. Und deuten darauf hin, dass es sich nicht um ein österreichisches Spezifikum handelt.

„Bravo croatia keep those borders closed“…“I think that we showed that we are real Europien and civilaside country“…“Beautiful Slavic people“…“Peaceful happy people returning to their own clean homeland. Croatia won.“…“Healthy Aryan nation means no ethnic conflicts, no riots, and national pride. France is a decaying, doomed nation.“…“For me, Croatia won the world cup AS A NATION……france: an assembled AFRICAN TEAM….“…“It’s refreshing to see somewhere in Europe that actually has real European people in it.“…“Croatia put up a good fight against the Africans and referees.“

Jaja, der Kampf gegen den Untergang des Abendlands bzw für das jüdisch-christliche Erbe bzw für die Erhaltung der „arischen Nation“ bzw gegen die „Kongoaffen“ (wie ein FPÖ-Politiker die französischen Fussballer titulierte)… Und das fast ganz ohne Islam. Und wenn er „dabei ist“, ist er wie bei Özil oft nicht „der böse“, sollen aber Moslems mit ihm (dem fanatischen Islam) in Verbindung gebracht werden. Afrikaner wurden früher gegen den Kommunismus in Stellung zu bringen versucht, nun gegen Moslems. Aber wenn es um substantielle Zugeständnisse geht…zB fair mit ihren Staaten zu handeln, oder Migranten einen gleichberechtigten Platz in Europa einzuräumen…

Ein wenig zur Verbindung Kroatiens mit Österreich. Das Land war nach Verlust der Unabhängigkeit im Mittelalter(9) lange unter ungarischer Herrschaft, nach den österreichisch-osmanischen Kriegen im 16. Jh wurde Zentralkroatien österreichisch, Slawonien osmanisch, die Küste venezianisch. Hier begannen ca. 400 Jahre Anbindung Kroatiens an Österreich, nach den „Türkenkriegen“ des 17. Jh kam auch Slawonien zu Österreich, als Teil Ungarns. Der Katholizismus verbindet hier, aber auch diverse Migrationen. Jene der Burgenland-Kroaten, und die deutsch-österreichische Ansiedlung („Donauschwaben“) in Ost-Slawonien (das Teile von Syrmien und Baranya umfasst). Das venezianische Erbe, also die Küste mit Istrien, Kvarner, Velebit und Dalmatien (inklusive Dubrovnik), kam 1814/15 auch an Österreich. Im späteren 19. Jh dann auch Bosnien-Herzegowina mit seinem beträchtlichen kroatischen Bevölkerungsanteil; somit standen alle kroatischen Länder unter habsburgischer Herrschaft.

Im 19. Jh kam auch unter den Kroaten eine Nationalbewegung auf, und diese hatte infolge des österreichisch-ungarischen Ausgleichs ihre Konflikte eher mit der ungarischen Reichshälfte. Aber das war ja das Kalkül der Österreicher bei diesem Ausgleich, dass sich der Unmut bzw die Bestrebungen der Kroaten, Rumänen, Slowaken,… gegen die Ungarn richtete, das eigentliche Österreich hier „gut weg“ kam. Zentralkroatien und Slawonien waren bei Ungarn, Dalmatien und Istrien bei der österreichischen Reichshälfte. Es gab 1868 noch einen ungarisch-kroatischen Ausgleich, in dem die Rechte der Kroaten innerhalb Ungarn festgelegt wurden. In der kroatischen Nationalbewegung gab es jene, die ihr Land als Teil einer panslawischen oder südslawischen Nation sahen (Narodna stranka, Nationalpartei, Josip Strossmayer), und jene die für ein grosses (auf Kosten der Nachbarn…), unabhängiges Kroatien waren (Stranka prava, Eugen Kvaternik, diese Richtung war pro-österreichischer). Protagonisten der Nationalbewegung waren (auch) hier oft Angehörige von Minderheiten…

Mit dem 1. WK änderten sich die Rahmenbedingungen. Im ersten, königlichen Jugoslawien (bis 1929 SHS-Königreich bzw Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca) war die Kroatische Bauernpartei (HSS) die bei weitem wichtigste kroatische Partei bzw die einzig bedeutende. Die HSS war für kroatische Autonomie innerhalb Jugoslawiens, stand diesem Jugoslawien aber grundsätzlich positiv gegenüber. Nachdem ihr Führer Stjepan Radic ’28 im Parlament von einem Montenegriner ermordet wurde, errichtete König Aleksandar als Folge Anfang 29 die Königsdiktatur, nun konnte von kroatischer Selbstbestimmung noch weniger die Rede sein. Alternative zum Jugoslawismus war aus kroatischer Sicht weiterhin der Kroatismus. Vertreten wurde er von der HSP (Rechtspartei) die von Wenigen gewählt wurde. Die faschistische Ustaša (Ustascha) ging aus ihr hervor. Als Hitler-Deutschland 1941 auch Jugoslawien überfiel, kam deren Stunde. Im Zuge der Aufteilung Jugoslawiens bekam Mussolini-Italien zwar die dalmatinische Küste zugesprochen, der Rest Kroatiens wurde aber nominell unabhängig, bekam Bosnien-Herzegowina dazu.

Der „Unabhängige Staat Kroatien“ (NDH; 41-45) war natürlich ein Marionettenstaat von Nazi-Deutschland, bis 43 auch vom faschistischen Italien, ein Einparteienstaat unter der Ustaša. Die HSS war gespalten bzgl Partizipation in dem „Staat“, sprang 43 endgültig ab, Radic-Nachfolger Macek wurde im Lager Jasenovac interniert (ging dann ins Exil). Viele Kroaten waren bei den kommunistischen Partisanen, darunter Franjo Tudjman, wenige kämpften für eine Wiedererrichtung des königlichen Jugoslawiens. Ivan Subasic (HSS) war einer dieser; er war ’39 Ban der neu gegründeten Banovina Hrvatska (umfasste die meisten kroatischen Gebiete) geworden, wirkte dann in der Exilregierung (Premier 44/45), arbeitete mit den Alliierten zusammen. Obwohl antikommunistisch, versuchte er einen Kompromiss mit den Partisanen (unter „Tito“) zu Stande zu bringen.

Als 45 die Partisanen mit Unterstützung der Alliierten vorrückten, flüchteten Nazi-Kollaborateure aus dem gesamten jugoslawischen Raum (hauptsächlich Ustascha-Kroaten) Richtung Österreich, aber auch einige demokratische Anti-Kommunisten, nach Kärnten (kampierten bei Bleiburg und Viktring), wohin das britische Militär vorgerückt war. Die Briten nahmen sie ja nicht auf, überliessen sie den nachfolgenden Partisanen. Und von jugoslawischer Seite (das zweite, kommunistische entstand nun) wurden nun wie auch nach dem 1. WK Ansprüche auf Teile Kärntens erhoben. Den Ustascha-Führern um „Poglavnik“ Ante Pavelic war über die Vatikan-Rattenlinie die Flucht gelungen. Auch die Donauschwaben aus den serbischen und kroatischen Teilen von Banat, Batschka, Syrmien hatten grossteils mit den Besatzungstruppen kollaboriert und verliessen am Kriegsende das Land; jene die das nicht taten, waren schweren Repressalien ausgesetzt.

Es gab im 2. YU mehr Selbstverwaltung für die südslawischen Völker(10), eigene Republiken, aber keinen politischen Pluralismus. Der jugoslawische Geheimdienst UDBA ging auch gegen Exil-Kroaten in Österreich vor, nicht nur gegen Faschisten, auch gegen Antikommunisten und Demokraten. Ein Teil der kroatischen Diaspora stand aber in der Tradition der Ustascha und verübte Anschläge auf jugoslawische Einrichtungen, Personen,… René Marcic arbeitete im Generalkonsulat des Ustascha-Staats in Wien, nach dem Hitler-Stalin-Krieg blieb er in Österreich, schrieb für die „Salzburger Nachrichten“, wurde ihr Chefredakteur. Der ebenfalls kroatisch-stämmige Lujo Toncic-Sorinj wurde sogar Aussenminister (für die ÖVP). Ein anderer prominenter Kroate in Österreich war „Alfons Dalma“ vulgo Stjepan Tomičić, der einen ähnlichen Weg wie Marcic ging. Er war Redakteur der Ustascha-Zeitung „Hrvatski Narod“ gewesen, wurde dann auch von Gustav Canaval bei der „SN“ eingestellt, ging dann zum ORF nach Italien.(11) Viele Österreicher fuhren dann natürlich auf Urlaub nach Jugoslawien, und der spielte sich hauptsächlichst an der kroatischen Küste (Istrien, Dalmatien, und das was dazwischen liegt) ab. Im Fussball gibt es auch seit Langem eine österreichisch-kroatische Verbindung (Otto Baric,…), die mit dem Ende Jugoslawiens noch stärker wurde.

90/91 die Demokratisierung und Unabhängigkeit Kroatiens, und dann der Krieg. Es begann damit, dass sich die kroatische KP (die SKH) unter Ivica Racan reformierte, zur SDP wurde, Demokratie zuliess (ähnlich lief es in den anderen Teilrepubliken Jugoslawiens). Die neu gegründete HDZ gewann die Wahl zum kroatischen Parlament im Frühling 1990; in Jugoslawien war das letzte Mal 1938 (einigermaßen) frei gewählt worden; ein kroatisches Parlament war zuletzt 1913 gewählt worden, als das Land noch zu Österreich-Ungarn gehörte. Das Bundesparlament wurde nicht gewählt, alle Republiken kochten ihr eigenes Süppchen. Was im Fall Kroatiens (und dann auch Bosniens) aufgrund der grossen serbischen Minderheit problematisch wurde. Franjo Tudjman, der vom Parlament zum Präsidenten Kroatiens (noch als Teil von YU) gewählt wurde, knüpfte auch zu österreichischen Politikern (von der ÖVP) Kontakte. War es die Politik der HDZ (Tudjman und die Regierung mit Ministerpräsidenten unter ihm), die Ängste der serbischen Minderheit wach rief, oder hat die kroatische Serbenpartei SDS diese Ängste geschürt?

Jedenfalls kam es 90/91 in deren Gebieten, der „Krajina“(12), zu Auflehnungen gegen die kroatische Republiksregierung, die von der Regierung Serbiens unter Slobodan Milosevic unterstützt wurden. Kroatien erklärte am selben Tag wie Slowenien, dem 25. 6. 1991, seine Unabhängigkeit, es übernahm mit damit im Gegensatz zu Slowenien aber nicht die Kontrolle über seine Grenzen und über sein ganzes Territorium, hauptsächlich wegen der serbischen Minderheit in der Republik. Bis Herbst 91 reifte in der kroatischen Krajina ein voller Krieg heran, mit Beteiligung Rest-Jugoslawiens. Zum Zeitpunkt der EM 92 bestand „Jugoslawien“ eben nur noch aus diesem Rest, aus Serbien (mit Kosovo) und Montenegro. Deren Auswahl wurde wegen des Krieges in Bosnien (der ausbrach nachdem der in Kroatien Anfang 92 in eine „Pause“ gegangen war) vom Turnier ausgeschlossen. Die 91/92 serbisch besetzten Gebiete in Kroatien eroberte das kroatische Militär 95 zurück (> Ante Gotovina), zu der Zeit als auch der Krieg in BiH beendet wurde, mit USA-Hilfe.(13)

BiH’s Parzellierung ist mit jener Belgiens vergleichbar. Als „Stipe“ Mesic 2000 Präsident Kroatiens wurde, kam das autoritäre Regime Tudjmans zu einem Ende. Kroatien wurde eine normale westliche Demokratie, in der Politiker eher in die eigene Tasche wirtschaften als mit Nationalismus zu punkten versuchen. Ex-Premier Sanader wurde 2011 in Österreich verhaftet (wo er zur kommunistischen Zeit studiert hatte), dann in Kroatien verurteilt, kam aber um eine lange Strafe herum. Sport-Erfolge (v.a. in Mannschafts-Ballsport-Arten) werden auch in der kroatischen Diaspora zelebriert. Und da ist Österreich ein wichtiges Land; wo für die „Alteingesessenen“ Skisport wichtiger ist als Fussball. Der kroatische Nationalismus, der da zelebriert wird (auch von Sportlern und Politikern), wie jetzt bei der WM, bekommt öfter mal einen faschistoiden „Touch“. Aber wo ist die Grenze von dem, was in den letzten ~15 Jahren immer propagiert wird: Europa bzw der Westen muss zu sich selbst stehen, nicht einknicken, nicht kapitulieren, sich nicht selbst hassen, sich gegen Überfremdung und linken Destruktivismus zur Wehr setzen, sich nicht in „white guilt“ ergehen.(14)

Und wie gezeigt, gibt es in Westeuropa bzw im „eigentlichen Westen“ jene, die einen solchen Nationsentwurf als positive Alternative zum „degenerierten Westen“ sehen. Wobei der Tennis-Star Ivanisevic bei seinen frühen Auftritten in Österreich Anfang der 90er aus dem Publikum noch als „Tschusch“ beschimpft wurde. Dennoch, Kroatien wurde ein Bezugspunkt für diverse Rechte. Wo sich auch Fussballverbands-Chef „Vlatko“ Markovic (Ex-Trainer von Rapid Wien) noch im 21. Jh gegen Homosexualität im Fussball aussprach. Was „westliche Werte“ sind, da gehen eben die Meinungen auseinander. Für die Einen ist es Toleranz für Homosexuelle, Überwindung von Nationalismus,…, für die Anderen ist dies der Untergang des Westens. Heuchelei gibt es auf beiden Seiten. Oder die Äusserungen des kroatischen Ski-Stars Kostelic über den NS. Manche Österreicher rümpf(t)en die Nasen deshalb über ihn, andere deshalb, weil Kostelic in der „Völkerhierarchie“ als einer aus Ex-YU für sie einfach unten steht.

Dario Brentin gilt zumindest für orf.at als Experte für Ex-YU, Sport, Politik, Nationalismus(15), darf in seinen Stellungnahmen den kroatischen Nationalismus missbilligen und kritisieren. Brentin hat aber zumindest noch in Artikeln für Wiener Studentenzeitungen Milosevic und dessen Anhänger Handke verteidigt… Ljiljana Radonic ist auch eine Forscherin (?) mit deterministisch weltanschaulichem Korsett, schliesslich wirkt sie am Wiener Politikwissenschaft-Institut; das zeigt sich auch durch ihren kroatischen SelbsthassSündenstolz. Es gibt aber die Punkte, wo sich diese Fraktion mit jener, die feiern dass Kroatien noch nicht angekränkelt ist von westlichen Schuldkomplexen, trifft. Kroatien weist (auch) in dieser Hinsicht (dem Blick des Westens darauf) einige Gemeinsamkeiten mit der Ukraine auf. Aus beiden Ländern gab es auch Emigranten in Österreich, die sich rund um die NS-Zeit dem Deutsch-Nationalismus verschrieben, wie Mirko Jelusich und Taras Borodajkewycz.

Tja, und die FPÖ? Im Wiener Bezirk Ottakring sind die Feiern nach dem Sieg des kroatischen Fussball-Nationalteams im WM-Viertelfinale gegen Gastgeber Russland eskaliert. Wenn es sich um Türken gehandelt hätte, wäre die Verurteilung eindeutig gewesen (auch von den gewissen Kreisen, die sich als „links“ deklarieren), so war es für die FPÖ aber doch irgendwie ein „gesunder Nationalismus“. In einer Gegend (um den Brunnenmarkt), auf die man sonst gerne zeigt, um „Multikulti“ (bzw was man darunter versteht) zu desavouieren. Die schwarzafrikanischen Drogendealer bei der nahen U6-Station Josefstädter Strasse,… Und es gibt weitere Stolpersteine. Bei der Abstimmung im österreichischen Nationalrat über den EU-Beitritt Kroatiens stimmten 7 FPÖ-Abgeordnete dagegen (fadenscheiniges Argument: „keine Restitution für Alt-Österreicher“), die anderen mit der Mehrheit dafür. Und Strache ging während der Abstimmung aus dem Saal… Da war er in einer Gewissens- und Image-Klemme. Wenn es wirtschaftlich schlechter geht, wird ein „Verteidiger des Abendlands“ (als der Kroatien oft gesehen wird) auch mal zur Gefährdung des Abendlands. Das hat man auch bei Griechenland gesehen.

Der auch von der FPÖ geschätzte Thilo Sarrazin hat ja in seinem ersten Buch über Überfremdung, Kulturkampf, und so geschrieben, im zweiten Buch über Geld und den gefährdeten Wohlstand des Westens, und in diesem Zusammenhang auch über die „faulen Südeuropäer“. Auch im ersten Buch bekommen aber „die vom Balkan“ von ihm ihr Fett ab; und da hat Kroatien, entgegen seiner Selbstauffassung, gute Chancen, dazuzugehören. In Deutschland gibts nicht diese Nähe zu Kroatien, wird das eher als fernes Balkan-Land gesehen. Übrigens, am Tag der Kroatien-Abstimmung im österreichischen Parlament nahmen FPÖ und BZÖ heftig gegen den Euro-Schutzschirm ESM Stellung. Und auf Einladung der BZÖ war Sarrazin bei der Sitzung anwesend.

Jasenovac & Bleiburg

nytimes.com/2012/11/21/sports/soccer/in-divided-belgium-sons-of-immigrants-unite-on-soccer-field.html

https://sites.duke.edu/wcwp/2015/01/22/soccer-and-national-identity-in-belgium/

Ivo Goldstein: Croatia. A History (1999)

(1) Frankreich gegen Argentinien vielleicht das beste Spiel des Turniers

(2) An dieser Stelle sei aber auch an jene Deutschen erinnert, die in Afrika sehr wertvolle Arbeit leisteten, wie Winfried Schäfer und Gernot Rohr

(3) Bei Spanien war es auch so, dass es nach der WM 06 einen Schnitt gab, Raul und Andere aussortiert wurden, und dann ein Erfolgslauf losging

(4) England schied ja 98 dann im Achtelfinale im Elferschiessen gegen das argentinische Team aus, nach einer Roten Karte für Beckham nachdem sich dieser bei Simeone für ein Foul mit einem Tritt revanchiert hatte. Kontrafaktische Szenarien sind im Fussball genau so relevant wie in der grossen Geschichte bzw Politik. Also zB die Frage, ob England 98 mit Gascoigne und ohne Rot für Beckham Grosses hätte erreichen können

(5) Nach der deutschen Invasion im 1. Weltkrieg wurde der Name der Familie von „von Sachsen-Coburg-Gotha“ auf „von Belgien“ geändert, bzw die französischen und niederländischen Versionen davon

(6) Di Rupo stammt von Italienern ab, das wurde auch bemängelt, er ist homosexuell und kann kaum Niederländisch

(7) Auch wenn Ungarn, wozu das Gebiet der Slowaken gehörte, dann lange mit Österreich vereint war, wozu Böhmen und Mähren gehörte

(8) Der Landesname kommt von den keltischen Belgae, die vor den Römern und Germanen die Region bewohnten

(9) Zur kroatischen Frühgeschichte bzw Ethnogenese: https://en.wikipedia.org/wiki/Origin_hypotheses_of_the_Croats

(10) Jene Volksgruppen, die keine Slawen waren, wie die Albaner oder die verbliebenen Italiener, wurden klar benachteiligt

(11) Die Erinnerung eines TV-Konsumenten an seine Berichte von damals: „An allem war die PCI Schuld, sogar am Erdbeben“

(12) „Grenzgebiet“, es war das Grenzgebiet von Österreich zum Osmanischen Reich gewesen

(13) 91 und 95 gab es serbische Raketen-Angriffe auf Zagreb, ansonsten wurde „nur“ in den Randgebieten gekämpft

(14) Douglas Murray zum Beispiel, aber natürlich auch Broder, und all das Alte, das in den letzten 18 Jahren im Zeitalter der Islamkrise einen Relaunch bekommen hat

(15) Und Georg Spitaler für ähnliche Gebiete

Nachtrag:

Bei der WM 22 in Katar hat Kroatien wieder diese Rolle eingenommen…

Ein Nationswechsel ist gegeben, wenn ein Sportler für 2 Staaten bzw Verbände bzw Nationalmannschaften antritt. Dies ist auch bei der Auflösung bzw Umwandlung eines Staats gegeben, wie beim Auseinanderfall der Sowjetunion, Jugoslawiens, der Tschechoslowakei, der Wieder-Vereinigung Deutschlands. Echte Nationswechsel sind das aber nicht. Man kann diverse Muster in den verschiedenen Sportarten über die Jahrzehnte hinweg ausmachen, Arten von Nationswechseln und Ähnlichem. Solche, die im Kalten Krieg aus dem Ostblock flohen, „Volksdeutsche“ die in die BRD gingen (auch nach Ende des Kalten Kriegs), Jene die der Konkurrenz im eigenen Land entgehen wollen, oder für die das Legionärtum in einer ausländischen Meisterschaft das Sprungbrett zu einem „vollständigen“ Wechsel in dieses Land wird. Bei Trainern ist bei der Arbeit für eine andere Nation die Hürde klarerweise viel niedriger.

Dann gibt es Jene, die einwanderten bevor sie Sportler wurden oder deren Vorfahren eingewandert sind. Oft aus ehemaligen Kolonien in die früheren „Mutterländer“, oder zu Kolonialzeiten, wie die Eltern von Zinedine Zidane oder der Vater von „Frank“ Rijkaard. Ein völlig anderes Thema sind eigentlich autochthone Minderheiten eines Landes, die dieses sportlich repräsentieren. So wie Südtiroler im Ski- oder Eishockeyteam Italiens, der Armenier Teymourian im Fussball-Nationalteam des Iran, oder der wolga-tatarische Finne Atik Ismail im jenem Finnlands. Bei den Wolga-Tataren Finnlands zeigt sich aber die Relativität von Autochthonie: Diese kamen zur Zeit der russischen Herrschaft (die vom frühen 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert ging) aus Russland. Auch die Latinos in der USA stammen hauptsächlich von Einwanderern ab. Oder die meist aus der Karibik stammenden Schwarzen in England, die in dessen Fussball stark vertreten sind. Einteilen könnte man die Nationswechsel nach Sportarten (wie es weiter unten dann auch geschieht), nach der Periode, nach den betreffenden Ländern.

* Marc Girardelli, ein Vorarlberger mit italienischem Namen/Wurzeln, verliess 1976 im Alter von 12 den Österreichischen Ski-Verband (ÖSV) im Streit, bzw aufgrund von Vorwürfen seines Vaters Helmut an diesen. Er startete fortan für Luxemburg, wurde von seinem Vater betreut, eine echte Einbürgerung erfolgte später. 1979/80 fuhr er seine ersten Weltcup-Rennen, wenige Jahre später war er mitten in der Weltspitze, trotz einer zwischenzeitlichen Verletzung. Der Schweizer Pirmin Zurbriggen wurde sein grosser Konkurrent, v.a. im Kampf um den Gesamt-Weltcup. Den Girardelli 1985 erstmals gewann. An Olympia ’84 durfte er nicht teil nehmen, da er noch nicht luxemburgischer Staatsbürger war. Bei der Ski-WM 1985 in Bormio durfte Girardelli dann an den Start gehen; der Internationale Ski-Verband (FIS) erteilte ihm dazu die Erlaubnis, mit der Begründung, dass das Gesuch auf die Staatsbürgerschaft eingebracht worden war.

1987 wurde er schliesslich Staatsbürger Luxemburgs. In der zweiten Hälfte der 1980er wurde er auch in der Abfahrt Weltklasse. Es gab Verhandlungen mit dem ÖSV über eine Rückkehr, die dem Fahrer v.a. bei der Vorbereitung für Abfahrten geholfen hätte (für Abfahrtstrainings braucht man einen ganzen Berg,…) und dem Verband beim Kampf um den Gesamt-Weltcup, der für den ÖSV damals ausser Reichweite war. Sie scheiterten aber daran, dass Helmut Girardelli vom ÖSV eine Art Rückerstattung von Kosten forderte, die er in Marcs Training etc investiert hatte. Aufgrund seiner Allrounder-Qualitäten (er hat auch die Abfahrten in Kitzbühel und Wengen gewonnen, 5 Mal den Gesamt-Weltcup,…) und seiner langen Karriere, die Ende 96 endete, ist er der vielleicht beste Alpin-Skifahrer bis jetzt.

Höchster Berg in Luxemburg, wo Girardelli nie gelebt und schon gar nicht trainiert hat, ist ein Hügel namens Kneiff im Norden, an der Grenze zu Belgien, etwas über 500 Meter hoch. Das Interesse am Skisport hält sich in dem Grossherzogtum auch in Grenzen. Girardelli war aber nach der Sportler-Karriere Geschäftsführer der Skihalle in Bottrop in Deutschland, nicht so weit weg von dort. Zum Abschied vom ÖSV sagte Girardelli vor einigen Jahren „Es war wirklich eine unglückliche Entscheidung, Heutzutage würde man sagen: ‚Komm, wir holen alle Parteien an einen Tisch.‘ Aber die Situation war damals verfahren und verfeindet“.

* Der Ski-Langläufer Johann Mühlegg aus Bayern wurde in den 1990ern Mitglied des DSV-Weltcup-Teams. Und begann einen Streit mit Teamtrainer Georg Zipfel, dem Mühlegg vorwarf, sein Wasser spirituell zu verunreinigen. Dabei dürfte er unter dem Einfluss einer in Deutschland lebenden Portugiesin gestanden sein, die ihren Lebensunterhalt  als Putzfrau verdiente. Von der Weltmeisterschaft 1995 in Canada wurde Mühlegg nach Hause geschickt, nachdem er seinen „Wahn“ auch dort ausgelebt hatte. 1998 wurde er aus dem Team ausgeschlossen, ab 1999 startete er für Spanien (dessen Staatsbürger er damals auch wurde), gewann gleich den Gesamt-Weltcup. Dann Olympia 2002: Mühlegg gewann drei Rennen bzw 3 Gold-Medaillen, bekam Glückwünsche des spanischen Königs.

Dann wurde er des Blutdopings überführt (er bestritt es). Die Medaillen wurden ihm aberkannt, er 2 Jahre gesperrt. Der DSV, eben noch mit Vorwürfen konfrontiert, wie man einen solchen ziehen lassen konnte, durfte sich bestätigt fühlen. Kurz vor Ablauf der Sperre ’04 trat er zurück. Langlauf ist neben dem Radfahren und einigen Leichtathletik-Disziplinen der vom Doping am stärksten versauteste Sport. Mühlegg hat eine Autobiografie auf den Markt gebracht und soll nun in Brasilien leben. Vor einigen Jahren soll er auf Wikipedia versucht haben, den Artikel über sich zu verändern.

* Andrei Tchmil wurde in Khabarovsk in Sowjet-Russland geboren. Die Familie übersiedelte, noch in Sowjet-Zeiten, in die Ukraine, wo er mit dem Radsport begann. So kam er in eine Radsport-„Kaderschmiede“ in der Moldawischen SSR. 1989 ermöglichte ihm Perestroika und sein Talent, für ein italienisches Team professionell zu fahren. Bei Weltmeisterschaften trat er noch für die SU an. 1991/92 wurde er Staatsbürger von Moldawien/Moldau. 1995 wurde er Ukrainer und 1998 Belgier, als er für ein Team aus diesem Land fuhr. 2006 bis 2008 war er in Moldawien Sport-Minister. Dort wird sein Name Cimili (rumänisch) bzw Чмиль (russisch-ukrainisch) geschrieben.

* In der Leichtathletik gibt es einen „massenhaften“ Nationenwechsel von Athleten in finanzstärkere Länder, v.a. in Staaten der arabischen Halbinsel bzw der Golf-Region, v.a. nach Bahrain und Katar. Der afrikanische Leichtathletik-Verband CAA will dieses Länder-Hopping stoppen. Eigentlich sind Athleten bei einem Nationenwechsel drei Jahre lang für internationale Wettbewerbe gesperrt, aufgrund der Regeln des Weltverbands IAAF. Werden sich die beteiligten Verbände aber über die „Ablösemodalitäten“ einig, muss man nur noch ein Jahr pausieren. Und in vielen Fällen hilft Geld dann bei der Einigung. Exemplarisch ist hier der Langstreckenläufer James Kwalia aus Kenia zu nennen, der 2004 nach Katar wechselte.

* Auch Katars Handball-Nationalmannschaft besteht zu einem grossen Teil aus hauptsächlich in Europa angeworbenen Spielern, machte mit ihnen einen internationalen Aufstieg (Silbermedaille WM ’15). Danijel Saric, ein serbischer Bosnier, spielte in den 00ern für Serbien-Montenegro und Serbien, dann für Bosnien-Herzegowina. 2014, als er noch für den CF Barcelona spielte, wechselte er zum Nationalteam Katars. Inzwischen spielt er auch in der Handball-Liga dieses Landes. Ein anderes Beispiel hier ist der Ägypter Hassan Mabrouk.

* Der Eishockey-Spieler Peter Stastny hat 1980 aus der CSSR „rüber gemacht“, kam so in die NHL. Er hat bei einem Canada Cup für Canada gespielt, dieses Turnier (das heute World Cup heisst) zählt nicht als IIHF-Bewerb, daher war das kein Problem. Nach den Wenden in Osteuropa konnte er zu seinen Wurzeln zurück kehren, für die nun unabhängige Slowakei spielen. Er tat dies bei Olympia 94 und der B-WM 95, als er am Ende seiner Karriere war. Als das slowakische Team 96 erstmals bei einer A-WM antreten durfte, spielte er nicht mehr. Wie Tchmil ging er in die Politik, war 2 Perioden lang Abgeordneter im EP, für die SDKU-DS. Im Eishockey sind es ansonsten meist Kanadier, die für die NHL und/oder das Team Canada nicht gut genug sind, die die Nation wechseln. Oder Spieler aus Ex-SU-Republiken, die für Russland spielen, obwohl sie nicht von dort stammen. Es gibt aber auch die für Canada Spielenden, die von anderswo stammen und die Russen, die für andere Nachfolgestaaten der SU spielen.

* Die fünf niederländischen Eisschnellläufer Jorrit Bergsma, Robert Hadders, Arjan Stroetinga, Frank Vreugdenhil und Christijn Groeneveld wollten der grossen Konkurrenz im eigenen Land in diesem Sport durch einen Nationenwechsel entkommen, sich so für Winter-Olympia 2010 in Vancouver qualifizieren. Von ihrem Trainer Jillert Anema geleitet, wurden sie wahrscheinlich 2009 Staatsbürger Kasachstans und liefen von da an für dieses Land. Ein Qualifikationsdruck war dort nicht gegeben, Eisschnelllauf ist dort nicht verbreitet. Dann legte sich aber der Weltverband ISU quer, da er Betrug beim Nationenwechsel vermutete. Die kasachischen Pässe der 5 wurden offiziell 2008 ausgestellt. Für einen Start bei Olympia muss ein Sportler mindestens zwei Jahre lang im Besitz der Staatsbürgerschaft eines Landes sein. Das Quintett wurde aber tatsächlich erst im Frühjahr 2009 eingebürgert. Dann drohte den Eisschnelläufern auch zu Hause (denn das blieben die NL für sie) Ärger: der Verlust der niederländischen Staatsbürgerschaft, die Abschiebung,…

Bergsma und die Anderen beendeten das kasachische Abenteuer, starteten wieder für die Niederlande, zT ziemlich erfolgreich. Bergsma gewann zB 2012 zwei Weltcup-Rennen…in Astana, Kasachstan. Die Sache zeigt, zu was Niederländer/Holländer bereit sind, um ihren Sport (auch bei Olympia) auszuüben. Bart Veldkamp wechselte vor Olympia 1994 zu Belgien, da er mit den Qualifikations-Richtlinien in NL nicht einverstanden war. Dort gab und gibt es, wie in Kasachstan, keine Eisschnelllauf-Tradition, und Veldkamp wurde der ungekrönte Herrscher dieses Sports in Belgien. Wie Mühlegg und Girardelli als Nordisch- bzw Alpin-Skifahrer in Spanien bzw Luxemburg. Mit der Einschränkung, dass für diese Sportarten in den betreffenden Ländern nur geringes Passiv-Interesse gegeben ist. Aber spätestens, wenn es um Olympia-Medaillen geht, ist das egal, und wird man schnell zu einem Nationalhelden.

* Der Fussballer Alfredo Di Stéfano spielte von 1947 bis 1961 für die Nationalteams von Argentinien, Kolumbien und Spanien. Nachdem er 1949 aus seiner Heimat Argentinien von River Plate Buenos Aires zu den Millionarios in Bogota gewechselt war, wurde er auch in das kolumbianische Team berufen. Aufgrund eines Disputs zwischen den kolumbianischen Verband und der FIFA war damals aber sowohl kolumbianische Liga als auch Nationalteam ausserhalb der FIFA-Aufsicht, und diese 4 Länderspiele daher inoffiziell. 1953 ging er zu Real Madrid, wo er erst ein Weltstar wurde, mit 5 Europacup-Siegen. 1956 wurde er spanischer Staatsbürger und 1957 debütierte er in der spanischen Auswahl. Für die WM 1958 qualifizierte sich diese nicht. 1962 war er im spanischen Kader bei der WM in Chile, kam wegen einer Verletzung aber nicht zum Einsatz. Di Stéfano wurde, als gebürtiger Südamerikaner, auch Europäischer Fussballer des Jahres. Er lebte und arbeitete nach seiner aktiven Karriere meist in Spanien. Sein Länder-Wechseln als Fussballer war mit Anlass für die FIFA, die diesbezüglichen Regeln in den 1960ern zu ändern.

* Monica Seles wurde in der serbischen Vojvodina (damals Teil der SFR Jugoslawien) in eine ungarische Familie geboren. Wurde 1988 mit 14 Jahren Tennis-Profi, nachdem sie zuvor schon 2 Jahre in der USA bei „Nick“ Bollettieri trainiert hatte. Ihr Lebensmittelpunkt wurde die USA, in jenen Jahren in denen die Bundesrepublik Jugoslawien (mit der Vojvodina, ohne Kroatien,…) entstand und diese die serbischen Warlords in Kroatien und Bosnien unterstützte. 1994 wurde sie auch USA-Staatsbürgerin, das war in der Pause nach der Messer-Attacke eines Graf-Fans in Hamburg 1993. Für die USA spielte sie Fed Cup und Olympia. Seles, die 9 Grand Slam-Turniere gewann und 178 Wochen lang Nummer 1 der Weltrangliste war, wurde 07 auch ungarische Staatsbürgerin.

Jelena Dokic hat so manche Berührungspunkte mit Seles. Sie wurde im sozialistischen Jugoslawien im kroatischen Ost-Slawonien geboren, in eine serbisch-kroatische Familie. Als sich dort (in Osijek) im Juni 1991 Spannungen zwischen Kroaten und Serben zu Gewalt entluden, ging die Familie in die Vojvodina. Und 1994 nach Australien, wo Dokic Profi-Tennisspielerin wurde. Wie Seles wurde ihr Vater auch im Tennis eine wichtige Bezugsperson; bei den Australian Open ’01 stritt dieser mit den Veranstaltern. Danach ging die Familie nach Jugoslawien zurück, aus dem 03 der Staatenbund Serbien-Montenegro wurde. 05 trennte sich Dokic von ihrem Vater, ging wieder nach Australien, spielte wieder für dieses Land. Die Klasse bzw die Erfolge von Seles erreichte sie nicht.

* Der Gewichtheber Naim Suleymanov entstammt der türkischen Minderheit in Bulgarien. 1984 verpasste er Olympia in der USA, wegen des Gegen-Boykotts der Ostblock-Länder für 1980. Dann zwang das kommunistische Regime Bulgariens die türkische Volksgruppe auch noch zur Bulgarisierung der Namen, aus ihm wurde Naum Shalamanov. Die Reise zu einem Wettbewerb nach Australien 1986 nutzte er zum „Überlaufen“. Wie bei DDR-Sportlern die im Kalten Krieg rübermachten, ergab sich das Einwanderungsland wie von selbst. Er ging in die Türkei und aus ihm wurde Naim Suleymanoglu. Der bulgarische Staat musste vor Olympia 88 von der Türkei abgefunden werden, damit Suleymanoglu dort antreten durfte. Als Türke gewann er viele Medaillen, bei Olympia, WM, EM. Nach seiner Karriere kandidierte er (erfolglos) 2 Mal bei Wahlen zum türkischen Parlament und einmal als Bürgermeister einer Gemeinde bei Istanbul; als Unabhängiger und für die nationalistische MHP.

Fussball:

Wie erwähnt, waren Nations-Wechsel früher ziemlich problemlos. Bedeutende frühe solche Wechsel waren die der Oriundi aus Südamerika nach Italien (s.u.). Das war in der Zwischenkriegszeit. Die „Wechsel“ des polnisch-deutschen Fussballers Ern(e)st Wilimowski (Prandella) ergaben sich durch den 2. Weltkrieg, eigentlich auch durch den Ersten. Geboren 1916 in Kattowitz/Katowice, damals Deutsches Reich (preussische Provinz Schlesien), in eine Familie, in der sich Deutsches und Polnisches vermischt hatte, wie häufig in Oberschlesien. Nach dem Krieg und einer Abstimmung kam das südliche (bzw östliche…) Drittel Oberschlesiens mit Kattowitz zu Polen. Wilimowski spielte beim 1. FC Kattowitz, dem Fussballverein der deutschen Minderheit der Stadt, in der polnischen Liga, dann in Königshütte/Chorzow.

Kam in das polnische Nationalteam, nahm an der WM 38 teil. Dann der Nazi-Blitzkrieg und die Besetzung ganz Polens. Mit einigen Kollegen deklarierte sich Wilimowski als Deutscher („Deutsche Volksliste“), spielte bei „zentral“-deutschen Vereinen und der deutschen Nationalmannschaft. Schoss Tore für Deutschland, nachdem er 34 für Polen welche gegen es geschossen hatte. Wurde in die Wehrmacht eingezogen, musste an der Besetzung Polens mitwirken… Er blieb 45 zunächst in Mittel-Deutschland (aus dem Ost-Deutschland wurde), war dort Amateur-Fussballer und Sportlehrer, ging dann in die Westzone, aus der die BRD wurde. Er starb 1997; es gibt einen Roman des bosnisch-kroatischen Autors Miljenko Jergovic über ihn.

Auch der Fall von Ferenc Puskas spiegelt europäische Geschichte des 20. Jh wieder. Der Vize-Weltmeister von 1954 war im Oktober 1956, als in Ungarn der Aufstand gegen die kommunistische Herrschaft ausbrach, wegen eines Europapokalspiels mit seinem Klub Honvéd Budapest in Spanien. Puskas und einige Kollegen aus der Mannschaft, wie Sandor Kocsis, kehrten nicht mehr nach Ungarn zurück, andere wie Tormann Grosics schon. Ab 1958 spielte er für Real Madrid, 1961/62 in der spanischen Auswahl, jeweils zusammen mit Alfredo Di Stefano. In Spanien traf Puskas auch einen Spieler wieder, den er aus der ungarischen Liga kannte und der ebenfalls im frühen Kalten Krieg rüber gemacht hat.

László Kubala, der in Ungarn in einer slowakischen Familie aufwuchs, war 1946 in die Tschechoslowakei gegangen, spielte für Slovan Bratislava und die Auswahl des Landes. 1948 ging er zurück nach Ungarn, spielte für dessen „Nati“, 1949 lief er nach Österreich über. Die FIFA sperrte ihn auf Begehren seines letzten Klubs im Ostblock, Vasas Budapest. Über Italien kam er nach Spanien, spielte ab 1951 für den CF Barcelona, dann auch für die spanische Auswahl. Zu dieser Zeit, späte 1950er, frühe 60er, spielte auch der Uruguayaner José Santamaría bei Real Madrid und im spanischen Nationalteam. Santamaria blieb nach der aktiven Karriere in Spanien, trainierte auch dessen Nationalteam, bei der WM 1982.

Larbi Ben Barek (und Andere) spielte(n) vor der Unabhängigkeit Marokkos für Frankreich und danach für dieses, auch bei einigen Algerier wie Ben Tifour war es so. Eusebio da Silva und Mario Coluna wurden beide in Mocambique (Portugiesisch-Westafrika) geboren, als Söhne von portugiesisch-afrikanischen Ehen, beide wurden in den 1960ern in Portugal bei Benfica Lissabon und im portugiesischen Nationalteam grosse Fussballer; beide sind nie Trainer geworden, beide 2014 gestorben. Liegt hier ein Nationswechsel vor?

Beim Tormann Ramon Quiroga, der als Fussballer aus Argentinien nach Peru ging, dort eingebürgert wurde und (nur) für dessen Nationalteam spielte, ergibt sich die Relevanz aus dem einen Spiel bei der WM 1978, zwischen Argentinien und Peru, das der argentinischen Mannschaft den klaren Sieg brachte, den es zum Einzug ins Finale des Turniers brachte, und das von ziemlich konkreten Schiebungs-Vorwürfen umrankt ist.

Bernd Krauss kam Ende der 1970er als Legionär aus Dortmund zu Rapid Wien, machte sich gut, wurde eingebürgert und ins österreichische Nationalteam geholt, wo nach dem Abgang von Robert Sara auf der Position des rechten Verteidigers eine „Lücke klaffte“. Sein erstes Länderspiel war ausgerechnet gegen die Auswahl der BRD, in der Quali für die WM 1982. Und, er schoss auch gleich ein Tor, allerdings für sein Geburtsland, somit ein Eigentor… Krauss setzte sich aber dann im österreichischen Team durch; er ging einige Jahre später als österreichischer Legionär in die deutsche Bundesliga. Die österreichische Staatsbürgerschaft hat er dann aber nach einiger Zeit wieder aufgegeben.

Es gibt jene Fussballer, deren Eltern oder frühere Vorfahren auswanderten, die im Land in dem und für das sie spielten, auch geboren wurden und dort aufwuchsen. So wie Ibrahimovic, Köglberger, Keegan, Platini, Özil, Ravelli, Ince, Carew, Scifo,… Die Vorfahren von Maradona stammen zT aus (Süd-)Italien (wie bei einem sehr grossen Teil der Argentinier), Littbarski muss dem Namen nach welche aus Polen haben.(1) In den Auswahlen westeuropäischer Länder sind seit etwa Mitte der 1990er vermehrt Einwandererkinder vertreten; auch Zidane wurde in dieser Zeit Nationalspieler. In den Nationalteams von USA, Canada, Australien, Neuseeland, wo Fussball nicht wichtigster Sport ist und die ausgesprochene Einwanderungsländer sind, ist das schon länger gegeben.

2004 kam eine neue Regelung der FIFA, wonach ein Spieler auf Nachwuchs- und A-Ebene für verschiedene Nationalteams spielen kann – unter der Voraussetzung dass der Wechsel vor dem 21. Geburtstag des Betreffenden statt fand. In dieser Zeit glänzte der Brasilianer Ailton (da Silva) bei Werder Bremen, schoss es 03/04 zur Meisterschaft. Da es für das brasilianische Team dennoch nicht reichte und Katar auch im Fussball Ausschau hielt nach verfügbaren Spielern, kam die Möglichkeit auf den Tisch, dass Ailton in Katar eingebürgert wird und mit dessen Nationalteam die Qualifikation für die WM 2006 in Deutschland bestreitet. Ohne in der dortigen Liga zu spielen oder sonst irgend welche Bindungen zu dem Land zu haben. Wahrscheinlich hat dieses Geplänkel einen Einfluss darauf gehabt, dass die FIFA 04 eine Neuregelung erliess, die darauf abzielte, dass ein Spieler eine Verbindung haben soll zu dem Land für das er spielt. Der Uruguayaner Sebastian Soria erfüllte das insofern, als er 04 zu al Gharafa in die Liga Katars wechselte und so konnte er auch bald auch für das Nationalteam von Katar spielen.

Ausserdem wurde festgelegt, dass Einsätze in Freundschaftsspielen kein Hindernis mehr für einen Nationswechsel darstellen würden. Jermaine Jones (Deutschland/USA) und Thiago Motta (Brasilien/Italien) haben davon profitiert. George Mourad, ein in Hasakah geborener christlicher (assyrischer/aramäischer) Syrer, ist in Schweden aufgewachsen, ist Bürger Schwedens und Syriens, spielte in schwedischen Nachwuchsauswahlteams und in der A-Mannschaft, dann auch für Syrien. Für Schweden hatte er nur 2 Freundschaftsspiele bestritten, jedoch hatte der syrische Verband nicht um den Wechsel bei der FIFA angesucht, wurde daher bestraft, von der Quali zur WM 14 ausgeschlossen.

Dann gibt es Fussball-Nationen die keine unabhängigen Staaten sind. Es gibt 25 FIFA-Mitgliedsverbände die zum selben Staat gehören wie zumindest ein weiterer Verband. Der Fussball-Verband von Puerto Rico zB hat ein Nationalteam dessen Spieler Staatsbürger der USA sind, schottische Nationalspieler sind britische Staatsbürger (was sich in absehbarer Zeit ändern könnte), die Färöer-Inseln gehören zu Dänemark, Hongkong ist seit 1997 wieder ein Teil Chinas, Curacao gehört zur Niederlande,… Dann gibt es jene Länder die ein Fussball-Nationalteam haben, (noch) nicht unabhängig sind aber auch nicht Bürger eines anderen Staates, wie Palästina. Jocelyn Angloma wurde im französischen Guadeloupe geboren und hat Karriere im französischen Fussball gemacht, auch im Nationalteam. Am Ende seiner Karriere durfte er auch für Guadeloupe spielen, das ein eignes Fussball-Nationalteam hat, 06/07, inklusive des CONCACAF Gold Cup 07. Dies deshalb, da Guadeloupe kein FIFA-Mitglied ist und nur an regionalen Bewerben teil nimmt.

Es gibt jene Fussballer, die auch für andere Nationalteams als tatsächlich spielen hätten können – das „tatsächlich“ war manchmal auch gar kein Nationalteam. Von Daniele Dichio über Harald Cerny, von Ailton bis Juan Lozano. Hier ist auch Kontrafaktik, sind „Ifs“ des Fussballs anzusetzen: Wenn sich Vincenzo Scifo 83/84 entschieden hätte, für Italien zu spielen statt für Belgien… Wenn Steffen Hoffmann in den 00ern für Österreich hätte spielen dürfen (wie hätte sich das auf das österreichische Team ausgewirkt). Oder, auch ein Gedankenspiel: ein surinamesisches Team mit all jenen von dort Stammenden, die für die Niederlande spielten (siehe unten), von Gullit bis Wijnaldum…

Manchmal spiel(t)en Vater und Sohn für verschiedene Nationalmannschaften: Souleyman und Leroy Sané (Senegal und Deutschland), Kenneth und Patrick Kluivert, George und Ruud Gullit, Errol und Urby Emanuelson (jeweils Surinam und Niederlande), Peter Neustädter (SU-Deutscher bzw Kirgisistan-Deutscher, Fussballer in 1980ern u.a. beim kasachischen Alma Ata, 92 nach Deutschland > Karlsruher SC,…, kasachischer Staatsbürger > Deutsch-Kasache bzw deutscher Kasachstani, 1996 3 LS für kasachisches Nationalteam, dann deutscher Staatsbürger als Spät-Aussiedler bzw „Russland-Deutscher“) & Roman Neustädter (in der Ukrainischen SSR geboren, in Mainz aufgewachsen, deutsche Nachwuchs-Auswahlen, wurde russischer Staatsbürger und Nationalspieler), Andranik und Alecko Eskandarian (Iran und USA), Roger Lukaku („Zaire“/Kongo) und seine Söhne Romelu und Jordan (für Belgien)

Oder Brüder: Jerome und Kevin-Prince Boateng (Deutschland und Ghana), die Halb-Brüder trafen bei den WMen 10 & 14 aufeinander; Rafinha Alcantara und Thiago Alcantara (Brasilien und Spanien), die Söhne des brasilianischen Weltmeisters von 94, Mazinho; Paul, Florentin und Mathias Pogba (Frankreich und Guinea); John und „Archie“ Goodall (England und Nord-Irland), 19. Jh; Christian und Max Vieri (Italien und Australien); Granit & Taulant Xhaka (Schweiz und Albanien), bei der EM 16 gegeneinander, Eltern übersiedelten zu YU-Zeiten aus dem Kosovo/Kosova in Schweiz.

Bei Weltmeisterschaften für 2 verschiedene Teams haben bisher gespielt, so weit ich das überblicken konnte: Monti & DeMaria (Arg/Ita), Puskas (Hun/Esp), Santamaria (Uru/Esp), Mazzola/Altafini (Bra/Ita), Prosinecki, Suker, Jarni (YU/Cro), Gorlukovich und Borodjuk (SU 90/Rus 94), Dejan Stankovic sogar für drei: BR Jugoslawien 98 und seine Nachfolgestaaten Serbien-Montenegro 06 und Serbien 10. Zigic und Vidic waren 06 und 10 dabei. „Pixi“ Stojkovic spielte 90 für die SFR YU, 98 für die Bundesrepublik YU; aber solche Wechsel der Staatsform ohne Änderung des Territoriums und ohne Änderung des eigentlichen Staatsnamens sollen uns hier eigentlich nicht interessieren.

Es gab Brasilianer wie Elber oder Jardel, die (obwohl sie Weltklasse-Fussballer waren) nicht gut genug waren, sich im brasilianischen Nationalteam voll durchzusetzen. Und es gibt jene brasilianischen Fussballer, die den Weg gingen, für ein anderes Nationalteam zu spielen, anstatt auf eine Einberufung in die Selecao zu warten. Meist war der Weg dahin ein Legionärs-Engagement in dem betreffendem Land. Eduardo da Silva (Kroatien), Paulo Rink (Deutschland), Donato (Spanien), Deco (Portugal), Thiago Motta (Italien), Wagner Lopes (Japan), M. Aurelio (Türkei), L. Oliveira (Belgien), Clayton (Tunesien) sind lange nicht alle, die das taten.

Nun zu einzelnen Ländern:

Das UK hat 4 Nationalteams, dazu kommt noch dass Bürger Nord-Irlands (auch) irische Staatsbürger werden können. Und britische Bürger mit irischen Wurzeln irische Staatsbürger. Ausserdem gibt es Aussenbesitzungen des UK of GB, wie Gibraltar oder Bermudas, die eigene Nationalmannschaften haben, britische Staatsbürger spielen somit auch für diese „Natis“. Ein britisches Team tritt im Fussball nur bei Olympia auf, zuletzt 2012. Ryan Giggs war damals dabei, kam damit doch noch zu seinem Turnier, und hat so gesehen für 2 Nationalmannschaften gespielt, Wales und Grossbritannien. Aus der Frühzeit des Fussballs gibt es einige britisch-irische Spieler, die das Nationalteam wechselten, wie John (Jack) Reynolds (England und Ireland), John Hawley Edwards (England und Wales), Robert Evans (England und Wales). James (Joe) Kennaway spielte in den 20ern und 30ern für Canada und Schottland, evtl auch für USA. Kenneth „Ken“ Armstrong spielte in den 1950ern, 60ern für England und New Zealand.

Die Regelungen für die Berechtigung für Fussballer die Staatsbürger des UK sind, bezüglich der Bedingungen für Nationalmannschaften, haben sich geändert, heute ist eine Verbindung zum betreffenden Land verlangt (das kein souveränes ist). Maik Taylor, in Deutschland als Sohn eines englischen Soldaten und einer Deutschen geboren, konnte als im Ausland geborener britischer Staatsbürger in den 1990ern noch wählen, für welches der 4 Nationalteams des UK er spielt. Für das englische Team hätte es bei ihm wohl auch nicht gereicht. Zu Nordirland (für dessen Team er spielte) hatte er keinerlei Verbindungen. Auch Matthew Le Tissier, von der Kanal-Insel Guernsey (auch britischer Staatsbürger ohne territoriale Verbindungen zu einem der „Teilgebiete“), konnte frei wählen, entschied sich für England. Auch bei Owen Hargreaves, dem „bayerisch-walisischen Kanadier“, war es so ähnlich.

Zu den irisch-stämmigen Briten, die für England spielten, gehören Kevin Keegan oder Ray Kennedy, beide aus Liverpool, wo Iren über Jahrhundert lang einwanderten; die irische Diaspora beginnt eben in England. Die meisten Schwarzen in England (nicht nur im Fussball) stammen aus der Karibik. Viv(ian) Anderson war 1979 der erste Schwarze, der für England spielte. In den 1980ern machte der auf Jamaica geborene John Barnes von sich reden, dem noch öfters Bananen auf’s Spielfeld geworfen wurden. Als das englische Team 1993 in San Marino 7:1 gewann und schwarze Spieler (darunter Paul Ince) alle Tore der Engländer schossen, kommentierte die rechtsextreme National Front, die Torschützen seien alle „keine echten Engländer“, San Marino habe somit in Wirklichkeit 1:0 gewonnen.

Marcus Gayle war einer jener vielen Jamaikaner mit England-Verbindung, die bei der WM 1998 für Jamaica spielten; Gayle wurde in England geboren, hat immer dort gespielt und auch in englischen Nachwuchs-Auswahlen. Der auf Jamaica geborene Rahim Sterling entschied sich dagegen, für England zu spielen. Nachdem sich das Team von Trinidad-Tobago für die WM ’06 qualifizierte, lief dort der in England geborene Weisse Christopher Birchall auf, der eingebürgert wurde, weil seine Mutter von dem Archipel stammt. „Ugo“ Ehiogu wurde als Sohn nigerianischer Eltern in England geboren, spielte für dessen Fussball-Nati gespielt; er starb früh.

Einwanderer-Kinder oder Eingebürgerte die nicht vom Britisch-Irischen Archipel oder ehemaligen Kolonien des UK(2) stammen, sind in dessen Nationalteams eher selten. 2004 wurde über die Einbürgerung des Italieners Lorenzo Amoruso und des Franzosen Didier Agathe, beide Legionäre in der schottischen Liga, für das schottische Team spekuliert. Dessen damaliger Teamchef „Berti“ Vogts schien dafür zu sein; der Kapitän des Teams, Christian Dailly, war dagegen dagegen: „I would rather lose with a team of Scots than win with a team of foreigners. This is not a club side we’re talking about it’s Scotland… I know the players will definitely be against it“. Der Vater des Nord-Iren „Lawrie“ Sanchez stammt aus Ecuador.

Bezüglich der Fussball-Auswahlen von Irland, des unabhängig gewordenen Landesteils und des Teil des UK of GB gebliebenen, gab es in der ersten Hälfte des 20. Jh diverse unterschiedliche Formate, parallel zu den politischen Veränderungen; die Unabhängigkeit Irlands war ein jahrzehnte-langer Prozess. In manchen Sportarten, wie Rugby, haben die Republik Irland und Nord-Irland, eine gemeinsame Struktur, ein gemeinsames Auswahlteam. John Carey und James Dunne sind unter Jenen, die für beide Irlands spielten, in der damaligen Zeit. 1965 begann das irische Team, in GB geborene/aufgewachsene irische Spieler sowie britische Spieler irischer Herkunft (die eingebürgert wurden) einzuberufen. John Aldridge ist zB in England (Liverpool) geboren und aufgewachsen, Ray Houghton in Schottland.(3)

Ähnlichkeiten zum erwähnten Wilimowski weist der Lebensweg von Friedrich Scherfke auf. Auch Posen, von wo er stammte, kam nach dem 1. WK von Deutschland zu Polen. Scherfke spielte in der ZKZ für Polen, nach dem nazideutschen Angriff auf Polen hatte er, wie viele andere Deutsche, in Polen keine Zukunft mehr. Im Rheinland, um den Faden weiter zu spinnen, gibts die Abramcziks, Deutsche polnischer Herkunft. Klose und Podolski stammen beide aus Ober-Schlesien, aus teilweise deutschen Familien. Beide haben nie in und schon gar nicht für Polen gespielt. Sebastian Boenisch stammt ebenfalls aus Schlesien, hat anscheinend eine deutsche Urgrossmutter, die Familie nahm in Deutschland ihren Namen an. Er wurde Doppelstaatsbürger und entschied sich, für das polnische Nationalteam zu spielen. Kamil Glik ist zT schlesisch-deutscher Herkunft (der Name dürfte sich von „Glück“ ableiten), blieb in Polen, spielt für dessen Fussball-Auswahl.

Ulf Kirsten und 7 andere DDR-Nationalspieler haben nach der Vereinigung für die BRD gespielt, von Matthias Sammer bis Dirk Schuster. Dariusz Wosz ist polnisch-stämmig und wollte eigentlich lieber für Polen spielen. Jancker war 1998 einer der ersten BRD-Nationalspieler aus dem Osten, die nicht mehr für die DDR gespielt haben. Lutz Eigendorf und andere die rüber machten, wie Nachtweih, durften nicht für die BRD spielen. Gerhard Siedl ist einer jener Spieler, die für das Saarland und dann die BRD spielten. 1964 trat auch im Fussball ein gesamtdeutsches Olympia-Team an, es bestand aber nur aus Spielern aus der DDR, die Bronze-Medaille gewann u.a. Eberhard Vogel, der eben auch DDR-Nationalspieler war. 1942 das letzte Länderspiel der Auswahl des (inzwischen längst nationalsozialistischen) Deutschen Reichs, ab 1950 begann die Spielserie des DFB bzw der BRD. Andreas Kupfer war einer von 3, die für die letzten Spiele der Auswahl des alten DFB (des Deutschen Reichs) sowie für die ersten von jener des neuen (der BRD) spielten.(4)

Miroslav „Mirko“ Votava wurde in Prag in der damaligen CSSR geboren, machte mit seinen Eltern im Alter von 12 rüber, in die BRD, wo er Fussballer wurde. Als er Ende der 70er, Anfang der 80er bei Borussia Dortmund spielte, kam er zu 5 Einsätzen für die DFB-Elf. Marcel Raducanu flüchtete aus Rumänien in die BRD rüber, hatte aber schon für Rumänien gespielt. Jörn Andersen, wurde gegen seiner Ende Karriere (auch?) deutscher Bürger, hat aber nur für Norwegen gespielt. Eingebürgerte bzw Einwanderer-Kinder kamen in den 00ern des 21. Jh verstärkt in das deutsche Nationalteam. Neuville, Kuranyi, Asamoah, Özil,… haben alle für kein anderes Nationalteam gespielt.(5) „Uli“ Stein, Mitte der 1980er gegen „Toni“ Schumacher im Kampf um die Nr. 1 im Nationalteam unterlegen, hat später gesagt, er habe nicht einige Länderspiele für Deutschland zu wenig, sondern 6 zu viel, „da hätte es einige Möglichkeiten gegeben“. Rainer Rauffmann ging 1997 als Legionär nach Zypern, heiratete eine Zypriotin, wurde zypriotischer Nationalspieler.

„Oriundo“ kommt von oriri (entspringen..), bezeichnet Sportler, die für Italien antreten, von anderswo stammen, aber italienische Wurzeln haben, eingebürgert wurden, zT ihre erste Staatsbürgerschaft behielten. Es sind v.a. Fussballer, v.a. aus Südamerika (Argentinien, Uruguay, Brasilien), gingen meist den Zwischenschritt des Legionärs-Engagements in der italienischen Liga. Viele haben zuvor für das Nationalteam ihres Geburtslandes gespielt. Oriundi gibt es auch im Eishockey, dort v.a. aus Nordamerika. Die ersten zwei Sterne für die FIGC kamen durch einige südamerikanische Mitwirkung zu Stande.

Im WM-Sieger-Team der Italiener von 1934 standen Luis Monti und Atilio Demaría, die mit dem argentinischen Team 1930 das WM-Finale verloren hatten. Ausserdem Raimondo Orsi und Enrique/Enrico Guaita, ebenfalls gebürtige Argentinier, sowie Anfilogino Guarisi aus Brasilien. Als das faschistische Italien 1935 Abessinien (Äthiopien) den Krieg erklärte, fürchteten Guaita und andere Oriundi eine Einberufung in das Militär, verliessen Italien. 1938 bot Vittorio Pozzo, der Weltmeister-Trainer von 34 und 38, einen Oriundo auf, den in Uruguay geborenen Miguel Andreolo.

Juan A. Schiaffino war 1950 Weltmeister mit dem Team von Uruguay, als Italien-Legionär (AC Milan) machte er danach auch einige Länderspiele für Italien, nachdem er eingebürgert wurde. Genau so war es auch bei Alcides Ghiggia. José Altafini, der sich „Mazzola“ nannte, war 1958 mit Brasilien Weltmeister, spielte danach im und für das Land seiner Vorfahren. Omar Sivori, ein Argentinier italienischer Herkunft, wurde (als Italiener natürlich) sogar Europas Fussballer des Jahres, 1961. Beim vierten WM-Sieg der Italiener 2006 stand mit Mauro Camoranesi auch ein Oriundo im Team.

Davor war der Triumph 1982. Da gab es Claudio Gentile in der Mannschaft, 1953 in Libyen geboren, in einer sizilianischen Familie, die in die damalige italienische Kolonie Libyen ausgewandert war. Viele italienische Siedler blieben auch nach dem faktischen Ende der italienischen Herrschaft 1943, nach der Unabhängigkeit Libyens 1951, und gingen erst mit der Machtergreifung Ghadaffis 1969. Gentiles Familie ging schon 1961 nach Italien. Man kann ihn auch als Oriundo bezeichnen, auch wenn bei ihm die Dinge etwas anders waren als bei den „Südamerikanern“.

Ausserdem gab es da Edwin Firmani, in Südafrika geboren, kehrte auch ins Land der Vorfahren zurück und spielte für es, Roberto Di Matteo (Schweiz), Christian Vieri (in Australien geboren, Bruder blieb dort), Simone Perrotta (GB), Giuseppe Rossi (USA), Cristian Ledesma (Argentinien), Thiago Motta und Eder Martins (Brasilien),… Der Uruguayaner Alvaro Recoba wurde 2001, als er für Inter Mailand spielte, eines gefälschten italienischen Passes bzw der gefälschten Grundlagen dazu überführt (fingierte italienische Vorfahren) und ein Jahr gesperrt, eine Strafe, die dann auf 4 Monate reduziert wurde. Hintergrund der Aktion war die Begrenzung des Kontingents der Nicht-EU-Ausländer pro Klub.

Oriali, Vierchowod, Panucci, Balotelli, Montolivo, Sharaawy,… sind in Italien Geborene mit teilweise auswärtigen Eltern. Aus jenen Italienisch-stämmigen Fussballern, die anderswo für Nationalteams spielten, liesse sich zB dieses Team bilden: Pascolo (Schweiz), Caligiuri (USA), Aloisi (Australien), Vassalo (Äthiopien), Rivelino (Brasilien), Maradona (Argentinien), Platini (Frankreich), Scifo (Belgien), Cascarino (Irland), Gaudino (Deutschland), Forlan (Uruguay); Pizzi (Spanien), Guidetti (Schweden), Zuenelli (Österreich), Cremaschi (Chile), De Gregorio (Neuseeland), Denegri (Peru), Dolgetta (Venezuela), Lenarduzzi (Kanada), Cardoni (Luxemburg), Polverino (Liechtenstein).(6)

Frankreich hat als Kolonialmacht eine lange Geschichte der Zuwanderung sowie der Indienstnahme von Kolonialisierten (Armee,…). Ben Tifour und Andere aus den Kolonien spielten für Frankreich solange diese noch welche waren; Raoul Diagne aus Französisch-Guyana in Südamerika etwa spielte in den 1930ern für die Bleus. Dieses Land ist zwar nach wie vor französisch (ein Übersee-Departement), aber fussballerisch inzwischen unabhängig. Zuwanderer(-Kinder) sind seit Langem in Frankreichs Fussball überproportional vertreten, in der Nationalelf seit den 50ern. Damals waren es v.a. Polen, Italiener und Spanier, wie Kopa(szewski), Hidalgo, Colonna. Ende der 1970er kam dann der aus (dem nach wie vor französischen Überseegebiet) Guadeloupe stammende Marius Tresor, der sogar Kapitän wurde. Es folgten Larios und Ayache, die als französische Siedler im damals französischen Algerien geboren wurden.

Tigana stammt aus Mali, Fernandez aus Spanien. Michel Platini, Sohn italienischer Einwanderer, spielte nach seinem Karriereende ein inoffizielles (?) Länderspiel für Kuwait. Eric Cantonas Vorfahren stammen aus Spanien und Italien. Ab den 1990ern fand eine Verschiebung von europäischen Einwanderer(n-kinder) zu ausser-europäischen (meist aus ehemaligen/aktuellen Kolonien) statt, kamen farbige Spieler in grosser Zahl ins Team: Lama und Malouda aus Guyana, Karembeu aus Neu-Kaledonien, Zidane und Benzema aus Algerien, Thuram, Wiltord und Angloma aus Guadeloupe, Basile Boli aus der Cote d’Ivoire, Desailly aus Ghana, Viera und Evra aus Senegal, Loko und Makelele aus Kongo, Anelka aus Martinique,… Youri Djorkaeffs Vater Jean ist kalmückisch-polnisch (in Fra. geboren), war Fussballer, seine Mutter Armenierin.

Jean-Marie Le Pen kritisierte schon bei der EM 96 die Zusammensetzung des französischen Teams, thematisierte ihr Nicht-Singen der Hymne. Platini hatte die Marseillaise auch nicht mit gesungen, damals tat dies aber kein Spieler, nur die Fans. Der damalige PS-Chef Jospin wies darauf hin, dass zB Frz. Guyana und Neu-Kaledonien von wo Lama(7) bzw Karembeu stammten, weiter französisch waren – und Le Pen war sicher der Letzte, der diesen Gebieten die Unabhängigkeit gewähren würde. „Le Monde“ kommentierte damals, Le Pen unterminiere die nationale Identität die er zu schützen vorgibt(8), auch weil er nationale Erfolge schlecht mache; andere wiesen auf republikanische Werte hin.

Bei der (siegreichen) Heim-WM 1998 wurde die Hymne von den französischen Spielern mitgesungen. Le Pen sprach wieder davon, dass nur wenige echte Franzosen unter den 22 seien; genau 7, darunter Kapitän Deschamps, Guivarc’h (Bretone), Lizarazu (wenn man ihn als Basken als echten Franzosen zählt), Petit (aber langhaarig), Charbonnier (kein Einsatz). Es gab damals auch den armenisch-stämmigen Boghossian, Pires mit portugiesisch-spanischen Wurzeln, Trezeguet mit argentinischen(9),… In der Euphorie nach dem WM-Sieg sprach Le Pen von Zidane aus dem „Französischen Algerien“.

Raymond Domenech (Vater Spanier der im Bürgerkrieg nach Frankreich flüchtete, Mutter Siedlerin aus Algerien) war der Nach-Nach-Nachfolger von Aimé Jacquet, dem WM-Siegertrainer, als französischer Teamchef (04-10). Viele fanden, dass das französische Team unter ihm zu „dunkel“ bzw „unfranzösisch“ sei.(10) Und, der blond-braune Ribery war einer, der mit einer Algerierin verheiratet und zum Islam übergetreten war. 2011 kam die Meldung, dass Frankreichs Fussballverband (FFF) plane, in seinen Nachwuchsakademien rassische Quoten zur Aufnahme festzulegen, von maximal einem Drittel „dunkler“ Spieler. Der damalige Teamchef Blanc, 98 einer der echten Franzosen, soll sich dafür ausgesprochen haben. Bei der WM 14 waren 15 von 23 algerischen Spielern, darunter ihr Star Riyad Mahrez, in Frankreich geboren.

In der Liga und im Team der Niederlande gibt es viele Spieler mit Wurzeln in der Ex-Kolonie Surinam. Dies begann eigentlich nicht vor den 1980ern. Gullit (Dil), Rijkaard, Vanenburg, Roy, Kluivert, Seedorf, Wijnaldum,… sind in der Niederlande geboren; Winter, Davids, Haselbaink, Fraeser, van Gobbel, Menzo, Vink,… in Surinam (das 1975 unabhängig wurde). Manche wie Gullit haben auch weisse/niederländische Wurzeln/Elternteile, Kluiverts Mutter ist von Curacao (war Teil der Nl. Antillen), Winter ist zT (surinamesischer) Inder, Taument ist halb Afro-Surinamese, halb indonesischer Surinamese, Tahith Chong und Calvin Jong-a-Pin sind von den Wurzeln zT Afro-Surinamesen, zT chinesische Surinamesen.

Spannungen gab es im Oranje-Team zur Zeit der Kluivert-Generation (Seedorf, Davids,…) zeitweise, da die Surinam-Stämmigen da als Block auftraten. Humphrey Mijnals aus Surinam spielte in den 1960ern für die NL und Surinam. „Hans“ Nahar spielte in den 1930ern für Surinam und Curacao, damals beides NL-Kolonien. Die Indonesisch-Stämmigen im NL-Fussball sind meist Molukker, wie Tahamata, und teilweise Silooy, van Bronckhorst, Landzaat, Heitinga,… In jüngerer Zeit „kamen auch Marokko-stämmige wie van Hooydonk (Vater von dort), Boulahrouz. Jonathan de Guzmán wurde in Canada geboren, von einem philippinischen Vater und einer jamaikanischen Mutter. Nelisse spielte für die Niederländischen Antillen, von wo seine Vorfahren stammen.

Relevant in dem Zusammenhang ist der Absturz eines Flugzeugs 1989. Die 2. Reihe der surinam-stämmigen Fussballer in der NL reiste ins Land der Vorfahren zu einem Einladungsmatch, von Sonny Hasnoe organisiert. Der ersten Reihe, Spielern wie Gullit, war die Reise von ihren Klubs nicht gestattet worden. Die Maschine stürzte am Flughafen von Paramaribo ab; Grund waren schlechte Sicherheitsstandards der Fluglinie, des Flughafens. 176 Menschen wurden getötet, darunter 15 Fussballer. Etwa der in Surinam geborene Lloyd Doesburg, damals Ersatztormann von Ajax Amsterdam hinter Stanley Menzo. Menzo reiste auch an, nahm aber einen anderen Flieger.

Paulino Alcántara war ein spanisch-philippinischer Mischling, wurde in den damals noch spanischen Philippinen geboren, ging mit seiner Familie in der Zeit der US-amerikanischen Herrschaft nach Spanien, wurde Fussballer, spielte international für die Philippinen und Spanien. In den 1950ern gab’s wie erwähnt Puskas sowie einige gebürtige Südamerikaner im spanischen Team, wie Di Stefano, Santamaria und Hector Rial. Darunter also auch einige echte Nationswechsler, die für mehrere Nationalteams spielten. In den 70ern spielte der aus Argentinien stammende Ruben Cano für die Selección. Thomas Christiansen hatte einen dänischen Vater und eine spanische Mutter, ist in Dänemark geboren und aufgewachsen, übersiedelte dann nach Spanien, spielte dort in der ersten Liga, sowie in der U21-Auswahl des Landes, und 1993 2x im A-Team.

Donato (da Silva) stammt aus Brasilien, wie Marcos Senna und Diego Costa (der 2x für Brasilien spielte, ehe er sich für Spanien entschied). Vincente Engonga ist in Spanien geboren, stammt aus Äquatorial-Guinea, war einer der seltenen Fälle, wo jemand aus den ehemaligen spanischen Afrika-Kolonien im spanischen Fussball von sich reden machte. Ausserdem gibts die spanischen Regional-Auswahlen, die jedes Jahr einige inoffizielle Spiele machen. Der baskische Tormann Luis Arconada hat einst mit weissen Stutzen gespielt, um Distanz zum „Rest Spaniens“ zu signalisieren; ein richtiger Separatist dürfte er nicht (gewesen) sein. Ex-Spieler Josep Guardiola unterstützt eine Unabhängigkeit Kataloniens, von Pique wird das gemunkelt.

So wie Eusebio kam auch Rui Jordao zu Kolonialzeiten nach Portugal, er aus Angola. Seine Fussball-Karriere war aber nach der Unabhängigkeit. Sheu Han ist ein chinesisch-afrikanischer Mischling aus Mocambique. Abel Xavier ist auch aus Mocambique. Oceano da Cruz ist von Cap Verde, „Nani“ ebenfalls, dessen Familie kam nach der Unabhängigkeit nach Portugal. Eder Lopes kam aus dem unabhängigen Guinea-Bissau. Renato Sanches‘ Eltern sind aus Cap Verde sowie Sao Tome e Principe. „Deco“ und „Pepe“ sind aus Brasilien, Bruno Alves hat Vorfahren von dort. „Petit“ und Guerreiro sind in Frankreich geboren, Cedric Soares in Deutschland. Bosingwa ist aus Kongo/Zaire. Cristiano Ronaldo Aveiro ist von Madeira, eine Urgrossmutter stammt von Cap Verde. Quaresma ist ein Sinti.

Im Fussball-Nationalteam von Schweden gab es in/ab den 80ern die aus Österreich stammenden Ravelli-Brüder (mit italienischem Namen, wie viele Kärntner), in den 90ern kamen weitere Spieler mit einem Teil der Wurzeln im Ausland: Dahlin (Venezuela), Larsson (Cap Verde), Schwarz (Deutschland) sowie den kroatisch-finnischen Mischling Lucic. Ab den 00ern kamen weitere Emigranten-Kinder: Osmanovski (in Malmö geborener türkischer Makedonier), Ibrahimovic (Eltern aus den damals jugoslawischen Bosnien und Kroatien), Shaaban (Ägypten und Finnland), Majstorovic (Serbien), Jakup „Jimmy“ Durmaz (türkischer Assyrer, Doppelstaatsbürger),… Schwedische Elternteile haben zB Toivonen und Guidetti. Edward Gustafsson ist in der USA geboren, Safari im Iran, Zengin in der Türkei.

Die Sowjetunion löste sich ja 1991 auf; ihr Fussball-Nationalteam hatte sich für die EM 1992 qualifiziert, trat dort für den Staatenbund GUS an. Danach wurden Russland  und die anderen Nachfolgestaaten der GUS fussballerisch unabhängig. Innerhalb von weniger als einem Jahr machte die SU-Auswahl eine Transformation zu jener der GUS und dann Russlands (das den grössten Teil des „Erbes“ bekam) durch. Alexandr Mostovoi ist einer jener, die für SU, GUS und Russland spielten. Andrei Kanchelskis wuchs in der Ukrainischen SSR in einer litauischen Familie auf. Er spielte 1989-91 für die SU (wurde 91 von Manchester United engagiert), ’92 für die GUS (darunter die EM) und entschied sich dann für das russische Team, anscheinend weil er sich dadurch mehr Chancen auf eine WM-Teilnahme ausrechnete (die aber nicht zu Stande kam). Stanislav Cherchesov, ein ossetischer Russe, spielte auch für SU, GUS, Rus. Viktor Onopko spielte 92 für die GUS, dann für Russland, hätte auch für die Ukraine spielen können, da von dort. Karpin ist ein Russe aus Estland, spielte für GUS & Russland.

Oleg Salenko spielte 92 1x für die Ukraine, dann für Russland, wurde 1994 WM-Co-Torschützenkönig. Nikiforov spielte für GUS, Ukraine, Russland. Sergej Mandreko ist ein in der Tadschikischen SSR aufgewachsener Russe, spielte für die U-20 der SU, die GUS, 92 1x für Tadschikistan, entschied sich dann für Russland, und wurde in seiner Zeit bei Rapid Wien (auch) österreichischer Staatsbürger. Andrey Pyatnitsky aus Taschkent (damals Usbekische SSR), spielte für SU, GUS, Usbekistan, Russland (nicht oft, aber bei der WM 94). Oleg Kusnezov spielte für SU (EM 88) und GUS, dann für die Ukraine, wie auch Michailichenko. Lhuzny und Protassov spielten für SU und Ukraine. Der Georgier Tsveiba spielte für SU, GUS, Ukraine, Russland. Zchadadse für GUS und Georgien. Alejnikov, Zygmantovich, Gotsmanov spielten für die SU und Weissrussland. Ivanauskas und Sukristovas spielten für die SU, dann Litauen.

Raschid Rachimov (ein ethnischer Tadschike) spielte für Tadschikistan und Russland, eben so Muhamadiev. V. Niederhaus, ein deutscher Kasache, spielte für Kasachstan und Russland. Albert Sarkisyan spielte für die SU und Armenien. Eric Assadourian, ein armenischer Franzose, der in der ersten französischen Liga spielte, wurde in den 1990ern Nationalspieler des unabhängigen Armenien. Michel Der-Zakarian, in Sowjet-Armenien geboren, in Frankreich aufgewachsen und Fussballer geworden, spielte dann auch für Armenien. Özbiliz war dagegen ein Türke armenischer Herkunft, der fussballerisch und staatsbürgerlich Armenier wurde, und als Legionär in die Türkei zurück kehrte.

In der Schweiz gibts den Röstigraben zwischen deutschen und romanischen Gebieten, und die Secondos. Es begann Ende der 1980er mit dem im Tessin aufgewachsenen Türkyilmaz, dann kamen Sforza und Pascolo, die in der Schweiz in italienische Familien geboren wurden. Marco Grassi ist dagegen ein Tessiner, kein Einwanderer-Kind. Zur WM 1994 kehrte das Schweizer Team auf die internationale Bühne zurück, mit einigen der Genannten, sowie dem eingebürgerten Argentinier Nestor Subiat. Dann kamen die Yakins, Vonlanthen, Behrami, Senderos,… Barmettlers Mutter ist aus der Dominikanischen Republik, er spielte für Schweizer Nachwuchs-Natis sowie ein A (09), dann für das Land seiner Mutter. Die Xhaka-Brüder sind in der CH geboren, von kosovo-albanischen Eltern. Bei der EM 16 standen in der Startelf meist 5 Albanisch-Stämmige und 3 weitere Secondos.

Im Nationalteam Belgiens gab es Scifo, Oliveira, Weber, Mpenza,… Seit Anfang der 10er ist das Team multikulturell, mit einigen Spielern, die Wurzeln in der Ex-Kolonie Kongo haben, wie Kompany, andere in Marokko (Fellaini), Spanien (Carrasco),…

Nun zum Fussball Ex-Jugoslawiens. Der Slowene Rupec spielte für die Auswahl von Österreich-Ungarn, dann für jene des SHS-Reichs (der Vorläuferstaat von Jugoslawien). Ivan Bek, in Belgrad aufgewachsener Sohn eines Deutschen und einer Tschechin, ging in den 1930ern als Legionär nach Frankreich und spielte auch für dessen Nationalteam, als so ein Nationswechsel noch einfach war. Vilmos Sipos wuchs in der serbischen Vojvodina auf, spielte für das jugoslawische Team, zur Zeit der Besetzung Jugoslawiens in den 1940ern spielte er in und für Ungarn. Kiril Simonovski, ein makedonischer Jugoslawe, spielte in dieser Zeit für Bulgarien, das sich diesen Teil Makedoniens (zuvor „Vardarska Banovina“) einverleibt hatte, änderte seinen Nachnamen auf „Simeonov“. Nach dem Krieg war er der erste Makedonier, der für das Nationalteam Jugoslawiens spielte. Für den (ebenfalls durch die Besetzung Jugoslawiens entstandenen) „Unabhängigen Staat Kroatien“ und dann für die SFR Jugoslawien spielten u.a. Cajkovsky und Wölfl. Der Kroate Kotokovic wiederum hat für das Königreich Jugoslawien und dann dieses Ustascha-Kroatien gespielt.

Robert Jarni und ca. 10 Andere spielten für (SFR) Jugoslawien und dann für das unabhängige Kroatien. Zlatko Kranjcar spielte für Kroatien nur inoffizielle Länderspiele. Einige Kroaten gingen zur Zeit des mit der Unabhängigkeit 1991 verbundenen Kriegs ins westliche Ausland, manche wurden dort eingebürgert. Goran Vidovic etwa, in Belgien. Josip Weber aus dem kroatischen Slawonien war noch zu jugoslawischen Zeiten in die belgische Liga gegangen, spielte inoffizielle Matches für Kroatien (vor dessen fussballerischer Anerkennung 1993), und dann für Belgien. Strupar ging nach der Unabhängigkeit Kroatiens nach Belgien, wo er eingebürgert wurde. Dann gibt es jene Kroatisch-Stämmigen, die anderswo geboren wurden und dort auch fussballerisch sozialisiert wurden, nicht zuletzt in Australien (Zelic,…) und Neuseeland (Vicelich,…). Manche Auslands-Kroaten kehrten nach dem Ende Jugoslawiens (zumindest fussballerisch) auch zurück, etwa Simunic (Australien), Kovac (Deutschland), Prso (Frankreich), Rakitic (Schweiz). Stanic ist dagegen einer der kroatischen Bosnier, die sich für das kroatische Team entschieden. Und Eduardo ist Teil der brasilianischen Fussball-Diaspora.

Von Stankovic und Stojkovic war schon die Rede. Savo Milosevic einer Jener, die für das Team der Bundesrepublik Jugoslawien, für jenes von Serbien-Montenegro (SCG) sowie für Serbien spielten. Kezman zB nur für die BR YU und für SCG. Einen Kosovaren, der für YU sowie Kosovo spielte, gibt es nicht. Dortmund-Spieler Subotic ist von seinen Wurzeln ein serbischer Bosnier, der mit der Familie im Bosnien-Krieg zunächst nach Deutschland ging, dann in die USA (dort für Nachwuchs-Auswahlen spielte), schliesslich wieder in die BRD, und international für Serbien spielt. Pedrag „Preki“ Radosavljevic ging noch zu Zeiten des alten Jugoslawiens in die USA, wo er fussballerisch und überhaupt heimisch wurde, spielte für deren Auswahl.

Für (das sozialistische) Jugoslawien und (das unabhängige) Makedonien spielten Pancev, Stanojkovic, Babunski, Najdoski, Djurovski, Savevski, Kanatlarovski. Für Jugoslawien und Slowenien Novak, Milanic, Katanec, Elsner. Und, viele der Fussball-Nationalspieler Sloweniens sind ethnische Serben, deren Vorfahren zu YU-Zeiten dorthin migrierten, wie Zahovic oder Novakovic. Für YU und Bosnien-Herzegowina spielte zB der jetzige BiH-Teamchef Mehmet Bazdarevic. Miralem Pjanic wurde als bosniakischer Bosnier in YU geboren, ging im Krieg mit der Unabhängigkeit nach Luxemburg, hat dort in Nachwuchs-Auswahlteams gespielt, dann aber für BiH. Salihamidzic ging im Krieg nach Deutschland.

Dejan Savicevic spielte nur für das Team von Jugoslawien, das in dieser Zeit aber einen Wandel (zu einem anderen Land) durchmachte; das unabhängige Montenegro erlebte er als Spieler nicht mehr. Für SCG und Montenegro haben zB Vucinic und Boskovic gespielt. Bleibt von den YU-Nachfolgestaaten noch Kosovo/Kosova. Valon Berisha ist in Schweden in einer kosovo-albanische Familie geboren, spielte in und für Norwegen, bevor er für Kosova spielen durfte. Ujkani hat für Albanien gespielt, bevor er Kosova-Nationalspieler wurde. Einige Kosovo-Stämmige spielen für andere Länder, Januzaj zB für Belgien.

Polen: Der ehemalige Tormann Jan Tomaszewski (WM 74 3. mit dem polnischen Team), der in die Politik gegangen ist (2011 für die von Kaczyński geführte Recht und Gerechtigkeit/ PiS ins Parlament gewählt), kritisierte vor der Heim-EM 16 die Einbürgerung von Spielern mit polnischen Wurzeln aus Deutschland und Frankreich, die dort auch in Nachwuchs-Nationalteams gespielt haben und kaum Polnisch könnten. Dies betraf den erwähnten Boenisch(11), sowie Polanski, Obraniak und Perquis. „Das ist keine typische polnische Mannschaft mehr, sondern der Mülleimer Europas“. Beinahe 15 Jahre zuvor war der gebürtige Nigerianer Olisadebe eingebürgert worden, spielte bei der WM 02.

Josef Bican wurde in den letzten Jahren von Österreich-Ungarn in eine tschechische Familie in Wien geboren, war Fussballer u.a. bei Rapid, und in jenem österreichischen Team das bei der WM 34 Vierter wurde (das erste Wunderteam); ging als Legionär zu Slavia Prag, wurde tschechoslowakischer Staatsbürger, spielte für dessen Nationalteam, sowie für jenes der nazideutschen Protektorats „Böhmen und Mähren“, erlebte auch noch die CSSR. Franz „Bimbo“ Binder wurde mit Rapid nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich deutscher Meister, war einer jener Österreicher, die 38-42 im deutschen Team spielten (wie auch Karl Decker,..). Rudolf Hiden ging als Legionär nach Frankreich, machte dort 1 LS. Merkel ist halb „Ösi“, halb Deutscher, hat als Spieler meist in Österreich gelebt und gearbeitet, spielte vor dem Krieg für Deutschland, danach für Österreich; seine Kommentare über den österreichischen Fussball sind berüchtigt bzw legendär.

Helmut Köglbergers Vater war ein schwarzer USA-Soldat, der in Oberösterreich stationiert war. Manfred Braschler’s Eltern waren aus der Schweiz nach Tirol ausgewandert, er spielte in der Wiederaufstiegssaison 1981/82 für Wacker Innsbruck. Als der damalige ÖFB-Teamchef Stotz an ihm Interesse zeigte, entbrannte ein Streit um seine Staatsbürgerschaft, Braschler entschied sich schliesslich für die Schweiz. Vastic ist bei Kroatien einmal auf der Bank gesessen, ehe er Österreicher wurde. Nach (der WM) 98 kamen mehr Eingebürgerte und Einwanderer-Kinder ins Nationalteam (Kocijan, Akagündüz, Sebastian Martinez, der zurückgeholte Auslands-Österreicher Lexa,…), richtig Viele nach (der EM) 08. Bei der EM 16 machten Alaba, Dragovic & Co schon einen grossen Teil der Mannschaft aus.

Für die Tschechoslowakei und dann für das „Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“ spielten zB Puc, Burgr, und Bican, für die Tschechoslowakei und die Slowakei spielten Stastny oder Daucik, Reimann spielte für die Slowakei und dann die CSSR. Für die CSSR, die CSFR und Tschechien spielte zB Skuhravy, die CSSR und CSFR zB Stejskal, die CSFR & Tschechien zB Kuka, nur für Tschechien zB Nedved. Für die Tschechoslowakei und die Slowakei spielten Moravcik (CSSR und CSFR), Dubovsky, Tittel, Kinder, Weiss, Molnar, Glonek, Timko, Vencel, Pecko, Hyravy, Kristofik, Luhovy, Hipp.

Rumänien: in den 1940ern gab es durch die erzwungene Abtretung von Teilen Transylvaniens an Ungarn einige ungarische Rumänen die auch für Ungarn spielten, ua Bodola und Francisc Spielmann. Später waren die diversen nationalen Minderheiten im rumänischen Nationalteam vertreten: Bölöni (Ungarn), Klein (Deutsche), Belodedici (Serben), Halagian (Armenier), Hagi (soll Aromune sein),… Im Nationalteam von Albanien gab es in den letzten Jahren einige anderswo geborene/aufgewachsene Albaner (sowohl aus Gross-Albanien als auch Diaspora), wie Lenjani (aus Kosova), Mavraj (aus Deutschland), Aliji (aus Makedonien).

Innerhalb Südamerikas gab und gibt es weit weniger Nationswechsel als zwischen Südamerika und Europa. Ein Beispiel ist Alberto Spencer, der Jamaica-stämmige Ecuadorianer. Er wurde in den 1960ern Legionär bei Penarol Montevideo, wurde dort eingebürgert und spielte auch für das Nationalteam von Uruguay. Eulogio Martinez und Raul Amarilla wechselten beide zwischen Paraguay und Spanien hin und her, also auch zwischen Europa und Südamerika.

Bezüglich Afrika verhält es sich ähnlich. Es gibt mehr Wechsel mit Europa als innerhalb. Bruce Grobbelaar ist von der Wurzel afrikaanser Südafrikaner, ist in Rhodesien aufgewachsen, machte dort auch Militärdienst, und 1 Länderspiel, 1979 ging er als Legionär nach Canada, ’81 zum FC Liverpool in GB, spielte in dieser Zeit international für Zimbabwe, wie das Land seit dem Ende der weissen Minderheits-Herrschaft heisst (für die WM ’94 qualifizierte sich das Team fast). Er dürfte auch britischer Staatsbürger geworden sein. 2018 spielte er beim ConIFA World Cup für Matabeleland. Diese „Weltmeisterschaft“ ist eine für nicht-anerkannte „Staaten“ oder abhängige Gebiete (nachdem er bereits für Rhodesien und Zimbabwe gespielt hatte). Viera Ellong wechselte von Kamerun zu Äquatorial-Guinea. Shabani Nonda, der bei Monaco, Roma und Galatasaray spielte, wurde in Burundi geboren, spielte aber für die DR Congo.

Michel (Mazingu-Sinda-)Dinzey ist teilweise Deutscher, teilweise Kongolese, lebte immer in Deutschland, spielte international aber für Kongo bzw Zaire, wie das Land unter Mobutu hiess. Ähnlich war es bei dem Deutsch-Kameruner Joel Matip. Pierre-Emerick Aubameyang wurde in Laval in Frankreich geboren, als sein Vater, gabunesischer Fussballprofi, dort spielte; seine Mutter ist Spanierin. Er hat mehrere Staatsbürgerschaften, spielt für Gabun. Peter Odemwingie wurde in der Usbekischen SSR geboren, als Sohn eines Nigerianers und einer Russin. Er „pendelte“ jahrelang zwischen Russland und Nigeria, auch als er schon Fussballer war. Spielte schliesslich international für Nigeria (u.a. WM 10 und 14) und auf Klubebene meist in England. Raschid Azzouzi ist ein in Deutschland geborener Marokkaner, spielte für Marokko. Der Malier Frederic Kanoute ist in Frankreich geboren. Hans Vonk, Niederländer, entschied sich fussballerisch auch für das Land der Vorfahren in Afrika, Südafrika.

Joseph Gaetjens aus Haiti („Mulatte“, mit etwas europäischer Herkunft auch), spielte dort, in USA und Frankreich, für die Nationalteams von Haiti und USA (WM 50); Stefan Szefer lief aus dem kommunistischen Polen in den 1960ern über, spielte dann auch für das Nationalteam der USA; Del Llano spielte für USA und Bolivien, Armas für Puerto Rico (das fussballerisch unabhängig ist) und USA. David Regis ist einer jener ehemaligen USA-Nationalspieler, die von anderswo stammen, er ist aus dem französischen Martinique. „Tab“ Ramos und Clavijo sind aus Uruguay, Fredua Adu aus Ghana, Wegerle aus Südafrika, Dooley ist in Deutschland geboren. Claudio Reyna ist in der USA geboren, die Eltern sind aus Argentinien und Portugal. Marcelo Balboa ist auch argentinischer Herkunft, Onyewu nigerianischer, Altidore haitianischer, Bocanegra mexikanischer,… Osvaldo Alonso hat aus Cuba in die USA rübergemacht, konnte aber nicht das Nationalteam wechseln.

Asien: Erdal Keser ist in Deutschland aufgewachsen, hat für die Türkei gespielt, wie die Altintops. Mustafa Izzets Vater ist ein türkischer Zypriote, der nach GB ging, eine Dortige heiratete, Izzet spielte für die Türkei, lernte während der EM 2000 Türkisch. Bei Colin Kazim-Richards ist es ähnlich, nur dass seine Mutter eine aus der Karibik (Antigua & Barbuda) stammende Britin ist. Lefter Kücükandonyadis war ein Istanbul-Grieche, der das „Kücük“ (klein) irgendwann an seinen griechischen Namen bekam. Somit kein Nationswechsler bzw Immigrant sondern Angehöriger einer Minderheit. Er spielte bei der WM 54 für die Türkei.

In Japan begann 1993 die J-League, es kamen Legionäre aus allen Teilen der Welt, manche, um dort ihre Karriere „auszulaufen“ und nebenbei etwas „Entwicklungshilfe“ zu leisten, wie Gary Lineker, andere liessen sich dort einbürgern, wie die Brasilianer Wagner Lopes, Alessandro Santos und Ruy Ramos. Im Iran gab/gibt es mit Dejagah, Zandi, Davari drei in Deutschland aufgewachsene Nationalspieler (mit teilweise deutschen Wurzeln). Andranik Teymourian ist dagegen Angehöriger einer Minderheit.

Fereydoun Zandi 2006 beim Training des iranischen Nationalteams („Team Melli“) vor der WM. Umgeben von den Deutschland-Legionären Mahdavikia, Hashemian (der sich anscheinend bemüht, Zandis Persisch zu verstehen), Daei

Jong Tae-se wurde in Japan in eine koreanische Familie geboren. Er identifiziert sich mit Nord-Korea, sagt dass die Familie von dort stammt. Wurde nordkoreanischer Staatsbürger und spielte für dessen Nationalteam, u.a. bei der WM 10; auf Klubebene in Japan, Deutschland, Südkorea. Bei der WM schluchzte er bei der nordkoreanischen Nationalhymne vor dem Match gegen Brasilien. Bhaichung Bhutia, einer der besten Fussballer, den Indien hervor brachte, stammt aus Sikkim, ist 1976 dort geboren, ein Jahr nachdem dieses Teil Indiens wurde.

Viele Israelis sind anderswo geboren (und aufgewachsen) oder im damals britisch beherrschten Palästina, bevor dort Israel entstand – darunter auch fast alle Staats- und Ministerpräsidenten. Solche waren klarerweise auch im Fussball vertreten, etwa Mordechai Spiegler, der aus der Sowjetunion stammt. Von späteren jüdischen Einwanderern (solchen die nach der Staatsgründung ins Land kamen) ist etwa Daniel Brailovsky zu nennen, der in Uruguay auch schon Fussballer war. Die um die Gründung Israels 1948 nicht vertriebenen Palästinenser, die „israelischen Araber“, sind in diesem Nationalteam auch vertreten; ein wichtiger solcher Spieler war Rafit Turk. Giangos Simantiris war anscheinend ein Grieche, der als Legionär in Haifa spielte und in dieser Zeit auch einmal für das israelische Team. Danach auch für Griechenland. Bei Colautti war es ähnlich, nur dass sich dieser einbürgern liess, nachdem er eine Israelin heiratete, und für kein anderes Nationalteam spielte.

Der Fussball in Australien war lange von späteren, nicht-britisch/irischen Einwanderern dominiert, anderen Einwanderer-Gruppen aus Europa, aus dem damaligen Jugoslawien, Griechenland, Italien, Polen, Deutschland,… Diese Gemeinschaften hatten/haben auch eigene Klubs. Die meisten dieser Fussballer mit Migrationshintergrund sind in Australien geboren und haben nur für dessen Nationalteam gespielt. Joseph Didulica ist da eine Ausnahme, er hat für die australische U23 gespielt, entschied sich dann aber für das Land der Eltern, Kroatien.

Auf rsssf.com eine Seite über Klubs, die in verschiedenen Ligen/Ländern gespielt haben. Im Eishockey hat das Wechseln von Klubs in andere Ligen eine lange Tradition. In diesem Sport sind es sehr oft Kanadier, die für andere Länder spielen. Das Mutterland des Eishockey hat gute Spieler im Überfluss, kann sie exportieren. Und was dort 3. Wahl ist, ist anderswo ein Leistungsträger. Kanadier (oder seltener, US-Amerikaner) haben teilweise Wurzeln in den Ländern, in die sie gehen, teilweise nicht. Kanadier, auch EH-Spieler, haben Wurzeln von fast überall in der Welt, v.a. aus allen Teilen Europas, und teilweise spielten sie auch für genau diese Herkunftsländer. Aber es gehen in der Regel nur Jene, die nicht gut genug für die NHL bzw das Nationalteam sind (ist meistens eins bzw kongruent).

Die Hürde für einen Nationswechsel von Seiten der IIHF war lange jene, dass niemand 2 Nationen bei einem IIHF-Turnier repräsentieren durfte. 1987 wurde sie noch nivelliert. Anlass war die WM in Österreich (Wien, Stadthalle), und der Einsatz des polnischstämmigen Miroslav Sikora für (West-) Deutschland. Finnland protestierte gegen seinen Einsatz, da Sikora im polnischen Team bei einer U20-WM gespielt hatte. Nachdem sich die IIHF auf die Seite Finnlands gestellt hatte, trug der deutsche Verband (DEB) die Sache zu einem Wiener Gericht. Dieses gab den Deutschen Recht, was seine Spielerlaubnis bedeutete, und die IIHF änderte ihre Regeln.

Zur kanadischen Eishockey-Diaspora: Reinhard Divis gilt als der erste Österreicher, der in der NHL gespielt hat (2001), es gibt aber einige Austro-Kanadier, die das vor ihm getan haben. Diese waren damals noch keine Austro-Kanadier, sie haben aber in ihrer Karriere für kein anderes Nationalteam als das österreichische gespielt, sind Eishockey-Österreicher (und vermutlich Doppel-Staatsbürger) geworden. Austro-Kanadier (bzw allgemein Kanadier oder US-Amerikaner die nach Europa gehen und für europäische Nationalteams spielen) zeichnen sich eigentlich dadurch aus, dass sie für die NHL nicht gut genug waren; dennoch gibt es einige, die dort zumindest hinein geschnuppert haben. Zum Beispiel Nienhuis, Lavoie, Viveiros, Strong. Andere, wie St. John oder Stankiewicz, haben in Nordamerika nur in Minor Leagues gespielt.

Die Eishockey-Deutsch-Kanadier sind meistens solche mit deutschen Wurzeln, wie Kreis, Kölzig (der aber in Südafrika geboren ist) oder Krüger. Das niederländische EH-Team hatte ein Allzeit-Hoch mit eingebürgerten Kanadiern und Amerikanern, wie Larry van Wieren und David Livingston. 1978 gewann man die C-WM, im Jahr darauf die B-WM, 1980 nahm das NL-Team an Olympia teil, ’81 an der A-WM (erstmals seit den 1950ern). Ab 82 (wieder B) ging es dann wieder abwärts. Als Grossbritannien 1936 Olympiasieger wurde, hatte das Team einige Spieler mit Canada-Verbindung (wie James Chapell), Carl Erhardt dagegen hatte EH in Schweiz und Deutschland gelernt. Auch später waren Teil-Kanadier, wie Timothy Cranston, im britischen Team sehr präsent. Der gestandene NHL-Spieler Kenneth Hodge ist in GB geboren, hat aber nie international (für ein Nationalteam) gespielt.

Die guten Italo-Kanadier (Kanadier mit italienischen Wurzeln) spielen in der NHL und im kanadischen Nationalteam. So wie Roberto Luongo und die Esposito-Brüder. Die weniger Guten kamen als Legionäre zu Klubs in der italienischen Liga, viele wurden eingebürgert, spiel(t)en im italienischen Nationalteam. So wie Camazzola, Chitaroni, Iob, Mansi, Muzzatti, Orlando, Rosati, Scandella, Zarrillo,… „Jim“ Corsi und „Bob“ Manno ragen hier heraus, hätten wohl auch für Canada spielen können. Ausserdem gab es einige US-Amerikaner, die diesen Weg gingen, wie Delfino, Nardella,… Martin Pavlu stammt aus Tschechien, hat weitgehend in Italien EH spielen gelernt.

Domenichelli und Di Pietro sind Italo-Kanadier, die in der und für die Schweiz spiel(t)en. Raphael Diaz hat spanische Wurzeln, Vrabec tschechische, Bezina ist aus Kroatien. Im Team Kasachstans gibt es auch einige gebürtige Kanadier, die zunächst als Spieler zum KHL-KLub Barys Astana kamen, dann eingebürgert wurden. Z. B. Kevin Dallman, Neffe von Marty Dallman, der für Österreich spielte. Platt und Lalande sind gebürtige Kanadier, die für das Team von Weissrussland spiel(t)en; Imoo und Keller für Japan; Galbraith Vater & Sohn für Dänemark; Henderson oder Peloffy für Frankreich; Radunske oder Dalton für Südkorea; Prpic oder Rendulic für Kroatien; Reddick für Slowenien; Sarauer für Ungarn.

Manche Kanadier sind auch ganz oder zeitweise Amerikaner geworden. Der Sohn von Robert „Bobby“ Hull, Brett, etwa, oder „Gordie“ Howe’s Sohn Mark, oder „Chico“ Resch. Kanadische Eishockeyspieler, die wiederum anderswo geboren wurden, sind zB Petr Nedved, der aus der CSSR emigrierte, für Canada spielte, dann für Tschechien. Wolski und Popiel stammen aus Dänemark bzw Polen, haben aber für kein Nationalteam gespielt. Robyn Regehr wurde in Brasilien geboren (und ist in Indonesien aufgewachsen), ist aber waschechter Kanadier, seine Eltern waren als Mennoniten-Missionare dort unterwegs.

Mit der Auflösung der Sowjetunion 1991/92 mussten sich auch viele EH-Spieler entscheiden. Manche Russen spiel(t)en für andere Nachfolgestaaten der SU, genau so aber auch Spieler aus diesen Staaten für Russland. Der Anteil von Russen an der Bevölkerung ist in Kasachstan besonders hoch, zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit waren Russen sogar in der Mehrheit! Im Eishockey dominieren sie immer noch stark, das kasachische Team besteht zu etwa 90% aus russischen Kasachen. Der Tormann Nabokov ist ein (ehemaliger) russischer Kasache, der die Nationalität wechselte, er spielt für Russland. Oleg Znaroks wiederum scheint ein Russe zu sein, der zu SU-Zeiten in Lettland spielte, 92 ins westliche Ausland ging, für Lettland international spielte, das Team dann auch trainierte, dann auch das russische, wurde (auch) deutscher Staatsbürger als er dort spielte. Petrenko und Zhitnik sind Ukrainer, die in Post-SU-Zeit für Russland spielten.

Der Litauer Kasparaitis spielte für Sowjetunion und GUS (Olympiasieger 92) und danach für Russland, ab 93, als er auch seine erste NHL-Saison spielte – in diesem Jahr versuchte sich ein litauisches Auswahl-Team erstmals seit 1938 bei einer EH-WM, schaffte nicht die Qualifikation für die C-Gruppe. ’94 ebenso, 95 spielte es in der C2-Gruppe, 96 in der D,… Seit Anfang der 00er ist das litauische Team meist in der Divsion I, Gruppe B, also in der dritthöchsten Klasse der jährlichen WM. Das litauische Team war Kasparaitis zu schlecht. Er ging den umgekehrten Weg als Girardelli, der von einer ausgesprochenen Top-Nation in der betreffenden Sportart zu einer mit null Tradition darin ging. Danius Zubrus wiederum, der auch den Sprung in die NHL schaffte, spielt(e) für Litauen. Zunächst aber für Russland, beim World Cup 04. „Litauen braucht mich mehr als Russland“, befand er dann richtig. Für Arturs Irbe war es überhaupt keine Frage, dass er für Lettland spielte, sobald er konnte.

Viktor Tichonov (nicht der legendäre Trainer, sondern ein namensgleicher Spieler) ist als Russe zu SU-Zeiten in Lettland geboren, spielt für Russland. Andrej Makrov, ein russischer Este, ist Estland treu geblieben. Mogilny lief in der Endphase der SU in den Westen über, spielte aber danach für Russland. Gelashvili ist ein georgischer Russe, dessen Vorfahren auswanderten. Jewgeni Gussin ist in der Russischen SSR geboren, war EH-Tormann, wanderte als Jude nach Israel aus, spielte für dessen Auswahl, wurde Präsident des Eishockey-Verbands.

Boris Blank ist wie sein Cousin Sachar ein Kasachstan-Deutscher, der in Post-SU-Zeiten nach Deutschland ging, dort Nationalspieler wurde. Lewandowski, Stefan, Dietrich und Kotschnew sind auch (mehr oder weniger) SU-Deutsche, die nach Deutschland gingen. Gerhard Kiessling war DDR-Nationalspieler, ging mit seinem Sohn Udo in die BRD, arbeitete dort u.a. als Bundestrainer. Zu jenen DDR-Spielern, die nach der Vereinigung für die vergrösserte BRD spielten, zählt zB René Bielke. Mirko Lüdemann gehört schon der Generation aus der Ex-DDR an, die in diesem wiedervereinigten Deutschland eishockey-mäßig „sozialisiert“ wurden. Martin Reichel und Kühnhackl sind Sudetendeutsche aus der Tschechoslowakei bzw Tschechien. Matthias Plachta und der erwähnte Sikora stammen aus Polen; ersterer ist Sohn eines bekannten Spielers von dort. Evan Kaufmann ist jüdischer Amerikaner mit teilweise deutschen Wurzeln, wurde Doppelstaatsbürger und spielte für Deutschland. Akdag und Ehliz sind türkischer Herkunft.

Mike Buckna war ein Kanadier slowakischer Herkunft, ging in der Zwischenkriegszeit ins Land der Eltern, die Tschechoslowakei, spielte für dessen EH-Team bei WM, ging dann wieder nach Canada. Die Ihnacak-Brüder haben aus der Slowakei rübergemacht, in die NHL, Peter’s Sohn Brian ist in Canada aufgewachsen, wurde Europa-Legionär und in Italien eingebürgert. Der slowakische EH-Spieler Radivojevic hat einen serbischen Vater. Der Franzose Almasy stammt aus der (Tschecho)slowakei, aus einer ungarischen Familie von dort. Jaroslav Drobny pendelte in den 1940ern und 1950ern zwischen EH und Tennis, von der Tschechoslowakei bzw Böhmen-Mähren zu Ägypten und Grossbritannien. Thomas Vaneks Vater Zdenek ist Tscheche der rüber machte, nach Österreich, seine Mutter Slowakin. Leo Gudas ist einer Jener, die für die CSSR (bis 1989), dann für die CSFR, und ab 1993 für Tschechien spielten.

Der Schwede Ulf Samuelsson wurde in seiner NHL-Zeit in der USA eingebürgert, Thomas Steen in Canada, ging dort sogar in die Politik. Manche ungarische Rumänen spiel(t)en lieber für das ungarische EH-Nationalteam als für das rumänische, etwa Arpad Mihaly, etwas dass es auch in anderen Sportarten gibt. Komarov ging von Estland nach Finnland. Der Belgier Mike Pellegrims wurde auch deutscher Staatsbürger. Mustafa Besic stammt aus Bosnien-Herzegowina, spielte zu YU-Zeiten in Slowenien (wie fast das ganze YU-Nationalteam), dann auch in Italien.

Weitere afrikanische Leichtathleten, die die Nation wechselten, sind zB Wilson Kipketer (Kenya > Dänemark; er hat soviel verdient dass er heute in Monaco lebt), Lonah Chemtai (Kenya > Israel), Mohammed Farah (Somalia > GB). Zola Budd war eine der südafrikanischen Sportler, die zu Apartheid-Zeiten wegen Sanktionen auswichen; andere gingen nach Ende der Apartheid, Karin Melis-Mey etwa in die Türkei.

Merlene Ottey aus Jamaica, eine der besten Kurzstrecken-Läuferinnen, startete nach einem Doping-Fall für Slowenien. Ein Länder-Hopping machte der Läufer Mark McCoy: Guyana, GB, Canada, Österreich. Mark Handelsman ging zu Apartheid-Zeiten aus Südafrika zu Israel. Tamaz Mezei/Tommy Kafri tat dies aus Ungarn, kehrte wieder zurück. Eduard Hämäläinen trat für das durch die Auflösung der SU unabhängig gewordene Weissrussland an, ging dann nach Finnland zurück, von wo seine Urgrosseltern im 1. WK in die SU deportiert worden waren.

Andere Athleten aus der SU traten einfach für deren entsprechende Nachfolgestaaten an, wie Bubka für die Ukraine. Die Kubanerin Fiona May wechselte nach Italien. Nora Ivanova/Güner/Edletzberger wechselte von Bulgarien in die Türkei und nach Österreich. Tatyana Polnova aus Russland in die Türkei, wurde zu Tuna Köstem.

Im alpinen Skisport sind Österreicher am ehesten das, was Brasilianer im Fussball sind, Kanadier im Eishockey, Afrikaner in der Leichtathletik. Wobei der Grund für den Nationswechsel meistens der war, dass sich der/die Betroffene im eigenen Verband übergangen bzw schlecht behandelt fühlte. Das war bei Katharina Gutensohn so(12), bei Josef Strobl und Bernhard Knauss (zu Slowenien), Markus Eberle (auch Deutschland), Elfriede Eder (Grenada), Kilian Albrecht (Bulgarien), Claudia Riegler (Neuseeland, von wo ihre Mutter stammt). Umgekehrt, Einwanderer(-Kinder) sind im ÖSV rar; schon der Niederösterreicher Thomas Sykora war eine Art Exot.

Die Deutsche Christa Kinshofer startete zeitweise für die NL, die Tlalka-Zwillingsschwestern gingen aus Polen nach Frankreich, der Schweizer Urs Imboden zu Moldawien, die ungarische Rumänin Miklos fährt für Ungarn. Huberts zu Hohenlohe hat eigentlich nicht die Staatsbürgerschaft gewechselt, seit er für Mexico fährt; seine andere ist die Liechtensteins. Der Schwede Johan Wallner ist zwar österreichischer Herkunft, aber in Schweden geboren, als Nachkomme von Einwanderern.

Ski Nordisch: Der Skispringer Andreas Goldberger wollte nach seiner Kokain-Affäre 1997 für die BR Jugoslawien antreten. Der russische Langläufer Michail Botwinow trat für Österreich an. Vladimir Smirnov (ebenfalls LL) für die SU, die GUS und Kasachstan. Die Gebrüder Jan und Thomas Schmid, in Norwegen in eine Schweizer Familie geboren, treten, als Nordische Kombinierer, für Norwegen (Jan) bzw die Schweiz („Tommy“) an. TV-Entertainer Stefan Raab hatte geplant, bei Olympia 2002 im Langlauf an den Start zu gehen, als Mitglied des moldawischen Olympiateams. Doch die moldawischen Staatsorgane stimmten einer Schnell-Einbürgerung für ein „Jux-Unterfangen“ nicht zu. Und Raab trat im Boxen gegen Regina Halmich, im Eisschnelllauf gegen Claudia Pechstein, im Wok-Rodeln gegen Georg Hackl und für „Schlag den Raab“ gegen un-prominente Kandidaten (in verschieden, auch sportlichen, Disziplinen) an.

Der deutsche Biathlet Michael Rösch wechselte nach bzw zu Belgien, da er für Olympia 10 in Vancouver in der starken deutschen Mannschaft keinen Platz bekam. In Belgien ist keine Rede von einer Biathlon-Mannschaft (genau so wenig im damaligen Dritten Jugoslawien von einem Skisprungsport oder in Moldawien vom ernsthaft betriebenen Skilanglauf), somit hat er dort zwar keine Konkurrenz in dieser Sportart, aber aus diesem Grund musste er sich auch nach dem Nationswechsel 12 erst für Weltcup-Bewerbe qualifizieren, da Belgien dafür eben keine Plätze zugewiesen bekommt…

Die Tennis-Spieler Ivan Lendl und Martina Navratilova gingen Beide zu CSSR-Zeiten in die USA, wurden dort Staatsbürger. Martina Hingis‘ Vater ist mährischer Tscheche, die Mutter ungarische Slowakin, sie ist auch in der CSSR aufgewachsen, 1988 ging sie mit 8 Jahren mit der Familie in die Schweiz. Jakob Hlasek ging einen ähnlichen Weg. Richard Krajicek ist dagegen in der NL geborener Sohn von Emigranten aus der CSSR. Manuela Maleeva wechselte von Bulgarien zu Schweiz, nachdem sie einen Schweizer heiratete.

Greg Rusedski ist Kanadier englischer und deutsch-polnischer Herkunft, der Brite wurde. Sabine Lisickis Vater ist ein zT deutscher Pole, die Mutter eine „echte“ Polin, die Eltern sind nach Deutschland ausgesiedelt. A. Kerbers Eltern sind aus der Posen-Region in die BRD eingewandert, sie unterhält viele Verbindungen zu Polen. Caroline Wozniackis Eltern sind aus Polen in Dänemark eingewandert. Die Zverev-Familie wanderte aus Russland nach Deutschland aus, Mischa ist noch in der alten Heimat geboren, „Sascha“ schon in der neuen. Johan Kriek und Kevin Curren wechselten zu Apartheid-Zeiten aus Südafrika in die USA. Liezel Huber ging aus dem Post-Apartheid-Südafrika dorthin. Anna Smashnova trat im Nachwuchs-Bereich noch für die SU an, wanderte dann nach Israel aus; zeitweise trug sie den Namen des italienischen Trainers, den sie heiratete, Pistolesi.

Die US-amerikanische Basketball-Spielerin „Becky“ Hammon spielte einige Jahre in Russland, u.a. bei ZSKA Moskau. Nachdem sie für Olympia 2008 nicht für das amerikanische Team nominiert wurde, entschied sie sich, für Russland zu spielen. Die russische Staatsbürgerschaft soll sie bei der Vertragsverlängerung bei ZSKA bekommen haben. Im Basketball sind es häufig Amerikaner, die anderswo hin gehen… Der Franzose „Tony“ Parker ist in Belgien geboren, sein Vater war aber ein afroamerikanischer Basketballspieler. Ein Einwanderer in die USA ist dagegen der Nigerianer Hakim Olajuwon. Puerto Rico ist auch im Basketball unabhängig (hat ein eigenes Nationalteam), daher spielte zB Carlos Arroyo dort. Auch den Nations-/Nationalteamwechsel durch die Auflösung der multiethnischen, kommunistischen Staaten gibt es in dieser Sportart. Sabonis oder Kukoc etwa haben sowohl für SU bzw YU gespielt, als auch deren Nachfolgestaaten Litauen bzw Kroatien.

Handball: Talant Duschebajew ist ein Kirgise, der in der SU aufwuchs, für diese sowie GUS und Russland spielte. 1992 ging er als Legionär nach Spanien, wo er eingebürgert wurde. Die beiden Söhne des jetzigen Trainers sind auch Handballer und Spanier geworden. Nikola Karabatic wurde in Nis (damals SFR YU) geboren, Bruder Luka in Strasburg. Beide spielen für Frankreich. Bogdan Wenta, aus Polen, wurde in seiner Legionärs-Zeit in Deutschland eingebürgert und spielte auch für dessen Nationalteam. Eines seiner ersten Länderspiele für Deutschland wäre gegen Polen gewesen, dieses liess er aus. Auch bei Milena Foltynova, die Anfang der 1980er eine der ersten osteuropäischen Spielerinnen war, die zu Hypo Südstadt kam und im Zuge dessen in Österreich eingebürgert wurden, war die Begegnung mit ihrem Herkunftsland (Tschechoslowakei) in Form eines Länderspiels höchst emotionell. Rund um diesen Tag hat sie noch mehr geraucht als sonst. Nach ihr wurden Jez, Kolar, Topei, Fridrikas,… zum Prokop-Klub und ins österreichische Team gelotst.

Der Eiskunstläufer Samuel Gezalian repräsentierte die SU, Weissrussland, Deutschland, Armenien. Tanja Szewczenkos Eltern stammen aus der SU. Die Duchesnay-Geschwister Isabelle und Paul sind aus Canada nach Frankreich gegangen. Ilhan Mansiz wurde als Türke tatarischer Herkunft im bayerischen Schwaben geboren, wurde Fussballer, spielte u.a. bei Besiktas Istanbul und im türkischen Team (WM 02!), 06 das Karriere-Ende. 07 Auftritt in der türkischen Version eines internationalen TV-Show-Formats, in dem professionelle Eistänzer mit Prominenten tanzen und um den Verbleib bzw Sieg kämpfen, mit seiner slowakischen Partnerin Olga Beständigova (slawisierte Version eines deutschen Namens) gewann er nicht nur. Er kam mit ihr auch privat zusammen und begann mit 33 eine Karriere als Eistänzer im Paarlauf. Die Beiden trainierten in Deutschland, sie änderte aber anscheinend nicht ihre Nationalität, Ziel war Olympia 14, für das sie sich aber nicht qualifizierten.

Motorsport: Mario Andretti wurde im damals italienischen Istrien geboren, das 1945 zunächst von jugoslawischen Partisanen besetzt wurde, 1947 offiziell Jugoslawien zugesprochen. Dort ist er mit seinem Bruder mit Seifenkisten-Wagen durch die hügeligen Gassen seiner Heimatstadt Montona/Motovun gefahren, heist es. Die Familie ging 1948 nach Italien, wie viele andere Italiener von dort in diesen Jahren, 1955 weiter in die USA. Jochen Rindt kam aus einer deutsch-österreichischen Familie, war deutscher Staatsbürger und trat mit österreichischer Lizenz an.

Rugby: Aus Südafrika gingen zu Apartheid- und Post-Apartheid-Zeiten einige Spieler in diverse andere Länder, Philippe de Villiers nach Frankreich, Christiaan Roets nach Wales, Dries Mehrtens nach Neuseeland,… Im australischen Team gab und gibt es einige Eingebürgerte aus anderen Teilen Ozeaniens, etwa den Samoa-Stämmigen Darrell Ioane. Italien hat auch hier Italienisch-Stämmige eingebürgert (aus Argentinien, Australien,…) und Andere (wie Geldenhuys aus RZA). John Plumtree ging von NZL nach Südafrika, wegen seiner Frau. John Lomu war Angehöriger der autochthonen Minderheit Neuseelands.

Kricket: Abdul-Hafiz Kardar spielte für das (geeinte) Indien, als es noch britische Kolonie war, und nach der Unabhängigkeit und Teilung für Pakistan. Bei einigen Anderen, wie Amir Elahi, war es ähnlich. Kepler Wessels „wich“ zu Apartheid-Zeiten aus Südafrika nach Australien „aus“, kehrte wieder zurück. Kevin Pietersen von von Südafrika nach Grossbritannien/England, A. C. Botha nach Irland. Clive Lloyd ist ein ehemaliger Spieler des West Indies-Teams, das aus Spielern der anglophonen Karibik-Länder gebildet wird. Lloyd ist aus Guyana.

Im Fechten wechselte Nathalie Moellhausen von Deutschland nach Brasilien. Anja Fichtel war in erster Ehe mit dem österreichischen Fechter Merten Mauritz verheiratet und trat während dieser Ehe als Anja Fichtel-Mauritz an, lebte in Österreich; scheute auch nicht die Konfrontation mit ihrem langjährigen Förderer Emil Beck (Tauberbischofheim). Damals erwog sie sogar kurzzeitig, für Österreich zu fechten.

Hugo Simon wurde im damals deutsch annektierten „Sudetenland“ geboren, wuchs in der BRD auf, wurde Österreicher. Der deutsche Springreiter Ulrich Kirchhoff startete für die Ukraine, seit er mit einem ukrainischen Millionär zusammen kam. Christian Ahlmann wollte die Nation wechseln als er wegen Dopings (seines Pferds) gesperrt war.

Der Gewichtheber Matthias Steiner wechselte bekanntlich von Österreich nach Deutschland. Bei Hossein Rezazadeh, Aseri-Iraner, Gewichtheber, stand mal ein Wechsel zur Türkei im Raum (oder in manchen Medien), er wurde aber Stadtrat in Teheran.

Im Boxen gibt es zB einige Deutsche mit Wurzeln anderswo, wie Michalczewski  (Polen), Krasniqi (Albanien), Abrahamian (Armenien), Riocchigiani (Italien). Die ukrainischen Klitschko-Brüder, in der SU aufgewachsen, leben dagegen nur zeitweise in Deutschland.

Eisschnelllauf: Emese Hunyady wechselte von Ungarn zu Österreich. Anna Friesinger hat zwar eine polnische Mutter und hat einen Holländer geheiratet, blieb aber Deutschland treu

Volleyball: Vjacheslav Zaytsev kam als Legionär aus der SU nach Italien, in dieser Zeit wurde sein Sohn Ivan geboren, der für Italien spielt

Im Tischtennis sind Chinesen oft „Wanderspieler“, wie Ding Yi, der nach Österreich ging. Dimitrij Ovtcharev ging aus der Ukraine nach Deutschland

Christopher Froome fuhr früher in und für Kenia Rad, nun in GB

Die Golferin Miriam Nagl aus Berlin schlägt unter der Flagge Brasiliens ab, wo sie aufgewachsen ist

Die in Jugoslawien aufgewachsene Kroatin Mirna Jukic wurde in Österreich eine Weltklasse-Schwimmerin

Violetta Oblinger-Peters, deutsche Kanu-Fahrerin fuhr für Österreich, aufgrund ihrer privaten Liaison

Wendy Botha (Surfen) ging während der Apartheid von Südafrika nach Australien

Der Ringer Nazarian wechselte von Armenien zu Bulgarien

Die Turnerin Magdalena Brzeska zog von Polen nach Deutschland

Die Schach-Spielerin Zsuzsanna/Susan Polgár Schach wechselte von Ungarn in die USA, Schwester Zsofia zu Canada, dann Israel, Judit blieb in Ungarn

(1) 07 schossen in einem Länderspiel zwischen Österreich und Tschechien Martin Harnik (der nebenbei halber Deutscher ist) das Tor für Österreich und Jan Koller das für Tschechien; ohne das es einen Nationswechsel gegeben hätte oder das Eigentore gewesen wäre

(2) Leute aus dem indischen Raum sind dort zwar die grösste Einwanderer-Gruppe, sind aber im Fussball fast nicht vertreten, ihr Sport ist das Kricket

(3) Manchmal waren diese irischen Wurzeln aber reichlich „dünn“; „Bernie“ Slaven zB, ebenfalls aus Schottland, hatte gerade eine irische Grossmutter

(4) Das erste Länderspiel des DFV bzw der DDR war 1952; soviel ich weiss gab es keinen, der schon für das Reich gespielt hatte und dann auch für die DDR

(5) Die Türkei hätte Özil gerne gehabt

(6) Ausserdem fallen mir Bonini (San Marino) und Rosso (Kroatien) ein. Beide sind aber keine Auswanderer(-Nachfahren). Rosso ist aus einem Gebiet (Dalmatien), das früher italienisch war, Bonini aus einem Staat, der im Zuge des Risorgimento nicht in Italien aufging. Giovanni Rosso (Đovani Roso)
wollte übrigens für Israel spielen, wo er als Legionär engagiert war

(7) Der damals daran erinnerte, dass seine Vorfahren als Sklaven aus Afrika nach Südamerika gebracht worden waren

(8) Erinnert an Netanyahu und die geplante Mauer in Jerusalem: Einerseits der Wille zur Abgrenzung (hier zu den Palästinensern), andererseits ist natürlich gaaanz Jerusalem jüdisch und israelisch…

(9) Der argentinische Stürmer Gonzalo Higuain wurde dagegen in Frankreich geboren, als sein Vater dort bei Brest Legionär war. Bei Christian Nerlinger (geboren in Dortmund) war es ähnlich

(10) So wie Alain Finkielkraut, der 05 zu „Haaretz“ sagte, das von „Black, Blanc, Beur“ nur „Black, Black, Black“ übrig geblieben sei. In dem Interview ging es eigentlich um die Banlieu-Unruhen. Es ist anzunehmen, dass MEMRI nicht übersetzt und verbreitet hat. Auch auf „Politically Incorrect“ empörte man sich über die Zusammensetzung des französischen Teams

(11) Dass der Abschnitt über Deutschland und jener über Polen schwer ordentlich voneinander zu trennen ist, sagt etwas aus

(12) Die, als sie zum DSV wechselte, auch mit einem Deutschen verheiratet war; später wechselte sie dann auch die Sportart, zum Skicross

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das letzte gesamt-jugoslawische Fussballteam zerfiel 1990 bis 1992 parallel zum Staat, den es repräsentierte. Was noch übrig war, wurde kurz vor Beginn der EM 1992 ausgeschlossen. Zu Beginn der Qualifikation waren noch Spieler aus allen Teilrepubliken Jugoslawiens dabei, vor dem Turnier dann fast nur Spieler aus dem aus Serbien und Montenegro bestehenden Rest-Jugoslawien. Der Verbleib in bzw die Trennung von Jugoslawien verlief im Fussball ähnlich wie „im Grossen“. Basketball und Handball waren im damaligen Jugoslawien ebenfalls wichtig, aber der Fussball reflektierte den politischen Auseinanderfall besonders gut. So wie Sport meist in irgend einer Hinsicht politische und ethnische Verhältnisse wiederspiegelt. 2 Monate vor Beginn der EM 2016 ein Rückblick auf die Geschehnisse rund um die EM 1992, ihre Wurzeln, ihre Folgen.

Fussball, Nationalismus und Politik in Jugoslawien

Auch im ersten, königlichen Jugoslawien (das bis 1929 „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ hiess, Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca) gab es Konflikte zwischen den Nationalitäten bzw zwischen unitarischem und multiethnischem Charakter des Staats. Der erste grosse Erfolg des jugoslawischen Fussballs, der 4. Platz bei der ersten Weltmeisterschaft 1930, stand vor dem Hintergrund eines solchen Konflikts. Es gab Streit zwischen serbischen und kroatischen Funktionären im Fussball-Verband, u. a. weil dessen Sitz von Zagreb nach Belgrad verlegt wurde. Kroaten boykottierten das Nationalteam bei der WM, das dann mit einer rein serbischen Mannschaft antrat.(1) Und, mindestens so politisch wie das war der weitere Weg eines Spielers dieses Teams, Milutin Ivkovic. Er wurde dann Arzt, engagierte sich für den Boykott der Olympischen Spiele in Berlin in Nazi-Deutschland 1936. Wieder ein paar Jahre später war das erste (königliche) Jugoslawien durch den Angriff des Deutschen Reichs und seiner Verbündeten zerfallen. Ivkovic wurde während der nazideutschen Besatzung ermordet, da er mit den Partisanen zusammen arbeitete.

Ab 1945 bekamen die Klubs neue, sozialistische Namen. Und, gute Spieler aus diversen Republiken wurden gern zu den Belgrader Klubs Partizan oder Roter Stern „gelotst“, wie der Kroate „Tschick“ Cajkovski. Cajkovski, der später auch in West-Deutschland als Trainer tätig war, war bei Olympia 1952 dabei, als das jugoslawische Team die Silber-Medaille gewann. In der ersten Runde gewann es über das sowjetische Team, das war kurz nach der Abwendung Titos von Stalin. In Emir Kusturicas Film „Papa ist auf Dienstreise“ (1985) werden Ereignisse rund um dieses Turnier dargestellt. Ja, der ex-moslemische Bosnier (was er nicht sein will) Kusturica. Am Beginn des Krieges in Bosnien 1992 ging er von Sarajevo nach Belgrad, trat dann zur serbisch-orthodoxen Kirche über, nahm den Namen Nemanja an, wurde eine islamophobe Ikone im Zeitalter von Islamkrise und Islamophobie. „Wir wurden nur Moslems, um die Türken zu überleben“, sagte er. Das ist vielleicht nicht ganz falsch, aber was bedeutet das im Klartext? Dass die Bosniaken (moslemische Bosnier) keine „echten“ Moslems sind und südslawische Brüder der Serben, es eigentlich keinen Grund gab, sie zu vertreiben und zu bekämpfen… Kusturica ist übrigens auch „anti-lateinisch“,  was sich nicht nur auf die Katholiken am Balkan (wie Kroaten) bezieht, sondern auch auf Mitteleuropa bzw das katholische Europa. Damit liegt er voll auf Linie mit dem serbischen Nationalismus, wo der „Westen“ nur der andere Feind ist neben dem „Islam“.

Doch ich greife vor. Bei Olympia hat Jugoslawien im Fussball auch 1948 (mit Bobek u. A.) oder 1956 (etwa mit T. Veselinovic) Medaillen gewonnen. Dann gabs den 2. Platz bei der EM 1960, den Olympiasieg im selben Jahr und den 4. Platz bei der WM 1962. Bei allen drei Erfolgen war Fahrudin Jusufi dabei. Der Kosovo (Kosova) und seine Bevölkerung standen in (fast) allen Belangen Jugoslawiens im Abseits, einem Staat der schon seinem Namen nach jener der Süd-Slawen war. Dennoch, einer der ganz wenigen Fussball-Nationalspieler Jugoslawiens, die aus dem Kosovo kamen, war gleichzeitig einer der besten Fussballer des Landes. Fahrudin Jusufi ist kein Albaner, sondern ein Gorani (moslemische Slawen, wie die Bosnier).(41) Mit Partizan Belgrad war er ausserdem in einem Europacup-Finale. Er war einer der vielen Fussballer aus Jugoslawien (Spieler und Trainer), die in kommunistischer Zeit als „Legionäre“ ins Ausland (Westeuropa) gingen.

Die Krise

Klappte der Zusammenhalt Jugoslawiens unter Tito wegen seiner harten Hand (UDBA) oder weil er einen gerechten Ausgleich fand? Die Rivalitäten zwischen den Nationalitäten (bzw Nationen) in Jugoslawien brachen bald nach Titos Tod aus; existent waren sie wohl schon vorher(2). In den 1980ern wurden die Parteiorganisationen der KP in den Teilrepubliken Träger der Nationalismen der Republiken. In Serbien wurde Slobodan Milošević 1987 Parteichef. 1989/90 hob er die Autonomie des Kosovo auf – der Auseinanderfall Jugoslawiens begann (und endete dann auch) mit dem Kosovo. Im Jänner 1990, als das Land schon keine Einheit mehr war, der (letzte) Parteitag der kommunistischen Partei SKJ. Es gab Konsens über die Abschaffung des Einparteiensystems (!), aber Dissens über die Frage der künftigen Verteilung der Kompetenzen zwischen der Zentralregierung und den Teil-Republiken (die slowenische und kroatische Delegation wollten viel mehr Föderalismus). Es gab keine Lösung, nur die de facto-Auflösung der Partei auf Bundesebene(3).

Die kommunistischen Partei-Organisationen in den Republiken wurden in eigenständige und reformkommunistische oder sozialdemokratische Parteien umgewandelt. Die Gründung von anderen Parteien wurde erlaubt. Der nächste Schritt waren Wahlen in den Teilrepubliken, im Laufe des Jahres 1990. Teilweise setzten sich dabei Reform-Kommunisten durch, teilweise die neuen, nicht-kommunistischen Kräfte. Das kommunistische System wurde in den Teilrepubliken abgeschafft. Es gab weiter keine Reform, keine Lösung, auf Bundesebene, die Republiken gingen ihre eigenen Wege, Spannungen zwischen ihnen verstärkten sich. Innerhalb Kroatiens, das nun von der HDZ regiert wurde, wurden sie am grössten, und zwar in jenen Gebieten in denen die serbische Minderheit lebte, bzw zwischen dieser Minderheit und der Republiks-Regierung.

Der Ministerpräsident der Bundesregierung, Ante Marković, versuchte weiter eine gesamtstaatliche Reform – er wollte ein vereintes Jugoslawien, es musste/sollte kein sozialistisches sein. 1990 gründete er eine liberale Partei. Er hatte dabei aber nicht einmal die volle Unterstützung seiner Kollegen in der Bundesregierung, sein Verteidigungsminister Kadijevic agierte zB an ihm vorbei. Sein Reformprojekt wurde von Nationalisten und Alt-Kommunisten sabotiert. Im Staatspräsidium (1989 letztmals gewählt) vertraten die Vertreter der einzelnen Republiken deren Interessen. Das (ernannte) Bundesparlament verlor in der Krise ab 1990 ganz die Bedeutung. Viele, die im spät- sowie im postjugoslawischen Raums wichtige Politiker wurden, wurden in den 1980ern als Dissidenten inhaftiert, Tudjman, Izetbegovic, Seselj,… Beim Slowenen Janez Jansa hat sich inzwischen ein Kreis geschlossen, wenn man so will: Ende der 1980er wegen eines Zeitungsartikels verurteilt, wurde er 1990 (nach der ersten freien Wahl) Minister, später auch Ministerpräsident im (inzwischen unabhängigen) Slowenien, ehe er wegen einer Korruptionssache wieder ins Gefängnis musste.

Der Bosnier Ivan Osim(4) war als Spieler im jugoslawischen Team ein Aussenseiter, da er von keinem der vier grossen Klubs aus Serbien und Kroatien kam. Nach einer Sperre wegen erfundenen Schiebungsvorwürfen in der Meisterschaft kam sein Auftritt bei der EM 1968, wo Jugoslawien Zweiter wurde. „Schwabo“ Osim wurde ins All Star-Team des Turniers gewählt, neben Zoff, Moore oder Mazzola.(5) 1986 wurde er jugoslawischer Nationaltrainer(6), nachdem er unter unter Toplak und Milutinovic schon Assistent gewesen war. Er holte als Teamchef viele Bosnier, zB Mehmet Bazdarevic, den er bei Željezničar Sarajevo trainiert hatte. Er übernahm ein Team mit Spielern, die 1984 bei Olympia eine Medaille geholt haben (etwa Katanec, Bazdarevic, Stojkovic, Ivkovic, Elsner) und bei der U 20-WM 1987 gewonnen haben (wie Šuker, Mijatović, Boban, Prosinečki, Jarni, Štimac, Brnović, Leković). Osim holte als erster jugoslawischer Nationaltrainer nach dem 2. WK Legionäre ins Team (zB Susic, Hadzibegic, Vujovic, Ivkovic, Katanec); zu seinen Spieler-Zeiten wurden Auslandstransfers in der Regel ab 28 J. genehmigt und nachdem er nach Frankreich gegangen war, hatte er keine Länderspiele mehr gemacht.

Ein wichtiger Schritt am Weg zur Auflösung Jugoslawiens war das Meisterschaftsspiel Dinamo Zagreb gegen Roter Stern Belgrad, im Mai 1990. Hier gab es so etwas wie Wechselwirkungen zwischen Fussball und Politik, der Fussball spiegelte hier nicht rein Politik wieder, sondern beeinflusste sie. Das Match fand bald nach der kroatischen Wahl statt, mit dem Sieg der HDZ (die Manche als so etwas wie das Ende des YU-Konsenses sehen) und kurz vor dem Unabhängigkeits-Referendum Kroatiens. Vor dem Match brachen Krawalle zwischen den Fans beider Klubs aus, bei den Belgrader Fans mit dabei war „Arkan“ Željko Ražnatović, der zuvor als Bankräuber in Westeuropa tätig war, danach als Führer serbischer Milizen in Kroatien und Bosnien. Dinamo-Spieler Zvonimir Boban kämpfte im Stadion mit einem Polizisten (ein Bosniake, wie man heute weiss), der auf einen Dinamo-Fan losgegangen war. Das Match, in der vorletzten Runde der Meisterschaft, wurde abgesagt und 0:3 für Roter Stern straf-verifiziert. Dies entschied aber nicht für die Meisterschaft von Roter Stern. Beide Klubs hatten viele Nationalspieler in ihren Reihen, Roter Stern etwa Stojkovic, Prosinecki, Pancev, Savicevic, Sabanadzovic oder den serbischen Rumänen Belodedici, Dinamo hatte neben Boban Suker, Ladic, Stimac, Deveric oder Panadic.

Wie bezeichnend: 10 Jahre zuvor war zum Spiel Hajduk Split gegen RS Belgrad die Nachricht vom Tod Titos in Ljubljana (Laibach) vorgedrungen, das Match wurde abgebrochen, Spieler (wie Vujovic), Schiedsrichter, Zuschauer, Journalisten,… weinten zusammen. Boban war bei der WM einige Wochen später wegen seiner Aktion nicht dabei(7); Bazdarevic fehlte dort wegen einer Attacke auf einer Schiedsrichter mit dem Nationalteam in der Qualifikation. 3 Wochen später fand in dem Stadion in Zagreb das letzte Vorbereitungs-Spiel des Nationalteams für die WM statt, gegen Niederlande. Es gab Pfiffe für das Team. Viele waren damals schon mehr Kroaten oder Serben als Jugoslawen. Das jugoslawische Team spielte in Italien ein glänzendes Turnier, trotz der Auftakt-Niederlage gegen die BRD. Mit Dragan Stojkovic als Regisseur besiegte man Spanien im Achtelfinale. Im Viertelfinale war Argentinien mit Maradona der Gegner; es gab eine Rote Karte für Sabanadzovic und die Entscheidung im Elferschiessen, Hadzibegic vergab den entscheidenden.

Ein WM-Sieg 1990 hätte vielleicht Kriege bzw Auseinanderfall verhindert, sagte Osim im „Ballesterer“-Interview (s.u.). Er hat auch die Aufnahme Jugoslawiens in die EG zur Kriegsverhinderung angedacht. Dazu hätten aber die Jugoslawen den Willen zum Zusammenbleiben haben und ihren Staat reformieren müssen. Nach den Wahlen in den Teilrepubliken kamen aber in der „nächsten Runde“ am Weg zur Auflösung Unabhängigkeits-Referenden; das erste fand im Dezember 1990 in Slowenien statt, das letzte im Frühling 1992 in Bosnien. Dazwischen führten auch Kroatien, Montenegro und Makedonien welche durch. Nur das in Montenegro (Crna Gora) ging negativ aus. Die machtlosen Albaner im (damals serbischen) Kosovo warteten auf ihre Chance.

Neben der Auflösung Jugoslawiens in Einzelstaaten und einer Reform in Richtung Marktwirtschaft und Demokratie war auch eine Umwandlung in einen Staatenbund eine Option. Bis Mitte 1991 war das nicht entschieden. Auch ein Militärputsch alt-kommunistischer Richtung (ähnlich wie er in der SU in diesem Jahr versucht wurde) wäre möglich gewesen. Im März 1991 war das Staatspräsidium knapp dran, den Kriegszustand in YU zu verhängen, vor dem Hintergrund von Waffenkäufen der kroatischen Regierung, Anti-Regierungs-Protesten in Serbien, Spannungen in Kroatien zwischen Kroaten und der serbischen Minderheit, Unabhängigkeits-Referenden und der allgemeinen Instabilität. Eine Verhängung wäre im Sinne Milosevics gewesen und der serbische Block im Staatspräsidium(8) hatte vier von acht Stimmen; es war die Stimme des bosnischen Vertreters Bogicevic (ein serbischer Bosnier!), die dagegen entschied.

Der serbische Präsident Milosevic wurde der eigentliche Machthaber des späten Jugoslawien. Ausser auf den serbischen Block im Staatspräsidium konnte er seine Macht auf Montenegro unter Präsident Bulatovic (einem Reformkommunisten) stützen, die Führer der Serben in Kroatien (Raskovic /Babic, SDS) und Bosnien (Karadzic(9)), und das serbisch dominierte Militär Jugoslawiens JNA (Jugoslavenska narodna armija) unter Verteidigungsminister Kadijevic, nach der „Auflösung“ des SKJ die wichtigste Klammer des Staates.(10)

Osim schaffte es als Nationaltrainer, aus den verschiedenen Nationalitäten und aus „Künstlern“ eine Mannschaft zu formen. Im Team selbst war die Stimmung lange Zeit gut. Die Qualifikation für die EM 92, Gruppe 4, das Debakel der Österreicher gegen die (zu Dänemark gehörenden) Färöer-Inseln. Bazdarevic und Boban kehrten nach der WM ins jugoslawische Team zurück. Im Oktober 1990 spielte aber ein kroatisches Team bereits ein inoffizielles Länderspiel (zum ersten Mal seit 1945), gegen die USA, rund um die Wieder-Aufstellung des Denkmals von Josip Jelacic(11) am zentralen Platz in Zagreb und der Rückbenennung des Platzes nach ihm.

Im September 1990, zu Beginn der jugoslawischen Meisterschaft 1990/91 (die letzte Saison, in der Alle dabei waren), verbrannten kroatische Fans beim Match Hajduk Split gegen Partizan Belgrad die jugoslawische Flagge. Roter Stern Belgrad wurde 90/91 wieder jugoslawischer Meister und sein makedonischer Stürmer Darko Pancev Topscorer (er schoss auch in der Quali für die EM die meisten Tore überhaupt, vor Papin und Van Basten). Bezüglich des Spiels Dinamo Zagreb gegen Roter Stern gab es Schiebungsvorwürfe. Roter Stern verlor in dieser letzten Saison des jugoslawischen Fussballs das aufgeheizte Pokal-Finale gegen Hajduk Split mit 0:1. Die Kroaten nahmen den Cup, eigentlich Eigentum des jugoslawischen Verbandes, mit nach Hause und behielten ihn, heisst es.

Die Sezessionen und die Kriege

Im März 1991 das Karadjordjevo-Treffen zwischen den Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Milosevic und Tudjman, die sich gegen Markovic einigten. Ab Mitte Mai 1991 wurde die Übernahme des Vorsitzes des Staatspräsidiums durch den kroatischen Vertreter Stjepan „Stipe“ Mesic (als Nachfolger des Milosevic-Mannes Jovic) vom serbischen Block blockiert, eine Funktion die aber schon mit wenig Macht verbunden war. Ende Juni wurde Mesic, von der HDZ, dann gewählt, als das erste nicht-kommunistische Staatsoberhaupt Jugoslawiens seit König Petar II. (Karadjordjevic) 1945(12). Das war während des Krieges in Slowenien, der nach der Unabhängigkeitserklärung dieser Republik ausbrach.

Das Land fiel auseinander, als sich sein Fussball einem Höhepunkt näherte. Das 7:0 des jugoslawischen Teams gegen die Färöer im Mai 91 war das letzte Länderspiel einer gesamt-jugoslawischen Mannschaft. (Dass zu dem Spiel in Belgrad nur 7000 Zuschauer kamen, hatte wohl auch mit dem Gegner zu tun.) Der Europacup-Sieg Roter Stern Belgrads (mit Spielern aus fast allen Teilrepubliken), ebenfalls im Mai 1991. Ein Monat später die Unabhängigkeits-Erklärungen Sloweniens (auf die ein kurzer Krieg folgte) und Kroatiens – wo Spannungen und Scharmützel in einen offenen Krieg übergingen. Im Slowenien-Krieg versuchte die JNA auf Anordnung der Bundesregierung, zumindest die Kontrolle über die Aussen-Grenzen Sloweniens wieder zu erlangen, stiess dabei auf Widerstand.(13) Jugoslawien löste sich während des Slowenien-Kriegs auf. Die Kräfte, die Jugoslawien erhalten wollten (in der Armee, der Politik,…), gerieten ins Hintertreffen. Milosevic hatte seine Priorität vom Erhalt (eines serbisch dominierten bzw zentralistischen) Jugoslawiens zur Schaffung eines Gross-Serbiens verschoben, war vom Kommunisten zum Nationalisten geworden.

Im Kroatien-Krieg war die JNA bereits eine Institution, die im Dienst der gross-serbischen Nationalismus stand, nicht im Dienst eines vereinten Jugoslawiens. Sie griff in der „Krajina“(14) an der Seite der Milizen der separatistischen Serben ein. Milosevic hatte sich damit durchgesetzt, Serbien zu vergrössern statt Jugoslawien zu erhalten, „dirigierte“ die Bundesinstitutionen in diesem Sinne. Der Militärhistoriker Tudjman(15) liebäugelte auch mit einem Gross-Kroatien (v.a. auf Kosten Bosniens dann), arbeitete aber weniger rücksichtslos darauf hin. Kroatien durfte Jugoslawien verlassen, aber nur ohne jene Gebiete, die als „serbisch“ erklärt wurden. Eine gesamt-jugoslawische Lösung war nach dem Slowenien-Krieg hinfällig. Im Herbst 1991 gab es in Kroatien Kämpfe um JNA-Kasernen, in jener von Bjelovar lehnten sich kosovo-albanische Soldaten gegen ihre serbischen und montenegrinischen Offiziere auf; auch Makedonier und Bosnier desertierten immer wieder. Und, August bis November die serbische Einnahme Vukovars, der grausamste Teil des Kroatien-Krieges.

Im Juli ’91 gab es ein Trainigslager des jugoslawischen Nationalteams in Italien; die Kroaten, wie Talent Prosinecki, waren nicht mehr dabei. Der Slowene Katanec war in der Quali überhaupt nur einmal dabei, 1990, und erklärte dann schon seinen Rücktritt von Team, weil er in Ljubljana auf der Strasse angespuckt worden sei, da er noch für Jugoslawien spiele. Im Herbst 91 (als der Kroatien-Krieg in die heisse Phase kam) gab es an Qualifikationsspielen noch Färöer und Österreich auswärts(16). Dazu drei freundschaftliche Länderspiele.(17) Das Team bestand im letzten Drittel der Qualifikation aus Serben (wie Stojkovic), Montenegrinern (wie Savicevic), Bosniern wie Hadzibegic oder Osim (als Trainer), Makedoniern wie Pancev. Auch Mario Stanic war dabei, der später für Kroatien spielte. Er ist aber eigentlich Bosnier (kroatischer Bosnier) und spielte damals auch in Sarajevo.

Der serbische Nationalismus (den u.a. Milosevic vertrat) war bezüglich Kroatien und Bosnien für ethnische Grenzen – bezüglich Kosovo aber für historische Grenzen. Kosovo mit seiner 90%igen albanischen Bevölkerung sollte bei Serbien bleiben, weil es seit Jahrhunderten serbisch war. Von Serben bewohnte Gebiete in Kroatien und Bosnien sollten aber das Selbstbestimmungsrecht haben. Milosevic sagte, Republiken hätten eine reine Verwaltungsfunktion, ethnische Grenzen seien entscheidend; bezüglich Kosovo aber nicht. Serbische Nationalisten, die strikt gegen einen Auseinanderfall Jugoslawiens waren, begannen mit separatistischen Bestrebungen in Kroatien und Bosnien. Und während die serbisch dominierten bundesstaatlichen Institutionen im Vorfeld der Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens auf eine Entwaffnung ihrer TO’s drängten, wurden bei den Serben Kroatiens und Bosniens separatistische Milizen aufgestellt. „Ethnische Säuberungen“ wurden als Schutz-Maßnahmen dargestellt, wo es aber um den Gewinn von Territorium ging.

Beim Auseinanderfall gab es eben jene, die nicht so klar zum einen oder anderen „Bruchstück“ gehörten. Jene, die an ein vereintes Jugoslawien glaubten, wozu auch „Ivica“ Osim gehörte (der nebenbei einen gemischten ethnischen Hintergrund hatte). Oder Bosniaken oder Kroaten in von Serben gehaltenen (abgetrennten Gebieten). Gemischte Familien gab es nicht wenige in Bosnien und Kroatien; manche dieser Familien fielen auseinander. Teilweise gab der Vater die (neue) Nationalität für die anderen Mitglieder solcher Familien vor, teilweise war der Wohnort für die Staatsbürgerschaft entscheidend, teilweise geschieht die Definition über die Religionszugehörigkeit. Auch unter den Fussballern gab es „Mischlinge“. Robert Prosinecki hatte eine serbische Mutter (wurde daneben in Deutschland geboren), spielte zur Zeit der Unabhängigkeit Kroatiens bei Roter Stern Belgrad und hatte eine serbische Freundin. Dass er in dieser Zeit ein Angebot von Real Madrid bekam, hat ihn wohl vor dem einen oder anderen inneren (und auch äusseren) Konflikt bewahrt. Er gehört wohl zu den kroatischen Nationalspielern, von denen man sagt, dass sie gerne weiter in diesem jugoslawischen Team gespielt hätten. Er wusste, egal in welche Richtung er sich entschied, es würde für ihn persönliche Konsequenzen haben. Serbische oder kroatische Bosnier, die sich gegen das bosnische Team (das freilich erst nach Kriegsende ’95 begann) entschieden, gab es viele. Der Serbe Mihajlovic hatte kroatische Eltern, der Slowene Katanec ebenfalls.

Was von Jugoslawien nach der Abspaltung Kroatiens und Sloweniens noch übrig war, zerfiel im Herbst/Winter 91, durch die Rücktritte von Regierungschef Markovic und Staatsoberhaupt Mesic.(19) Während des Kroatien-Kriegs schuf das Rumpf-Staatspräsidium kommunistische Symbole in der JNA ab (Uniformen,…)(20) und schloss Slowenen und Kroaten offiziell von der Armee aus. Im Frühling/Sommer die Umwandlung in die „Bundesrepublik Jugoslawien“; da waren auch Bosnien-Herzegowina und Makedonien(21) nicht mehr dabei. Gleichzeitig (damit, dass es sich auf Serbien und Montenegro beschränkte) unterstützte dieses Rest-Jugoslawien den Terror in Bosnien und die Besetzung von Teilen Kroatiens – die Schaffung eines Gross-Serbiens. Die JNA bzw Vojska Jugoslavije (VJ), wie die Armee nach dem offiziellen Ende des zweiten Jugoslawien hiess, zog auch aus Kroatien und Bosnien ab, in der Realität formierte sie sich dort nur um, die dortigen serbischen Milizen bekamen den Grossteil des Kriegs-Materials und Personals.

Milosevic blieb zunächst Präsident Serbiens. Staatspräsident Rest-Jugoslawiens wurde der serbische Schriftsteller Dobrica Cosic. Dieser hatte sich im 2. Weltkrieg den Partisanen angeschlossen, weil er glaubte, dass der Kommunismus den serbischen Interessen am besten diente. Aus dem selben Motiv wandte er sich später vom kommunistischen System ab.(22)

Die jugoslawische Liga ’91/92 fand grossteils vor der Beschränkung Jugoslawiens auf Serbien (mit Kosovo) und Montenegro statt. Klubs aus Makedonien waren dabei, und aus Bosnien-Herzegowina. Željezničar Sarajevo stieg Ende März aus, kurz nach Beginn der Frühjahrssaison. Das war in der Zeit, als BiH seine Unabhängigkeit erklärte und der Krieg ins Land kam. Željezničar-Spieler, wie Mario Stanić, konnten grossteils ins Ausland entkommen. FK Sarajevo sowie die Vereine aus Tuzla und Mostar stiegen gegen Ende der Saison aus; jener aus Banja Luka im serbisch kontrollierten Bosnien spielte sie zu Ende. Osim war in dieser Saison parallel zu seiner Tätigkeit als Nationaltrainer Coach von Partizan Belgrad, wo er auch Spieler aus Slowenien und Bosnien (nunmehr Legionäre) hatte, von denen noch die Rede sein wird. In Slowenien begann 91 eine eigene Liga. In Kroatien wurde von Februar bis Juni 92 eine Meisterschaft gespielt, nach der Ende der ersten Phase des Kroatien-Kriegs, ab der folgenden Saison dann regulär.

Der Krieg in Bosnien war/ist das traurigste Kapitel dieser Kriege, dieses Auseinanderfalls.(23) Bosnien war das Zentrum Jugoslawien und keine der Volksgruppen drängte auf seine Auflösung. Bosnier glaubten lange an Jugoslawien. Aber im Zuge der Demokratisierung 1990 entstanden zunächst ethnisch definierte Parteien (der Bosniaken, Serben, Kroaten), die bei der Wahl die nationaliäten-übergreifenden wie den Ableger von Markovics liberaler Partei und die Reform-KP klar in den Schatten stellten. Nachdem auch Makedonien YU verliess, stand Bosnien vor der Aussicht, in einem von Milosevic beherrschten Rest-Jugoslawien (dass eher ein Gross-Serbien sein würde) zu verbleiben – und nahm erst jetzt Kurs auf Unabhängigkeit. Die Partei der serbischen Bosnier, die SDS unter Karadzic, bereitete sogleich die Sezession der Serben von diesem Bosnien vor. Bosnien-Herzegowina sei ein künstliches Gebilde, hiess es. Und, in (aus) diesen als serbisch definierten Gebieten sollten Angehörige anderer Nationalitäten vertrieben werden.

Das Vertreiben und Morden begann bald nach der Unabhängigkeit Bosniens im März 1992, als der Krieg in Kroatien gerade vorläufig mit der Besetzung/Sezession grosser Gebiete durch Serben in eine „Pause“ gegangen war. Gebiete/Städte, die nicht eingenommen werden konnten, wie die Hauptstadt Sarajevo oder Srebrenica in Ost-Bosnien, wurden belagert und beschossen. Daneben kämpften in der Herzegowina auch Kroaten gegen Serben und Bosniaken. Die verbleibende VJ (ehemalige JNA) unterstützte die serbischen Milizen in Bosnien wie auch in Kroatien bei ihren Vertreibungen bzw Gebietsgewinnen. Kroatien und Serbien (bzw Rest-YU) waren/sind durch BiH miteinander „verbunden“, Milosevic und Tudjman machten auch zeitweise gemeinsame Sache in Bosnien. Serbische und kroatische Bosnier standen ganz unter dem Einfluss von ihnen.

Im Frühling 92 gab es nur ein offizielles Länderspiel, im März, gegen die Niederlande, ein 0:2; da waren Osim und die anderen Bosnier noch dabei. Und zwei inoffizielle Länderspiele: gegen Makedonien, in dem Pancev 1 Hälfte dort, 1 da spielte; dann in Sarajevo eines gegen eine Stadtauswahl. Osim hielt sich in Belgrad auf, als in Bosnien im Frühling der Krieg begann, u.a. mit der Einkesselung Sarajevos. Er trat am 23. Mai als Nationaltrainer zurück, wegen des Krieges, in den auch Rest-Jugoslawien „verwickelt war“, das sein Team ja eigentlich nun bei der EM in Schweden repräsentieren sollte. Es gab eine Pressekonferenz mit Verbandschef Miljanic in Belgrad. Osims Co-Trainer Ivan Cabrinovic, ein Serbe, übernahm das Team bis auf Weiteres.

Es sah so aus, dass das Team ohne ihn (und viele andere Wichtige) in Schweden spielen würde. Auch die bosnischen Spieler, wie Kapitän Hadzibegic(24), und der Makedonier Pancev, die bis zum Ende der Qualifikation und darüber hinaus dabei waren, traten im Frühling 92 aus dem jugoslawischen Team aus. Es verblieben Serben und Montenegriner sowie jene Spieler die dort spielten, bei den beiden grossen Belgrader Klubs, die Slowenen Milanic und Novak, der Bosnier Omerovic und der Makedonier Najdoski.(25)

Die EM 1992

Für Rest-Jugoslawien (die Bundesrepublik) wurde dann für sein Mitmischen in Bosnien und Kroatien (wo der Zustand, die serbische Besatzung von einem Drittel des Landes, für 3 Jahre mehr oder weniger eingefroren war) Sanktionen verhängt. Sanktionen die weh tun sollten! Der Sicherheitsrat der UN beschloss am 30. Mai 1992, also eine Woche nach Osims Rücktritt, Resolution 757. Noch am selben Tag schloss die UEFA auf Grundlage der Resolution das jugoslawische Team von der EM aus. Das war 11 Tage vor dem Beginn des Turniers. Und, der Gruppen-Zweite, das dänische Team, rückte nach, erbte sofort seine Qualifikation.(26) Am 31. 5. lief eigentlich die Frist für die Bekanntgabe der Kader aus, Dänemarks Teamchef Möller-Nielsen bekam aber etwas mehr Zeit zugestanden, seine Spieler aus dem Urlaub zusammen zu trommeln.

Jugoslawiens Teamchef Cabrinovic hatte schon seine 20 Spieler bekannt gegeben. Das waren, an Serben: Dragan Stojkovic (Verona), Sinisa Mihajlovic (RS Belgrad), Vladimir Jugovic (RS Belgrad), Dragoje Lekovic (RS Belgrad; kann auch als Montenegriner gesehen werden), Slobodan Dubajic (Stuttgart), Vujadin Stanojkovic (Partizan Belgrad), Gordan Petric (Partizan B.), Slavisa Jokanovic (Partizan B.), Dejan Petkovic (Nis), D. Jakovljevic (Antwerpen), Krcmarevic (Partizan B.); Montenegriner: Dejan Savicevic (RS Belgrad), Predrag Mijatovic (Partizan Belgrad), Branko Brnovic (Partizan B.), Budimir Vujacic (Partizan B.), Dusko Radinovic (RS Belgrad; evtl mehr Serbe); Slowenen: Darko Milanic, Dzoni Novak (beide Partizan Belgrad); Makedonier: Ilija Najdoski (RS Belgrad); Bosnier: Fahrudin Omerovic (Partizan B.). Und, 17 oder 18 der 20 waren schon nach Schweden aufgebrochen, am 27. 5.(27)

Nach dem Ausschluss bekamen die jugoslawischen Spieler und Funktionäre 2 Tage Zeit, um Schweden zu verlassen. Ganz überraschend kam der Ausschluss nicht. Zum Jahreswechsel 1991/92, nach der Qualifikation, hatte UEFA-Präsident Johannson  angesichts des Krieges in Kroatien gemeint, eine Teilnahme Jugoslawiens bei der EM sei angesichts der politischen Zustände „schwer vorstellbar“. Und das Panini-Sammelalbum für 92 hatte, wenn mich nicht alles täuscht, neben der jugoslawischen Mannschaft zwei „Reserve-Teams“ für den Falle eines Ausschlusses dabei, Dänemark und Italien.

Es ist noch immer irgendwie verwirrend; für wen war der Ausschluss eigentlich eine Strafe? Für die Milosevics und Karadzics? Für die Spieler? Oder für die Osims, die an ein friedlich vereintes Jugoslawien geglaubt hatten? Hätte die Mannschaft die nunmehrige Bundesrepublik Jugoslawien vertreten, die ein verkapptes Gross-Serbien war, oder ein nicht mehr existentes Land, das vereinte, multikulturelle Jugoslawien? Die paar Spieler von ausserhalb Serbien und Montenegro, die zuletzt geblieben waren, dürften von Osim davon überzeugt worden sein. Der Ausschluss war jedenfalls in Ordnung, zumal am Ende ja auch Osim fehlte und das verbliebenes Team ein fast ausschliesslich serbisches bzw rest-jugoslawisches war. Nach Titos Tod blieben Partei (SKJ) und Armee (JNA) als integrative Faktoren bzw Klammern des Staates, erstere zerfiel 90, die JNA 91. Die Nationalitäten/Nationen Jugoslawiens verliessen das Fussball-Nationalteam und das Militär, die JNA, ziemlich synchron. In der Regel taten Slowenen und Kroaten das im Sommer 91, Makedonier und Bosnier Ende 91/Anfang 92. Es ist weniger so, dass die „Reprezentacija“ Opfer der Auflösung des Landes war, die Auflösung hat sich „in ihr“ widergespiegelt (bzw spielte sich auch in ihr ab).

Die Sowjetunion zerfiel auch während der Qualifikation zur EM, aber friedlich, und als Staatenbund GUS (Ex-SU minus Baltikum) nahm ein Team aus den Nachfolgestaaten der SU teil. Und, die DDR war bereits für die Quali ausgelost worden, spielten vor der deutschen Vereinigung im Herbst 1990 zum Abschied noch ein Match in Belgien, das eigentlich als Qualifikationsmatch angesetzt worden war. Am 10. Juni der Turnierbeginn. Es war die letzte EM mit nur 8 Teilnehmern, die letzte bei der der Sieger eines Matches nur 2 Punkte bekam und die letzte vor der Einführung der Rückpass-Regel. Die kontrafaktische Frage „Wäre YU 1992 bei einem Nicht-Ausschluss Europameister geworden?“ muss beantwortet werden mit dem Hinweis auf den Zerfall des Landes und des Teams vom Sommer 1991 bis zum Sommer 1992. Das Team, das am Schluss blieb und teilgenommen hätte, hatte keinen Osim mehr als Trainer, keinen Prosinecki, Pancev, Katanec, Bazdarevic, Ivkovic, Hadzibegic, Boban, Sabanadzovic, Jarni, Spasic,… Bei einer Änderung nur der Variablen „Kein Ausschluss am 30. Mai (oder vorher oder nachher)“ wäre ein rest-jugoslawisches Team in Schweden angetreten, das wenig vom dem hatte, das durch die Auftritte in Italien 90 und in den ersten zwei Drittel der Qualifikation sowie von RS Belgrad im Europacup zum Mit-Favoriten für das Turnier geworden war. Etwas Anderes wäre es gewesen, wenn eine Einigung auf ein Weitermachen als Nationalteam bis zur EM zustande gekommen wäre, so ähnlich wie bei der Sowjetunion bzw GUS.(28)

Jugoslawien war in die Gruppe mit Frankreich, England und Schweden gelost worden, in die dann Dänemark kam. Eine schwere Gruppe, in der für das reale, geschwächte YU-Team auch das Ausscheiden in der 1. Runde möglich gewesen wäre. Osim sagte „Wir hätten das Turnier nicht gewonnen, wenn wir teilgenommen hätten.“ – Wahrscheinlich meint er aber auch das ausgedünnte Team, das am Ende übrig war. Er sagte auch, dass es kein Wunder gewesen sei, dass das dänische Team gewonnen habe. In der Tat, Dänemark war schon in der Quali knapp an Jugoslawien dran, in Kopenhagen hatte das Jugo-Team gewonnen, in Belgrad das dänische, und am Ende war nur ein Punkt Unterschied. Auch ist zu berücksichtigen, dass Rest-Jugoslawien auch bei seinem nächsten Antreten, bei der WM 98, als Mitfavorit galt und dann ein schwaches Turnier spielte.

Ivica Osim verfolgt das Turnier am Fernseher in Belgrad. Er ging dann zu Panathinaikos nach Athen. Die meisten Spieler des ehemaligen Nationalteams Jugoslawiens gingen in dem Sommer auf Klubebene ins westliche Ausland, falls sie das nicht schon waren. Savicevic zum AC Mailand, wo er auf Boban traf (der schon 91 hin gewechselt war). Die Möglichkeit, für ein Nationalteam zu spielen, hatte vorerst keiner von ihnen. Osims Frau und  Tochter waren in Sarajevo eingeschlossen, von der Karadzic-Mladic-Armee. Über Jahre hatte Osim nur sporadischen Kontakt zu seiner Familie, über einen Amateurfunker, und lebte in ständiger Angst, Nachricht zu bekommen dass seine Angehörigen vom Beschuss der serbischen Belagerer (der 4 Jahre auf die Stadt hinunter ging) getroffen worden sind.(29)

Der ehemalige bosnische Fussballer Vahid Halilhodzic wurde zu Beginn des Bosnien-Krieges 92 in Mostar verletzt. Der serbischer Bosnier Predrag Pasic blieb während des Kriegs in Sarajevo, obwohl er die Möglichkeit hatte, nach Westeuropa zu gehen. Er öffnete damals eine Fussballschule in seiner Stadt. Bei seinem Stammklub FK Sarajevo hatte er in den 1980ern Radovan Karadzic erlebt, einen der Hauptverantwortlichen der Massaker und Vertreibungen in Bosnien, als psychologischen Betreuer des Teams. Pasic sagte dazu, im Doku-Film „Rebelles du Foot“, er habe ihn damals als komplett unterschiedliche Person (als den Politiker) kennen gelernt. Damals habe Karadzic den Fussballern mit unterschiedlichem konfessionellen Hintergrund Einheit und Zusammenhalt „gepredigt“.(30)

Im März 94 fand im Zetra-Stadion von Sarajevo ein Match zwischen dem FK Sarajevo (dem, was noch von diesem Klub an Spielern übrig war) und den Blauhelmen der UNPROFOR statt, unter Luftüberwachung. Eine Art Todesmatch, das an jenes 1942, im 2. WK, erinnert, wo eine Stadtauswahl von Kiew (hauptsächlich frühere Spieler von Dynamo und Lokomotyv Kyiv) gegen eine deutsche „Flakelf“ (deutsche Besatzungs-Soldaten der Luftabwehr) spielte und gewann. Anscheinend spielte die Kiewer Mannschaft weitere Matches gegen deutsche Teams in der besetzten Ukraine; einige Spieler wurden danach von der Gestapo in „Lager“ gesteckt, aber aus „Gründen“ die -entgegen dem Mythos- nichts mit den Matches zu tun hatten.(31)

Das Srebrenica-Massaker 1995 war noch ein schlimmer Höhepunkt gegen Ende von Europas schlimmstem Krieg seit dem 2. WK. Mit westlicher Hilfe kam er dann, parallel zu jenem in Kroatien, zu einem Ende. Die USA unter Bill Clinton, nach dem Sieg im Kalten Krieg allein an der Spitze, übten einen moderaten Imperialismus aus. Das folgende Dayton-Abkommen war Appeasement gegenüber der serbischen (paranoiden) Aggression. Das ehemalige Jugoslawien kam aber 95 einstweilen zur Ruhe, Milosevics Gross-Serbien war gestorben. Von den rund 200 000 Toten in allen Jugoslawien-Kriegen wurde etwa die Hälfte in Bosnien getötet.

Stadtmuseum Sarajevo, ein Automotor der während der Belagerung der Stadt als Generator zur Stromerzeugung verwendet worden ist

Epilog

Ivan Osim ging 1994 nach Graz, wo er mit seiner Famile wieder zusammen kam und das Ende des Kriegs erlebte. In seinen frühen Grazer Jahren muss auch der ehemalige Premier Ante Markovic in der Stadt gewesen sein, als Unternehmer. Osim war bis 2002 Trainer von Sturm, der Klub erlebte unter ihm einige goldene Jahre. In der österreichischen Liga gabs für ihn auch Wiedersehen mit Savicevic, Milanic oder Lubomir Petrovic, den EC-Siegertrainer von Roter Stern 1991.

Viele der 1990er-Mannschaft haben für Nationalteams von Nachfolgestaaten des sozialistischen Jugoslawiens gespielt, auch bei Welt- und Europameisterschaften. Im Juli 92 wurde der kroatische Verband bereits zur FIFA zugelassen und bald spielte ein kroatisches Team offizielle Länderspiele. Ähnlich war es mit Slowenien und Makedonien. Diese drei Nationalteams durften in der Qualifikation zur EM 1996 loslegen. Für ’98 waren auch Rest-Jugoslawien und Bosnien-Herzegowina mit dabei (Bosnien spielte seine Heimspiele in Italien). Das Team der BR Jugoslawien, mit einigen Spielern der 92er-Mannschaft wie Savicevic und Stojkovic, enttäuschte 1998 in Frankreich(32) – wo Kroatien (mit Suker, Boban,…) mit dem Dritten Platz einen schönen Erfolg errang. Präsident Tudjman besuchte das Team dort.

In der Quali für die EM 2000 trafen Kroatien und Jugoslawien aufeinander, diesmal war das Team der Serben und Montenegriner stärker. Besonders rund um das Match in Zagreb gab es Spannungen, wurden Erinnerungen an den Raketenbeschuss und die Bombardierungen der Stadt im Krieg wach (gemacht). Und Dejan Savicevic, später ein glühender Verfechter der Unabhängigkeit Montenegros, gab ein bemerkenswertes Interview (https://www.youtube.com/watch?v=MTFhh3Ea5kE). Beim Turnier in Niederlande/Belgien traf Srecko Katanec, nun Trainer Sloweniens (mit Dzoni Novak), auf seinen Trainer bei Sampdoria Genua, Vujadin Boskov, nun Trainer Jugoslawiens.

Für 2014 hat sich auch das Team von Bosnien-Herzegowina qualifiziert. Ein Team, das zu ca 80% aus Bosniaken besteht, Serben und Kroaten aus Bosnien spielen noch immer oft lieber für die Teams von Serbien und Kroatien. Das begann bei kroatischen Bosniern mit Stanic, betrifft aktuell zB Corluka und Lovren. Ein serbischer Bosnier in der aktuellen serbischen Nationalmannschaft ist zB der Dortmunder Subotic. Man könnte fast sagen, dass nur jene bosnischen Kroaten und Serben für Bosnien spielen, die für die Teams von Kroatien und Serbien nicht gut genug sind. Ausnahmen davon sind aber Barbarez (der Wurzeln in allen drei Ethnien Bosniens hat) oder Misimovic.

Dann gabs und gibts Fussballer aus Ex-Jugoslawien, die für andere Nationalteams spielen. Solche, die in Jugoslawien (oder einem seiner Nachfolgestaaten) Fussball spielen gelernt haben und als Legionäre ins Ausland gingen, oder solche die als Gastarbeiterkinder im Ausland aufgewachsen sind. Zlatan Ibrahimovic (bosniakischer und kroatischer Herkunft) gehört zu Zweiteren, Ivica Vastic ist ein Beispiel für Erstere. Vastic spielte 90/91 bei RNK Split in der dritten jugoslawischen Liga. Nachdem 1991/92 aufgrund des Kriegs in Kroatien (zunächst) keine eigene Liga zu Stande kam, ging er nach Österreich, zur Vienna. Wie Ibrahimovic sind auch einige Kosovo-Albaner im „Ausland“ aufgewachsen und dann Nationalspieler etwa der Schweiz geworden. Etwa Behrami und Shaqiri. So lange es Widerstand gegen die Anerkennung von Kosova/Kosovo als unabhängigen Staat gibt, gibt es auch Widerstand gegen die Anerkennung seines Fussball-Nationalteams – bzw umgekehrt, der Widerstand gegen die politische Anerkennung wird (v.a. von Serbien) über den Fussball geführt. Diverse „kosovarische“ Schweizer Nationalspieler könnten zum Kosovo-Nationalteam wechseln, Albert Bunjaku hat das bereits getan.(33)

Auch in ex-jugoslawischen Nationalteams gibt es Eingebürgerte. Bei Kroatien etwa die schon erwähnten kroatischen Bosnier. Auch der 1998-Erfolgstrainer Miroslav Blažević ist ursprünglich Bosnier! Josip Simunic, der u.a. für seine Ustascha-Sprüche bekannt wurde, wurde in Australien geboren, seine Eltern sind anscheinend auch kroatische Bosnier. Dann gibts die „Gastarbeiter-Kinder“, die in das Land ihrer Eltern fussballerisch zurück kehrten, wie die Kovac-Brüder, Prso oder Rakitic. Darijo Srnas Vater ist Bosniake, seine Mutter anscheinend Serbin. Eduardo (Da Silva) kommt aus der brasilianischen Fussball-Diaspora. Der Kosova-Albaner Ardian Kozniku spielte während der Auflösung Jugoslawiens bei Hajduk Split, entschied sich für das kroatische Team, war beim 3. WM-Platz 1998 im Kader. Gelegentlich kommen auch Angehörige von nationalen Minderheiten ins Team, wie Giovanni Rosso (aus Dalmatien) oder Gordon Schildenfeld (aus Slawonien).(34)

Einen Nachschlag zu den Jugoslawien-Kriegen gab es 1998/99 im bzw durch Kosovo/Kosova. 2000 der Sturz Milosevics als Präsident Rest-Jugoslawiens und die Demokratisierung Serbiens. Dann seine Auslieferung an das Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag, dem die internationale juristische Aufarbeitung der Kriege und Massaker übertragen wurde. 2000/01 gab es bürgerkriegsähnliche Unruhen zwischen slawischen und albanischen Makedoniern.(35) 2003 die Umwandlung Jugoslawiens in den Staatenbund Serbien-Montenegro; nach einem Referendum in Montenegro 06 die Auflösung dieses, die Trennung Montenegros von Serbien. ’08 wurde Kosovo durch Bush-Intervention von Serbien unabhängig.(36) Mittlerweile sind 2 YU-Nachfolgestaaten EU-Mitglieder.

Wie sehr am West-Balkan (Ex-Jugoslawien und Albanien) nach wie vor Nationalismus und Politik mit Fussball (bzw Sport allgemein) zusammen hängt, zeigte sich auch am Streit um die Umbenennung von Dinamo Zagreb. Oder, als Bosnien-Herzegowina und Serbien-Montenegro in der Qualifikation für die WM 06 aufeinander trafen, es 04 in Belgrad Fan-Sprechchöre und Transparente für Mladic und Srebrenica gab, und tätliche Angriffe. Oder das Match zwischen Serbien und Albanien im Herbst 14 (Quali für die kommende EM), das nach Tumulten aufgrund einer Drohne mit der Fahne Gross-Albaniens über dem Spielfeld abgebrochen und strafverifiziert wurde. 2010 provozierten serbische Fans bereits nach sechs Minuten den Abbruch der EM-Qualifikationpartie gegen Italien in Genua.

Da es hier schon das Kontrafaktik-Gedankenspiele bezüglich des Abschneidens des YU-Teams 1992 gab, auch ein Blick darauf, wie ein solches Auseinanderfallen Jugoslawiens am ehesten vermieden hätte werden können. Ob das wünschenswert gewesen wäre, ist eine andere Frage. Der Krieg in Bosnien-Herzegowina allein rechtfertigt aber jedenfalls die Suche nach einer Alternative.

Für die Verhinderung eines Zerfalls wäre die Abhaltung von Wahlen zum Bundesparlament 1990/91 entscheidend gewesen. Eine Wahl  ohne Boykotte wichtiger Kräfte und anschliessende Reformen (v.a. eine weitere politische Pluralisierung und die Delegation von Kompetenzen von der Zentralregierung weg) hätte diversen Nationalismen Wind aus den Segeln genommen. Eine Regierungsbildung wäre aber schwierig geworden angesichts der ethnischen Zersplitterung des Landes(37), man sah das im ersten Jugoslawien (dem der Zwischenkriegszeit) oder an Belgien, wo es nur 2 grosse Sprach-/Volksgruppen mit eigenen Parteien gibt. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn es gelungen wäre, bundesweit mehrere Parteien zu etablieren (wie es in der Schweiz die Regel ist).

Eine Politik, die alle wichtigen politischen Kräften zufrieden gestellt hätte, wäre 1990/91 aber eine Quadratur des Kreises gewesen. Die Sezessionsbestrebungen Kroatiens und der gross-serbische Nationalismus waren etwa unvereinbar. Für Letzteren war etwa schon das Erstarken der Teilrepubliken ein Problem, die Tatsache dass die Serben in Kroatien und Bosnien „unter fremde Herrschaft kamen“. Hätte ein Staatenbund (Konföderation) wie Serbien-Montenegro 03 bis 06 einer war, für alle Republiken Jugoslawiens funktionieren können, zumindest für einige Jahre? Wäre mit 6 Republiken schwieriger gewesen, mit einem Milosevic in Belgrad (und den von ihm abhängigen Serbenführern in Bosnien und Kroatien), der brisanten Frage einer gemeinsamen Armee (oder 6 separaten), dem zu vollziehenden Systemwechsel vom Einparteien-Kommunismus weg,…

Hin und wieder findet man in IT-Foren zusammen gestellte Fantasieteams mit jetzigen Spielern aus dem post-jugoslawischen Raum (Jugosphäre), also eine hypothetische aktuelle jugoslawische Nationalmannschaft. Nicht vorbei kommt man da zur Zeit an Handanovic, Modric(38), Dzeko, Vucinic, Ivanovic, Pandev, Kolarov, Srna, Ibisevic, Mandzukic,…

(1) Ivan Bek, einer der wichtigeren Spieler der Mannschaft, war deutsch-tschechischer Herkunft, galt aber als Serbe, da er dort geboren worden war und lebte

(2) Es gab die Spannungen im ersten Jugoslawien und es war der Sieg über die Nazis nicht von Allen mitgetragen worden

(3) Und die Initiative ging vollends auf die Teilrepubliken über

(4) Er gehört zu keiner der drei wichtigen Volksgruppen von Bosnien-Herzegowina, sein Vater war slowenisch-bayrisch, seine Mutter polnisch-tschechisch

(5) Auch bei der EM ’76 kam das jugoslawische Team ins Semifinale, wie 68 dabei war Roter Stern Belgrad-Legende Dragan Dzajic

(6) Wichtigster „Gegenkandidat“ war Vlatko Markovic

(7) Der langjährige AC Milan-Legionär studierte nach seiner Karriere Geschichte in Zagreb, graduierte 2004 mit einer Arbeit über das Christentum im Römischen Reich

(8) Bestehend aus den Vertretern Serbiens und Montenegros sowie den beiden serbischen Gebieten Kosovo und Vojvodina

(9) Wie der kroatische Serbenführer Raskovic war Karadzic Psychiater und auch seine Partei hiess SDS. Als Hauptverantwortlicher für die Massaker in Bosnien wurde Karadzic kürzlich in Den Haag verurteilt

(10) Auch so ein Kuriosum: Die JNA war 1989–1991 Teil der „United Nations Angola Verification Mission“. Bald nach dessem Ende löste sie sich auf bzw wandelte sich um von der Bewahrerin von Einheit und Sozialismus in YU zur Hüterin gross-serbischer Interessen – im Zuge der folgenden Kriegen kamen nun „Blauhelme“ ins zerfallende Jugoslawien

(11) Der 1848/49 im Dienste der Habsburger Aufstände niederschlug

(12) Möglicherweise war dies auch der Slowene Drnovsek; es kommt drauf an, wann er von SKJ zu LDS übertrat, das war 1990, die Frage ist ob er da noch Vorsitzender des Staatspräsidiums war. Ante Markovic wurde 1990 durch seinen Parteiwechsel der erste nicht-kommunistische Premier von YU seit Subasic 1944 (HSS)

(13) Die zur Unterstützung der JNA vorgesehene Teritorijalna odbrana/TO wurde dort und dann auch in den anderen Republiken der Kern einer eigenen Armee

(14) Am inneren Rand des Hufeisens, das Kroatien vereinfacht ist. Es handelte sich dabei um drei Gebiete, wobei die beiden im Westen vereinigt werden konnten

(15) Er war nach dem 2. WK Präsident von Partizan Belgrad gewesen!

(16) Das Match in Wien war das letzte Bewerbsspiel Jugoslawiens. Der horrende Rückpass des damaligen Rapidlers Gager, den Savicevic abfing; 8 Jahre später trafen die Beiden bei einem von Savicevics ersten Matches mit Rapid aufeinander, Gager nun bei Bregenz

(17) Tormann Tomislav Ivkovic war als einziger Kroate über die Sommerpause hinaus geblieben, spielte im August 1991 gegen Schweden, lieferte nach eigener Aussage beim 3:4 ein schlechtes Länderspiel ab. Ivkovic sagte später, er habe sich von der Mannschaft und insbesondere Trainer Osim verabschieden wollen

(19) Beide Funktionen wurden dann bis zur Umstrukturierung von „Platzhaltern“ ausgefüllt

(20) Im Kroatien-Krieg wurden bei serbischen Besetzungen noch YU-Fahnen, mit dem rotem Stern, verwendet

(21) Die Makedonier fühlten sich in Jugoslawien überwiegendst gut aufgehoben (bis zum Schluss fast). Wie die Bosniaken, und das obwohl Beide in YU lange nicht als eigene Nation galten. Auch die Multiethnizität ist eine Parallele zu Bosnien, aber hier gab es ein dominierendes „Staatsvolk“, die slawischen Makedonier, die ethnisch-sprachlich mit den Bulgaren verwandt sind (nach anderer Auffassung sogar Teil dieses Volkes sind). Diese machen hier schon stattliche 65% aus; von den Minderheiten sind die Albaner die grösste. 1990 siegte die wieder gegründete, historisch pro-bulgarische VMRO bei der Parlamentswahl, 1991 wurde Gligorov von der Reform-KP vom Parlament zum Präsidenten gewählt. Im September 91 die Unabhängigkeits-Erklärung nach einem Referendum. Es gab hier keinen Krieg, weil das Land nicht als Teil Grossserbiens gesehen wurde. Aber Spannungen mit Griechenland wegen des Namens bzw angeblichen Gebietsansprüchen auf das griechische Makedonien, und zwischen Mehrheitsbevölkerung und albanischer Minderheit. Die bekanneste Albanerin aus Makedonien ist katholisch, Agnes/Anjezë Bojaxhiu, dennoch wird gerne ein Religionskonflikt daraus „gemacht“

(22) Ähnlich verhielt es sich mit dem Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic. Er war linientreuer kommunistischer Offizier in der JNA gewesen, bevor er Ausführender von Karadzics Politik wurde, den ethnischen „Säuberungen“ in Bosnien-Herzegowina, seiner Heimatrepublik

(23) Durch das serbisch-montenegrinische und kroatische Mitmischen war er kein reiner Bürgerkrieg

(24) Wie Osim hatte er Verwandte in Sarajevo, die nun eingeschlossen waren

(25) Serbische Bosnier hätten sicher auch mitgemacht, gab es damals aber keine an erstklassigen Fussballern

(26) Was insofern gerecht war, als Dänemark von den Gruppenzweiten der Fünfer-Gruppen die meisten Punkte hatte, mehr als Portugal und Italien

(27) Osim fuhr zum Belgrader Flughafen um sich von der Mannschaft zu verabschieden. Beim Umsteigen auf einem Flughafen stiess der „ausgestiegene“ Faruk Hadzibegic zu ihnen, auf einen Cafe mit ihnen

(28) Oder wie zwischen Tschechien und Slowakei, die sich im Laufe der Qualifikation für 94 trennten und ab Anfang 1993 nicht mehr als Tschechoslowakei antraten, sondern als „Gemeinsames Team der Tschechen und Slowaken“; oder das in Serbien-Montenegro ummodelierte Rest-Jugoslawien nach geschaffter Quali für 06 durch die Unabhängigkeit Montenegros auseinanderfiel, bei der WM aber noch als gemeinsames Team antrat

(29) Eine Olivera Stajic, die bei der angeblichen Qualitätszeitung „Standard“ schreiben darf, schrieb dort mal zur Belagerung Sarajevos, man habe „manchmal den Eindruck, dass diese romantisch verklärt werde“ und dass die Lage der serbischen Bosnier zu kurz komme

(30) Karadzic war 1983/84 auch psychologischer Betreuer von RS Belgrad, damals mit Spielern wie Tomislav Ivković, Marko Elsner, Milan Janković, Milos Šestić, Đurovski, Milovanović; angeblich war er auch beim FC Barcelona in dieser Funktion tätig gewesen

(31) Nach Motiven der Spiele von 1942 entstand 1962 der ungarische Film „Két félidő a pokolban“, deutsch „Zwei Halbzeiten in der Hölle“ oder „Das letzte Tor“. 1981 gabs eine Art Neu-Aufguss davon, den US-amerikanisch-britischen Film „Escape to Victory“ („Flucht oder Sieg“), in dem Kriegsgefangene aus verschiedenen Ländern gegen deutsche Bewacher spielen; mit Pelé, Robert Moore, Michael Caine, John Wark, Osvaldo Ardiles

(32) Trainer war Slobodan Santrac, der 92 Cabrinovics Co-Trainer gewesen wäre

(33) 1993 spielte ein Kosovo-Nationalteam erstmals ein inoffizielles Länderspiel, seit 2014 (6 Jahre nach Unabhängigkeit) offizielle

(34) Im slowenischen Team sind seit der Unabhängigkeit Serbisch-Stämmige sehr präsent, wie Zahovic oder Novakovic, Nachkommen von Einwanderern aus YU-Zeiten; um die Einbürgerung solcher Einwanderer gibt/gab es einen politischen Streit. Bei Rest-Jugoslawien bzw Serbien gabs zB Albert Nadj (Nađ, Nagy), dessen eigentlich ungarischer Name Wurzeln in der Vojvodina nahelegt

(35) Bei Makedonien gab es Potential für Kriege mit Griechenland und Albanien

(36) Anlässlich der Unabhängigkeit von Kosovo/Kosova gab es gewalttätige Demonstrationen von Belgrad (wo die US-Botschaft gestürmt wurde) bis Wien (Grussbotschaften von Handke bis Strache)

(37) Die grösste Volksgruppe Jugoslawiens waren die Serben, diese machten ca. 35% aus; eine Partei die unter Serben 60% bekam (was sehr viel ist), hätte landesweit dann etwas über 20% gehabt

(38) Luka Modrić wurde 1985 geboren und erlebte den Krieg in Kroatien in der Gegend um Zadar, musste mit seiner Familie flüchten, als die Gegend der „Republik Serbische Krajina“ eingegliedert wurde

(39) Beim „ballesterer“ gibt es freilich einige zweifelhafte Mitarbeiter wie Spitaler, Rosenberg, Forster

(40) Bei Serben, Kroaten, Bosniern und Montenegrinern schlug die Wahrnehmung bzw Hervorkehrung von Gemeinsamkeiten um zu jener von Unterschieden; die Sprache die lange als „Serbokroatisch“ und gemeinsame Sprache gesehen wurde, wurde ab Anfang der 1990er zu drei bis vier verschiedenen, je nachdem ob Serbisch und Montenegrinisch als unterschiedliche Sprachen gesehen werden. Verständigung ist leicht möglich, es gibt zwischen diesen Sprachen Unterschiede, es gibt Gemeinsamkeiten, es kommt darauf an, was eher wahrgenommen wird. Wobei, (s)eine eigene nationale Identität zu unterstreichen, ist noch nicht der erste Weg zum Krieg, solange man Vielfalt akzeptiert

(41) Fadil Vokrri war einer der Kosova-Albaner, die für das jugoslawische Fussball-Nationalteam spielten. Das war in der „goldenen Zeit“ des Fussballs des Kosovo. FK Prshtina spielte Mitte der 1980er einige Jahre in der ersten YU-Liga. Das war die Generation mit Spielern wie Vokrri oder Shala. Miro Blazevic war in dieser Phase auch mal Trainer des Klubs. Auch einige Spieler kamen von jugoslawischen Gebieten ausserhalb des Kosovos. 1983 gewann man gegen Roter Stern Belgrad, auch so ein „unvergessliches“ Match… Vokrri wurde ’08 Präsident des Fussballverbandes von Kosova

Triptychon von Marko Kovacic „Garten der irdischen Freuden“, 1991. Künstlerhaus Wien 2015

Zum Weiterlesen und -schauen

* Zu Ivica Osim und seinem Nationalteam:

Klaus Zeyringer: Fussball. Eine Kulturgeschichte (2014)

Ivica Osim, Gerd Enzinger, Tom Hofer, Jure Buric: Das Spiel des Lebens (2001)

Andrej Krickovic: Football Is War (1999)

Richard Mills: The Politics of Football in Yugoslavia: Sport, Nationalism and the State (International Library of Twentieth Century History 95; 2017)

„ballesterer“ 108 (Jänner/Februar 2016) mit Osim-Schwerpunkt(39)

http://magicspongers.blogspot.co.at/2011/10/what-if-yugoslavia-euro-92.html

http://www.the42.ie/dinamo-v-red-star-the-match-that-heralded-war-840682-Mar2013/

http://www.historija.ba/d/27-roden-ivica-osim/(auf Bosnisch bzw BKMS)(40)

Die Nachfolge-Ligen der jugoslawischen

https://www.opendemocracy.net/can-europe-make-it/ivan-djordjevic/red-star-serbia-never-yugoslavia-football-politics-and-national-i

Rückblick auf das jugoslawische Nationalteam

So hätte ein gesamt-jugoslawisches Team bei der WM 1994 aussehen können

Die TV-Reportage „Elf Freunde“ (Schweiz 1998, Deutsch) von Miklos Gimes über die letzte gesamtjugoslawische Nati bzw ihre Protagonisten, damals und später

weitere Dokumentarfilme: „The Last Yugoslavian Football Team“ von Vuk Janic (NL 2000; Serbo-kroatisch bzw BKS mit Untertiteln), und „Fudbal, nogomet i jo poneto“ von Igor Stoimenov (SRB 2007, BKS)

https://www.youtube.com/watch?v=06tdOMS6TME (Osims Rücktritts-Bekanntgabe auf der Presse-Konferenz 92; auf BKS)

* Zum Auseinanderfall Jugoslawiens allgemein:

Dunja Melic: Der Jugoslawien-Krieg (2007)

Norbert Mappes-Niediek: Die Ethno-Falle. Der Balkan-Konflikt und was Europa daraus lernen kann (2005)

Svein Monnesland: Land ohne Wiederkehr. Ex-Jugoslawien: Die Wurzeln des Krieges (1997)

Carole Rogel: The Breakup of Yugoslavia and the War in Bosnia (1998)

Misha Glenny: The Fall of Yugoslavia (1992; Jugoslawien: Der Krieg der nach Europa kam)

Nigel Thomas, Krunoslav Mikulan, Darko Pavlovic: The Yugoslav Wars (2006)

Dejan Djokić, James Ker-Lindsay (Hg.): New Perspectives on Yugoslavia: Key Issues and Controversies (2013)

Reinhard Lauer, Werner Lehfeldt: Das jugoslawische Desaster (1995)

Sabrina P. Ramet: Die drei Jugoslawien: Eine Geschichte der Staatsbildungen und ihrer Probleme (2011)

James Gow: The Serbian Project and Its Adversaries: A Strategy of War Crimes (2003)

Christopher Bennett: Yugoslavia’s Bloody Collapse: Causes, Course and Consequences (1997)

Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhundert (2010)

Erich Rathfelder: Kosovo (2010)

Marica Bodrozic: Tito ist tot: Erzählungen (2002; zeithistorischer Roman zum sozialistischen YU und seinem Auseinanderfall YU)

Miljenko Jergovic: Buick Rivera (Kroatisch 2002, Deutsch 2006; der kroatisch-bosnische Schriftsteller beschäftigt sich mit dem Erbe Jugoslawiens)

Sasa Stanisic: Herkunft (2019), Roman

Der Auseinanderfall Jugoslawiens aus marxistischer Sicht 

Die JNA und der Auseinanderfall: hrcak.srce.hr/file/4593

Die BBC-Dokumentation „The Death of Yugoslavia“, ist auch auf Youtube zu finden

Zelimir Zilnik, 1994: „Tito po drugi put medju srbima“ (Tito zum zweiten Mal unter den Serben), Mockumentary

* Zum post-jugoslawischen Raum:

Holm Sundhaussen: Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten 1943-2011: Eine ungewöhnliche Geschichte des Gewöhnlichen (2014)

Sabrina Ramet (Hg.): Central and Southeast European Politics since 1989 (2010)

Karl-Markus Gauss: Die sterbenden Europäer (2002). Der Autor kommt aus einer donauschwäbischen Familie aus der serbischen Batschka (Teil der Vojvodina), ist in Salzburg geboren und aufgewachsen. Er behandelt hier u. A. die sephardischen Juden in Bosnien, die Gottscheer in Slowenien, die Aromunen/Walachen Mazedoniens.

Matthias Marschik, Doris Sottopietra: Erbfeinde und Hasslieben. Konzept und Realität Mitteleuropas im Sport (2000)

http://www.academia.edu/9533564/Football_and_Reconciliation_in_Post-war_Bosnia_and_Herzegovina

Über die mögliche Anerkennung der „fussballerischen Unabhängigkeit“ von Kosovo/Kosova

 

 

„Super. Jetzt haben wir alle unsere eigenen Länder, und arbeiten zusammen in Deutschland auf der Baustelle“

 

Allgemein

In der Republik Südafrika ist Politik nach wie vor rassisch, Sport nach wie vor politisch. Alles dreht sich in Südafrika am Ende um Rassenbeziehungen. Fast alle Probleme des Landes sind in gewisser Hinsicht Rassenprobleme bzw Apartheiderbe. Vom Rassendiskurs kommt man schnell zum Afrikadiskurs und zum Kolonialismus-/ West-/Imperialismus-Diskurs. Das eigentliche Apartheid-System herrschte in Südafrika von 1948 bis 1994; aber es sind 100 bis 150 Jahre, die Weisse dort über Schwarze geherrscht haben, teilweise mehr. In der Sportgeschichte steckt alles über das Land (Apartheid und Überwindung, Rassenbeziehungen, …) drinnen.

Verallgemeinert kann man sagen, dass Fussball in Südafrika der Sport der Schwarzen ist (sowohl was Aktive betrifft, als auch Zuseher), Rugby jener der Weissen. Dahinter ist v.a. Kricket noch zu nennen, wo auch die Inder Südafrikas eine Rolle spielen. Die Mischlinge (Coloureds, „Farbige“, im Westkap die grösste Volksgruppe) sind in allen Sportarten vertreten, nirgendwo dominierend. Im Rugby und Kricket gehört Südafrika zur Weltklasse, im Fussball gelang dieser Sprung nicht. Gebracht haben so gut wie alle Sportarten die Briten nach Südafrika, Ende des 19. Jahrhunderts.

Eine Rassentrennung gab es in Südafrika schon vor dem Beginn der Apartheid 1948 (burische Parteien alleine an der Macht), vor der (de facto-) Unabhängigkeit von Grossbritannien 1931 (Westminster-Statut) und vor der Entstehung Südafrikas als Einheitsstaat 1910 (Vereinigung von vier britischen Kolonien). Aus Kolonialpolitik wurde eine Praxis (der weissen Siedler), und diese wurde erst unter der Apartheid in Gesetzen festgeschrieben, im Sport in den 1950ern von Innenminister T. E. Dönges.(1) 1908 nahmen die damaligen britischen Kolonien Südafrikas, die Vereinigung von 1910 vorwegnehmend, erstmals bei Olympischen Spielen an, gemeinsam.(2) Von diesem Anfang an bis zum Ausschluss in den 1960ern durften nur Weisse teilnehmen, die Anfang des 20. Jh 20 bis 25% der Bevölkerung ausmachten.(3) Unter Premier Verwoerd (1958 bis 1966) wurde die Apartheid in verschiedener Hinsicht noch verschärft, auch im Sport.

Es gab verschiedene Sportvereine für die verschiedenen Rassen und getrennte Dachverbände, und nur die weissen waren in der South African Olympic and Empire [später Commonwealth] Games Association (SAOEGA, später SAOCGA) vertreten. Sogar die Uni, die als liberaler Campus schwarze Studierende zuliess, hatte zwei Teams. Diese Vorgabe galt auch für Gast-Mannschaften.(4) Die British Empire– Spiele (Vorläufer der Commonwealth-Spiele) 1934, zuerst an Johannesburg vergeben, wurden nach London verlegt, da die südafrikanische Regierung eine Teilnahme farbiger Teilnehmer ablehnte. Es gab einige „farbige“ Sportler, die durch Emigration diesem Ausschluss entgingen, wie der Gewichtheber Ronald Eland, der dann für Grossbritannien antrat; die Möglichkeit der Emigration hatten aber nur Wenige.

Ab Ende der 1940er beschwerten sich schwarze Athleten und Verbände Südafrikas beim IOC über ihren Ausschluss – ihnen wurde beschieden, die Sache mit „ihrem“ nationalen olympischen Komitee SAOCGA auszumachen. Auch als 1952 ein neuer IOC-Präsident kam, der US-Amerikaner Avery Brundage (bis 1972), wurde dies als eine interne südafrikanische Angelegenheit gesehen, wurden keine Maßnahmen unternommen. Das IOC war eben eine Gruppe von Personen hauptsächlich aus dem Westen, welcher sich ausgebreitet hatte und damals noch über viele Kolonien herrschte, auch wenn er dabei war, einen Teil davon zu verlieren. Nachdem die olympische Bewegung 1936 in Hitlers Berlin und Garmisch gastiert hat, war die Apartheid auch kein Ausschlussgrund.

Es war der von der Sowjetunion geführte kommunistische Ostblock, der in den 1950ern zuerst die Haltung des IOC zu Apartheid-Südafrika in Frage stellte. Auch Indien und manche Blockfreie begannen sich in der Frage zu engagieren. Mit der Entkolonialisierung in Afrika, Asien, Amerika (Karibik) und Ozeanien entstand auch im IOC Opposition zur Apartheid. Ähnlich ging es in anderen internationalen Organisationen, wie der UN, und so kam es Ende der 1950er, Anfang der 1960er zur Isolation Apartheid-Südafrikas. Für Olympia1960 ging es sich aber nochmal aus: Als IOC-Delegierte 1959 darauf hinwiesen, dass die Praxis der SAOCGA gegen die in der Olympischen Charta festgeschriebene Ächtung von Diskriminierung möglicherweise verstosse, behauptete der südafrikanische Delegierte, dass sich nicht-weisse Athleten aus rein sportlichen Gründen nicht qualifiziert hatten… Und Brundage war der Meinung, dass diese Nicht-Diskriminierungs-Regel nur für Olympia selbst und nicht für nationale „Vorausscheidungen“ gelte. So war ein südafrikanisches Team 1960 in Rom dabei und auch erstmals eines bei den Winterspielen.

1955 wurde in Südafrika ein Committee for International Recognition gegründet, das 1958 in die South African Sports Association (SASA) überging und 1963 in das South African Non-Racial Olympic Committee (SAN-ROC). Der Organisation ging es um den Kampf gegen Rassentrennung im südafrikanischen Sport, die Anerkennung der alternativen Sportverbände und den Ausschluss eines rein weissen Südafrikas von Olympia. Geleitet wurde sie von Dennis Brutus (Generalsekretär der SASA und Präsident von SAN-ROC), der afrikanische, europäische und asiatische Vorfahren hatte, wie viele der Mischlinge Südafrikas. Er war im Non-European Unity Movement (NEUM) aktiv. Dennis Brutus bekam keinen Reisepass und wurde gebannt, was eine Beschränkung u.a. seiner Bewegungsfreiheit und seiner Möglichkeit, Andere zu treffen, bedeutete. 1960 wurde er wegen Verstössen gegen diesen Bann verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Danach gelang ihm die Flucht ins portugiesische Mozambique, von wo ihn die Kolonialbehörden aber nach Südafrika zurückschickten. Bei einem Fluchtversuch wurde er dort angeschossen; er wurde ins Gefängnis auf Robben Island gebracht, für etwa eineinhalb Jahre, in eine Zelle neben jener Nelson Mandelas. Auch John Harris, Vorsitzender des SANROC, wurde gebannt und eingesperrt. Er schloss sich einer militanten weissen Gruppe an und wurde 1965 hingerichtet.(5)

Anfang der 1960er intensivierte sich der Widerstand gegen die Apartheid in Südafrika und verband sich der Konflikt mit anderen im südlichen Afrika. Südafrika wurde eine Republik und trat aus dem Commonwealth aus, die Teilnahme an Commonwealth-Spielen wurde dadurch hinfällig. Die SAOCGA wurde in SAONGA (South African Olympic and National Games Association) umbenannt, später in SANOC (South Africa National Olympic Committee). Unabhängige afrikanische Staaten thematisierten die Rassendiskriminierung Südafrikas in internationalen Gremien, auch im IOC. Das Apartheid-Regime wurde von einem geachteten Mitglied der Staatengemeinschaft zu einem Aussenseiter; es behielt aber Freunde und gewann neue hinzu. 1963 gewann Sewsunker „Papwa“ Sewgolum, ein indischer Südafrikaner, als Caddie tätig, die Golf-Meisterschaft von Natal. Er wurde zur Preisverleihung nicht in das Klubhaus gelassen, das Foto von ihm, wie er draussen in strömendem Regen die Trophäe erhielt, ging um die Welt, schadete dem Ansehen des Rassentrennungs-Systems und half jenen, die dagegen kämpften.

Das IOC verlegte seine Konferenz 1963 von Nairobi nach Baden-Baden, nachdem die kenianische Regierung der südafrikanischen Delegation die Einreise nicht gestatten wollte. SAN-ROC wurde daran gehindert, Vertreter zu der Konferenz zu schicken, aber die an Bedeutung gewinnende Anti-Apartheid-Bewegung im Exil schickte Appelle an nationale olympische Komitees, den Apartheid-Sport zu ächten. Abdul Samad Minty, Exil-Südafrikaner, in der britischen Anti-Apartheid-Bewegung aktiv, Leiter des UN-Zentrums gegen Apartheid, setzte sich in Baden-Baden bei Delegierten und IOC-Funktionären im Namen von SAN-ROC ein, präsentierte Material über Rassismus im südafrikanischen Sport. Besonders Indien nahm sich der Sache an (teilweise deshalb, weil die Apartheid auch die indische Volksgruppe in Südafrika betraf), beantragte Südafrikas Ausschluss von Olympia.

Das IOC nahm auf dieser Konferenz die Einladung an das SANOC zu den Olympischen Spielen 1964 zurück und stellte eine Teilnahme (nur) für den Fall in Aussicht, das sich das NOK von Südafrika gegen die Regierung(spolitik) dieses Landes stellte. Das tat SANOC nicht und zusätzlich kündigte Innenminister Jan de Klerk (Vater des zukünftigen Präsidenten Frederik W.) an, dass das Team für 1964 nicht „rassisch gemischt“ sein würde. So blieb es beim Ausschluss. Dennis Brutus, der darauf hingearbeitet hatte, war gerade im Gefängnis, als diese Nachricht kam. Mit der Suspendierung Südafrikas von Olympia (ab) 1964 waren die Weichen für den Sportboykott gegen die Apartheid überhaupt gestellt.

Als Südafrika von Olympia ausgeschlossen wurde (und bei Commonwealth-Spielen nicht mehr antrat), begann, ab 1964, die Teilnahme an den Paralympics (Sommer und Winter) und im selben Jahr die Ausrichtung der South African Games (manchmal South African Open Games genannt). Diese waren eine direkte Antwort auf den Olympia-Ausschluss, fanden 64, 69, 73, 81, 86 statt, unter Teilnahme einiger ausländischer (weisser) Sportler. An den Behinderten-Spielen Paralympics durften südafrikanische Sportler 1976 letztmals antreten; ’80 wurden sie vom Veranstalter Niederlande ausgeschlossen, wegen der Rassentrennung Südafrikas bei Sportlern und Zuschauern.

1966 gründete die Organisation für afrikanische Einheit (OAU) das Supreme Council for Sport in Africa (SCSA), das sich vornahm, Apartheid-Südafrika von Olympia auszuschliessen und Spiele zu boykottieren, sofern Südafrika teilnahm. SAN-ROC war nach den Verhaftungen Mitte der 1960er zerschlagen, wurde in London 1966 wiederbelebt. Die Vereinigung nationaler olympischer Komitees Afrikas (ANOCA) gewährte SAN-ROC die Mitgliedschaft, anstelle des SANOC. Auf der IOC-Konferenz in Teheran 1967 sagte SANOC zu, ein Team aus allen Bevölkerungsgruppen zur Sommer-Olympia 1968 zu schicken. Um das eigene Verbot gemischtrassiger Wettbewerbe zu umgehen, sollten Vorausscheidungen ausserhalb Südafrikas stattfinden (obwohl die einzelnen Bewerbe rassisch getrennt sein sollten)… Dieses kleine Einlenken unter Premier Vorster war und ist für Hardcore-Apartheid-Anhänger auch Mit-Grund, ihn zu den „Verrätern“ an dieser Ideologie zu erklären.

Im Februar 1968 entschied das IOC, SANOC zu den Spielen 1968 in Mexiko einzuladen, mit der Bedingung, das verbleibende Diskriminierung bis zu den Spielen 1972 beendet wird. Das SCSA drohte darauf hin, dass afrikanische Staaten Olympia 1968 boykottieren würden; auch der Ostblock deutete diese Möglichkeit an. Daraufhin intervenierte das mexikanische Organisationskomitee beim IOC, die Entscheidung zur Wiederzulassung zu überdenken, da seine Veranstaltung so zu einem Fiasko werden könnte. Im April schloss das Exekutiv-Komitee des IOC Südafrika „aufgrund des internationalen Klimas“ aus. 1968 rief auch die UN-Generalversammlung zum Boykott von Sportveranstaltungen mit Südafrika auf.

1970 wurde SANOC vom IOC ausgeschlossen; auf der Konferenz in Amsterdam wurden Fälle von Diskriminierung im Sport vorgetragen sowie die Verwendung der olympischen Ringe bei den South African Games. Ungefähr zur selben Zeit wurde eine Tour des südafrikanischen Kricket-Teams in England abgesagt und das Land im Tennis-Davis-Cup ausgeschlossen. Ein Team aus der BR Deutschland zog die Teilnahme von den SA Games 1969 zurück, nachdem die SCSA im Namen afrikanischer Staaten androhte, Olympia in München 72 zu boykottieren. 1969 gab es auch den Versuch, Black Games in Soweto zu veranstalten.

1973 wurde ein South African Council on Sports (SACOS) gegründet, als Nachfolger der SASPO, als nicht-rassischer Sportverband, als Partner des SAN-ROC, auch bei Bemühungen zum vollständigen internationalen Boykott des Apartheid-Sports. Während dieses inzwischen vom Londoner Exil aus agierte, war SACOS in Südafrika tätig. SACOS-Generalsekretär M. N. Pather wurde etwa an der Ausreise gehindert, als ihn die UN zu Konsultationen nach New York einlud. Der Präsident der South African Amateur Swimming Federation (mit dem SACOS affilliert), Morgan Naidoo, wurde gebannt, nachdem der Apartheid-Schwimmverband 1973 von der International Swimming Federation ausgeschlossen wurde.

Eine wichtige Rolle im südafrikanischen Sport spielt(e) Sam Ramsamy, auch ein indischer Südafrikaner, aus Durban. Er schaffte es, zum Studium ins Ausland (nach Europa) zu gehen und arbeitete dann als Sportlehrer in London. Bereits während des Studiums gegen die Apartheid im Sport aktiv, war er ein Gründungsmitglied von SACOS. Er gab seinen Job auf, um hauptamtlich für SAN-ROC in London zu arbeiten, wurde 1976 dessen Vorsitzender. Er knüpfte Kontakte mit Sportverbänden, v.a. in der „3. Welt“, zum ANC und ausländischen Anti-Apartheid-Solidaritäts-Gruppen, mit Sportjournalisten, erreichte die Anerkennung für SACOS beim Supreme Council for Sport in Africa, verband Widerstand in Südafrika und im Exil, SACOS und SAN-ROC, arbeitete für die UN, arbeitete an einer Ausweitung des Sport-Boykotts.

Südafrika bzw die Apartheid war der indirekte Grund für den Olympia-Boykott 1976 (die nächsten Turniere wurden dann immer von irgendwem boykottiert, im Zeichen des Kalten Krieges). Das neuseeländische Rugby-Team gastierte in diesem Jahr, nach dem Soweto-Massaker, in Südafrika, mit dem Segen des neuen neuseeländischen Premiers Robert Muldoon (National Party).(6) Afrikanische Länder verlangten den Ausschluss Neuseelands. Das IOC wies darauf hin, dass Rugby kein olympischer Sport war und der neuseeländische Rugby-Verband nicht Mitglied des NOK’s des Landes. 26 von 28 afrikanischen NOK’s boykottierten daraufhin die Spiele in Montreal, jene von Guyana und Irak schlossen sich ihnen dabei an. Im folgenden Jahr haben Regierende von Commonwealth-Staaten bei einem Treffen in Gleneagles, Schottland, beschlossen, von Sportkontakten mit Südafrika Abstand zu nehmen. 1978 hat auch die EG eine ähnliche Erklärung verabschiedet.

Der (in die USA ausgewanderte) Inder Enuga Sreenivasulu Reddy hat an der UN das Special Committee against Apartheid (dessen Sekretär er 1963–1965 war) und dessen Centre against Apartheid (dessen Direktor er 1976–1983 war) ins Leben gerufen. 1977 hat die UN eine Erklärung gegen Apartheid im Sport verbaschiedet. Das Spezialkomitee hat 1980 ein „Register of Sports Contacts with South Africa“ begonnen, das alle Sportspersonen auflistete, die in Südafrika auftraten. Manche Regierungen verweigerten diesen Personen die Einreise

1985 hat die UN die Internationale Konvention gegen Apartheid im Sport verabschiedet, die zuvor u.a. wieder unter der Mitwirkung Sam Ramsamys ausgearbeitet worden war. Sie sah Sanktionen auch gegen jene vor, die Sportkontakte mit solchen hatten, die Sanktionen gebrochen hatten. Beim Entwurf gab es einigen Streit und vom Beginn des Unterzeichnungsprozesses 1986 bis zum Inkrafttreten (für die Unterzeichnerstaaten) wurde sie von keinen westlichen Staaten unterzeichnet, und nur von 20 von 52 afrikanischen. Die Sache mit dem bindenden Boykott von „Drittparteien“ erwies sich als nicht konsensfähig. Die Sowjetunion etwa hatte Angst vor den Auswirkungen auf Olympia in Moskau 1980. Mit der Konvention wurde auch eine Commission against Apartheid in Sport (CAAS) ins Leben gerufen.

Das IOC verabschiedete 1988 eine „Erklärung gegen Apartheid im Sport“. In den 1980ern war der Apartheid-Sport weitgehend isoliert; im Sport haben die Gegner der Apartheid am meisten bezüglich der Isolation dieses Regimes erreicht – im Vergleich zum Handel mit Bodenschätzen, Waffen (auch nuklearen) oder Technologie war das aber ein „weicher“ Bereich. Oder doch nicht? Gerade die Isolation im Rugby schmerzte viele Afrikaaner enorm. Mit Hilfe mancher westlicher Freunde blieb Apartheid-Südafrika von vollständiger Isolation im Sport bewahrt. Gastauftritte von Sportteams in Südafrika (etwa im Rugby, s. u.) konnten von der Boykott-Bewegung nur schwer verhindert werden. Dennis Brutus war nach seiner Haft-Entlassung zuerst nach GB, dann in die USA ausgewandert (wurde nach einem langen Kampf als politischer Flüchtling anerkannt). Er arbeitete dann als Englisch-Lehrer und musste seine Arbeit für SAN-ROC vernachlässigen.

In den 1980ern mussten sogar Israel sowie die konservativen Regierungen von USA, GB und BRD Maßnahmen gegen das Apartheid-Regime ergreifen, v.a. den Handel betreffend. Die Apartheid hatte aber bis zum Schluss ihre Apologeten und Kollaborateure. Jene, die keine Gelegenheit ausliessen, Menschenrechtsverletzungen und Totalitarismus in den kommunistischen Staaten anzuprangern, sich dabei als „Menschenrechtler“ aufspielten, waren in der Regel jene, die bei der Apartheid in Südafrika oder der Diktatur in Chile nicht nur ein oder zwei Auge(n) zudrückten, sondern eher davon angetan waren. SANOCs langjähriger Präsident in den „kalten Jahren“, Rudolf Opperman, verfasste ein Buch mit, in dem es um die olympische Bewegung in Südafrika ging, Titel war „Afrikas erste Olympioniken“.

Anhänger des rassischen Fanatismus beschuldigten Leute die dagegen ankämpften des Fanatismus. Jene, die davon redeten, Sport und Politik getrennt zu halten, unterstützten ein System, das Politik (in Form von Rassismus) in den Sport brachte, oder Teil dieses Systems waren. Jene, die Verachtung für die Mehrheit der Südafrikaner hatten, machten jenen Vorwürfe, die das Rassische aus dem südafrikanischen Sport (und überhaupt aus der Gesellschaft) wegbringen wollten. Deon Geldenhuys‘ „Isolated States: A Comparative Analysis“ (1990/91) ist noch ein relativ moderates Lamento gegen den Sportboykott. Er hat nicht ganz Unrecht, wenn er schreibt, dass die Voraussetzungen für Wiederzulassung und Aufhebung nicht in den Händen der Sportverbände lagen sondern bei der Regierung – nur gab es da ein hohes Maß an Gemeinsamkeiten, v.a. bei der ideologischen Ausrichtung.

Während früher manche Schwarze (wie Eland) vor der Diskriminierung ins Ausland auswiechen, taten dies später (von Anfang der 1960er bis Anfang der 90er) Weisse, wegen des Boykotts. Mit dem Wechsel der Nationalität (Staatsbürgerschaft) wurde dieses Problem gelöst. Der bekannteste Fall war jener der Läuferin Zola Budd, die für Grossbritannien startete. Der jüdische Südafrikaner Mark Handelsman, auch ein Läufer, nahm die israelische Staatsbürgerschaft an, trat so 1984 bei Olympia an. Der Fussballer Roy Wegerle ging in die USA, spielte für das dortige Nationalteam. Der Tennisspieler Kevin Curren trat auch für die USA an. Beim Rugby-Spieler Andrew Mehrtens waren es nicht sportpolitische Gründe, dass er von seinen Eltern als Kind nach Neuseeland gebracht wurde. Der Kricketer Allan Lamb ging während der Isolation Südafrikas nach England und spielte für dessen Nationalteam.

Dass der Boykott nicht nur den Sport von Apartheid-Südafrikas betraf, wurde etwa bei der Amtseinführung von F. W. De Klerk 1989 ersichtlich, wo es kaum internationale Gäste gab. De Klerk startete 1990 mit Reformen bzw der schrittweisen Abschaffung der Apartheid. Im Gegenzug wurden die Sanktionen nach und nach aufgehoben, jene im Sport zuerst, jene Waffen betreffend zuletzt(7) Verhandlungen begannen, hauptsächlich zwischen der aus der NP gebildeten Regierung (unter De Klerk) und dem eben noch verbotenen ANC (unter Nelson Mandela) – auch über eine Abschaffung der Apartheid im Sport.

Die United Democratic Front (UDF), ein Zusammenschluss noch nicht verbotener Anti-Apartheid-Organisationen der 1980er, gründete 1989/90 den National Sports Congress (NSC), das stärker als SAN-ROC oder SACOS im Land verwurzelt war, auch in den „schwarzen“ Townships. Während SACOS zum ANC oder der Gewerkschaft COSATU Abstand hielt, war der NSC eindeutig mit den wesentlichen politischen Anti-Apartheid-Kräften verbunden (in ihm waren zB Steve V. Tshwete, Makhenkesi Arnold Stofile aktiv). So repräsentierte SACOS hauptsächlich die dünne schwarze Mittelklasse und wurde als „Sport-Flügel“ der Befreiungsbewegung vom NSC in den Hintergrund gedrängt. Aus dem NSC wurde 1990 NOSC, der National Olympic and Sports Congress.

1988 hatte das IOC unter Juan A. Samaranch eine Apartheid and Olympism Commission (AOC) gegründet, mit Sportdiplomaten und Repräsentanten der im Kampf gegen Apartheid im Sport engagierten südafrikanischen Verbände. Die AOC beschäftigte sich ab 1990 (dem Beginn der Reformen unter De Klerk) hauptsächlich mit dem Ende der Apartheid im Sport. Auch das kaltgestellte olympische Komitee des Apartheid-Regimes (SANOC), ab 1989 unter Johan du Plessis, wurde an den Verhandlungen beteiligt. Das Ringen um die Wiederzulassung begann. Klar war, dass das Südafrika, welches wieder am internationalen Sport teilnehmen würde, ein anderes als bislang sein würde. Auch wenn IOC-Präsident Samaranch, ein früherer Funktionär des Franco-Regimes in Spanien, für eine baldige Rückkehr Südafrikas war, am liebsten bei Sommer-Olympia in Barcelona 1992. Sam Ramsamy vom SAN-ROC konnte Anfang der 1990er nach Südafrika zurückkehren, so wie auch andere Dissidenten; politische Häftlinge, wie Nelson Mandela vom ANC, wurden in dieser Zeit aus Gefängnissen entlassen.

SAN-ROC ging von Boykott zu Zusammenarbeit zur Erreichung einer nicht-rassischen Vereinigung des Sports über. Im November 1990 wurde bei einem Treffen in Harare (Zimbabwe) unter Leitung von Jean-Claude Ganga aus Kongo (AOC, ANOCA) mit weissen und schwarzen Sportfunktionären aus Südafrika die Aufhebung der Apartheid im Sport und die Aufhebung der Sanktionen im Gegenzug diskutiert. Wichtig war nun ein repräsentatives NOK für Südafrika. Als Vorstufe wurde ein Komitee der Acht (dann Zehn), Vertreter diverser Sportverbände des Landes, gegründet, mit Sam Ramsamy, einem der führenden Anti-Apartheid-Aktivisten in Bezug auf Sport, als Vorsitzender. Das Komitee setzte sich zusammen aus Vertretern von SANOC, SAN-ROC, SACOS, COSAS(8) und NOSC. Es nannte sich dann South African Coordinating Committee, und Ramsamy wurde Präsident.

Im März 1991 wurde daraus (durch eine gewisse internationale Anerkennung) das Interim National Olympic Committee of South Africa (INOCSA).(9) Nach dem Besuch einer IOC-Kommission in Südafrika (unter Keba Mbaye; AOC, Senegal) im selben Monat, die u.a. De Klerk, Mandela und den „Zulu-Führer“ Buthelezi traf, wurde das INOCSA auch von der IOC zunächst vorläufig anerkannt. Im Juni 1991 hob das (weisse) Parlament auf De Klerks Initiative den Population Registration Act und den Group Areas Act von 1950 auf, zwei Grundpfeiler der Apartheid.

Nun hatten auch die politischen und sportpolitischen Anti-Apartheid-Bewegungen sowie die Apartheid and Olympism Commission (AOC) keine Einwände mehr gegen eine Wiederzulassung Südafrikas im Sport. Im folgenden Monat, Juli ’91, anerkannte das IOC die INOCSA endgültig, das damit das offizielle NOK Südafrikas wurde, unter dem Kürzel NOCSA, das „Interim“ wurde aus dem Namen gestrichen. Südafrika war damit wieder Mitglied des IOC. Ramsamy blieb/wurde Präsident des NOCSA. Damit war die Voraussetzung für eine Teilnahme an Olympischen Spielen geschaffen; Südafrika wurde wenige Wochen später eingeladen, in Barcelona 92 (Sommer-Spiele der 25. Olympiade) teilzunehmen. SANOC und SAN-ROC, das bisherige offizielle und das alternative NOK, gingen beide in NOCSA auf. NOCSA-Präsident Ramsamy durfte die Annahme der Einladung verkünden.

Die Einigung im Sport, die Abschaffung der Rassentrennung dort und die internationale Anerkennung dafür nahm einiges von den grossen politischen Verhandlungen vorweg, die damals im vollen Lauf waren. Aber wie dort gab es auch im Sport noch einiges an Ärger und Hindernissen. Es standen ja noch die Vereinigungen der diversen (verschieden-rassigen) Fachverbände an, die Beitritte dieser neuen nationalen Verbände zum NOCSA und zu den internationalen Dachverbänden (und damit verbunden, die Wiederzulassung zu internationalen Wettbewerben). Und die Schaffung gemeinsamer nationaler Meisterschaftsbewerbe für Klubmannschaften der verschiedenen Sparten. Die Aufhebung der Rassenschranken auf der untersten Ebene, in Schulen und Vereinen. Das Zusammenwirken der Leute aus den verschiedenen „Lagern“ in den neuen Nationalmannschaften und in deren Verbänden musste sich erst bewähren. Die Entwicklung in den wichtigsten Sportarten, Fussball, Rugby und Kricket (wo es international am schnellsten wieder los ging), werden noch genauer ausgeführt.

Südafrikas Teilnahme an Olympia Barcelona war die erste seit Rom 1960 und die erste überhaupt nicht mit einem rein weissen Team; auch an den Paralympics nahmen ab 92 wieder südafrikanische Teams teil. Dass man politisch noch keine Einigung gefunden hatte, zeigte sich auch darin, dass die offiziellen Staatssymbole damals alles andere als eine verbindende Wirkung hatten, (von Vielen) als Symbole der Apartheid gesehen wurden. NOCSA entschied daher, dass das südafrikanische Team in Barcelona unter einer „neutralen“ Flagge (dem Symbol von NOCSA auf weissem Grund) antreten werde und dass bei Siegesfeiern gegebenenfalls Beethovens „Ode an die Freude“, die olympische Hymne, gespielt wird. Auch werde das Springbock-Zeichen nicht auf der Sportkleidung aufscheinen. Ramsamy gab das schon bei der Annahme der IOC-Einladung für 92 bekannt.

Die Entscheidung wurde in weiten Teilen des weissen Südafrikas mit Empörung und Ärger aufgenommen. Präsident De Klerk sagte, es handle sich um nationale Symbole, die nichts mit Apartheid zu tun hätten. Symbole einer Nation (bzw eines Staates), aus deren (dessen) „Konzept“ Nicht-Weisse ausgeschlossen waren. Louis Pienaar, der auch für Sport zuständige Minister, kommentierte die Sache als „Schlag in das Gesicht aller Südafrikaner“ und drohte, NOCSA Geld vorzuenthalten. Manche bemühten sich darauf hinzuweisen, dass der Springbock bereits viele Jahre vor der Apartheid als Sport-Symbol verwendet wurde. „The Citizen“, so ziemlich die einzige Englisch-sprachige Zeitung, die die Apartheid (bzw die Nationale Partei) unterstützte, schrieb, die Sport-Administratoren hätten vor dem ANC kapituliert.(10) Als Konzession wurde die grün-gelbe Farbgebung der weissen Sportteams für das „gemischtrassige“ bei Olympia übernommen.

Der nächste Streitpunkt war die Auswahl der teilnehmenden Athleten. Es gab einige umstrittene Entscheidungen, wie die Nominierung der (schwarzen) Tischtennis-Spielerin Cheryl Roberts (weniger wegen ihrem Engagement gegen die Apartheid als wegen einer positiven Dopingprobe) und die Auslassung des Weltklasse-Speerwerfers Tom Petranoff. Dieser war 1988 nach einem Antreten in Apartheid-Südafrika vom US-amerikanischen Leichtathletik-Verband gesperrt worden. Er wanderte nach Südafrika aus, wurde dessen Staatsbürger. Es gab einen Streit der (bisher) konkurrierenden LA-Verbände Südafrikas um seine Nominierung, die schon allein aufgrund seiner Haltung zur Apartheid einen politischen Charakter hatte. Roberts ist heute publizistisch tätig, s.u. Schliesslich wurde ein Team aus 93 Sportlern aus 17 Disziplinen nominiert, darunter beachtliche ca 90% Weisse. Stars waren der Tennisspieler Wayne Ferreira, die Schwimmerin Penelope Heyns(11) und die zurückgekehrte Läuferin Zola Budd-Pieterse.

1992, als Winter- und Sommer-Olympia letztmals im selben Jahr stattfanden, gab es nicht nur die Rückkehr Südafrikas; Tschechoslowakei nahm letztmals teil, die GUS einmalig, die DDR erstmals nicht mehr (wie auch schon in Albertville), ebenso Jugoslawien(12), Namibia erstmals, auch Jemen als geeinte Nation, Ungarn und einige anderen Staaten waren erstmals seit Jahrzehnten nicht mehr kommunistisch. Erstmals seit Jahrzehnten gab es keinen Boykott und keinen Ausschluss mehr. Der schwarze Marathon-Läufer Jan Tau wurde Südafrikas erster nicht-weisser Flaggenträger bei der Eröffnungsfeier. Im Juli/August 92 gab es für Südafrika in Barca bei der Olympia-Rückkehr zwei Silber-Medaillen, durch das Tennis-Doppel Ferreira/Norval und die Läuferin Elana Meyer. Bei Meyer zeigt sich die Relativität der Apartheid-Einteilung als „Weisse“.

Mandela, der selbst Amateur-Boxer gewesen war(13), war 1992 bei einem Kricket -Länderspiel dabei, einem der ersten Südafrikas nach der Wiederzulassung bzw „Rassenintegration“; dies wurde als Beleg für seine Präsidentschafts-Ambitionen gedeutet. Eines der letzen wichtigen Apartheid-Gesetze, die De Klerk abschaffen liess, war 1993 jenes über die getrennte Bildung, die im Bantu Education Act festgeschrieben war.

Zum Zeitpunkt des Verhandlungsabschlusses 1993 und dem endgültigen Ende der Apartheid durch die ersten freien Wahlen 1994 war im Sport der Abbau der „äusseren“ Rassenschranken schon erledigt (s.o.); im Sport wie in der Politik, der Gesellschaft allgemein,… folgte auf den Abbau der äusseren Schranken jener der inneren, bzw der Versuch dazu, von Teilen der Gesellschaft. Bisherige Feinde sollten nun zusammenwirken, in den verschiedensten Bereichen. Die 1994 eingeführte neue Fahne war auch ein Kompromiss, wie die Verhandlungslösung. Nelson Mandela sagte im Mai 1994 bei der Rede zu seiner Angelobung als Präsident, 40 Millionen Südafrikaner sollten in Zukunft mit erhobenem Haupt auftreten können.

Manche meinen, dass der ANC und Mandela 1993/94 einen faustischen Pakt eingegangen seien, weisse Privilegien vielfach belassen haben, nur die Inkorporation relativ weniger Schwarzer in die Eliten erreicht haben, den Neoliberalismus angenommen haben. Die wenige Umverteilung ist vielen weissen Südafrikanern (und ausländischen Beobachtern) schon zu viel, manche wollen mit minimalen Zugeständnissen einer echten Umverteilung aus dem Weg gehen. Kritiker des neuen Südafrika wollen weder Umverteilung noch die Folgen dieser Unterlassung (Kriminalität und Armut hängen natürlich stark zusammen).

Bei einer Anti-Rassismus-Konferenz 1999 haben viele Redner die Linie widergegeben, die viele Weisse nach dem Ende der Apartheid „eingeschlagen haben“, „Ich war eigentlich immer gegen die Apartheid, ABER diese und jene Zustände im heutigen, Post-Apartheid-Südafrika…“. Der ANC-Politiker Pallo Jordan antwortete ihnen damals: „Anscheinend waren damals ALLE gegen die Apartheid. Schade dass man sich damals nicht gekannt hat, als WIR gegen die Apartheid kämpften„. Es gibt wenig Anerkennung dafür, dass Wenige um Demokratie gekämpft haben, in der Regel unter Einsatz ihres Lebens. Suzman und die anderen von den DA-Vorgängerparteien waren nicht jene, die aus ihrer privilegierten Position als Weisse heraus unter Einsatz ihres Lebens gegen die Apartheid gekämpft haben; Kasrils oder Schoon oder Slovo taten das.

Brutus konnte 1990 aus der USA nach Südafrika heimkehren. 2007 sollte er in die südafrikanische Sports Hall of Fame aufgenommen werden. Bei der Zeremonie lehnte er seine Aufnahme öffentlich ab, mit der Begründung, man könne nicht jene, die für Rassismus im Sport verantwortlich waren, mit ihren Opfern in eine Reihe stellen. COSAS und NSC vereinigten sich zum National Sports Council of SA (NSC). NOCSA vereinigte sich 2004 mit anderen Organisationen zur South African Sports Confederation and Olympic Committee (SASCOC), der nationalen Sportbehörde, die dem Sport-Ministerium untersteht. Ramsamy ist inzwischen beim IOC.

So trennend Nationalismus auch sein, ein südafrikanischer Nationalismus (also kein burischer oder schwarzafrikanischer) ist einend – und erst seit ca. 1994 im Entstehen. Die Ausrichtung der Rugby-WM 1995 und der Sieg dabei (s.u.) war für Südafrika eine triumphale Rückkehr in die internationale Sport-Szene nach der Apartheid. Im Streit um Rassenquoten für nationale Auswahlmannschaften wie die Springboks (s.u.) steckt der ganze Post-Apartheid-Richtungsstreit drin. Die weisse Auswanderung nach der Apartheid betraf auch Sportler. Der Kricket-Spieler Kevin Pietersen, Sohn eines Afrikaaners und einer englischen Südafrikanerin, ging 2000 ins Land der Vorfahren seiner Mutter, nachdem er sein Missfallen über Rassenquoten im südafrikanischen Kricket (s.u.) geäussert hatte. Dem Fussballer Sean Dundee gelang der Sprung ins deutsche Team nicht ganz. Der Rugbyspieler Pierre de Villiers ging 1994 nach Frankreich, von wo ein Teil seiner Vorfahren stammen (Hugenotten), spielte ab 1999 für dessen Nationalteam.

Die Oscar Pistorius-Mord-Sache (ab 2013) enthält u.a. die Faktoren Rasse und Gewalt, welche in Südafrika sehr „heikel“ sind. Pistorius’ Vater Henke sagte zu britischen Medien, dass sein Sohn Waffen zur Verteidigung brauchte, da es den ANC-Regierungen nicht gelänge, die Weissen zu beschützen. Die Richterin, die das erste, milde Urteil aussprach, hatte in ihrer Laufbahn noch die ganzen rassistischen Hindernisse des Apartheid-Staates für Schwarze zu spüren bekommen. Reiche Weisse könnten es „sich richten“, ist zu hören. Der Wiener Wirtschaftshistoriker und Südafrika-Spezialist Walter Sauer schrieb in „Indaba“, weisse Feministinnen und schwarze Law-and-Order-Fanatiker demonstrierten gegen das Urteil. Im südafrikanischen „Mail & Guardian“ auch noch etwas dazu.

Fussball

Fussball ist in Südafrika wiegesagt der „Sport der Schwarzen“ und da es in dem Land viel mehr Schwarze als Weisse gibt, ist Fussball der Sport Nr. 1.(14) „Schwarze“ Menschen, v.a. in den Townships der Städte, haben um die Wende vom 19. zum 20. Jh den englischen Import Fussball angenommen. Der Fussball war in Südafrika von Anfang an rassisch getrennt. Es bildeten sich um die Jahrhundertwende die Fussballverbände SAFA bzw dann FASA (Weisse), SABFA und SAAFA (Schwarze), SACFA (Mischlinge), SAIFA (Asiaten). Die Klubs dieser Verbände spielten zunächst in regionalen (Amateur-)Ligen. Die Umwandlung von SAFA zu FASA war verbunden mit einer Löschung der Statuten wonach nur weisse Fussballer in ihren Ligen und dem Auswahlteam willkommen waren – dies wurde aber natürlich als Praxis beibehalten. Der weisse Verband FASA wurde in den 1950ern Mitglied der afrikanischen Konföderation CAF (Gründungsmitglied) und des Weltverbandes FIFA.

Aus den Klubs dieses Verbandes wurde ein südafrikanisches Fussball-Nationalteam geformt, das 1924 sowie von 1947 bis 1955 und 1963 aktiv war, freundschaftliche Länderspiele absolvierte, anscheinend nur gegen Australien, Neuseeland, Portugal, Israel. SAAFA, SABFA und SACFA schlossen sich zum Anti-Apartheid-Fussballverband SASF zusammen, beantragten Mitgliedschaft bei der FIFA. Weder FASA noch SASF repräsentierten den ganzen Fussball des Landes; bei der FIFA scheint man auf das Argument von FASA-Chef Fell gehört zu haben, wonach Rassentrennung zur „Kultur des Landes“ gehöre. Die CAF reagierte schneller: Vom ersten Afrika-Cup 1957, für den das südafrikanische Team schon eingeplant war, wurde dieses noch kurzfristig ausgeschlossen, weil es eben nur für Weisse offen war, so wie vieles im Apartheid-Südafrika. Bald danach wurde Südafrika bzw die FASA auch von der CAF ausgeschlossen.

Von der FIFA wurde die FASA zunächst 1961 bis 1963 suspendiert, dann aber wieder zugelassen, auf Drängen des britischen FIFA-Präsidenten Stanley Rous. Das Ringen dieser Jahre, Mitte 1950er bis Mitte 1970er, um die Anerkennung oder aber Ächtung des rein weissen Fussballs Südafrikas als jenen des Landes sagt viel über die Vorgänge im Weltfussball, in der FIFA und überhaupt in globalen Beziehungen aus! 1964 die neuerliche Suspendierung Apartheid-Südafrikas vom Weltfussball. Auch als der weisse Brasilianer Joao Havelange 1974 Rous-Nachfolger als FIFA-Chef wurde, ging dieses Ringen noch weiter. Havelange soll schliesslich im Hinblick auf die afrikanischen und asiatischen Verbände 1976 für den Ausschluss der FASA entschieden haben. Dazu ist anzumerken, dass im brasilianischen Fussball bis Pelé (ab Ende 1950er) Schwarze bzw Farbige noch die Ausnahme waren, im Nationalteam krass unterrepräsentiert waren.

Als die Fussball-Sanktionen wegen der Rassentrennung begannen, ging es auch mit den landesweiten Profi-Ligen in Südafrika los. Einigen schwarzen Spielern gelang davor unter schwierigen Umständen der Sprung von Amateurklubs nach Europa, wie Johanesson (nach England) und Dhlomo (der auch Boxer und politisch engagiert war, in die Niederlande). 1959 startete die weisse NFL, wo zB Durban City spielte, ein Klub bei dem Gordon Igesund seine Karriere begann, der spätere Österreich-Legionär und Bafana-Teamchef. In dieser Liga spielten auch vereinzelt Schwarze, wie Vincent Julius. Der farbige Verband SASF startete Anfang der 60er mit der SASL. Diese Liga hatte mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen, u.a. mit einem Mangel an Spielplätzen/Stadien (Infrastruktur jeder Art für Nicht-Weisse wurde ja vernachlässigt). Nach einigen Jahren Unterbrechung wurde der „schwarze“ Spielbetrieb 1971 mit der NPSL fortgesetzt. Diese, mit Klubs wie Kaizer Chiefs und Orlando Pirates (beide aus dem Raum Johannesburg), hatte ein gutes Niveau, von hier wurden Fussballer wie „Jomo“ Sono in die amerikanische NASL engagiert. Ein Teil der Inder und Mischlinge spielt ab 1969 in der FPL.

Unter den Weissen sind Englischsprachige im Fussball eher zu finden als Afrikaaner. Auch einige Europäer kamen in die weisse Liga Südafrikas, die NFL. Auch einige der Beteiligten am deutschen Bundesligaskandal um Spielmanipulationen 1971, wie Bernd Patzke und Arno Steffenhagen, gingen während ihrer Sperre dorthin, da sich diese ausserhalb der FIFA befand und die Sperre daher dort nicht galt. Auch viele der politischen Gefangenen auf Robben Island, wie Nelson Mandela, versuchten, dort Fussballspiele zu organisieren; darüber, über den Makana FC auf Robben Island, gibt es die Film-Doku „More than just a game“. Bei den Südafrika-Spielen (South African Games) 1973 gab es im Fussball keine ausländischen Teilnehmer, die Organisatoren veranstalteten daher ein Fussball-Turnier mit vier Mannschaften aus den vier Rassen, in die alle Südafrikaner eingeteilt waren. Die Weissen siegten im Finale über die Schwarzen 4:0, Dritter wurden die Farbigen, vor den Indern.

Sono und Kaizer Motaung haben beide nach ihrer Rückkehr aus der USA eigene Klubs in Südafrika gegründet, Jomo Cosmos und Kaizer Chiefs, im Raum Johannesburg. Keith Broad schloss sich in den 1970ern den Orlando Pirates in der NPSL an und wurde der erste weisse Spieler dort. 1978 vereinigten sich die schwarze NPSL und die weisse NFL zur neuen NPSL. Die Einrichtung einer gemischten Liga spiegelte die leichte Liberalisierung der Apartheid unter Premier P. W. Botha wieder. Ein Teil der schwarzen Klubs machte ab 1985 in einer neu gegründeten NSL weiter.

Viele schwarze, braune und weisse Fussball-Talente Südafrikas gingen in den Jahrzehnten vor 1992 „verloren“, von Sono bis Igesund, von Ntsoelengoe bis Smethurst. Sie konnten sich zwar teilweise in starken Ligen wie der englischen präsentieren, aber nicht als Nationalteam. Eine Auslegung des Sportboykotts traf auch den „Prinzen“ des südafrikanischen Fussballs, (den Schwarzen) Jomo Sono, der von Zimbabwe 1988 daran gehindert wurde, an einem Wohltätigkeitsmatch von Pelé’s Weltelf in Harare teilzunehmen; Sono hatte mit dem Brasilianer in USA bei Cosmos New York zusammen gespielt. Ja, manchmal wurden auch schwarze Südafrikaner Opfer des Sportboykotts – der eigentlich wegen ihrer Diskriminierung angestrengt wurde.

1991, unter den Vorzeichen der Beendigung der Apartheid, vereinigten sich die vier rassisch definierten Fussball-Verbände des Landes zu einem, der SAFA. 1992 wurde dieser in die FIFA und die CAF aufgenommen, und ein erstmals „gemischtrassiges“ südafrikanisches Nationalteam begann mit dem Spielbetrieb. Im Juli 92 trat es in Durban gegen Kamerun mit Roger Milla an; danach in Jo’burg und Kapstadt. Die Spieler dieses Teams wurden aus der gemischten NPSL und der schwarzen NSL zusammengetrommelt; die farbige FPL hatte 1990 ihren Betrieb eingestellt. Am 10. Mai 1994, dem Tag der Angelobung Nelson Mandelas als Staatspräsident, kurz nach den ersten freien Wahlen, spielte die „Bafana Bafana“ (isiZulu für „die Burschen“, wurde Beiname des südafrikanischen Fussball-Nationalteams) in Johannesburg freundschaftlich gegen Zambia – in Anwesenheit des neuen Präsidenten. NPSL und NSL stellten Ende 1995 den Spielbetrieb ein und wurden zur Premier Soccer League (PSL) vereinigt, gleichzeitig wurde von Kalenderjahr auf Saison umgestellt, 1996/97 war die erste Saison der PSL. 1995 haben die Orlando Pirates die afrikanische Champions League gewonnen, was sonst noch keinem südafrikanischen Klub gelungen ist.

Das Ende der Apartheid bewirkte auch einen Abbau der Distanz zum restlichen Afrika, auch im Fussball, führte zu einem Messen mit anderen afrikanischen Teams. 1996 durfte Südafrika den Afrika-Cup ausrichten, kam bis ins Finale, gewann dieses gegen Tunesien. Eine überwiegend schwarze Mannschaft mit einigen Farbigen und Weissen (darunter der Kapitän Neil Tovey) feierte wie 95 das Rugby-Team einen Heimsieg. Präsident Mandela (im Trikot der Bafana) und sein Stellvertreter De Klerk waren bei der Preisverleihung im FNB-Stadion in Johannesburg anwesend, es hätte die Entsprechung zum weissen Rugby-Triumph im Jahr davor sein können. Vielleicht lag es an der mangelnden Anteilnahme von Weissen, besonders der Afrikaaner, dass dem nicht ganz so war.

Die Stars dieser Zeit waren neben Tovey Lucas Radebe (der auch lange in England spielte), Phil Masinga, „Doc“ Khumalo, Mark Fish, und die aus dem Ausland „zurückgeholten“ südafrikanischstämmigen Hans Vonk und Pierre Issa. Das Team, zeitweise von Europäern trainiert, qualifizierte sich für die WM 1998, spielte 98 und 2000 weitere gute Afrika-Cups, war bei Olympia ’00 und beim Confederations Cup 97 dabei. Die WM 02, hier waren auch „Benni“ McCarthy und Steven Pienaar schon dabei, war seltsamerweise der Wendepunkt. Nach einem starken Auftritt und einem knappen Ausscheiden in der 1. Runde begann ein Abwärtstrend für das Team

Und das ausgerechnet in der Phase als dem Land die WM 2010 zugesprochen wurde. 01/02 wurde von der FIFA festgelegt, dass die Fussball-WM 2010 nach Afrika kommt; ’04 setzte sich Südafrika gegen Marokko und Ägypten durch. Für die Ausrichtung 06 war das Land schon knapp gescheitert. Es begannen die Vorbereitungen im Land (v.a. Um- oder Neubauten von Stadien), und das Land geriet stärker in den Focus der Weltöffentlichkeit. Ende 07 in Durban die Auslosung der Qualifikation für die WM, der österreichische Ex-Fussballer Peter Burgstaller, Agentur-Manager, privat dort, wurde damals am Golfplatz seines Hotels in Durban ermordet und ausgeraubt. Diskussionen über die WM-Austragung in Südafrika und die Kriminalität dort kamen auf Touren und gingen oft nahtlos über in Verdammungen des neuen (Post-Apartheid) Südafrikas. Als ob so etwas in Europa nicht vorkommen würde. Die Mörder an Burgstaller wurden übrigens gefasst und verurteilt.

Und die Krise der Bafana: bei den Afrika-Cups 04, 06, 08 schied sie immer in der 1. Runde aus, für die WM 06 konnte sie sich nicht qualifizieren. Langsam musste man sich von der Vorstellung verabschieden, dass Südafrika ein schlafender Riese des Weltfussballs ist. Sogar der Anschluss an die afrikanische Spitze ging verloren. Bald nach dem Afrika-Cup 08 ging der brasilianische Bafana-Trainer Carlos A. Parreira („familiäre Gründe“), Nachfolger wurde sein Landsmann Santana. Die Bafana schaffte dann auch die Quali für den Afrika Cup 2010 nicht! Ein Lichtblick war der Confederations-Cup 2009, die WM-Generalprobe, sowohl vom organisatorischen (ein Test ohne Pannen) als auch vom Auftreten des Heimteams – dies besonders im kleinen Finale gegen Spanien.(15) In Erinnerung blieben v.a. die Vuvuzelas und der dortige Winter. Santana wurde nach Niederlagen nach dem Confedcup gefeuert, Parreira wieder eingestellt.

Innerhalb Südafrikas, v.a. von Weissen, kam Kritik an der SAFA und der Politik (bzw den ANC-Regierungen), die sich laufend in Rugby-Angelegenheiten einmische, nicht aber in den Fussball. Die Misserfolge der Bafana werden (zB im Kommentarbereich von Online-Zeitungen) auch gern den Erfolgen der (hauptsächlich von Weissen gelenkten und „betriebenen“) Rugby-Auswahl gegenüber gestellt und dies als Beispiel schwarzer Misswirtschaft bzw Folge weissen Wirkens dargestellt. Rugby wird aber weltweit vielleicht in 1 Dutzend Staaten intensiv betrieben, im Fussball sind es ungefähr so viele, wo das nicht der Fall ist.

Nach dem ANC-Parteitag in Polokwane 07 (Abwahl Mbekis als Parteichef) und dem Rücktritt Mbekis als Präsident 08 begann eine paranoide Stimmungsmache im Hinblick auf die Wahl 09 (bei denen die Wahl Zumas zum Präsidenten zu erwarten war) und die WM 10. Die Zweifel an der ersten WM auf afrikanischem Boden erhielten neue Nahrung, nachdem im Sommer 08 gemeldet wurde, dass der Stadionneubau in Port Elizabeth nicht rechtzeitig zum Confederations Cup 09 fertiggestellt werden könne. FIFA-Präsident Joseph Blatter erklärte, dass drei Länder als Ersatz bereit stünden, falls Südafrika es nicht schaffen sollte, die Weltmeisterschaft auszurichten. Er relativiert dann aber: nur bei einer Naturkatastrophe würde Südafrika die WM verlieren. Im Mai 09, kurz vor dem Confederations-Cup, lief eine ARD-Doku: „Schafft Südafrika die WM 2010?“.

Der CSU-nahe kriminelle Unternehmer und Fussball-Funktionär Ulrich Hoeness (bekam 2014 dreieinhalb Jahre Haft wegen Steuerhinterziehung) sagte nach dem Terror im Vorfeld des Afrika-Cups 10 in Angola (Angriff gegen das anreisende togolesische Team, durch eine Abspaltung der Separatistenbewegung der Exklave Cabinda, FLEC, 3 Tote), die Vergabe der WM 2010 nach Südafrika sei „eine der grössten Fehlentscheidungen“ von FIFA-Präsident Blatter gewesen (in Wirklichkeit dessen grösste Leistung). „Ich war nie ein großer Freund von einer WM in Südafrika oder überhaupt in Afrika, solange Sicherheitsaspekte nicht zu 100 Prozent geklärt sind“. Angebliche Korruption und Schiebung bei der Vergabe an Südafrika kam auch zur Sprache – inzwischen wird diesbezüglich aber auch über die Vergabe der WM 06 an Deutschland gesprochen.

Auch der Mord an dem Rechtsextremisten Terre Blanche auf seiner Farm 2 Monate vor WM-Beginn wurde instrumentalisiert, etwa von DA-Führerin Zille, gegen den ANC; sie stellte einen Zusammenhang mit dem damaligen ANC-Jugendchef Malema und dem von ihm gerne gesungenen Kampflied „Ayesaba amagwala“ her. Die VF+ reagierte (auch) hier insgesamt gemäßigter/seriöser. Westliche Medien schrieben von „ethnischen Spannungen“ im Land, die sich entladen könnten, verwiesen auf Farmenteignungen und Diktatur unter Mugabe in Zimbabwe. Misshandlungen von Farmarbeitern (die die Mörder waren) durch den Neonazi und einiges andere wurde dagegen selten thematisiert. Auch dass meistens Schwarze Opfer von Kriminalität in diesem Land sind. Dann auch noch Sozialproteste wenige Wochen vor WM-Beginn (wie in Brasilien vier Jahre später); eine Form von Umverteilung wollten jene, die das gegen Südafrika und die WM dort anführten, aber schon gar nicht.

Nelson Mandela, schon sehr gebrechlich, erlebte die Fussball-Weltmeisterschaft noch, deren Ausrichtung von einem stabilen Südafrika zeugte, zu dem niemand stärker hingeführt hatte als er. Seine Familie machte ihm Sorgen, seine Partei und das Land auch in mancher Hinsicht. Kurz vor der Eröffnungsfeier kam eines von Mandelas Urenkeln (13 Jahre alt) bei einem Autounfall ums Leben. Madiba trat bei der Feier kurz auf, die vor dem Eröffnungsspiel der Bafana gegen die mexikanische Auswahl stattfand. Auch an der Abschlussfeier vor dem Finale nahm er teil – dies war einer seiner letzten Auftritte in der Öffentlichkeit überhaupt.

Matthew Booth (mit einer Schwarzen verheiratet) war der einzige Weisse im Kader der Bafana, einige Mischlinge wie Pienaar waren dabei, sonst Schwarze, nicht aber Benni McCarthy. Viele weisse Südafrikaner, besonders Afrikaaner, hielten Distanz zur Fussball-WM, weil sie mit diesem Sport wenig anfangen können, manche auch weil sie sie als Projekt der ANC-Regierung, der Schwarzen, sahen. Der Rechtsextremist Dan Roodt rief Afrikaaner dazu auf, bei der WM das niederländische Team zu unterstützen; bei der Rugby-WM 95 haben Schwarze entsprechendes erwogen (die Gegner der Springboks zu unterstützen), Mandelas Einsatz verhinderte dies damals. Im niederländischen Fussball-Nationalteam sind seit der Gullit-Generation in den 1980ern immer Schwarze bzw Farbige dabei und wichtig. Sie stammen aus den Ex-Kolonien Surinam (wie Gullits Vater oder Aron Winter) oder (seltener) Indonesien (Taument oder van Bronckhorst) oder von den niederländischen Antillen (wie Kluivert zT); seit einiger Zeit sind auch marokkanisch-stämmige dabei. Gullit hat seinen Preis als Fussballer des Jahres 1987 dem damals noch inhaftierten Nelson Mandela gewidmet. Auch der letzte Präsident der Apartheid-Ära, FW De Klerk, brachte vor dem Finale (also als das südafrikanische Team schon lange nimmer dabei war) seine teilweise holländische Herkunft mit seiner Unterstützung für die Oranjes in Verbindung. „Ich hatte aber einen der besten Urlaube meines Lebens in Spanien, daher wäre ich auch über einen Sieg von ihnen glücklich.“

Die Bafanas schieden nach der Vorrunde aus, das 0:3 gegen Uruguay im zweiten Match war entscheidend. Schuldzuweisungen begannen sogleich wieder. Das Team aus Ghana, das fast ins Semifinale kam, rettet das afrikanische Abschneiden insgesamt einigermaßen. Die WM 2010 in Südafrika sollte endlich den Durchbruch für den afrikanischen Fussball bringen, der sich seit Anfang der 1990er ankündigte. Auch aus sportlicher Sicht liess der WM-Slogan „Ke Nako – Afrikas Zeit ist gekommen“ an den Erwartungen keinen Zweifel. Bei afrikanischen Nationalteams scheint es immer wieder ähnliche Probleme zu geben: die Stars reden den (oft ausländischen) Trainern oft drein, die Politik und der Verband mischen sich ein, es gibt Streits um Prämien, zu wenig Team-Qualität,…

Die WM ging mit der Umarmung zwischen Iker Casillas und Sara Carbonero nach dem Finale (mit dem spanischen Sieg) in der Soccer City (bzw FNB-Stadion) in Jo’burg zu Ende. Es gab allgemein Lob für die Organisation des Turniers. In der Vorbereitung zur WM sind Infrastruktur-Probleme (v.a. im öffentlichen Nah-Verkehr) ersichtlich geworden und zT behoben worden. Die Sicherheit war „Fragezeichen“ vor dem Turnier gewesen, islamistischer Terror war möglich gewesen, auch Anschläge von weissen Rechtsextremisten aus Südafrika. Für das Land brachte die WM einen Tourismus-Aufschwung, mehr Ansehen. Es hat zwar noch enorme Probleme, aber es ist wie mit dem Glas, das je nach Sichtweise, halb voll oder halb lehr ist. Mehr Einheit zwischen Schwarz und Weiss im Land hat die Fussball-WM nicht gebracht, sie sind kaum näher zusammengerückt.

Zu den Schattenseiten des Turniers gehörte neben Nationalismus und Kommerz die Verdrängung (im wahrsten Sinn) von Problemen in Südafrika (etwas ähnlich wurde auch über Brasilien 14 gesagt). In Kapstadt wurde etwa 07 das Green Point Stadion im Hinblick auf die WM abgerissen; ein Teil blieb als Leichtathletik-Stadion erhalten. 07-09 wurde dafür das Kapstadt-Stadion gebaut (von Murray & Roberts Construction). Arme und Obdachlose aus der Gegend (Green Point) wurden dafür umgesiedelt, auch aus anderen Teilen Kapstadts (zB Woodstock) vor der WM, an den Stadtrand (Blikkiesdorp). Nachrichten davon bringen aber ein schlechteres Image als der Anblick von Elendssiedlungen für WM-Besucher und andere Touristen. Die Nachnutzung vieler Stadien ist fraglich; in jenem von Kapstadt spielt seit der WM Ajax Cape Town (Partner von Ajax Amsterdam) und finden u.a. Konzerte statt.

Die Bafana vor der WM 02

Rugby

Wie überall ist auch in Südafrika Rugby Union wichtiger als Rugby League, das sich u.a. durch die Zahl der Spieler (nicht 15 pro Team, sondern 13) unterschiedet. England/GB ist auch das Mutterland vom Rugby, kam wie Fussball Ende des 19. Jh nach Südafrika – und verbreitete sich hauptsächlich unter den Afrikaanern/Buren. Dass ein Sport englischen Ursprungs als Zelebration afrikaansen Lebensstils gilt, ist einer der Widersprüche dieser Nationalität. V. a. im heutigen Ostkap wurde und wird Rugby auch von Schwarzen (hier v.a. Xhosa) gespielt(16), im Westkap von Mischlingen. Auch Rugby war in Südafrika von Anfang an rassisch getrennt.

Wie im Fussball gab es ein – sich veränderndes – Nebeneinander rassisch getrennter Verbände mit dem Primat der Weissen. Das waren hauptsächlich der South African Rugby Board (SARB) von/für Weisse(n) (1889 bis 1992), der South African Coloured Rugby Football Board (SACRFB) und seine Abspaltung, die South African Rugby Federation (SARF) für Mischlinge (die mit SARB „kollaborierte“), sowie die South African Rugby Association (SARA; zuvor South African African Rugby Board) für Schwarze. Die Verbände hatten jeweils eigene Ligen, im Fall des weissen SARB war dies der Currie Cup, der Teams aus den vier Kolonien umfasste, die 1910 zu Südafrika vereinigt wurden.

Auch eine Art weisses, südafrikanisches Rugby-Nationalteam gab es schon vor der Entstehung Südafrikas, eine Auswahl aus den Teams des Currie Cups. Das Team hatte einen Springbock als Emblem und grüne Leibchen. Damals ging es darum (nicht nur im Rugby!), eine Einheit zwischen den beiden grossen weissen Gruppen, der Afrikaans- und der Englisch-sprachigen, zu erreichen. Die Rassentrennung gab es schon vor der Apartheid, der Wahl 1948, und in Südafrika gastierende Rugby-Mannschaften haben auch davor schon nicht-weisse Spieler zu Hause gelassen. Das neuseeländische Nationalteam „All Blacks“ kam etwa 1928 ohne seine Maoris, wie George Nepia.

Auch die Verbände der Mischlinge und Schwarzen hatten zeitweise sowas wie Nationalteams. Der SACRB stellte etwa 1939 eine Auswahl von „Farbigen“ für eine Tour zusammen. Auch dieses Team wurde „Springboks“ genannt und trug die grün-gelben Farben. Später war auch eine andere „Mischlings“-Auswahl aktiv, von einem anderen Verband organisiert, von der South African Rugby Football Federation (SARFF). Dieses Team wurde „Proteas“ genannt. Eine nationale schwarze Auswahl waren etwa die „Leopards“, zur SARA gehörig.

Im Rugby war Südafrika länger international dabei als in den meisten anderen Sportarten. Der Weltverband gehörte nicht zum IOC und ausserhalb einiger Commonwealth-Staaten (vor allem der weissen) ist Rugby vielleicht noch in Frankreich ernsthaft verbreitet.(17) Und in vielen Commonwealth-Staaten war man mit dem Apartheid-System nicht so streng (auch wenn dieses im Zuge der von den herrschenden Afrikaanern durchgesetzten „Abnabelung“ von Grossbritannien 1961 aus dem Commonwealth austrat). Rugby war der wichtigste Sport für die in der Apartheid herrschenden Afrikaaner, und hier nicht isoliert zu sein, liess sie vieles andere verschmerzen. Aber auch hier braute sich etwas zusammen. Eine Tour der Springboks durch Grossbritannien und Irland 1969 wurde von intensiven Protestaktionen gegen die Apartheid begleitet. Auftritte von Rugby-Teams in Südafrika oder des südafrikanischen Teams anderswo wurden registriert, führten zu internationalen Protesten und teilweise vor Ort.

Für 1970 waren die neuseeländischen „All Blacks“ zu einer Tour in Südafrika angesagt; Premier Balthazar J. Vorster erlaubte die Präsenz von Maoris unter den neuseeländischen Spielern und mitreisenden Zuschauern. Aus Protest gegen diese „Grosszügigkeit“ spaltete sich 1969 eine Gruppe um Albert Hertzog (Sohn eines früheren Premiers) von der Nationalen Partei ab und gründete die Herstigte Nasionale Party (HNP), rechts von der NP. Die HNP war für eine noch stärkere Stellung der calvinistischen, niederländisch-reformierten Kirchen und der Afrikaans-Sprache in Südafrika (auch für Andere!), für noch mehr Rassentrennung.(18)

Ebenfalls 1969 wurde in Neuseeland, an der Universität Auckland, die Initiative Halt All Racist Tours (HART) gegründet, die gegen Sport-Kontakte mit Apartheid-Südafrika (mit besonderem Augenmerk auf dem Rugby) protestierte.(19) Trevor Richards, einer der Mitbegründer, war auch lange ihr Vorsitzender und dann internationaler Sekretär. Der in Afrika aufgewachsene britische Labour-Politiker Peter Hain (Minister unter Blair und Brown) war auch bei HART aktiv. Eine australische Initiative war der South Africa Defence and Aid Fund (SADAF), von den aus Südafrika geflüchteten Weissen John und Meg Brink gegründet. Aus der Gruppe tat sich besonders der Anarchist Peter McGregor hervor, der sich auch Lebensbedingungen der Aborigines bei sich in Australien beschäftigte.

1970 kamen also die All Blacks nach Südafrika und die Maoris unter ihnen und den mitgereisten Zuschauern wurden als „Ehren-Weisse“ behandelt.(20) Im Jahr darauf kamen die Springboks nach Australien. Die Reise war begleitet von massiven Demonstrationen und Protest-Aktionen. Das südafrikanische Team wurde von der australischen Luftwaffe transportiert, da sich Gewerkschaften weigerten, Flugzeuge oder Züge für sie abzufertigen. Im Jahr darauf wurde in Australien die konservative Regierung abgewählt und die Labour-Regierung unter Gough Whitlam verhängte einen Boykott gegenüber dem Apartheid-Sport.

Eine geplante Tour der Springboks nach Neuseeland 1973 kam nicht zustande, wegen Boykott-Drohungen von Indien und afrikanischen Staaten für die nächsten Commonwealth-Spiele (in NZL), wegen der öffentlichen Meinung sowie Bedenken bezüglich der öffentlichen Sicherheit – in den 1970ern waren Sportkontakte jeder Art mit Südafrika schon stark politisiert (so wie die Apartheid-Regierung und ihre Anhänger den Sport Südafrikas politisiert hatten). 1974 kam das englische Rugby-Nationalteam, die „Lions“, nach Südafrika (sowie nach Südwestafrika und Rhodesien, wie diese Nachbarstaaten damals hiessen). Das Match gegen die Springboks in Port Elizabeth soll eines der brutalsten Rugby-Matches überhaupt gewesen sein, aber das hatte mit der Apartheid nichts zu tun. 1975 durften erstmals Mischlinge und Schwarze offiziell mit Weissen in einer nationalen südafrikanischen Auswahl (eine South African Invitation XV, nicht die Springboks) spielen, in diesem Fall gegen das französische Nationalteam. Einer der vier vom langjährigen SARB-Präsidenten Daniel („Danie“, „Doc“) Craven ausgewählten „Farbigen“ war John Noble.

Zur neuseeländischen Tour in Südafrika und den Folgen 1976, siehe oben. In einem südafrikanischen Provinzteam, das damals gegen die All Blacks spielte, war auch Daniel „Cheeky“ Watson. Berühmt wurde er einige Monate später, als er mit seinem Bruder im heimatlichen Port Elizabeth (bzw einem schwarzen Township von ihm) verbotenerweise mit Schwarzen Rugby spielte, im Dan-Qeqe-Stadion, benannt nach einem schwarzen Spieler in der östlichen Kapprovinz in den 50ern. Das sorgte damals für einen landesweiten Skandal. Watson ist bis heute gegen Rassismus im südafrikanischen Rugby engagiert. Infolge des wachsenden internationalen Drucks kam es 1977 zu einer formalen Vereinigung des weissen SARB mit der „farbigen“ SARF und der schwarzen SARA. Die 1966 aus dem SACRFB hervorgegangene South African Rugby Union (SARU), ein nicht-rassischer Rugby-Verband (mit dem SACOS affiliiert), blieb abseits. SARU war Gründungsmitglied von SACOS und ihr Vorsitzender Abdul Abbas verlangte als Vorbedingung einer Vereinigung eine Integration auf Vereinsebene und die Abschaffung verschiedener Gesetze.

Spätestens ab Ende der 1970er hatten auch im Rugby Alle, die mit Südafrika Kontakte eingingen, zumindest mit Nachwirkungen zu rechnen. Eine geplante Springbok-Tour durch Frankreich 1979 wurde von der französischen Regierung verhindert. Die „South African Barbarians“, ein invitational club (also ein gelegentlich aus Spielern anderer Teams zusammengestellter Klub) tourte 1979 durch Grossbritannien, sensationellerweise mit weissen, schwarzen und „braunen“ Spielern. Einer der Nicht-Weissen bei den Barbarians 1979 war Errol Tobias, ein Kap-Mischling. Tobias spielte in den 1970ern für die Proteas, das damalige Mischlings-Nationalteam. 1980 wurde er für die weissen Springboks ausgewählt, für inoffizielle Testspiele in Südamerika gegen nationale Auswahlen (in Argentinien wurde ihnen die Einreise verweigert). 1981 war er der erste Nicht-Weisse in einem offiziellen Länderspiel („Test“) der Springboks, zu Hause gegen Irland – Ausdruck der leichten Liberalisierung der Apartheid unter Botha. Bis 1984 (als für die Sprinboks wirklich „Schluss“ war) war er immer wieder bei Länderspielen dabei (viele gab es nicht, da Gegner fehlten).(21)

Tobias war auch bei der Springbok-Tour nach Neuseeland 1981 mit dabei. Die SARB unter ihrem Präsidenten Craven kalkulierte, dass die Inklusion eines farbigen Spielers Protesten den „Wind aus dem Segeln nehmen“ würde. Tobias wurde vorgeworfen, sich als Alibi-Farbiger zur Verfügung zu stellen. Über seine Behandlung innerhalb des Teams gibt es verschiedene Angaben. Neuseeland setzte sich mit der Einladung an die Springboks über das Gleneagles-Abkommen hinweg. Auch die Erinnerung an den Besuch der Südafrikaner 1976 und die Folgen spielten eine Rolle, und in den 1980ern hatte die Apartheid auch im Westen die meiste Akzeptanz verloren. So wurde die Reise der Springboks von Massen-Protesten begleitet. Auch Maoris beteiligten sich an daran. Viele von deren Aktivisten stellten das Bekenntnis weisser Neuseeländer (Pākehā) zu rassischer Gleichheit in Frage und warfen die Frage auf, ob das Focussieren auf Rassismus anderswo nicht eine Verdrängung des eigenen ist.(22) Das südafrikanische Team verlor die Testspiel-Serie 1:2, aber das spielte überhaupt keine Rolle.

Nach dieser Neuseeland-Tour wurde Südafrika vom International Rugby Board (IRB) von weiteren internationalen Auftritten ausgeschlossen. Erst 1992, als sich das Ende der Apartheid abzeichnete, änderten sich die Bedingungen. Das „Rugby-Embargo“ war v.a. für den afrikaansen Teil der Weissen eine der härtesten Sanktionen. So verpassten die Springboks v.a. die ersten beiden Weltmeisterschaften, 1987 und 1991.(23) Der Boykott war aber nicht vollständig. 1984 kam das englische Team, wobei ein ausgewählter Spieler, Ralph Knibbs, es aus politischen Gründen ablehnte, gegen Südafrika zu spielen. Eine geplante Reise der All Blacks 1986 wurde gerichtlich untersagt, dafür kam eine Art Ersatz-Nationalteam, New Zealand Cavaliers genannt. Im selben Jahr spielten Südafrikaner zum 100-Jahr-Jubiläum des IRB in All-Star-Games in Grossbritannien. 1989 kam eine Weltauswahl (World XV) zu Gastspielen nach Südafrika, zum 100-Jahr-Jubiläum des SARB diesmal.

1992, vor dem Hintergrund der Verhandlungen zur Beendigung der Apartheid, vereinigten sich der weisse SARB und die farbige SARU zur SARFU (South African Rugby Football Union), der bisherige SARB-Präsident Craven leitete auch den neuen Verband. Die Vereinigung der Ligen bzw die Öffnung des Currie Cups für nicht-weisse Spieler und Teams wurde in die Wege geleitet. Dies und die politischen Schritte zum Abbau der Apartheid führten auch im Rugby zu einer Rückkehr Südafrikas auf die internationale Bühne. Der damalige Präsident De Klerk ist ein grosser Rugby-Fan. Sichtbares Zeichen, dass sich etwas geändert hatte, war etwa die Auflösung der neuseeländischen Initiative Halt All Racist Tours (HART) 1992. Die Springboks kehrten 1992 mit einem Testspiel gegen die neuseeländischen All Blacks im Johannesburger Ellis-Park-Stadion zurück (und einem gegen das australische Team eine Woche später). Unter den Springbok-Spielern waren zwei dabei, die schon bei der turbulenten NZL-Tour 1981 mit von der Partie waren, „Naas“ Botha und „Danie“ Gerber.

Der ANC, damals so etwas wie die ausserparlamentarische Opposition, hatte sein Einverständnis gegeben, dass internationale Sportsanktionen gegen Südafrika im Zuge der Beendigung der Apartheid aufgehoben werden. Vor dem Neuseeland-Match war vor diesem Hintergrund ausgemacht worden, dass die damals noch (alleine) gültige Nationalhymne, „Die Stem van Suid-Afrika“, nicht gespielt wird, und die Nationalflagge nicht gehisst wird, um den Sport von der Apartheid zu trennen; ausserdem wurde von der SARFU (die viel mehr SARB war als SARU) dem ANC zugesagt, eine Schweigeminute für die Opfer des Boipatong-Massakers abgehalten wird. Es war dann anscheinend so, dass die Zuschauer während der „Schweigeminute“ die „Stem“ sangen (brüllten) und die Publikumsränge mit Nationalflaggen voll waren. Dazu hatten afrikaanse Zeitungen in den Wochen davor aufgerufen…

So schnell änderten sich die Dinge nicht. Aber allmählich. Auf einer Tour durch GB bald darauf hat eine Gruppe von afrikaansen Fans vor dem Match gegen Schottland vor dem Stadion „Nkosi Sikelel’i Afrika“ gesungen, so etwas wie die Hymne des schwarzen Südafrika. Es war diese Tour, nach der eine Erneuerung bei den Springboks stattfand. Francois Pienaar wurde danach statt Naas Botha Kapitän, ein neuer Trainer kam,… Das Ende der Apartheid im Rugby 1992 hat natürlich eine Öffnung der Springboks für Nicht-Weisse gebracht, theoretisch. In den ersten Jahren nach der Rückkehr spielten gelegentlich ein oder zwei Farbige, ab 93 etwa Chester Williams, dessen Onkel Avril Williams in den 80ern in der Zeit von Errol Tobias bei den Springboks gespielt hatte.

Natürlich war das Niveau des weissen Rugbys auf einem anderen als das „farbige“ und ist ein Nationalteam eine Auswahl der Besten. Aber manchmal scheint es darum zu gehen, genau diesen aus der Apartheid resultierenden Vorsprung einzuzementieren. Zu wenig Begeisterung und Talent fürs Rugby bei den Schwarzen oder rassistische Strukturen, Henne oder Ei, darum drehen sich die Diskussionen in Südafrika, noch immer. Louis Luyt, ein Unternehmer (u.a. Manager des Ellis Parks), später Politiker (Gründer der Federal Alliance), wurde 1994 Präsident der SARFU.(24) Er wiedersetzte sich der „Aufnahme“ Schwarzer bei den Springboks. Die „Springböcke“, das Rugby-Nationalteam Südafrikas, waren Repräsentanten der Apartheid gewesen, der Afrikaaner-Vorherrschaft, sowohl in den Augen der Profiteure dieses Systems als auch für dessen Leidtragende. Das Durchbrechen von Sanktionen durch Andere auf diesem Gebiet hat das nur verstärkt. Premier Vorster sagte 1971, die Springboks seien nicht repräsentativ für ganz Südafrika, sondern nur für seine Weissen (eigentlich, für seinesgleichen, auch nur für den einen Teil der weissen Bevölkerung; aber die Englischsprachigen auszuschliessen konnten sich die Afrikaaner nicht leisten).(25)

Mandela wirkte dieser Konnotation des Rugbys in Südafrika entgegen. Bei einem Springbok-Länderspiel gegen England war ihm aufgefallen, dass Schwarze im Stadium die Gastmannschaft unterstützten; er sagte später dazu, dass er das im Gefängnis ebenso gehalten hatte. Die Heimmannschaft repräsentierte schon von ihrer ethnischen Zusammensetzung Apartheid bzw weisse Vorherrschaft. Im Hinblick auf die Rugby-WM in Südafrika 1995 begann er damit, auf verschiedenen Ebenen schwarze Unterstützung für den „weissen“ Sport zu organisieren und gleichzeitig dessen Protagonisten für ein „gemischtrassiges“ Südafrika zu öffnen – ein Spiegelbild seines Wirkens überhaupt! Er traf sich etwa mit Springboks-Kapitän François Pienaar, und machte ihn mit einem englischen Gedicht bekannt, „Invictus“, das ihn in seiner Zeit im Gefängnis inspiriert hatte. Mluleki George stammt vom Ostkap, spielte selbst Rugby, engagierte sich gegen die Apartheid, beim ANC, war dafür auf Robben Island interniert, war beim NSC aktiv, nach der Apartheid bei NOCSA, wurde Vizepräsident von SARFU, Funktionär beim internationalen Rugby-Verband IRB, dann Vize-Verteidigungsminister, bevor er zu COPE wechselte. Er sagte, „In der Vergangenheit haben Schwarze immer die Gegner der Springboks angefeuert. Ich selbst habe das bei der Tour der Engländer 1974 getan. Um das Ende der Apartheid herum gab es das unter Schwarzen noch immer, und auf der anderen Seite das Gefühl bei vielen Weissen, dass Rugby ihnen gehört.“

Dass die Springboks bei der WM im Mai und Juni 1995 mit nur einem Farbigen spielten, war keine Überraschung. Das würde sich bald ändern, hofften Viele. Während des Turniers sah man in den Stadien bei den Spielen der „Boks“ immer wieder die alte südafrikanische Flagge (die mit der Apartheid 1994 abgeschafft wurde). Und andererseits jene schwarzen Südafrikaner, die die Gegner der Springboks unterstützten. Diese kamen etwas überraschend ins Finale. 63 000 sahen dieses live im Ellis Park, fast ausschliesslich Weisse, v.a. Afrikaaner. Gegner war das neuseeländische Team mit dem kürzlich verstorbenen Maori Jonah Lomu, und es gab daher nach den Hymnen und der Begrüssung der aufgereihten Spieler durch Mandela und SARFU-Präsident Luyt einen Haka. Mandela saß als Präsident des Landes (in Springbok-Kleidung) in der Ehrenloge, mit Louis Luyt, dem neuseeländischen Premier Bolger oder „Tokyo“ Sexwale, dem Premier der Provinz Gauteng. In dem Spiel gab es nur Penalties, keine Tries. Die in den schwarzen Dressen glichen in der 2. Hälfte aus, 2 Penalties von Stransky in der Verlängerung nach der Führung durch Mehrtens (der aus Südafrika stammt!) sorgten für den 15:12-Sieg.

Dass zum ersten Mal ganz Südafrika hinter den Springboks stand, war Produkt von Mandelas Vorarbeit. Pienaar wurde Sekunden nach dem Schlusspfiff des englischen Schiedsrichters von einem TV-Reporter gefragt, wie das Gefühl der Unterstützung durch 63 000 Fans sei. „Heute hatten wir die Unterstützung von 42 Millionen“, so die Antwort. Dann die Übergabe des Webb-Ellis-Pokals. Nelson Mandela tat dies, mit den Worten „Danke dafür, was Sie für Südafrika getan haben“. Pienaar, der an diesem Tag auch nichts falsch machte, antwortete: „Danke dafür, was Sie für Südafrika getan haben“ Das Ende der Apartheid, das Treten aus der Isolation, auch im Rugby, dann die triumphale Rückkehr mit dem Sieg bei der Heim-WM, und das Ganze dann auch noch im Zeichen der nationalen Versöhnung. Beinahe märchenhaft, ein Stück Sportgeschichte.

Der Triumph der Südafrikaner war aber auch von Misstönen überschattet.(26) Louis Luyt sagte beim Abschlussdinner, „There were no true world champions in the 1987 and 1991 World Cups because South Africa were not there.“ Die Neuseeländer (Sieger 1987) verließen daraufhin erbost den Saal. Die Jahre der Isolation haben das Gefühl der heimlichen Überlegenheit (auch was das Rugby betrifft) noch gestärkt.(27) Und, fast alle neuseeländischen Spieler lagen zwei Tage vor dem Endspiel nach einem Restaurantbesuch (anscheinend in einem „Pizza Hut“) mit einer Lebensmittelvergiftung flach. Das Gerücht, das Team sei von einer Kellnerin namens „Suzie“ vergiftet worden, hält sich noch heute. Während des Finales sah man neuseeländische Spieler sich am Spielfeldrand übergeben. Weiters war/ist die Rede von Abhöreinrichtungen und Störungen des Schlafs der Neuseeländer.

Die Rugby-WM 1995 war ein Höhepunkt von Mandelas Versöhnungspolitik. Der britische Autor John Carlin schrieb darüber ein Buch, „Playing the Enemy: Nelson Mandela and the Game That Changed a Nation“ (2008). 2009 wurde ein Hollywood-Film daraus, „Invictus“, von Clint Eastwood (!), mit Morgan Freeman als Mandela and Matt Damon als Pienaar. Einige Rugby-Profis waren als Spieler dabei. Es gab und gibt Vorwürfe, dass Mandela mehr zur Beschwichtigung der Weissen machte als zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Schwarzen; und das Weisse das Entgegenkommen nicht erwidert hätten. Aus einer Diskussion in der Kommentarsektion der Online-Ausgabe einer südafrikanischen Zeitung: „I wish that one day someone would critically assess the whole ‘Madiba Magic’ legacy. And really tell us -who was the beneficiary of this phase of our history? As time has ticked I have come to deride that picture of Madiba wearing the Francious Pienaar number 6. But are we allowed to honestly critic this?
I saw images of the 46664 concert and of the images that I saw, over 95 percent of people at that concert were white. Am I reading too much or has our greatest light be stolen from us? just as our land and heritage was.“

Die Frage der Rassenbeziehungen ist eine sehr empfindliche im neuen Südafrika. Was das Rugby betrifft, es ist in dem Land bis heute vorwiegend weiss (und von Afrikaanern dominiert) geblieben. So wie Mandelas Bemühen um 1995 die Versöhnung unter ihm wiederspiegelt, so spiegelt für Viele die mangelnde Transformation des Rugbys des Landes die fehlenden Bemühungen von Weissen zur „Veräusserung“ ihrer Privilegien wieder. Der erste Schwarze, der für die Springboks spielte, war Kaya Malotana, aus dem Ostkap, 1999. Der Verband (SARFU) wurde in SARU (South African Rugby Union) umbenannt, hatte dann farbige Präsidenten. Aber unter den Spielern (Klubs, Nationalteam) dominieren weiterhin Weisse, die etwa 10% der Bevölkerung Südafrikas ausmachen. Die eine Sichtweise darauf ist, dass in dieser Bevölkerungsgruppe eben mehr Leidenschaft und schliesslich Klasse fürs Rugby da ist. Die andere ist, dass die Klasse durch gezielte Förderung, bzw Diskriminierung gegenüber Anderen, zu Stande komme. So hat der Verband ein Quotensystem eingeführt, wonach Schwarze/Farbige auf verschiedenen Ebenen einen bestimmten Anteil von Teams ausmachen mussten; analog zum „Black Empowerment“ in der Wirtschaft. Solcherarts geförderte Spieler werden hinter vorgehaltener Hand gerne „Quotenspieler“ genannt, welche talentierteren Weissen den Weg verbauten.

Die Nationalhymne illustriert gut das „Patchwork“ des politischen Kompromisses Südafrikas. Seit 1997 ist Südafrikas Nationalhymne eine Kombination aus Extrakten des schwarzen Befreiungslieds „Nkosi Sikelel’ iAfrika” und der alten weissen Hymne “Die Stem van Suid-Afrika”/“The Call of South Africa“. In den Jahren vom Ende der Apartheid bis 97 (u. a. bei der Rugby-WM 95 und Olympia 96) waren beide Hymnen nebeneinander in Kraft (wurden meist hintereinander gespielt). Die Kombination enthält Teile in den wichtigsten Sprachen des Landes, Englisch, isiZulu, Afrikaans, isiXhosa, Sesotho. Der Zeitungs-Herausgeber Mondli Makhanya wies darauf hin, dass bei ihrem Abspielen vor Rugby-Länderspielen die Menge beim ersten, „schwarzen“, Teil meistens ziemlich ruhig bleibt und beim „weissen“ in Fahrt komme. „It tells you a lot. Rugby is the one thing Afrikaners want to hang on to as their own culturally.”

Hier geht es auch um die Frage, ob die 10% Weissen Südafrikas, eine (weiterhin) privilegierte Elite oder eine (nun) bedrängte Minderheit sind. Und wiegesagt, im Rugby sind besonders die Afrikaaner unter ihnen der „Platzhirsch“. Es gibt auch andere Länder, wo verschiedene Ethnien verschiedene Sport-Vorlieben haben und eine Minderheit einen Sport dominiert, zB Kasachstan: Kasachen mögen v.a. Ringen, Russen Eishockey. Das kasachische Eishockey-Nationalteam besteht zu mindestens 80% aus ethnischen Russen. Also hat das mit Diskriminierung und Privilegien nichts zu tun?(28)] Soll eine nationale Sportauswahl demographische Verhältnisse wiederspiegeln oder die besten verfügbaren Sportler bringen? Aber, jene die über 7 Maghrebiner/Schwarzafrikaner/Karibianer im französischen Fussball-Nationalteam maulen, das als Zeichen von Überfremdung sehen, sehen dann gerne 12 Weisse im südafrikanischen Rugby-Team als Selbstverständlichkeit. In ethnisch gemischten Sport-Nationalteams spielt die Diversität teilweise eine Rolle, teilweise nicht, im brasilianischen Fussball-Nationalteam die Unterschiede zwischen Weissen, Schwarzen und Mischlingen schon lange nicht mehr. Im nordirischen Fussball-Nationalteam, wo Iren („Katholiken“) und britische Siedler („Protestanten“) zusammenspielen, spielen die Grenzen sehr wohl noch eine Rolle – wie auch ausserhalb des Fussballs dort. Und, teilweise spiegelt die Verteilung die Gesamtbevölkerung anteilsmäßig wieder, teilweise ist sie nicht proportional.

Auch bei den WMs 1999 und 2003 war das südafrikanische Team hauptsächlich weiss. 2004 wurde Jake White (eigentlich Jacob Westerduin…) als Springbok-Coach ernannt, nach dem schwachen Abschneiden von 2003, der Aufregung über Trainingsmethoden im Kamp Staaldraad und internen Konflikten in der SARU. Vor der WM 2007 in Frankreich kochte die „Rassendebatte“ über. Der Kader bestand aus 21 Afrikaanern (+ der Trainer), 5 englischsprachigen Weissen (darunter einer aus Zimbabwe), 5 Mischlingen (darunter die Leistungsträger Habana und Pietersen), 1 Schwarzen; 12 Jahre zuvor waren es 21 Afrikaaner, 6 Englischsprachige (darunter ein Jude; + der Trainer), 1 Mischling (Chester Williams) gewesen.(29) Wenig Fortschritt also. Und, es stellte sich heraus, dass das Springbok-Team die gleiche Anzahl an Nicht-Weissen hatte wie das englische. Und die paar Nicht-Weissen waren grösstenteils auf Quoten-Vorgaben zurückzuführen.

Der Vorsitzende des parlamentarischen Sport-Ausschusses, Butana Khompela (ANC), regte in einem Interview an, dass den Spielern die Reisepässe weggenommen werden (und an der Reise zur WM gehindert werden sollten), wenn das Team nicht „repräsentativ“ genug sei. Sport-Minister Makhinese A. Stofile (früher selbst Rugby-Spieler im Ost-Kap, wo der Sport unter Schwarzen ja eine gewisse Beliebtheit hat, ein Sport-Boykott-Kampaigner) sagte im Parlament, dass seit dem Ende der Apartheid im Rugby zu wenig passiert sei beim Abbau der Rassenschranken und dass ein Element des Zwangs notwendig sei. Dann gabs auch eine Kontroverse über den „Springbok“, das Abzeichen, den Namen. Dass er teilweise als Symbol der Apartheid gesehen wird, war wieder aktuell. SARU-Präsident Hoskins war für die Beibehaltung, Sportminister Stofile neutral, Teile des ANC setzten sich für die Abschaffung ein; es solle ein einheitliches Symbol für alle Sportteams geben. Dann sagte Vize-Innenminister Malusi Gigaba vor dem Finale der WM (für das sich die Springboks qualifiziert hatten) im Parlament, nur weil das Team erfolgreich sei, werde das Verlangen nach einer repräsentativeren Zusammenstellung nicht nachlassen.

Präsident Mbeki versuchte entgegenzulenken, auch sein Vorgänger Mandela. Mandela sagte, er werde sich das Finale gegen England im Fernsehen anschauen und schickte dem Team Glückwünsche in verschiedenen Sprachen, darunter Afrikaans. Mbeki schrieb in seinem wöchentlichen „Blog“ auf der ANC-Website, „Go Bokke, go!“. Die Regierung sei zuversichtlich, dass die Springboks das im Ellis Park 1995 Erreichte wiederholen und als Rugby-Weltmeister nach Hause kommen. Nach dem 15:6 in Paris gegen England war Mbeki auch bei der Preisverleihung anwesend, wurde von Sarkozy eingeladen, den Pokal zu überreichen. Der Unterschied zwischen Mandela und Mbeki kommt in den Auftritten bei der Preiszeremonie bei den gewonnenen Rugby-Weltmeisterschaften heraus, 1995 und 2007. Mandela hatte eben mehr Selbstbewusstsein gegenüber Weissen; aber Mbeki hatte allgemein die Mühen der Ebene zu bewältigen, und wie die Post-Apartheid-Führer vor und nach ihm hat er die Negativ-Prophezeiungen Mancher nicht erfüllt. Nach der Heimkehr Empfang für die Springboks in den Union Buildings in Pretoria beim Präsidenten, Fahrt im offenen Bus durch Soweto, Besuch bei Mandela.

Der Chef der afrikaansen Partei Freiheitsfront Plus (VF+), Pieter Mulder, sagte, der Sieg 2007 sei sogar bedeutender als der 1995, weil das Team diesmal auch politischen Druck und Einmischung zu bewältigen gehabt hatte. Er argumentierte für ein Nationalteam das nach Leistung zusammengestellt werde, nicht nach Rasse bzw Ethnizität. Dieses Team, mit Bryan Habana als „Held“, habe mehr für „nation-building“ und gute (Rassen-)Beziehungen getan als Quoten und politischer Druck. 1995 stand im Zeichen von Versöhnung und Neubeginn zwischen den Rassen, 07 im Zeichen von neuen Spannungen. Online-Benutzerkommentare von damals: „Victories such as the Rugby World Cup is superfluous and although the victory is wonderful, I cannot see how it can unite a nation of people who by instinct distrust one another. Sport is just that, sport.“ Aber auch: „Amusing comments! Im a SA of Greek decent. Made choice to stay & have no regrets. It’s a Pandora’s Box!! Just open it and be amazed at what will spring out at you. I love it and truely believe it to be one of the most dynamic worldwide. I agree that ignorance of its youth, beauty,dynamics, progressiveness and determination to succeed, results in generalized, false media-hysterical induced, sensationalized stayed opinions being voiced! I love it and am proud to be South African!!“

Dass das Team auch 07 hauptsächlich aus Weissen bestand, einfach ein Zeichen dass Schwarze lieber Fussball mögen oder eine apartheidbedingte Struktursache? Die Auswahl nach Können zusammenstellen oder auch das „rassische Ungleichgewicht“ etwas zurechtrücken? Das Argument der „Farbenblindheit“ wirkt in einem Land, in dem die schwarze Mehrheit viele Jahrzehnte aufgrund rassischer Vorurteile unterdrückt wurde, etwas seltsam. Wirkt manchmal wie ein Bemühen um die Behauptung von Besitzständen. Der Rugby-Quotenstreit spiegelt die allgemeine Umverteilungsproblematik Südafrikas wieder. Muss man nicht etwas zurechtrücken, DAMIT es eines Tages keine Rassenschranken mehr gibt? Die Frage gibt es auch an Universitäten oder in Firmen. Entscheidende Weichenstellungen sind wahrscheinlich nicht im Profi- (Elite-) Rugby zu finden, sondern am Weg dorthin, in Klubs und Gymnasien, teilweise auch in den Lebensbedingungen (siehe den „Guardian“-Artikel unten), teilweise in den Köpfen. Wie im Fussball vielerorts ist der Sprung von der U 21 zum „Senioren“- (bzw A-) Level der schwierigste, die Entwicklung im Alter von 19 bis 21.

Peter de Villiers, ein Kap-Mischling (früher in der SARU aktiv), wurde 2008 Nachfolger von Jake White als Teamchef von Rugby-Weltmeister Südafrika. Der vormalige Trainer der U21-Mannschaft war der erste nicht-weisse Headcoach der Springboks. „Gegenkandidat“ war Heyneke Meyer, früher u.a Coach der „Blue Bulls“ Pretoria. Die VF+ und viele aus dem „weissen Südafrika“ kritisierten die Wahl. Bei der WM 2011 kamen die Boks unter De Villiers ins Viertelfinale. Der Exil-Afrikaaner in GB, Wessel van Rensburg, schrieb dazu auf seinem Blog mhambi.com: „If any of you were reading Mhambi four years ago during the Rugby World Cup, you would have noticed how negative I was about South Africa. We won the tournament, but it did not lift my mood. No not at all.
Four years later and we don’t have a half bad team. In fact, in some respects its even better. But four years ago the agressive racial and purposefully unreflective debate – that the team were too white – even included threats of withholding visas by the minister of sport. Depressing stuff.“

Nach dem Turnier kam Meyer ans Ruder, bis zur WM 15. Peter de Villiers kritisierte seinen Nachfolger einmal, den farbigen Cornal Hendricks zugunsten des weissen Jesse Kriel aus dem Team genommen zu haben. Peter de Villiers dazu: “That decision took the country back to the late eighties, when blacks supported the opposing team because of apartheid“. Die Diskussion geht weiter.

Kricket

Auch Kricket wurde in Südafrika von seinen frühesten Tagen an nach rassischen Linien organisiert. Auch hier war Südafrika zu Zeiten der Rassentrennung Weltklasse und dann vom internationalen Betrieb ausgeschlossen. Auch hier wurden spät Weltmeisterschaften eingeführt (und gab es davor andere Turniere) und Südafrika hat die ersten paar wegen den Sanktionen verpasst. Auch hier kehrte man im Laufe der Beendigung der Apartheid zurück, ist an die (erweiterte) Weltspitze zurückgekehrt und gibt es Streitereien und Diskussionen über Rassismus bzw politische Eingriffe bezüglich der ethnischen Zusammensetzung von National- und Klubteams sowie der Strukturen. Wie Rugby wird auch Kricket in relativ wenigen Staaten ernsthaft betrieben. Andre Odendaal (früher selbst Cricketer) hat in seinem Buch „The Story of an African Game“ herausgearbeitet, dass Kricket seit Mitte des 19. Jh von Schwarzen im südlichen Afrika gespielt wurde und nicht (nur) ein Spiel privilegierter Weisser war. Auch indische Südafrikaner beteiligten sich natürlich am Kricket. Die 1890 gegründete weisse South African Cricket Association (SACA) spielte den Currie Cup aus, dessen Trophäe wie jene der Rugby-Meisterschaft vom britischen Reeder Donald Currie gestiftet wurde. Der Bewerb wurde während des Südafrikanischen Krieges 1899-1902 ausgesetzt, und dann auch während des 1. Weltkriegs.

Für Nicht-Weisse gabs den SA Coloured Cricket Board (SACCB), der die Barnato Memorial Trophy ausspielte. Dieser Verband spaltete sich in den folgenden Jahrzehnten (vor der Apartheid) in den schwarzen SA Bantu Cricket Board (SABCB; >NRC-Trophy), den farbigen SAICCB (> David Harris Trophy), die indische SAICU (>Christopher Floating Trophy), auf. 1947 vereinten sie sich wieder zum SA Cricket Board of Control (SACBOC) und zur Meisterschaft um die Dadabhay Trophy. In 1960ern spaltete sich der schwarze SAACB ab, die SACBOC blieb für Asiaten und Mischlinge. Als Folge der Rassentrennung bzw der weissen Vorherrschaft mussten jene, die gegen diese kämpften, die (Selbst-)Definition über die Rasse mitmachen. Es gab, wie im Rugby, neben der weissen Nationalmannschaft „farbige“. Die weisse, „eigentliche“ Kricket-Nationalmannschaft Südafrikas hatte als Test-Gegner nur Australien, England und Neuseeland; „farbige“ Gegner wie Indien oder die Westindies kamen nicht in Frage und andere (weisse) Teams hatten nicht das Niveau. Auch im Kricket betrieben „farbige“ Commonwealth-Staaten wie Indien den Ausschluss Apartheid-Südafrikas.

Später als im Fussball und früher als im Rugby kam es im Kricket zur Isolierung Südafrikas, infolge der D’Oliveira-Affäre. Basil D’Oliveira wurde in Kapstadt mit indischen und portugiesischen Wurzeln geboren, was ihn im Apartheid-System zum Mischling bzw (Cape) Coloured machte. Er spielte für Südafrikas farbiges Kricket-Nationalteam; viele Türen blieben ihm verschlossen. 1960 gelang ihm die Emigration nach Grossbritannien, ab 1966 spielte er für das englische Nationalteam. Für den Jahreswechsel 1968/69 war eine Tour(nee) des englischen Teams in Südafrika geplant, und D’Oliveira war eigentlich dafür vorgesehen. Der Marylebone Cricket Club (MCC), der für das englische Team zuständig war, verzichtete auf seine Nominierung, wohl aus Appeasement gegenüber dem Apartheid-Regime; begründet wurde die Auslassung des farbigen Spielers gleichwohl mit Leistungsgründen. Nach der Verletzung eines anderen Spielers rückte er dann doch nach. Apartheid-Premierminister Vorster kündigte an, D’Oliveiras „Auftritt“ in Südafrika nicht zuzulassen. Schliesslich wurde das Gastspiel der Engländer abgesagt.

Dies hatte entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung des Weltverbandes ICC 1970, Südafrika vom internationalen Kricket auszuschliessen. Der Boykott wurde auch hier nicht von allen eingehalten, es kam zu sogenannten „rebel tours“. Könner wie Graeme Pollock waren aber weitgehend vom internationalen Kricket ausgeschlossen. 1975 liess das ICC erstmals eine Weltmeisterschaft ausspielen. Die weisse South African Cricket Association (SACA), inzwischen aus der SACU hervorgegangen, versuchte gegenzusteuern, indem die rassisch definierten Verbände unter ein gemeinsames Dach gestellt werden. SACA und SAACB schlossen sich 1972 zum Cricket Council of South Africa zusammen, eine Vorstufe dazu. SACBOC zierte sich lange dagegen. 1976 machte er mit bei der „Vereinigung“ mit den anderen beiden zur SA Cricket Union (SACU) mit, Teile von ihm blieben aber abseits, glaubten an keine echte Lösung, gründeten den South African Cricket Board (SACB), der sich mit SACOS verband. SACA-Funktionäre hatten mit dem Versprechen, die Rassenschranken im südafrikanischen Kricket niederzureissen, zur Vereinigung gelockt, auch im Currie Cup. Es kam natürlich nicht zu einer echten Gleichberechtigung, man konnte sich auf die Vorgaben der Regierung ausreden, und das südafrikanische Kricket kam nicht aus seiner internationalen Isolation heraus.

Die weiss dominierte SACU beteiligte sich an Bemühungen des Regimes, die Leute in den Townships zu gewinnen, indem sie ihnen Kricket-Ausrüstung wie Bälle, Schläger, Wickets zur Verfügung stellte. Spielfelder wurden allerdings keine geschaffen. Und, die Leute dort haben wichtigere Bedürfnisse, wie bessere Wohnmöglichkeiten, Wasser, Elektrizität, Bildung, medizinische Versorgung. Als De Klerk 1990 mit seinen Reformen begann, war im Kricket gerade ein Streit zwischen der SACU und den Anti-Apartheid-Sportorganisationen NSC und SACOS im Gange, in dem es um eine kommende englische rebel cricket tour und Proteste dagegen ging. Schliesslich fand man im neuen Geist einen Kompromiss und auch im Kricket ging es mit Versöhnung los.

Unter Vermittlung des ANC-Sportsprechers Steve Tshwete vereinigten sich SACU und SACB im Juni 1991 zum United Cricket Board of South Africa (UCBSA)  – Kricket war erste Sport, in dem Einheit erreicht wurde. Es folgte die Aufhebung der Rassentrennung im Kricket, nicht-weisse Spieler und Klubs wurden in die Meisterschaft integriert. Im selben Jahr hob das ICC die Einschränkungen gegen Südafrika auf. Es war (das vehement gegen die Apartheid engagierte) Indien, das das südafrikanische Nationalteam in dem Jahr zur Rückkehr auf die Weltbühne einlud, das sein erstes offizielles Match seit 1970 spielte, in Kolkata (Kalkutta). Das Nationalteam wurde (theoretisch) geöffnet für Nicht-Weisse, auch hier blieb aber weisse Dominanz.

Mandela and Tshwete setzten sich beim ICC dafür ein, dass der UCBSA zur WM 1992 eingeladen wird; was dann auch geschah. Südafrika wurde beim WM-Debut Dritter. Früher auch Springboks genannt, bekam das Kricket-Nationalteam nun die Bezeichnung „Proteas“, nach den Zuckerbüschen, die so etwas wie Südafrikas Nationalpflanze sind. Clive Rice’s Karriere war mit der internationalen Isolation weitgehend zusammengefallen. Er war 42, als er 1991 wieder international spielen konnte. Aber für die WM 1992 wurde er als zu alt eingeschätzt und nicht mitgenommen. Er starb letztes Jahr an einem Tumor. Es folgten weitere WM-Teilnahmen, mit gemischtem Erfolg; 03 hat Südafrika die Kricket-WM ausgerichtet, schied in der Vorrunde aus. Aus dem UCBSA wurde Cricket South Africa (CSA). Currie Cup war der Name der Meisterschaft bis 1990/91, dann bis 1996/97 Castle Cup und anschließend Supersport Series; seit der Saison 2012/13 heisst der Wettbewerb Sunfoil Series. Bis zur Saison 2004/05 nahmen Provinzteams teil, seither sechs Franchises.

Der Streit um nicht-weisse Spieler in der Nationalmannschaft und den Klubs der Liga begann schon anlässlich der WM 92. Der 40-jährige Farbige Omar Henry war schliesslich der Einzige unter den 14 Nominierten. Mainstream-Medien schrieben dass die Nominierung rein nach Qualitätskriterien erfolgen sollte (merit selection) und wenn es eben keine schwarzen Klasse-Spieler gäbe… Künftige Streits im Rugby wurden hier vorweg genommen. Auch hier ist die Frage, ob es jenen, die einer Auswahl nach Verdiensten das Wort reden, wirklich um Qualität geht, oder um die Aufrechterhaltung des Status quo. „Auswahl rein nach Leistung“ baut automatisch auf den in der Apartheid geschaffenen Ungleichheiten auf. Auch hier also eine Entsprechung zur allgemeinen politischen Diskussion, Affirmative action und dergleichen betreffend. Wenn man die Elite-Cricketers Südfrika (nach der Apartheid) ethnisch aufschlüsselt, dominieren Weisse (Afrikaaner und Englischsprachige), vor Indern (moslemischen und hinduistischen), dann Farbigen und zuletzt die Schwarzen. Makhaya Ntini war 1998 der erste schwarze Südafrikaner, der für die Proteas spielte. Seither ist nur ein gutes Dutzend dazu gekommen, wie Ashwell Prince und Tsolekile.

Von daher ist es nicht so abwegig, dass 2004 von der Politik in der obersten Liga „Rassen-„Quoten vorgegeben wurden, die eine gewisse Anzahl Nicht-Weisser im Team vorschreiben. Die Quoten wurden über die Jahre angehoben und Nachwuchs-Nationalteams repräsentieren bereits eher die demographischen Verhältnisse des Landes. Es zirkulieren Horrorgeschichten über Quoten, etwa dass verletzte schwarze Spieler anstatt fitten weissen in WM-Kader „hineingepresst“ wurden. Und natürlich der Hinweis auf Zimbabwe, wo ein Quotensystem im Kricket zu einem Qualitätsverfall in diesem Sport geführt hat.

Andere Sportarten

Allgemein war es so, dass Südafrika in den meisten Sportarten spätestens in den 1980ern ausgeschlossen war vom internationalen Betrieb, und Anfang der 1990er vor dem Hintergrund der Apartheid Rassenschranken im Sport fielen und im Gegenzug Sanktionen aufgehoben wurden. Nur im Golf undMotorsport(auch zwei sehr „exklusive“ Sportarten) waren Südafrikaner relativ unangestastet. Jody Scheckter war 1979 der letzte Formel 1-Weltmeister auf Ferrari bis Michael Schumacher 2000; der Grand Prix in Kyalami wurde 1985/93 aus dem FI-Kalender gestrichen, soll wieder rein. Sewgolum (s.o.) wurde 1963 von grossen Golf-Turnieren in Südafrika ausgeschlossen. Währenddessen haben weisse Golfer wie Gary Player internationale Karriere gemacht. Diese zwei Sportarten sind auch nach Ende der Apartheid vorwiegend weiss geblieben.

Im Leichtathletik wurde Südafrika bzw die SAAAU 1976 von der IAAF ausgeschlossen. Zola Budd brach 1984 mit 17 Jahren den Weltrekord über 5000 m, der aber nicht anerkannt wurde, da er ausserhalb der Auspizien der IAAF erbracht wurde. Sie trat dann wie erwähnt für Grossbritannien an. Matthews Batswadi, ein schwarzer Langstreckenläufer, hatte seine beste Zeit in den Jahren nach dem Ausschluss, als die SAAAU die Rassenschranken lockerte. 1991 die Vereinigung der SAAAU mit SAAAB (mit SACOS verbunden) und SAAAC (mit NOSC verbunden) zur SAAAA. IAAF-Präsident Nebiolo gewährte dieser gleich die Aufnahme. Er lud den südafrikanischen Verband zur LA-WM im August/September 91 in Tokio ein. In der SAAAA gab es aber interne Differenzen ob die Transformation schon weit genug fortgeschritten war, oder die Teilnahme einer Anerkennung von Apartheid-Strukturen gleichkäme; sie entschied sich daher dagegen.

28 südafrikanische Leichtathleten stellten darauf hin den Antrag, „unabhängig“ an der WM teilnehmen zu können, was nicht möglich war. Die Vereinigung der LA-Verbände wurde rückgängig gemacht und neu verhandelt, im Februar 1992 entstand schliesslich Athletics South Africa (ASA), anstelle von der SAAAA. ASA wurde von der IAAF anerkannt, Stunden nachdem Nebiolo in das IOC aufgenommen worden war; darum war es ihm hier nicht zuletzt gegangen. Leichtathletik wurde (neben Schwimmen und Boxen) die erfolgreichste Sportart für Südafrika, gemessen an Olympia-Medaillen, aber auch am Abschneiden bei Weltmeisterschaften. Eine solche hat Südafrika 08 ausgerichtet.

Das südafrikanische Davis Cup-Team wurde 1970 ausgeschlossen, teilweise aufgrund der Bemühungen von Arthur Ashe. 1973 wurde es wieder zugelassen und kam im Jahr darauf (mit „Bob“ Hewitt, einem Australier, der durch Heirat Südafrikaner wurde) bis ins Finale. Indien (mit den den Amitraj-Brüdern) weigerte sich dort, gegen Südafrika anzutreten, und so bekam dieses kampflos den Sieg. Dann wurden Südafrikaner wieder von diesem Team-Bewerb ausgeschlossen; auf der ATP-Tour waren sie weiter unterwegs. Johan Kriek und Kevin Curren, die Grand Slam-Finali erreichten, waren aber zuvor USA-Staatsbürger geworden. Einer der als Südafrikaner auftrat und erfolgreich (80er, 90er), war Christo van Rensburg.

Er hat sich dezidiert gegen die Apartheid ausgesprochen. Der südafrikanische Tennisverband SATU war anscheinend etwas liberaler als andere Sport-Behörden, aber damalige Gesetze verhinderten echte Integration. Schwarze Tennis-Spieler wie Mark Mathabane hatten keine Chance. Im Zuge der Transformation Südafrikas vereinigten sich SATU und die farbigen bzw multirassischen Verbände, zu Tennis South Africa (TSA), und traten der International Tennis Federation (ITF) bei. Ab 1992 waren Südafrikaner wieder bei Davis Cup, Fed Cup, Olympia dabei; van Rensburg, Ferreira oder Coetzer konnten von da an auch bei diesen Bewerben antreten.

Der South African Table Tennis Board (SATTB), der in Opposition zum weissen Verband gegründet wurde, wurde 1956 von der International Table Tennis Federation anstelle von diesem anerkannt bzw aufgenommen. Bei der WM 1957 in Schweden durften Sportler des SATTB auch teilnehmen, allerdings wurde ihnen die Ausreise verweigert. Kein Schwarzer könne Südafrika international vertreten, hiess es vom Regime, höchstens über weisse Sport-Organe. In den 1970ern gab es erfolglose Vereinigungsgespräche der beiden Tischtennis-Verbände. Dazu kam es erst in den 1990ern.

Kapstadt hat sich für Sommer-Olympia ’04 beworben; irgendwann in den nächsten Jahrzehnten wird Südafrika Olympische Spiele ausrichten.

(1) 1957 verbot die SAOCGA aufgrund dessen gemischtrassige Bewerbe unter den Fittichen seiner Mitgliedsverbände – die gab es aber auch davor so gut wie nicht

(2) Das britische NOK hatte im Vorfeld beim IOC erreicht, dass ein südafrikanisches Team teilnehmen konnte, statt vier

(3) Besonders unter den Afrikaanern (hauptsächlich Männern) gab es in früheren Jahrhunderten Individuen, die Partnerschaften mit Angehörigen anderer „Rassen“ eingingen. Deren Nachkommen gingen oft unter den Afrikaanern auf. Zu Apartheid-Zeiten wurde die Bevölkerung in vier Rassen klassifiziert und waren sexuelle Beziehungen zwischen Angehörigen verschiedener verboten. Und die Abgrenzung zwischen „Weissen“ und „Farbigen“ war oft nicht so eindeutig

(4) Übrigens, und aus solchen Implikationen geht klar hervor, dass es sich nicht um eine Trennung in gleichberechtigte Kollektive handelte, die Schwarzen oder Asiaten Südafrikas hatten nicht die Möglichkeit, sich mit ausländischen Sportlern ihrer „Rasse“ zu messen

(5) Frederick John Harris wurde Mitglied des African Resistance Movement (ARM), das Anfang der 1960er als National Committee of Liberation (NCL) gegründet worden war, von Mitgliedern der hauptsächlich weissen südafrikanischen Liberalen Partei. Bei einer Polizei-Razzia 1964 wurde bei einem ihrer Anführer, Adrian Leftwich, in Kapstadt viel Material über die Aktivitäten und die Mitglieder des NLC/ARM gefunden. Dies und Aussagen von Leftwich ermöglichten den Apartheid-Kräften die Verhaftungen und dann Verurteilungen der meisten Aktivisten (zu Gefängnis-Strafen). Der nicht gefasste Harris platzierte einen Brandsatz im Johannesburger Hauptbahnhof, in einem Wartesaal für Weisse und gab eine Warnung an die Polizei durch, die nicht reagierte. Der Anschlag tötete eine Person und verletzte mehrere. Durch die Aussage eines anderen Mitkämpfers aufgeflogen, wurde Harris 1965 gehängt, als einzige weisse Person im Kampf gegen Apartheid

(6) Geduldet wurden von Südafrika fünf Maoris und ein Samoa-stämmiger im neuseeländischen Team

(7) Ende Mai 1994 wurde das Waffenembargo von 1977 durch die UN aufgehoben

(8) COSAS = Confederation of South African Sport, eine „weisse Organisation, die aus der South African Sports Federation (SASF) hervorgegangen war und sich um nicht-olympische Sportarten kümmerte

(9) Mit Gründung des INOCSA wurde aus NOSC wieder NSC

(10) Die Zeitung war 1976 von Louis Luyt gegründet worden, der auch als Rugby-Funktionär in Erscheinung trat. Während der Muldergate-Affäre (Informationsskandal) 1978 wurde bekannt, dass das Regime (auch) die Zeitung von der Gründung weg finanziell „unterstützt“ hatte, um eine günstige Presse zu bekommen

(11) Bei Olympia 1996 und 2000 sorgte sie mit ihren Medaillen und ihren Tätowierungen für Aufsehen. In Atlanta war das ein Springbok (der als politisches Statement interpretiert wurde) und in Sydney ein kanadisches Ahornblatt

(12) Rest-Jugoslawien wurde aufgrund seiner Rolle in den Kriegen in Kroatien und Bosnien ausgeschlossen, individuelle Athleten durften aber als „Nations-Unabhängige“ teilnehmen; Makedonien war aufgrund des Namensstreits mit Griechenland noch nicht teilnahmeberechtigt, auch von dort nahmen einige Unabhängige teil; Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina nahmen erstmals als unabhängige Staaten teil

(13) Bei seinen Mitstreitern Patrick M. „Terror“ Lekota und Gabriel M. „Tokyo“ Sexwale stecken die sportlichen Leidenschaften in ihren Spitznamen: bei Lekota die Art, Fussball zu spielen, bei Sexwale der ostasiatische Kampfsport

(14) Das Ellis Park-Stadion in Johannesburg etwa wurde ursprünglich für Rugby gebaut, ist aber meistens nur bei Fussball-Spielen ausverkauft

(15) Bafanas beste Spiele immer gegen Spanien: 2002 (WM), 2009 (Confederations Cup), 2013 (Freundschaftsspiel)

(16) Der Anti-Apartheid-Kämpfer Stephen Biko spielte es dort etwa auch

(17) Das Leistungsgefälle im Rugby führt dazu, dass sich die Teilnehmerliste der Weltmeisterschaften fast nie verändert

(18) Die Partei hatte ihre Basis unter den ruralen und ärmeren Afrikaanern; sie gewann nie Sitze bei Wahlen (evtl. einen bei einer Nachwahl). Die noch rechtere bzw militantere Afrikaner Weerstandsbeweging (AWB) spaltete sich von ihr ab. Die später ebenfalls von der NP abgespaltene Konservative Partei war erfolgreicher als die HNP, wurde in den letzten Jahren der Apartheid eine Konkurrenz für die NP. Die HNP boykottiert das Post-Apartheid-Südafrika seit 1994

(19) Für Neuseeland gilt im Rugby, was im Fussball für Brasilien gilt: Nicht das Mutterland, aber der Lehrmeister

(20) So ging es in Apartheid-Südafrika auch öfters Geschäftsleuten aus Japan oder Israelis, die eigentlich nicht hell genug waren

(21) Tobias wurde später Bürgermeister seiner Heimatstadt Caledon im Westkap und TV-Ko-Kommentator für Rugby-Spiele

(22) Zumindest ein Teil der neuseeländischen Anti-Apartheid-Aktivisten nahm die Sache zum Anlass, sich auch Themen die neuseeländischen Maoris betreffend zu widmen, etwa dem Vertrag von Waitangi und seinen unterschiedlichen Auslegungen

(23) Bis dahin gab es „nur“ Turniere wie das der „Five Nations“-Turnier – heute zwischen „Six Nations“ gespielt

(24) Der ehemalige SARU-Präsident Patel war ab 92 Cravens „Co-Präsident“ gewesen, nach dessen Tod 93 dann Präsident der SARFU

(25) Auch mit Katholiken bzw Südeuropäern hatte das Apartheid-System ein Problem, sah diese nicht als ebenbürtig. Aber auch diesen, nach der Unabhängigkeit der portugiesischen Kolonien im südlichen Afrika einströmenden, Weissen konnte man sich nicht verweigern

(26) Und nicht nur dieser. Im Vorrunden-Spiel zwischen Côte d’Ivoire und Tonga wurde der Ivorianer Max Brito zwischen mehreren Spielern „eingequetscht“, er blieb vom Hals abwärts gelähmt. Nur eine Fussnote

(27) Bei der WM 1991 waren in England auch zwei Südafrika-Fans aufs Spielfeld gelaufen, mit einem Banner, auf dem ihr Team als „Unofficial World Champions“ proklamiert wurde

(28) Im rumänischen Eishockey-Nationalteam gibt es aber Konflikte aufgrund des hohen Anteils von ungarischen Rumänen

(29) Ein Springbok-Spieler („Os“ du Randt) war bei beiden WM-Siegen 1995 & 2007, dabei, aber sowohl 95 (Pienaar, van der Westhuizen, Stransky) als auch 07 (Smit, Montgomery, Habana) waren andere die Stars (du Randt 95 nicht mal Ersatz)

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Die Qualifikation zur Fussball-Europameisterschaft 2016 ist fast abgeschlossen, der grösste Abwesende wird das niederländische Team sein, mit Stars wie Robben. Schottland hat es leider auch nicht geschafft. So wie es ManU-Verteidiger Darren Fletcher anscheinend zu keiner WM oder EM schafft, ging es auch schon anderen Klassespielern, auch von noch grösserem Kaliber. Hier gehts also um diese Fussballer ohne Turnier-Teilnahmen, ohne WM-Teilnahmen, sowie solche die gar nicht für ein Nationalteam spielten oder sich dort nicht durchsetzten. Um grosse Fussballer mit einer irgendwie bescheidenen Nationalteam-Karriere. Es gibt solche, bei denen ihr Nationalteam ihnen gegenüber abfiel/abfällt, wie Pierre-Emerick Aubameyang (hätte auch für Frankreich spielen können), Jari Litmanen, Ryan Giggs. In geringerem Maß trifft das auch auf Robert Lewandowski, Andrij Shevchenko oder Mohammed Salah zu. Und es gibt solche, die aus anderen Gründen eine bescheidene Nationalteam-Karriere hatten/haben, wie Alfredo Di Stefano (der für 3 Länder spielte).(1)

Fussballer internationaler Klasse, die nie bei einem grossen Turnier spielten: Litmanen absolvierte 137 Länderspiele für Finnland, von 1989 bis 2010, qualifizierte sich mit dem Team aber nie für eine WM oder EM. Ab den 1990ern hatten die Finnen neben Litmanen auch andere Legionäre in diversen europäischen Ligen, dennoch war das Team nie stark genug für eine Qualifikation. Für die Turniere 98, 02, 08, 10 ist Finnland relativ knapp gescheitert.(2) Massimo Bonini aus San Marino war in den 1980ern ein herausragender (Abwehr-) Spieler in der italienischen Liga (v.a. bei Juventus Turin).(3) 1990 durfte ein Nationalteam von San Marino dann den Spielbetrieb aufnehmen, Bonini war von da an bis 1995 dabei; hier war das Gefälle zwischen ihm (dem Starspieler) und der „Masse“ des Teams aber natürlich noch eklatanter als bei Finnland. George Best spielte von 1964 bis 1977 im Team Nordirlands – das sich zwischen 1958 und 1982 aber für keine WM (oder EM) qualifizierte. Nationaltrainer (Teamchef) „Billy“ Bingham überlegte 1982 kurz, Best (35 Jahre und noch aktiv aber seit 5 Jahren nimmer in der „Nati“) in den Kader für die WM zu nominieren. Ian Rush hat mit Wales die Qualifikation für ein Turnier in vielen Anläufen (80er, 90er) nie geschafft. Franz Hasil ist für Manche der beste Fussballer, den Österreich hervorbrachte, auch er konnte sich mit dem Nationalteam für keine WM oder EM qualifizieren.

Das schwedische Team scheiterte die gesamten 1980er hindurch an Qualifikationen für die Grossereignisse, ein nennenswerter Spieler aus dieser Zeit war Robert Prytz. Ungarn musste von 1986 bis 2016 auf eine Turnier-Teilnahme warten, qualifizierte sich in dieser Zeit nur für Olympia 1996; damals dabei war etwa Peter Lipcsei. Stephen Heighway hörte lange vor Irlands erster Qualifikation für ein Grossereignis, EM 1988, auf. Hassan Salihamidzic war zu seiner Zeit auch ein Spieler internationaler Klasse, das Team von Bosnien-Herzegowina scheiterte aber immer wieder in Qualifikationen. Kachaber Kaladse spielte 9 Jahre beim AC Milan, kam mit dem georgischen Team einer erfolgreichen Qualifikation aber nicht nahe. Zu Zeiten als Georgien noch Teil der Sowjetunion war, kamen Georgier (wie Aleksandre Chiwadse) in dessen Nationalteam zu Turnier-Teilnahmen. Anders war es beim Niederländer „Sonny“ Silooy, er musste die Endrunden 1988, 1990, 1992 verletzungsbedingt auslassen, also aus individuellen Gründen. Zlatko Kranjcar (Jugoslawien/Kroatien) wäre zumindest für die EM 1984 in Frage gekommen, seine Nationalteam-Karriere hat unter seinem Auslands-Engagement in Österreich gelitten.

Bei den Fussballern, die nie an einer WM teilgenommen haben, gibt es auch jene aus schwächeren Fussball-Nationen, dann jene deren Karriere in eine Schwächephase ihres Nationalteams fiel, und jene wo individuelle Gründe ausschlaggebend waren (hauptsächlich Verletzungen, Streits mit dem Teamchef, interne Konkurrenz). Ryan Giggs (Wales) nahm wenigstens an einem Olympia-Fussballturnier teil (2012, mit dem britischen Team). „Dixie“ Dörner ist einer jener DDR-Fussballer, die bei Olympia dabei waren, aber bei keiner WM (oder EM). Wenigstens an einer Europameisterschaft teilgenommen haben Eric Cantona, „Bernd“ Schuster, Flemming Povlsen, Mehmet Scholl, Roberto Pruzzo, „Nick“ Barmby, Gilbert van Binst, Theodoros Zagorakis, Cristian Chivu, Kubilay Türkyilmaz, Jozef Moder (CSSR/Slowakei), oder Volodymyr Onyshchenko (Sowjetunion/Ukraine). Das trifft auch auf Gareth Bale und David Alaba zu, diese haben aber noch gute Chancen auf eine WM-Teilnahme. Fatih Terim hat als Trainer 3 EM-Teilnahmen „zu Buche stehen“. Aus Südamerika sind hier zB Claudio Pizarro (Peru), Juan Arango (Venezuela) oder Gustavo Poyet (Uruguay) zu nennen – sie nahmen (nur) an Copa Americas teil. An Afrika-Cups teilgenommen aber nicht an Weltmeisterschaften haben George Weah (Liberia), Kalusha Bwalya (Sambia), Frederic Kanouté (Mali) oder P.-E. Aubameyang (Gabun ). Hier sind wahrscheinlich einige der wichtigsten Fussball-Nationen genannt, die noch nie bei einer WM waren. Bei Abedi Pelé Ayew (Ghana) oder Segun Odegbami (Nigeria) scheiterte die Qualifikation an „Schwächephasen“ ihrer Teams. Aus den anderen Fussball-Kontinentalzonen seien hier Kazuyoshi Miura (Japan), Julio Dely-Valdes (Panama), Antony Vidmar (Australien) genannt. Sie nahmen an ihren Kontinental-Meisterschaften teil, aber an keiner WM.(4)

Bei Arthur Friedenreich war die Sache anders. Der Sohn eines deutschen Einwanderers und einer Afro-Brasilianerin (seine Mutter war eine befreite Sklavin) begann mit dem Fussball bei einem deutschen Klub in Sao Paulo; als „Mulatte“ hatte er noch viele Hürden in Brasilien und International zu überwinden (Schwarze waren im brasilianischen Fussball vor Pelé, also bis Ende 1950er, Anfang 1960er selten). Friedenreich war vielleicht der erste Könner des Weltfussballs. Er hat 2x die Copa America gewonnen, war bei der WM 1930 nicht dabei, da da nur Spieler aus Rio de Janeiro das brasilianische Team bildeten. Pelé hat dazu gesagt, die Engländer haben dem Fussball nur die Form gegeben, mit Friedenreich begann der Weltfussball eigentlich.

Allan Simonsen kam am Ende seiner Karriere noch zur EM 84 und zur WM 86, hatte bei Olympia 72 teilgenommen. Darko Pancev nahm mit Jugoslawien an der WM ’90 teil, von der EM 92 wurde Jugoslawiens Team wegen des blutigen Auseinanderfalls des Landes ausgeschlossen; Pancev spielte danach für (Nord-) Makedonien, dieses war/ist zu schwach um sich zu qualifizieren, bislang. Kevin Keegans WM-Spielzeit beschränkte sich auf 26 Minuten 1982, in denen er im Match gegen Spanien eine grosse Torchance vergab. Alfredo Di Stefano war 1962 im spanischen Kader, kam aber nicht zum Einsatz.

Es gibt einige markante Fälle, wo Fussballer einzelne Turniere verpassten. Michael Laudrup war etwa 1992 nicht dabei, als Dänemark für das ausgeschlossene Jugoslawien nachrückte, weil er mit Nationaltrainer Richard Möller-Nielsen zerstritten war; jemand hat das (angesichts des Abschneidens des dänischen Teams bei diesem Turnier) mit einem Lottoschein verglichen, auf dem die richtigen Zahlen angekreuzt wurden, der aber nicht abgegeben wurde… Beim Griechen Zikos war es 04 ähnlich. In Jugoslawien kam der Auseinanderfall des Staats, als es das stärkste Fussballteam seit Langem gab. Dragan Stojkovic war unter jenen Spielern, die 92 um die Teilnahme und vielleicht einen grossen Erfolg kamen (hat aber vorher und nachher Turniere gespielt). Kroatiens Unabhängigkeit wurde Anfang 1992 international anerkannt, für die Qualifikation für die WM 1994 war das zu spät, daher fiel etwa Davor Suker damals um eine Teilnahme um; sein grosser Auftritt kam vier Jahre später.

Das ägyptische Team scheiterte inmitten von 3 Africa Cup-Siegen (06, 08, 10) an bzw in der Qualifikation für die WM 2010 (die in Afrika statt fand), zu einer Zeit also als es den afrikanischen Fussball dominierte – und in den Qualifikationen bekam es schliesslich auch nur afrikanische Teams als Gegner. Das Team mit Essam El Hadary, Ahmed Hassan, „Mido“, Mohammed Zidan,… zog gegenüber Algerien den Kürzeren. El Hadary war dann noch dabei, als Ägypten sich für das Turnier 2018 qualifizierte. Zlatan Ibrahimovic hat mit Schweden u.a. die Qualifikation für die WM 2014 verpasst. Ciro Ferrara konnte verletzungsbedingt an den Turnieren 1996 und 1998 (als er auf dem Höhepunkt seiner Karriere war) nicht teil nehmen. „Ruud“ van Nistelrooy hat sich kurz vor Beginn der Euro 2000 verletzt, so war es 2002 bei Canizares und Deisler. Bei Gullit ’94 war es auch knapp, hier ging es um einen Streit mit Trainer Advocaat; Kiriakov und andere Russen boykottierten die WM 94 wegen des Trainers. Javier Zanetti und einige andere argentinische Stars wurden 2006 nicht berücksichtigt. Owomoyela wurde 06 im letzten Moment aus dem Kader gestrichen, dafür wurde Odonkor das Überraschungsei in Klinsmanns „WM-Nest“.

Franz Beckenbauer: „Du kannst nicht einfach die besten 22 Spieler in ein WM-Team packen. Auf den Plätzen 16 bis 22 brauchst du Spieler, die nicht ständig aufmucken.“(5) Und so gehörten 1990 in Italien ein Günter Hermann und ein Paul Steiner zum deutschen WM-Team, auch Frank Mill, aber nicht Wolfram Wuttke oder Stefan Kuntz, der nach dem Pokalsieg seines FC Kaiserslautern bitter „schöne Grüsse nach Kitzbühel“ sandte. Mill war von Beckenbauer vor der WM 1986 im letzten Moment aussortiert worden, als einer von 4 Spielern, auch Guido Buchwald war darunter. Beckenbauer berief damals ein vorläufiges Aufgebot von 26 Spielern ins Trainingslager, was zu einigen harten Trainingseinheiten führte… Mario Basler durfte nicht zur WM 1998, auch Paul Gascoigne und Romario nicht. Letzterer war auch 2002 ein Thema, eine Unterschriftenaktion forderte da (vergeblich) seine Berücksichtigung – wie 4 Jahre später bei Scholl.

„Dida“ (Nelson de Jesus Silva) ist ein Fussballer, der fast alles gewonnen hat: Copa America (99), Confederations Cup (97, 05), 2 Mal die Champions League mit AC Milan, einmal die Klub-WM, die Copa Libertadores, bei Olympia 96 hat er mit dem brasilianischen Team immerhin die Bronzemedaille gewonnen; und, er war auch beim WM-Sieg 02 dabei, allerdings war der Tormann ausgerechnet bei diesem wichtigsten Erfolg nur Reservist. Oliver Kahn war immerhin bei 4 Turnieren (94, 96, 98, 06) Ersatztormann, spielte eigentlich nur ein gutes Turnier (02). Francesco Toldo rückte 2000 durch die Verletzung von Buffon in die Startelf und spielte eine Schlüsselrolle beim Finaleinzug des italienischen Teams; danach wurde er aber wieder in zur Reservistenrolle degradiert, die er davor schon eingenommen hatte. Raimond Aumann hat seinen Platz in der (deutschen) Stammelf vor der WM 90 wohl aufgrund einer schwachen Halbzeit im Testspiel gegen Uruguay davor verloren.

Was haben die Spieler Podolski (14), Javier Martinez (10), Filippo Inzaghi (06), „Kaka“ (02), Candela (98), Paulo Sergio (94), Hermann (90), Trobbiani (86), Causio (82), Villa (78), Netzer (74), M. Antonio (70), Callaghan (66), Pelé (62), D. Santos (58), R. Herrmann (54), Moran (50), Ferraris (38), Guarisi (34), Urdinaran (30) gemeinsam? Sie standen in diesen Jahren im Kader jenes Teams das Weltmeister wurde, kamen aber kaum oder gar nicht zum Einsatz, hatten also wenig Anteil am Turniersieg, sind zT auch wenig bekannt. Solche Spieler sind wichtig zB dafür dass in Trainings ein 11 gegen 11 gespielt werden kann.

Es gibt dann jene Spieler, die sich in ihrem National-Team nicht durchsetzten, nur zu einer kleinen Nationalteam-Karriere kamen (zT deshalb nie bei Turnieren dabei waren). Genannt wurden davon bislang u.a. Schuster, Netzer, Toldo. Salvatore „Toto“ Schillaci spielte nur eine gute Saison, 1989/90, zu deren Krönung er WM-Torschützenkönig wurde. Der Däne Henrik Larsen, 1992 Europameister und Co-Torschützenkönig, hat auch davor und danach wenig aufgezeigt. Dieter Müller wurde im EM-Semifinale 1976 in der 79. Minute eingewechselt, schoss noch 3 Tore in diesem Spiel, ausserdem eines im Finale, wurde Topscorer dieses Turniers. Ein „Wendepunkt“ war die Südamerikareise des BRD-Teams 1977; nachdem er im Match gegen Brasilien nur auf der Bank sass, verbrachte er eine Nacht in Rio de Janeiro mit Wein, Weib & Gesang…und traf beim Eintreffen im Hotel am Morgen Trainer Schön. Der versetzte ihn in die B-Nationalmannschaft. Bei der WM ’78 war er dabei, die Niederlage gegen das österreichische Team war sein letztes Länderspiel. Seine Teambilanz weist 12 Länderspiele und 9 Tore aus (76-78). Beim Elsässer Gilbert Gress war es seinen eigenen Angaben nach so, dass er aufgrund seiner langen Haare selten ins Nationalteam berufen wurde. Seine Zeit fällt ausserdem in eine Schwächephase des französischen Fussballs.

Unter ihren Möglichkeiten im Nationalteam blieben Spieler oft aus Konkurrenz zur betreffenden Zeit auf der betreffenden Position. Im westdeutschen Team gab es in den späteren 1980ern einige Offensivspieler wie Michael Rummenigge, Thomas Allofs, Roland Wohlfahrt,… die kaum zum Zug kamen. Im niederländischen Team von etwa 1998 bis 2004 gab es mit Pierre van Hooijdonk, Jerrel Hasselbaink, „Roy“ Makaay drei wenig genutzte Klasse-Stürmer; ihnen wurden meist Bergkamp, Kluivert oder Van Nistelrooy vorgezogen. Bei „Andy“ Cole, Giovane Elber oder Marco Simone war es auch die Konkurrenz aus dem eigenen Land, die sie um eine grössere (Nationalteam-) Karriere brachte. Manfred Burgsmüller, „Charly“ Körbel und „Jimmy“ Hartwig kamen jeweils nur zu einer Handvoll Länderspiele. Der Österreicher Peter Pacult absolvierte in 11 Jahren nur 24 Länderspiele (mit 1 Tor); hätte eigentlich 1990 dabei sein müssen. Die Teamkarriere seines Landsmanns Felix Gasselich ist auch etwas unglücklich verlaufen. Jonathan Woodgate machte in 10 Jahren 8 LS für England… Der Niederländer Arnold Bruggink kam auf 31 U-21-Länderspiele (Rekord), aber nur auf 2 Einsätze in der „A“. Rupert Marko schoss 1988 in seinem dritten Einsatz für Österreich 3 Tore…und wurde danach nie mehr im Nationalteam eingesetzt. Lars Ricken ist einer Jener, denen eine weit grössere Karriere vorhergesagt wurde als sie dann vollbrachten.

Der Bolivianer Victor Antelo war ein Topscorer in der Liga seines Landes, setzte sich im Nationalteam aber nicht durch. Beim Brasilianer Zé Carlos war es so, dass er in den WM-Kader 1998 rutschte, wegen einiger Ausfälle (u.a. Flávio Conceição). Dort durfte er im Semifinale (gegen NL) spielen – sein erstes und letztes Länderspiel! Auf genau einen Einsatz für das Nationalteam brachten es auch der Österreicher Schilcher, der Deutsche Sebescen (Frühling 00 gegen NL, gegen Zenden) oder der Niederländer Verlaat. Zu den Spielern mit wenigen Länderspielen gehören in der Regel auch jene, die im höheren Alter (über 30) debütierten. Der gebürtige Oberschlesier Martin Max war in seiner Zeit bei 1860 Münschen 2x Torschützenkönig in Deutschland, wurde vor der WM 02 von Völler getestet, mit 33 Jahren, spielte 7 Minuten, durfte nicht zur WM (stattdessen Jancker), 04 stand er wieder zur Debatte (es blieb bei einem Länderspiel-Einsatz). Einige DDR-Nationalspieler schafften es nicht ganz in das Nationalteam des wiedervereinigten Deutschlands (bzw der vergrösserten BRD); Perry Bräutigam etwa wurde ’90 von Vogts für das erste Länderspiel der „gesamtdeutschen“ Nationalmannschaft nominiert, sass aber nur auf der Bank.

Und dann gibt’s jene, die überhaupt nie für ein Nationalteam spielten, zumindest nicht auf A-Level (und deshalb auch bei keinen Turnieren dabei waren), aus welchen Gründen auch immer. Bei „Soccernostalgia“ (Englisch) gibts eine 9-teilige Serie über „The uncapped“, die namhaftesten Fussballer, auf die das zutrifft, hier Teil 1.(6) Er hat u.a. Delio Onnis (den Argentinier, der in der ewigen Torschützenliste der französischen Liga noch immer vorne ist), „Jimmy“ Case, Bernd Dürnberger, Thomas von Heesen, Maurizio Ganz, John McGovern (Schottland), Norbert Nachtweih, Sergio Brio, H.-P. Lehnhoff, Pietro Virdis, Horst Blankenburg, „Nayim“ (Spanien), Roland Grahammer, A. Di Bartolomei, Fritz Walter II. Manche von ihnen haben in Nachwuchs- oder Olympia-Nationalteams gespielt, Grahammer zB in mehreren. Gunnar Sauer war sogar bei einem Turnier im Kader (EM 88) ohne Nationalspieler zu werden.

Von Heesen (hier mit Hieronymus & Reinders) war aber anscheinend mal in einem Trainingslager der Nationalmannschaft, wahrscheinlich 1982

Jocelyn Blanchard ist einer, den Soccernostalgia nicht hat. Oder Heinz Stuy (mehrere Meistercup-Siege mit Ajax), Juan Lozano (setzte sich zwischen die „Stühle“ Belgien und Spanien), Klaus Bachlechner (der wohl beste Fussballer, den Südtirol hervorbrachte; „Enzo“ Bearzot ist zwar auf ihn aufmerksam geworden, hat ihn aber nicht einberufen). 90er-Dortmund-Tormann Stefan Klos war auf jeden Fall teamreif, kam aber auch nicht zum Zug. Seine italienische Entsprechung ist vielleicht Sebastiano Rossi, der in vielen Europacup-Finali seine internationale Klasse bewies. Alfons Groenendijk kam zwar zu einem Transfer in die englische Liga, aber nicht in die niederländische A-Auswahl. Keine A-Länderspiele absolvierten auch „Kiki“ Musampa (aus Kongo stammender Niederländer), sein Landsmann Van Ankeren, Roger Boli (Frankreich), Sabin Ilie (Rumänien), Thorsten Legat, Igor Protti, Manfred Bender, Thorsten Fink, Thomas Schaaf, Chris. Aitken (Sco), „Ruud“ Hesp (NL, bei 2 Turnieren dabei), Valerien Ismael, Paolo di Canio, „Ailton“ (> Nationswechsler), Sergio Brio, Robert McKinlay (Sco), Lorenzo Amoruso, Hans-D. Flick,..

Sean Dundee, als Südafrikaner irischer Herkunft in Durban geboren, ist den Weg über eine deutsche Regionalliga (Ditzingen) gegangen, um in der 1. Bundesliga, beim Karlsruher SC, zu landen (1995). Dort schoss er auch seine Tore, weshalb der damalige südafrikanische Teamchef Clive Barker auf ihn aufmerksam wurde. Ungefähr zur selben Zeit hat auch Bundestrainer Vogts Interesse an ihm bekundet. Barker berief Dundee Ende 1995 zu einem Länderspiel in Johannesburg ein – gegen Deutschland. Der meldete sich dort dann verletzt, nahm auf der Bank Platz – ob er auch am Spielbericht stand, also Ersatzspieler war, ist mir nicht bekannt. Danach entschied er sich für Deutschland, wurde 1997 eingebürgert und absolvierte eine Grundausbildung bei der Bundeswehr ehe er dort in eine Sportfördergruppe „versetzt“ wurde, also als Fussballer weitermachen konnte. Merkwürdigerweise gelang ihm nach seiner Einbürgerung fussballerisch nicht mehr viel, nicht in Karlsruhe, schon gar nicht in England (FC Liverpool), nicht einmal in Österreich. Und beim DFB-Team sass er (nur) einmal auf der Bank; und spielte einmal im B- bzw A2-Team. 

Joachim Löw’s Laufbahn als Spieler ist eine Bestätigung der „Regel“, wonach mittelgute Fussballer gerne grosse Trainer werden; er kam nur zu U-21-Einberufungen. Der Belgier J. Duquesne war bei 16 belgischen Länderspielen im Kader, auch bei der WM 70, blieb aber immer auf der Bank.

(1) Im Eishockey sind die Dinge hierbei anders, es gibt eine illustre Liste von Spielern, die nie mit ihrem Nationalteam ein Turnier spielten, hauptsächlich Kanadier, die keine Gelegenheit dazu hatten, weil Profis von WM- und Olympia-Turnieren ausgeschlossen waren, aber auch weil die NHL Priorität hatte

(2) Finnland war im Fussball bislang nur bei den Olympia-Turnieren 1912, ’36, ’52, ’80 dabei

(3) Spielte in dieser Zeit für das italienische U21-Nationalteam

(4) Vidmar ausser am OFC Nations Cup auch an Confederations Cups und einem Olympiaturnier

(5) Aus diesem Grund hat Herbert Prohaska 1998 Wolfgang Knaller und nicht Otto Konrad als dritten Tormann mit genommen

(6) Da der Autor die einzelnen Teile nicht miteinander verlinkt, und die Serie immer wieder ergänzt, ist es leider schwer, diesbezüglich den Überblick zu behalten

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Eine Aufstellung von nennenswerten österreichischen Fussballern, die es nicht ins Nationalteam geschafft haben:

Josef Schicklgruber: in der Zeit als er mit Sturm Graz in der Champions League spielte (um 2000 herum) war er einmal im Trainingslager des Nationalteams

Michael Schmid: der spätere Stöger-Assistent wurde von Baric zu dem dem dann abgesagten (bzw verschobenen) Match gg Israel ’01 einberufen

Peter Guggi: so ziemlich der Einzige aus der Rapid-Mannschaft die ’96 ins EC-Finale kam, der nicht Nationalteam-Spieler war

Alexander Sperr: der Wechsel von VOEST Linz zu Aston Villa 1989 zerschlug sich, weil Ausländer damals in der englischen Liga nur erwünscht waren, wenn sie zumindest ein A-Länderspiel für ihr Land absolviert haben. “Ich war zwar dreimal im Teamkader auf Abruf dabei und spielte oft als U21-Teamkapitän, das war aber zu wenig. Eine Minute Teameinsatz hätte gereicht. Teamchef Hickersberger hat damals aber immer den Schöttel vorgezogen und mir keine Chance gegeben.“ So landete er 89 bei Admira Wacker, 1991 eine schwere Verletzung beim Rehab-Training

Dietmar Berchtold: der Bregenzer war unter Krankl einmal auf der Bank bzw im Kader bei einem Länderspiel

Attila Sekerlioglu: wäre am ehesten in Frage gekommen, als er Legionär in Schottland war (95-98)

Dietmar Constantini: als Spieler u.a. bei Wacker Innsbruck ein Mitläufer, als Trainer herausragend

Matthias Hattenberger: sein Vater Roland war langjährige Nationalteam-Stütze, er wurde von Krankl, Hickersberger, Constantini übergangen

Fritz Drazan: hier hat es der Sohn geschafft, aber nicht der Vater

Hermann Stadler: war über 10 Jahre lang ein Thema (zuletzt in der Zeit als Austria Salzburg 1994 im EC-Finale war) und hat in diversen Nachwuchs-Auswahlteams gespielt – so eines betreut er jetzt

Walter Knaller (Hickersberger Ende der 1980er über ihn: „Die Rufe nach Knaller habe ich gehört.“)

Weiters: Georg Zellhofer (schaffte es nicht ins A-Nationalteam, im Gegensatz zu Klubkollegen wie Jürgen Werner oder Helmut Wartinger), M. Sonnleitner (U21, Trainingslager A), Kurt Temm (Ende 80er im erweiterten Kader), Harald Gamauf (ziemlich viele BL-Spiele für den GAK), Bernd Dallos (Anfang der 90er ein Thema), Oliver Prudlo (hätte in seiner Zeit beim FC Tirol eigentlich eine Chance bekommen müssen), Walter Saria (bei/vor der WM 82 hätten schon 2 oder 3 Tormänner ausfallen müssen, dass er nachgerückt wäre), Kurt Nagl (1 inoffizielles LS), Christian Hassler (einmal auf der Bank), Werner Gregoritsch (sein Sohn hat es geschafft), Felix Latzke, O. Glasner, F. Weber, A. Tatar, H. Gort, E. Dokupil,…

Die beiden Listen hier sind komplementär zueinander. Die richtig guten Nordamerikaner kamen erst ab Ende der 1970er zu WM und Olympia (davor entweder nur Amateure oder gar nicht), aus sportpolitischen Gründen; Osteuropäer erst ab Ende der 1980er in die NHL (davor nur in Ausnahmefällen, Geflüchtete), aus weltpolitischen Gründen. Mit der Pausierung der NHL während Olympia ab 1998 (und der daraus resultierenden Teilnahme der besten Eishockey-Spieler beim Olympia-Turnier) sind die beiden Parallelwelten einander weiter näher gekommen.

Die Summit Series ab 1972 sowie die Nachfolgeturniere Canada Cup und World Cup sind hier inkludiert als Turniere welche von Nationalmannschaften bestritten wurden (auch wenn sie nicht von der IIHF veranstaltet wurden). Somit scheinen zB „Gordie“ Howe und Frank Mahovlich nicht in oberer Aufzählung auf. Jene, die in beiden Welten gespielt haben, wie Gretzky oder Fetisov, scheinen natürlich in keiner der beiden auf.

Die besten Eishockey-Spieler bis jetzt, die nie für eine Nationalmannschaft bzw ein Turnier spielten:

sind hauptsächlich Nordamerikaner, deren Spielzeit vor den 1970ern (Summit Series) lag

* Jean Béliveau (1950-71 in der NHL)

* Maurice Richard

* „Red“ Kelly

* „Alex“ Delvecchio

* Henri Richard

* Timothy Horton

* „Terry“ Sawchuk

* Jacques Lemaire (zur Summit Series 72 nicht einberufen)

* John Bucyk

* „Doug“ Harvey

* Jacques Plante

* „Dave“ Keon

* Frank Brimsek (jener US-Amerikaner, der neben lauter Kanadiern hier am ehesten Berücksichtigung verdient)

summit series 72

Gipfeltreffen im Kalten Krieg: Summit Series 1972. Vor Spiel 1, die Kapitäne Boris Mihailov & Phil Esposito, mit Kanadas Premier Trudeau

Die besten Spieler, die nie in der NHL spielten:

sind hauptsächlich Osteuropäer (Sowjetunion, Tschechoslowakei), die vor dem Fall der dortigen kommunistischen Systeme 1989/90 spielten, bzw nicht flüchten wollten oder konnten (was zB Stastny oder Mogilny getan haben); ausserdem Schweden oder Finnen vor den 1980ern, als diese erst zahlreich in die NHL kamen; sowie Spieler aus kleinen EH-Nationen (wozu auch Deutschland gehört) vor Ende der 1990er, als sich für sie die Türen in diese Liga erst richtig zu öffnen begannen

* Vladislav Tretjak (SU/Rus)

* Valeri Charlamov (SU)

* Alexander Maltsev (SU)

* Vjacheslav Bykov (SU)

* Boris Michailov (SU)

* Valerij Vasiljev (SU)

* Jiri Holecek (CS/Cze)

* Vladimir Petrov (SU)

* Alexander Ragulin (SU)

* Alexander Yakushev (SU)

* Sven „Tumba“ Johansson (Swe)

* Michael Eruzione (USA)

* Vladimir Dzurilla (CS/Svk)

* Erich Kühnhackl (BRD)

* Mika Nieminen (Fin)

* Anatoli Firsov (SU)

* Rudolf Hiti (YU/Slo; wohl der beste Slowene im EH bevor Anze Kopitar daher kam, stand 1970 knapp vor einem Engagement bei den Chicago Blackhawks, verletzte sich beim Probetraining)

* Herbert Hohenberger (Öst; eher als Josef Puschnig; spielte in der Quebec Major Junior Hockey League/ Ligue de hockey junior majeur du Québec)

* Richard Torriani (CH; vor und nach 2. Weltkrieg aktiv)

* Sergej Kapustin (SU)

* Harold Watson d. Ä. (Can)

* Harry Sinden (Can; als Trainer & Manager schon, davor mit Amateur-Klub-Teams bei WM und Olympia)

* Vitali Davydov (SU)

Trainer: Viktor Tichonov

 

 

 

Josef Haslinger nannte seinen Text „Roman“, doch „Jáchymov“ (2011) ist eher eine romanhafte Biografie oder ein Tatsachen-Roman (erzählende Non-Fiction) oder (Zeit-)Geschichtsschreibung in Romanform. Es geht darin um den tschechischen Eishockeytorwart Bohumil Modrý, der Tormann jenes tschechoslowakischen Eishockey-Nationalteams war, das zu Beginn der kommunistischen Ära der Tschechoslowakei nach einer politischen „Intervention“ beseitigt wurde. Seine Tochter Blanka Modra, Schauspielerin in Wien, hat Haslinger biografisches Material über ihren Vater und sein Schicksal unter dem Stalinismus zur Verfügung gestellt, die sie auch durch Gespräche mit dessen früheren Teamkollegen und Zellenkollegen bekommen hat. In der Rahmenhandlung des Buches kommt ein Herausgeber zur Radiumkur nach Jachymov in Tschechien und trifft dort eine Tänzerin, die die Tragödie ihres Vaters untersucht. Haslinger und Modra trafen sich im wahren Leben vor über 20 Jahren das erste Mal und redeten oft über ihren Vater, ehe er sich des Themas annahm.

Der Prager Bohumil Modry stieg in den 1930ern zu einem der besten Eishockey-Tormänner Europas auf, holte bei der vorletzten Weltmeisterschaft vor dem Krieg 1938 mit seinem Team die Bronzemedaillie, zu einer Zeit als er auch Ingenieurwissenschaften studierte. Während der nazi-deutschen Besatzung der Tschechoslowakei ab 1938 (Sudetenland) bzw. 1939 (der Rest) konnte Modry wie viele andere weder studieren noch Eishockey spielen. Nach der Befreiung 1945 wurde die Herrschaft der deutschen Nationalsozialisten bald durch ein von sowjetischen Truppen im Lande gestütztes kommunistisches Machtmonopol ersetzt. Die Machtübernahme der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei wurde 1948 abgeschlossen als Staatspräsident Beneš (der zur Zeit der deutschen Besatzung aus dem Exil mit Dekreten regierte) auf Druck des kommunistischen Ministerpräsidenten der Allparteienregierung, Gottwald, eine neue, kommunistisch noch stärker dominierte Regierung vereidigen musste. Der neuen Regierung Gottwald gehörten außer Kommunisten nur solche Mitglieder anderer Parteien an, welche mit der KP sympathisierten, mit einer Ausnahme: der parteilose Aussenminister Jan Masaryk, Sohn des Mitbegründers dieses Staates, der seinen Posten behielt. Masaryk starb am 10. März beim sogenannten dritten Prager Fenstersturz (der erste, 1419, markiert den Beginn der Hussitenkriege, der zweite, 1618, den Beginn des Dreissigjährigen Krieges), höchstwahrscheinlich handelte es sich um einen Mordanschlag. Danach setzten die Kommunisten eine neue Verfassung durch und nötigten Benes zum Rücktritt.

Modrý begann nach dem Krieg wieder auf nationaler und internationaler Ebene Eishockey zu spielen und arbeitete als Ingenieur. 1947, bei der ersten WM nach dem Krieg, und 1949 wurde er mit der Nationalmannschaft Weltmeister, 1948 bei den Olympischen Winterspielen in St. Moritz gewann das Team die Silbermedaille. Bei diesen drei Turnieren war die Tschechoslowakei zudem die beste europäische Mannschaft und gewann damit den Europameistertitel. Das Team um Modry, Vladimír Zábrodský, Jaroslav Drobny, Vladimir Bouzek, Ladislav Trojak musste aber 1948 eine USA-Tour absagen und stattdessen in die Sowjetunion fliegen, wo es damals praktisch noch kein Eishockey gab. Bei diesem Besuch wurde das Fundament für das später dominierende sowjetrussische Eishockey gelegt. Russische Bandy-Spieler (ein Vorläufer des Eishockeys bzw. eines der mit ihm verwandten Spiele, mit einem Ball auf dem Eisfeld, das grösser ist,…) wurden in ein Trainingslager einberufen. Dort sollten ihnen die eingeflogenen Tschechen und Slowaken gemeinsam mit Eishockey-Spielern aus den baltischen Staaten die Grundlagen des Sportes näherbringen, auch die Ausrüstung. In den baltischen Staaten, besonders in Lettland, hat dieser Sport aufgrund skandinavischer Einflüsse bereits vor der zwangsweisen Angliederung an die Sowjetunion existiert. Es war der Beginn des sowjetischen Eishockey-Programms. Modry und die anderen aus der CSSR lernten dabei auch Anatoli Tarasov kennen, der das Programm leitete und dann erster Teamchef der sowjetischen Eishockey-Auswahl wurde. 1954 nahm diese erstmals an einer Weltmeisterschaft teil und gewann gleich das Turnier. Der Beginn der modernen Ära im Hockey ist hier anzusetzen, bis in die 1980er dominierte die SU das internationale Eishockey dann, wenn auch nur unter Abwesenheit Kanadas bzw. dessen Spitzenspieler (s.u.). Kern des sowjetischen Nationalteams wurde der Moskauer Armee-Klub CSKA.

1948 reiste das tschechoslowakische Nationalteam dann zu Freundschaftsspielen nach Grossbritannien, ein Flugzeug mit einem Teil der Mannschaft stürzte über dem Ärmelkanal ab. Im selben Jahr nahm Modry mit seinem Klub LTC Prag, der den Grossteil der Nationalmannschaft stellte, am Spengler-Cup in Davos in der Schweiz teil. Die Spieler wurden von dort lebenden Exil-Tschechen kontaktiert, die sie zur Flucht und Fortsetzung ihrer Karriere im Westen überreden wollten. Das Team um Modry, dessen Frau Schweizerin war, entschied sich, nicht zuletzt aus Sorge um ihre Familien in der Heimat, dagegen. Modry hatte auch noch die Hoffnung, auf anderem Weg als Profi in den Westen zu kommen; das tschechoslowakische Regime soll ihm dies in Aussicht gestellt haben, für den Fall eines Sieges bei der WM 1949. Als dies dann geschah, wurde ihm aber die Auslandsfreigabe verweigert und er beendete daraufhin seine Karriere. Das Regime argwöhnte bezüglich des Flugzeugabsturzes eine verdeckte Flucht in den Westen und begann Nachforschungen anzustellen, in deren Verlauf auch die Kontakte und Diskussionen in Davos ans Licht kamen.

Im März 1950 sollte die Nationalmannschaft zur Weltmeisterschaft nach London reisen, jedoch fürchtete das Regime das Überlaufen der Spieler in den Westen. Kurz vor dem geplanten Abflug wurde ein Teil der Spieler am Flughafen in Prag verhaftet. Der bereits zurückgetretene Modry wurde einige Tage nach zehn aktuellen Nationalspielern ebenfalls verhaftet und beschuldigt, Anführer der „Aufmüpfigen“ zu sein. Insgesamt 12 Personen wurden in einem Geheimprozess und wahrscheinlich mit unter Folter erpressten Geständnissen der Spionage und des Hochverrats angeklagt; sie hätten geplant, nach der Weltmeisterschaft in Grossbritannien zu bleiben und dies schon 2 Jahre zuvor in Davos diskutiert. Alle Angeklagten wurden zu Haftstrafen und Arbeitslager verurteilt, von acht Monaten bis zu 15 Jahren, bis auf Zábrodský, der nur eine kurze Spielsperre erhielt – was später zum Verdacht führte, Zábrodský habe seine Kollegen verraten. Eine Strafe, gedacht als Warnung an die Gesellschaft der Tschechoslowakei. Modry erhielt mit 15 Jahren die höchste Strafe.

Nicht nur für Bohumil Modry selbst, im Gefängnis und dann im Arbeitslager, auch für seine Familie draussen, begannen mit der Verurteilung schwere Zeiten. Am Eingang zum Lager bei Jachymov stand auf einem Schild “Praci ke svobode”, in etwa die Übersetzung von “Arbeit macht frei”, was auf den Eingängen zu den nazideutschen Konzentrationslagern gestanden ist… Die Sowjets hatten das Arbeitslager nach dem Zweiten Weltkrieg in Jachymov errichtet, um den dortigen Uranabbau durch Zwangsverpflichtete (zunächst waren dies deutsche Kriegsgefangene und nicht-vertriebene Sudetendeutsche)  vornehmen zu lassen. Uran, das dem sowjetischen Atombombenprojekt zugute kommen sollte. Bereits die Curies hatten Uran aus St. Joachimsthal/Jachymov, damals noch ein Teil Österreich-Ungarns (Kronland Böhmen), für ihre Untersuchungen über die Radioaktivität benutzt, dann, nach der Einverleibung des „Sudetenlandes“, auch die Wissenschafter des deutschen „Uranprojekts“ unter den Nationalsozialisten (neben anderen Quellen). Die Tschechoslowakei war nach dem Krieg als Gelbkuchenproduzent bzw. Uranlieferant Gründungsmitglied der IAEO, verlor aber durch die oben geschilderte Machtübernahme der Kommunisten ihre aussenpolitische Handlungsfreiheit (auch die schon fest geplante Teilnahme am Marshall-Plan kam so nicht zustande). Ab 1948 mussten politische Häftlinge des kommunistischen Regimes der Tschechoslowakei im Uranbergwerk arbeiten und dabei das Uran mit bloßen Händen abbauen; unter den Gefangenen waren genug Wissenschafter, die die tödlichen Konsequenzen vorhersagen konnten. Modry wurde nach fünf Jahren aus der Haft entlassen, litt aber schon an den gesundheitlichen Folgen der Zwangsarbeit.

1964 wurde der Uranabbau in Jachymov eingestellt. Über 150 000 Häftlinge und Zwangsverpflichtete, die Hälfte der dort Beschäftigten, dürften an den Folgen der Verstrahlung bei der Arbeit gestorben sein. Modry schrieb trotz schwerer Krankheit Bücher und Aufsätze über das Training von Eishockey-Torwarten, die grossen Einfluss auf den Sport in seinem Heimatland hatten. Als die Eishockey-WM 1959 nach Prag kam, wurde er vom sowjetischen Team unter Trainer Tarasov eingeladen. 1963 starb er im Alter von 47 Jahren an Leukämie. Modry wurde 2011 posthum in die Hall of Fame des Eishockey-Weltverbandes IIHF aufgenommen, anlässlich der WM in Bratislava, Blanka Modra vertrat dabei ihren Vater. Damals schrieb Haslinger, auch Literatur-Professor in Leipzig, noch an der Geschichte. Die Ehrung durch den Weltverband und die Veröffentlichung des Buches fielen ziemlich zusammen. Haslinger hat erst die Beschäftigung mit Modrys Geschichte näher an das Eishockey gebracht.

Als Modry in der Zwischenkriegszeit seine Karriere begann, wurde noch unter freiem Himmel auf Natureis gespielt, und entwickelte sich die Eishockey-Parallelwelt Nordamerika (NHL) – Europa (die IIHF-Turniere EM, WM, Olympia) – wobei die Regel- und Stilunterschiede zwischen hier und dort eher ein Nebenaspekt sind. Die Kluft wurde durch das Betreten der (europäischen) Bühne durch die Sowjetunion und den Kalten Krieg verstärkt. Nicht nur die Olympia-Turniere (bis 1988), auch die Weltmeisterschaften galten, bis in die 1970er, als Amateur-Bewerbe. Kanada durfte keine Profi-Teams schicken, trat bei WM und Olympia von 1920 bis 1963 mit Amateur-Klubteams an – und gewann dennoch die eine oder andere Medaille. Der Sieger des Allan Cups, der wichtigsten Trophäe im kanadischen Senioren-Amateureishockey, wurde bis 1963 als Vertreter Kanadas zu internationalen Turnieren geschickt. Zur WM 1961 fuhren die Trail Smoke Eaters, wo sie den letzten Weltmeistertitel für Kanada für die nächsten 33 Jahre gewinnen konnten (und als letztes Klub-Team). 1964 wurde erst ein richtiges kanadisches (Amateur-)Nationalteam geschaffen. Seth Martin war Mitglied des Teams der Trail Smoke Eaters von 1961, nahm auch an anderen Weltmeisterschaften teil, spielte 1967–1968 für St. Louis Blues in der NHL, kam ins Stanley Cup-Finale. Nach der Saison musste er sich zwischen der Fortsetzung seiner NHL-Karriere und Beibehaltung seiner Feuerwehrmann-Pension entscheiden, wählte letzteres.

NHL 1951, Chicago Blackhawks vs Montreal Canadiens

1951 war die WM erstmals mehrklassig; ab 1969 wurden A,B,… -Turniere nicht mehr an einem Ort ausgetragen. In der NHL gab es ab Ende der 1960er, Anfang der 70er, nach ihrer Erweiterung, Legionäre aus Europa, Schweden und Finnen; andere Westeuropäer waren nicht gut genug, Osteuropäer durften nicht. Ungefähr in dieser Zeit wurden bei IIHF-Turnieren und in der NHL Helme für Spieler eingeführt (Tormannmasken gabs natürlich schon früher); in der NHL infolge des Masterton-Unglücks 1968, bei der IIHF etwas früher. Kanada boykottierte die IIHF-Turniere WM und Olympia 1970 bis 1976 wegen der Amateur-Regelung, die NHL-Spieler ausschloss (und die Ostblock-Nationen begünstigte). In dieser Phase, ab 1972, wurden die Summit Series geschaffen, in denen erstmals ein kanadisches Team, das die besten Spieler aus der NHL umfasste, auf dem Eis stand und sich mit der bei Weltmeisterschaften und Olympia-Eishockey-Turnieren dominierenden sowjetischen Auswahl maß. Daraus entstand der Canada Cup, der dann in World Cup of Hockey umbenannt wurde. Der kanadische Sieg 1972, über 8 Spiele (4 in Kanada, 4 in der Sowjetunion), hat für das Eishockey-Mutterland noch immer eine Bedeutung. Legendär war auch das Finalduell im Canada Cup 1987, zwischen der „Sbornaja“, mit ihrem erstem Block mit Krutow, Makarow oder Larionow, und Kanada, mit Spielern wie Gretzky, Lemieux, Messier, eine Art Gipfeltreffen im Kalten Krieg.

Von 1972 bis 1979 gabs zur NHL die Konkurrenzserie WHA. 1975 liess die IIHF Profis bei der WM zu, 1976 trat die USA bereits mit Spielern aus der WHA an, 1977 kehrte Team Canada zurück, mit NHL- &  WHA-Profis wie den Esposito-Brüdern (auch Schweden und Finnland, wo in dieser Zeit Profi-Ligen eingeführt werden konnten, boten Profi-Spieler aus den nordamerikanischen Ligen auf). Seither nehmen Spieler, deren Klubs nicht den Sprung in die NHL-Play Offs geschafft haben (oder sehr früh ausschieden), bei Weltmeisterschaften teil. Seit 1988 sind Profis bei Olympia-Turnieren zugelassen, ab 1998 macht die NHL während Olympia Pause, sodass es dort zu Best on Best-Duellen kommt. Die gibt es in der NHL aber schon seit Anfang der 1990er, infolge der Umbrüche in Osteuropa gingen auch die besten Spieler von dort in die NHL. Auch die erste Linie aus der grossen Sbornaja, 1989, im Zuge von Perestroika: Kasatonov und Fetisov gingen nach New Jersey, Krutov und Larionov nach Vancouver, Makarov nach Calgary. Kurz davor war Mogilny noch übergelaufen, er wollte nicht auf die Erlaubnis zu einem Wechsel in die NHL warten, die davor Pryakhin als erster SU-Spieler bekommen hatte. Beim Canada-Cup 1991 trat die sowjetische Sbornaja erst- und letztmals mit NHL-Spielern an.

Neue Nationen wie die Slowakei entstanden in den 1990ern und traten im internationalen Eishockey den Weg von unten in die A-WM an, diese wurde aufgestockt um diverse „westliche“ Nationen oben zu halten. 1994 wurde der „Triple Gold Club“ (Gold bei Olympia und WM, Sieg im NHL-Stanley Cup) mit den ersten „Mitgliedern“ eröffnet und die Parallelwelten einander noch ein Stück näher gebracht. NHL-Verantwortliche machten 2009 den Vorschlag, die WM nur noch alle 2 Jahre auszutragen, die NHL würde dann unterbrechen um den Spielern die Gelegenheit zur Teilnahme zu geben. Eine sinnvolle Reform, denn in welcher Sportart gibt es schon jedes Jahr eine WM (ausser in jenen, wo ausserhalb der WM kein Betrieb stattfindet, wie der „Formel 1“) und in welcher sind die besten Athleten anderwärtig beschäftigt wenn eine WM stattfindet. Es war aber der IIHF-Präsident Fasel, von dem das „Njet“ kam, mit Hinweis auf TV-Verträge und der (erfolgten) Vergabe von Turnieren!

Die Hierarchie unter den Eishockey-Nationen ist sehr festgefügt, kommt nicht so schnell durcheinander. Seit die Slowakei 2000 ihre erste Medaille als unabhängige Nation machte und diesen Erfolg in den folgenden Jahren bestätigte, spricht man von den grossen sieben Nationen. Wobei die USA im Eishockey nur bei Olympia und beim Canada Cup/World Cup gross ist, wenn sie bezüglich ihrer NHL-Spieler aus dem Vollen schöpfen kann (auch wenn sie heuer bei der WM eine Medaille gewann). Der Sieg des USA-Amateur-Teams über das sowjetische Team bei Olympia 1980 in Lake Placid und der folgende Turniersieg der Amerikaner gilt als grösste Sensation in der Geschichte des Eishockeys, wurde auch verfilmt. Die Schweiz kommt dem Kreis der Grossen am nächsten. 1953 gab es das letztemal für 60 Jahre WM-Medaillen an Teams ausserhalb der heute Grossen bzw. ihrer Nachfolgenationen, an Schweiz und BRD; heuer gewannen die Schweizer wieder Silber, dazwischen, in den 1990ern, errangen sie auch zwei vierte Plätze. Bei Olympia hat letztmals 1976 mit der BRD eine „kleine“ Eishockey-Nation einen Top-3-Platz belegt. Vom Sensations-Charakter her kann der Sieg des weissrussischen Teams über Schweden im Viertelfinale von Olympia 02 (der Grundlage für den vierten Turnier-Rang der Weissrussen war) auf eine Stufe mit dem „Wunder auf Eis“ von 1980 gestellt werden; Ruslan Salei war damals dabei, einer von 26 Spielern des KHL-Klubs Lok Yaroslavl, die bei einem Flugzeugabsturz am Weg zu einem Match zu Beginn der Saison 11/12 getötet wurden.

Olympische Winterspiele 1980 Lake Placid Eishockey USA-SU

In Kanada, wo Eishockey entstand, ist dieser Sport nach wie vor identitär, nach aussen (als Abgrenzung zur USA und Grossbritannien) und im Inneren, aufgrund der ethnischen Heterogenität, es gibt dort nicht diese anglokeltische Dominanz wie anderswo. Eishockey ist nordisch, weiss, wohlhabend, ist kanadisch. Die Micmac-„Indianer“ (auch: Mi’kmaq) im äussersten Osten Kanadas haben ein Spiel mit Holz-Stöcken und einem Ball auf Eis gespielt, ob vor oder nach Kontakten mit Briten und Franzosen, ist nicht ganz klar – der Ursprung des Spiels dürfte dort liegen. Das Eishockey-Nationalteam hat in Kanada eine besondere Bedeutung, dort werden die sonst verstreuten Kräfte gebündelt, kann man mit den Besten die Kräfte messen. Roch Carriers Kurzgeschichte “Une abominable feuille d’érable sur la glace” (englisch “The Sweater”, erschien im Sammelband „Who speaks for Canada“), der in Quebec vor dem Hintergrund der Stillen Revolution spielt, ist der auch in Kanada eher seltene Fall von Eishockey als literarischem Stoff. Wie bei Haslinger wurde auch hier Hockey mit Politik in Verbindung gebracht. Ansonsten ist hier „Amazons“ zu nennen, vom US-Amerikaner Don de Lillo, unter einem Pseudonym und mit Hilfe eines Ko-Autors geschrieben, über eine fiktive Frau in der NHL. Bei andere Sportarten gibt es stärkere Verarbeitungen in der Literatur (sowie anderen Kunstgattungen), sowohl als Stoff zur Dramatisierung, als auch als sachliche Behandlung durch Schriftsteller, wie jene über das Boxen von Joyce C. Oates oder Norman Mailer. Häufiger sind beim Eishockey (vermarktungsorientierte) sportgeschichtliche Aufbereitungen und (Auto)Biografien. Von Jason Blake erschien eine Übersicht über „Canadian Hockey Literature“, auch in diesem Text von ihm (ebenfalls auf Englisch) gehts über die Bedeutung des Eishockeys für Kanada sowie seine literarischen Verwendungen. Zu nennen ist etwa Morley Callaghans „The Game That Makes a Nation“.

Erich Kästner schrieb 1936, nach den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen (einen Ort den er liebte), zur Zeit seiner Drangsalierung durch die Nazis, als Fortsetzung des „Fliegenden Klassenzimmers“ eine Kurzgeschichte unter dem Titel „Zwei Schüler sind verschwunden“. Darin reissen die Gymnasiasten Matthias Selbmann (genannt „Matz“, der Stärkste seiner Klasse) und „Uli“ (Ulrich von Simmern, der Klügste) aus dem Internat in dem fiktiven Kirchberg nach Garmisch-Partenkirchen aus, um beim Olympia-Eishockey zuzusehen. Grossbritannien gewann dieses Turnier (deren grösster Eishockey-Erfolg), die Mannschaft rund um Carl Erhardt, der Eishockey als Schüler in Deutschland und Schweiz lernte. In der Kurzgeschichte erleben die Schüler ein packendes Spiel zwischen GB („England“) und Kanada. Das Match ging, in Real wie in der Geschichte, 2:1 für den Aussenseiter aus Europa aus, war kein Finale, da die Medaillen nicht im K.O.-System ausgespielt wurden, sondern einer Finalrunde. Die Schüler freunden sich auch mit einem englischen Eishockeyspieler an.

In der Sowjetunion gabs, wie im Zusammenhang mit Bohumil Modry erwähnt, im Baltikum ein Eishockey, bevor es eins in Russland gab. Letten, wie Helmuts Balderis oder Arturs Irbe, mischten dann neben Russen auch am ehesten im sowjetischen Eishockey mit. Irbe weigerte sich 1991, nach der versuchten Niederschlagung der Unabhängigkeitsbewegung der damaligen Sowjet-Republik Lettland sowie im benachbarten Litauen im Jänner dieses Jahres, bei der WM für das sowjetische Nationalteam zu spielen. 1990/91 war die letzte Saison für ihn bei Dinamo Riga und in der sowjetischen Liga bevor er in die NHL wechselte, die vorletzte Saison dieser Liga überhaupt und die WM 91 die letzte, an der eine sowjetische Mannschaft teilnahm – dieser Staat löste sich nach dem Putschversuch gegen Gorbatschow im August 1991 auf. 1992 nahmen 12 der 15 ehemaligen Sowjet-Republiken als „Gemeinschaft unabhängiger Staaten“ (ein Staatenbund) an den Olympischen Spielen teil, ehe Russland (im Eishockey und anderwärtig) endgültig sein Erbe als Nachfolgestaat der Sowjetunion antrat und die anderen Ex-SU-Staaten ihren eigenen Weg gingen. Im Hockey hiess das, dass sie sich aus der damaligen C-Gruppe nach oben kämpfen mussten, wobei sich nur Lettland dann ununterbrochen in der Top-Gruppe halten konnte. Aus verschiedenen Gründen haben manche Spieler anderer Republiken nach dem Ende der Sowjetunion für Russland gespielt, etwa der Litauer Kasparaitis, der Ukrainer Petrenko oder der aus Kasachstan stammende Nabokov.

In Kasachstan ist das Eishockey von der russischen Minderheit, die noch immer ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ausmacht (angegebene Zahlen variieren stark), dominiert. Der russisch-stämmige Bevölkerungsteil ist im Norden des Landes, nahe der Grenze zu Russland (die über Jahrzehnte  hinweg eine innerstaatliche war), konzentriert. Dort liegt auch Ust-Kamenogorsk (Oskemen), die Hockey-Hochburg Kasachstans. Auch Jewgeni Nabokov stammt von dort. Ethnische (asiatische) Kasachen bevorzug(t)en Sportarten wie Boxen, Ringen, Gewichtheben, sind in den Eishockey-Teams ihres Landes noch immer eine Minderheit, nennenswerte Ausnahmen im Nationalteam waren Sagymbayev in den 1990ern und jetzt Zhailauov. Auch bei Barys Astana, das als einziges kasachisches Team in der multinationalen, russisch dominierten, Kontinentalen Hockey-Liga (KHL) spielt. Es spricht einiges dafür, dass es eine politische Entscheidung war, den Klub aus der neuen Hauptstadt auf Kosten von Torpedo Ust-Kamenogorsk (heute Kazzinc-Torpedo) zu forcieren, was nicht zuletzt durch den Transfer von Spitzenspielern (russischen Kasachen) dorthin geschah.

Nationalistisch oder politisch aufgeladene Duelle gibts natürlich immer wieder im Eishockey. So etwa bei der WM 1969 das Spiel zwischen der Tschechoslowakei und der Sowjetunion, ein Jahr nach der Niederschlagung des Prager Frühlings. Bei der WM 1972 in der damaligen Tschechoslowakei siegte die Heim-Mannschaft über die als unschlagbar geltende sowjetische Auswahl im entscheidenden direkten Aufeinandertreffen 3:2, was ihr den Turniersieg einbrachte, ein Spiel im sowjetisch kontrollierten Prag, das vielfach als eine Art Revanche für 1968 gesehen (und gefeiert) wurde. Bei der U-20-WM 1987 in der CSSR kam es im Spiel zwischen Kanada und der Sowjetunion zu einer Massenschlägerei, die zu einem Abbruch führte. Seltener sind die Fälle, wo ehemalige Eishockey-Spieler sich in der Politik versuchen. Ken Dryden war Tormann der Montreal Canadiens in deren glorreichen 1970ern (nach dem Verkauf der Quebec Nordiques nach Colorado sind sie jetzt der einzige „frankophone“ Klub in der NHL, daneben der erfolgreichste mit 24 Stanley-Cup-Siegen und auch der letzte kanadische Sieger, 1992/93, sowie der älteste professionelle EH-Klub) und 1972 für das Team Canada bei den World Summit Series, und wurde Anfang des 3. Jahrtausends Parlaments-Abgeordenter für die Liberale Partei und sogar Arbeitsminister. Er schrieb auch über den Sport, u.a. in „The Game“. Auch Red Kelly war im kanadischen Parlament. Dann gibts noch den steirischen Landeshauptmann Franz Voves, oder Robert Oberrauch, der in Bozen für das Bürgermeisteramt kandidierte, für die italienischen Rechtsparteien; er ist italienisch-sprachig sozialisiert, was in Südtirol so nur in Bozen möglich ist.